Читать книгу PMS - Ich liebe Dich! - Charlotte Münch - Страница 4

Wie es zu diesem Büchlein kam

Оглавление

Annes Geschichte

Bei mir begannen mit dem Eintritt in die Pubertät sonderbare Beschwerden. Ich war etwa 13 Jahre alt und hatte nicht die blasseste Ahnung, was mit mir los war. Es hätte mir auch niemand sagen können, und sowieso „redet man nicht darüber“. Ich wusste nur, dass ich mich nicht gut fühlte, sehr nachdenklich war und viel grübelte. Oftmals hatte ich zu allem körperlichen Unwohlsein auch heftige depressive Verstimmungen – mit dem Eintreten meiner Regel war dann alles wieder ganz prima in meinem Leben und ich kam zurück in meine gewohnte Energie. Jedenfalls fand ich es schrecklich, dass es keinen Menschen gab, mit dem ich mich hätte austauschen können.

Ich ging damals nicht zu meiner Mutter, um ihr zu sagen, wie es mir ging und um sie zu fragen: „Mama, was ist da bloß los mit mir? Ich versteh das alles nicht …! Was kann ich tun?“ So machte ich meine körperlichen und stimmungsmäßigen Empfindungen mit mir allein aus und versuchte, für mich selber irgendwelche Antworten zu finden. Denn vor 30 Jahren gab es ja die heutigen Medien noch nicht – ich konnte eben nicht bei Google fix ein paar Schlagworte eingeben, um mit einem Pling die erhellende Antwort zu erhalten: „Ah, du hast PMS!“ Da haben es die Mädels von heute deutlich leichter!

Mein PMS-bezüglicher Erkenntnisprozess zog sich über viele Jahre hin. Als ich das allererste Mal davon hörte, war ich Anfang 20, schleppte mich also zu dem Zeitpunkt bereits seit fast zehn Jahren damit herum. In jenem Moment war mir, als habe mir jemand die Tür geöffnet zu einem unbekannten Raum, den ich zuvor noch nie betreten hatte. Plötzlich sah, erkannte und verstand ich, erfasste Zusammenhänge und dachte: „Hey, das ist es! Ja, genau das hab ich! Ich hab PMS! Genau so bin ich, genau so fühlt sich alles in mir an in dieser Zeit!“

Und eine weitere Erkenntnis tat mir gut: Ich war entgegen meiner Vermutung nicht die einzige Frau, die an / unter jenen Beschwerden und sich selber litt! Und zum ersten Mal konnte ich mich mit dieser Thematik öffnen und auch mit anderen Menschen darüber sprechen – mit meinen Freundinnen und Partnern. Ich konnte mich endlich mitteilen, konnte benennen, was zuvor „nur“ in meinem Kopf war und mich schier krank machte, aber natürlich auch meine Beziehungen sehr stark beeinflusste – ehrlicherweise muss ich sagen, dass ich während jener Tage äußerst kompliziert war.

Ich lebte extreme Stimmungsschwankungen aus bis hin zu cholerischen Anfällen, gegen die ein Vulkanausbruch ein beschauliches Naturereignis darstellt. Dazu die ständig kreiselnden Gedanken, mich sofort von meinem Partner trennen zu müssen. Ja, es war tatsächlich so, dass jedes Mal, wenn ich vor der Regel stand und mich das PMS am Nackenfell beutelte, ich wild entschlossen war, meine Beziehung augenblicklich zu beenden. Da sich dies Szenario monatlich wiederholte, kannst du, liebe Leserin, werter Leser, dir sicherlich mühelos vorstellen, wie anstrengend Beziehung sein kann …! Immerzu ging es auf und ab und hin und her.

Ich entschuldige mich an dieser Stelle noch nachträglich bei meinen Partnern, was und dass sie alles mit mir durchmachten: Ihr lieben Männer, die ihr mich einige Jahre begleitet habt – es war alles andere als einfach für euch, an der Seite einer Frau zu sein (und zu bleiben!!), die derart launisch und wankelmütig sein konnte. Bitte seht es mir nach!

