Читать книгу Von Pilzen und anderen Menschen - Cecily von Hundt - Страница 4

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Alles kommt so, wie es kommen muß.

Ich habe solche Sätze oft in meinem Leben hören müssen. Sie sind wie gute Ratschläge zu sein pflegen und ich habe sie immer für Unsinn gehalten, obwohl sie bei mir heftigste Übelkeit oder unglaublichste Langeweile auslösen konnten. Aber nichts passiert, weil es passieren muß, sondern lediglich, weil man selber die Geschehnisse lenkt.

Es gibt drei Dinge auf dieser Welt, die ich nicht mag. Das eine sind diese guten Ratschläge, das andere mein Bruder Byron, und das dritte ist die Sorte Mensch, die mit guten Ratschlägen bis zum Bersten gefüllt ist und nur darauf wartet, sie los zu werden. Es gibt sie in den unterschiedlichsten Versionen und manchmal kommt es vor, daß man jahrelang mit ihnen zusammenlebt, ohne es zu merken. Sie können aussehen wie ganz normale Menschen, eines eint sie jedoch auf der ganzen Welt, sie machen einem das Leben schwer und ich mag ihre Weisheiten nicht, genauso wenig wie jede Art von Pilzen. Die habe ich vergessen.

Ich bin seit einer Woche in einem Erholungssanatorium untergebracht und habe eine Menge dieser ungeliebten Geister in meinem Leben genossen. Sie sind um mich herum aus dem Boden gesprossen wie die Pilze. Ich scheine diese Spezies Mensch anzuziehen wie die Motten das Licht. Ich will davon erzählen und eine Lösung anbieten, wie man damit leben kann. Zwar sehe ich sie jetzt nicht mehr, doch manchmal, wenn ich mal wieder ans Kirschkompott gehe, welches Schwester Angela in der Küche für Mittwoch abend zum Nachtisch bereit gestellt hat, und ich mir eine Fingerspitze von dem kalten, süßen Gelee in den Mund schiebe, kommt es vor, daß ich sie noch höre, alle miteinander, wie sie auf mich einreden und mir die Leviten lesen. Dann stecke ich mir wie zum Trotz noch einen zweiten Finger mit Kompott hinein, sehr wohl wissend, daß ich damit Mr. Wings Portion schmälere, aber er ist zu blind, um zu sehen, was auf seinem Teller liegt, und wenn sich eine solche Gelegenheit bietet, muß man sie nutzen.

Ich höre sie, meine Lieben, die eine laut schimpfend, die nächste zieht ihre fein gezupfte Augenbraue hoch und schaut mich tadelnd an, und die dritte, ja die dritte bricht tatsächlich in Tränen aus. Das hatte sie immer getan, wenn es aufregend wurde, damit konnte sie einem wirklich die Laune verderben.

Ich soll aufschreiben, was mir passiert ist. Das sei psychologisch sehr befreiend, haben die Ärzte mir hier versichert. Es solle mir helfen, meinen Schock zu überwinden, bevor wir in die zweite Runde gehen. Die Gesprächswoche, wie sie betulich angekündigt haben.

Ich habe keinen Schock erlitten, im Gegenteil. Und ich bin sehr erleichtert darüber, daß ich hier bin. Ich kann anziehen, was ich will, mich ganz frei bewegen, und ach ja, ich brauche keine Pilze zu essen. Wenn ich mich erholt habe, gehe ich wieder nach Hause. Darauf freue ich mich, denn obwohl mir dort häßliche Dinge und häßliche Menschen begegnet sind, liebe ich mein Haus!

Von Pilzen und anderen Menschen

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