Читать книгу A2-B1 - Tödlicher Irrtum - Christian Baumgarten - Страница 7

KAPITEL | 2

Zug von Hamburg-Altona nach Westerland 2. April, Karfreitag ⁷ , 12.33 Uhr

In Hamburg-Altona geht Constanze auf den Bahnsteig 6 und steigt in die Nordostseebahn nach Westerland um. Sie sucht ihren Platz. Ein gepflegter⁸ junger Mann sitzt auf ihrem reservierten Fensterplatz. Er hat lange schwarze Haare und trägt ein auffallendes Parfum. Er liest Zeitung. Von Constanze nimmt er keine Notiz.

„Entschuldigung. Sie sitzen auf meinem Platz. Ich habe den Platz am Fenster reserviert“, sagt Constanze zaghaft⁹.

Sie zeigt auf ihre Platzreservierung. Der junge Mann reagiert ungehalten¹⁰.

„Tut mir leid, ich dachte, der Platz sei nicht besetzt.“

Er steht auf und legt seine Zeitung auf den Platz am Gang. Seinen schwarzen Aktenkoffer lässt er an dem Platz über dem Fenster. Constanze legt ihren Aktenkoffer daneben. Der junge Mann hilft Constanze, ihren Trolley¹¹ unterzubringen.

„Ich fahre bis Westerland und schaue gern aus dem Fenster. Ich finde die Landschaft schön.“

„Kein Problem“, sagt der junge Mann nun mit freundlicher Stimme. Der Zug setzt sich in Bewegung.

„Fahren Sie die Strecke öfter?“

„Früher ja“, antwortet Constanze. „Als Kind habe ich mit meinen Eltern die Ferien immer auf Sylt verbracht. Wir haben dort eine Ferienwohnung. Ich bin aber lange nicht mehr auf der Insel gewesen.“ Constanze macht eine kleine Pause.

„Warum nicht?“

„Ich hatte keine Gelegenheit.“

„Darf ich Sie fragen, was Sie beruflich machen?“

„Ich arbeite seit einigen Monaten als Sozialarbeiterin¹² an einer Schule in Berlin. Und Sie, was machen Sie?“

„Ich bin für mehrere Sicherheitsfirmen tätig.“

„Das ist ja interessant. Erzählen Sie.“ Die Neugier von Constanze ist geweckt.

„Ach, wissen Sie, das ist ein Job wie jeder andere auch. Viel Routine.“

Constanze merkt, dass ihr Nachbar nicht über seinen Beruf reden möchte. Sie holt ein Buch aus ihrer Manteltasche. Mal liest sie, mal schaut sie aus dem Fenster. Sie bestellt bei dem Bistrowagen Kaffee und Kuchen.

Der junge Mann ist eingeschlafen. Handy¹³ und Zeitung liegen auf seinen Knien. Constanze blickt aus dem Fenster und sieht mit einem Mal den Nord-Ostsee-Kanal¹⁴ unter sich. Beladene¹⁵ Schiffe fahren auf dem Kanal. Constanze schaut auf die Uhr: 13.33 Uhr.

„Noch zwei Stunden und ich bin auf Sylt.“

15.00 Uhr

Der Zug fährt über den Hindenburgdamm¹⁶. Constanze ist fasziniert. Sie fragt sich, „Wo beginnt das Meer und wo beginnt das Land?“

15.29 Uhr

„Keitum¹⁷, hier ist Keitum.“

Erschreckt springt der junge Mann auf. Er nimmt den schwarzen Aktenkoffer. Er verlässt schnell den Zug, ohne sich von Constanze zu verabschieden. Constanze sieht ihn Sekunden später auf dem kleinen Bahnhof. Er telefoniert. Er sieht nervös aus.

7 Freitag vor Ostern, Tag der Kreuzigung von Christus. Der Karfreitag ist für Christen einer der höchsten Feiertage.

8 ordentlich, sauber

9 unsicher

10 voller Ärger

11 Koffer mit kleinen Rädern

12 Person, die Menschen in schwierigen sozialen Verhältnissen betreut

13 Mobiltelefon

14 verbindet die Nordsee mit der Ostsee (99 km)

15 voll mit Transportgütern

16 der 11 km lange Damm verbindet die Insel Sylt mit dem Festland

17 Ort auf Sylt; der grüne Ort der Insel