Ich mag noch kurz berichten, wie sich das PMS auf mein Verhalten auswirkte. Gerade in Bezug auf Partnerschaft war dies oft grenzwertig, wie ich ja schon anklingen ließ! Lebhaft erinnere ich mich an folgende Situation zu Zeiten meiner ersten Ehe: Wir waren gerade dabei, uns eine Wohnung einzurichten. Eines Tages brachte mein damaliger Mann eine Lampe mit nach Hause – ich sah sie und fand sie so grauenhaft, dass ich meinen Mann anblökte: „Bist du wahnsinnig geworden? Wie kannst du eine derartige Scheußlichkeit hier anschleppen? Niemals hängen wir dieses fürchterliche Ding auf!“ Er blieb ruhig, lächelte und sagte: „Baby, entspann dich mal!“ und machte sich daran, das gute Stück aufzuhängen. Da flippte ich aus, bin regelrecht ausgerastet. Ich packte irgendetwas, das ich gerade in die Hände bekam, und schleuderte damit diese Lampe herunter – sie zersprang in hunderttausend Stücke. Mein armer Mann starrte mich völlig entgeistert an und fragte schließlich: „Sag mal, hast du noch alle Tassen im Schrank?“ Und mir tat es im nächsten Augenblick so unendlich leid …

Damit will ich nochmals in aller Deutlichkeit sagen, dass das PMS bzw. die PMDS eine Frau derartig im Griff haben kann, dass sie unter Umständen kurzfristig durchknallt und nicht mehr Herrin ihrer Sinne ist. Die Hormone ziehen in diesen Momenten ganz einfach die Fäden und sagen, wo es langgeht … und dies soll keinesfalls eine lahme Rechtfertigung für jegliches Verhalten sein, lieber männlicher Leser!

Jener Mann damals packte erstaunlicherweise nicht sofort seine Koffer, sondern hielt es noch einige weitere Jahre mit mir aus. Mir fehlte damals noch die Fähigkeit, mit meiner PMDS adäquat umgehen zu können – einerseits wirklich selbst-gerecht durch diese Tage zu kommen, aber andererseits natürlich auch in angemessener Form meinem Partner zu begegnen. Die Trennung kam dann nichtsdestotrotz irgendwann, einfach weil unser Miteinander eine sehr anstrengende Zeit war, auch über mein PMS hinaus.

Die Launenhaftigkeit stellt eine der größten Herausforderungen dar – das weiß ich nicht nur von mir selber, sondern inzwischen auch von unzähligen anderen Frauen: Die Beziehung, der Job, die Familie, der Freundeskreis, ob es richtig war, Kinder zu bekommen, sofern vorhanden – alles, einfach alles wird in Frage gestellt. Es kann sogar so weit gehen, dass du Suizidgedanken hast und dir sagst, das Leben hat keinen Sinn mehr für dich. Um am nächsten Tag freudvoll zu erwachen und die auf dich herabscheinende Sonne zu bejubeln – alles ist wieder gut! Und dieser rapide Wechsel ist natürlich für dein Umfeld total schwer zu verstehen und nicht nachvollziehbar.

Du selber fühlst dich zwar alles andere als gut, aber du steckst ja drin in diesem Gefühlskarussell, machst das seit vielen Jahren mit und kennst dieses Hin und Her in deinem Herzen, in deinem Bauch, in deinem Kopf. Doch deine Mitmenschen und insbesondere der Partner an deiner Seite haben mächtig etwas mit dir auszustehen! Es ist ja eine unglaubliche Energie, die dabei draufgeht – man streitet über Dinge, um sich paar Tage später zu fragen, wie um alles in der Welt man über etwas derart Banales bloß diskutieren konnte. Und weswegen zum Kuckuck man sich wegen solcher Kleinlichkeiten überhaupt einen Kopf macht.

Aber so ist es nun mal, dass wir es zu PMS-Zeiten tatsächlich prima hinbekommen, aus einer Stubenfliege einen Aasgeier zu machen! Auch in anderer, sehr spezieller Hinsicht, nämlich unserem Verhältnis uns selbst gegenüber. Schaut frau an „normalen“ Tagen in den Spiegel, betrachtet sie sich wohlwollend, bestenfalls Selbstliebe-voll und sagt sich nachsichtig bis freundlich: „Ach du, ich mag dich, so wie du bist!“ (auch wenn es naturgemäß meistens da und dort ein wenig herumzumäkeln und zu bemaulen gibt!). Doch selbiges während des PMS kann zur Folge haben, dass sie sich einfach nur richtig abscheulich findet und sich gnadenlos niedermacht.

Es werden massive Fettablagerungen halluziniert, wo keine sind – trotzdem sieht sie sich auf einmal fünf Kilo schwerer. Ich kenne das so gut von mir selber! Ich komme mir dann vor wie eine Anorektikerin, der das realistische Einschätzungsvermögen für das eigene Aussehen abhandengekommen ist, und der aus dem Spiegel vermeintlich eine fette Kuh entgegenglotzt. Obwohl ich genau das gleiche Gewicht habe und die gleichen Klamotten anziehe wie ansonsten auch, bekomme ich zuviel, wenn ich mich beäuge, und ich denke voller Selbst-Grausen: „Um Gottes Willen, wie siehst du denn aus? Oh nein, das geht ja gar nicht – so kannst du doch nicht rausgehen!“

Es folgt geballter Zweifel über mich und meine Person in ihrer Gesamtheit, so dass ich schier verrückt werde und mich frage, was denn eigentlich los ist! Ich fühle mich abartig fett, habe das Gefühl, förmlich aufzuquellen, und sage mir immer wieder, bloß nicht einen Krümel mehr essen, als unbedingt nötig ist, weil jedes Gramm ohne Umweg sofort auf Hüften, Bauch oder Hintern geht. Dabei ist das alles kompletter Quatsch! Es ist nur eine Frage meiner Wahrnehmung, einfach, weil meine Hormone sich darin gefallen, völlig außer Rand und Band zu sein! (Viele Frauen legen allerdings tatsächlich kurzfristig etwas zu – das liegt an den Wassereinlagerungen im Gewebe, welche sich jedoch mit Eintritt der Mens freundlicherweise wieder davonmachen!)

Garniert wird meine seziererische Selbstbetrachtung von Hautirritationen jeglicher Art und Couleur – bei mir ploppen Pickel auf an den markantesten Stellen, die mein Körper zu bieten hat. Die Dinger könnten ja auch gnädig im Verborgenen blühen, aber nein …! Wenn meine Tochter mich so sieht, rollt sie mit den Augen und fragt, warum man als erwachsene Frau eigentlich immer noch Pickel hat... ja, das frage ich mich auch! Ich habe ihr, als sie in die Pubertät kam, beizeiten vieles über das Thema erzählt, so dass sie von vornherein ganz anders damit umgehen konnte, als es bei mir als junges Mädchen der Fall war. Heute, mit meinen aktuell 44 Jahren, habe ich einigermaßen gelernt, mit meinem PMS umzugehen, indem ich meinen Bedürfnissen weitestgehend folge. Dazu in diesem Ratgeberlein mehr!

Was andere betroffene Frauen sagen

Kürzlich lud ich die Teilnehmerinnen meiner Facebook-Gruppe zu einer Umfrage ein: Mich interessierte, ob sie eher von PMS oder PMDS betroffen sind. Immerhin beteiligten sich über 50 Frauen, deren Antworten ein vielsagendes Bild ergaben.

So fragte ich beispielsweise, in welchem Alter sie erfahren hätten, dass sie an PMS leiden bzw. an PMDS – die weitaus meisten Frauen waren bereits zwischen 30 und 40 Jahre alt! Man stelle sich vor, welch jahrelangen Leidensweg die Betroffenen bereits hinter sich hatten, ehe sie endlich erfuhren, was Sache ist! Hier bestätigt sich wieder einmal, dass das Thema ärzteseits nicht gerade zur Standard-Aufklärung gehört. In diesem Sinne sei hiermit ein deutlicher Appell an alle GynäkologInnen gerichtet!

Eine weitere Frage war, wie stark das PMS oder die PMDS das Leben beeinflussen würde, auch mit Blick auf die Beziehung. Über 60% der Befragten gaben an, nicht nur sie selber, sondern auch ihr Partner fühlen sich in jenen Zeiten sehr belastet: Einerseits vermissen die Frauen Verständnis und Rücksichtnahme, andererseits kann der Partner ihnen nichts recht machen – ein Teufelskreis, der das Miteinander (unter Umständen sehr heftig) erschwert.

Als sehr bezeichnend fand ich, dass die meisten Teilnehmerinnen ihr Unwohlsein mit sich allein ausmachen. Auf meine Frage nach der partnerschaftlichen Kommunikation antwortete über die Hälfte, dass sie ihr PMS in ihrer Beziehung nicht thematisieren. Liebe Frauen, ich frage euch: Wie sollen eure Männer euch verstehen, wenn sie gar keine Ahnung haben, was Sache ist? Außerdem ist es für uns selber so befreiend, uns mitteilen und unser Wissen weitergeben zu können.

PMS - Ich liebe Dich!

Подняться наверх