Читать книгу Eine Reise zu den Quellen der Gesundheit - Christian Büttner - Страница 7

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I. Noch an Land: Stärkung des Selbstbewusstseins

1. Begriffsbestimmung von Leib, Seele und Geist

Bevor wir unsere gemeinsame Reise zu den Quellen der Gesundheit beginnen, sammeln wir einige Orientierungshilfen, die wir unterwegs gut gebrauchen können. Zunächst einmal kommen wir zu einer Begriffsbestimmung, was auf unserer Reise unter Leib, Seele und Geist verstanden wird. Ohne diese Bestimmungen würden wir auf hoher See schnell die Orientierung verlieren und niemals zu Erkenntnissen über uns selbst kommen. Die tiefsten Einsichten in das Wesen des Menschen habe ich, wie schon beschrieben, bei Rudolf Steiner gefunden. Eine klare und prägnante Einführung in dieses Gebiet findet man in seinem Grundlagenwerk Theosophie (1). In der Kürze kann hier natürlich nur auf einen kleinen Ausschnitt seiner Ausführungen hingewiesen werden, die im größeren Zusammenhang gelesen werden sollten. Dort beschreibt er, wie der Mensch auf eine dreifache Art mit der Welt verwoben ist:

Das erste sind die Gegenstände, von denen ihm durch die Tore seiner Sinne fortwährend Kunde zufließt, die er tastet, riecht, schmeckt, hört und sieht. Das zweite sind die Eindrücke, die sie auf ihn machen, und die sich als sein Gefallen, Missfallen, sein Begehren oder Verabscheuen dadurch kennzeichnen, dass er das eine sympathisch, das andere antipathisch, das eine nützlich, das andere schädlich findet. Und das dritte sind die Erkenntnisse, die er sich als „gleichsam göttliches Wesen“ über die Gegenstände erwirbt; es sind die Geheimnisse des Wirkens und Daseins dieser Gegenstände, die sich ihm enthüllen […] Die erste Art ist etwas, was er vorfindet, was er als eine gegebene Tatsache hinnimmt. Durch die zweite Art macht er die Welt zu seiner eigenen Angelegenheit, zu etwas, das eine Bedeutung für ihn hat. Die dritte Art betrachtet er als ein Ziel, zu dem er unaufhörlich hinstreben soll.

Zur Erläuterung gibt Rudolf Steiner ein einfaches Beispiel, das ich hier wiedergeben möchte: Der Mensch geht über eine Blumenwiese (das sind die gegebenen Tatsachen, die er vorfindet); er freut sich an der Farbenpracht (damit macht er diese Tatsachen zu seiner eigenen Angelegenheit); im kommenden Jahr geht er über dieselbe Wiese, die alten Blumen sind vergangen, neue Blumen sind da, er erinnert sich an seine Freude und neue Freude entsteht in ihm; das Wesen der Blumen, die Gesetze, sind gleichgeblieben, sie gehören den Dingen selber an und er kann sich damit in Beziehung setzen und sie sich zu eigen machen (diese zu erkennen ist ein Ziel, zu dem der Mensch hinstrebt). Rudolf Steiner definiert davon ausgehend (2):

Mit Leib ist hier dasjenige gemeint, wodurch sich dem Menschen die Dinge seiner Umwelt offenbaren, wie in obigem Beispiel die Blumen der Wiese. Mit dem Wort Seele soll auf das gedeutet werden, wodurch er die Dinge mit seinem eigenen Dasein verbindet, wodurch er Gefallen und Missfallen, Lust und Unlust, Freude und Schmerz an ihnen empfindet. Als Geist ist das gemeint, was in ihm offenbar wird, wenn er nach Goethes Ausdruck, die Dinge als „gleichsam göttliches Wesen“ ansieht. — In diesem Sinne besteht der Mensch aus Leib, Seele und Geist. […]

So ist der Mensch Bürger dreier Welten. Durch seinen Leib gehört er der Welt an, die er auch mit seinem Leibe wahrnimmt; durch seine Seele baut er sich seine eigene Welt auf; durch seinen Geist offenbart sich ihm eine Welt, die über die beiden anderen erhaben ist.

Zu allen drei Gebieten müssen wir eine eigene Beziehung aufbauen, um zu einem grundlegenden Verständnis unserer eigenen Natur zu kommen. Auch müssen wir uns mit der Zeit die Gesetzmäßigkeiten dieser verschiedenen Gebiete erarbeiten, wenn wir sie ihrem Wesen gemäß behandeln möchten. Unsere Abenteuerreise führt uns nach außen und nach innen und in einen Bereich dazwischen, der die beiden anderen Bereiche miteinander verbindet. In einer gewissen Annäherung an die heute gängigen Begriffe können wir sagen: Unser „lebender Körper“, also dasjenige, was von Anatomie, Physik, Chemie, Biochemie und Biologie untersucht wird, entspricht dem Leib, die Psyche und die sich mit ihr beschäftigende Psychologie entsprechen der Seele und das Ewige, um das sich Philosophie, Religion und Weisheitslehren bemühen, entspricht dem, was hier als Geist bezeichnet wird. In der Theosophie heißt es zusammenfassend (3):

Nur wenn man den Menschen nach diesen drei Seiten betrachtet, kann man hoffen, Aufschluss über seine Wesenheit zu erhalten.

Damit haben wir eine erste Orientierungshilfe gewonnen. Ohne diese werden wir Mühe haben, unseren Weg zu den Quellen der Gesundheit zu finden. Aber wir benötigen auch noch einen gewissen Fixpunkt, der uns die nötige Sicherheit auf unserer Reise beschert. Wenden wir uns deshalb dem menschlichen Denken zu.

2. Vertrauen haben zum menschlichen Denken

Die meisten Menschen wissen nicht, wie ihr eigenes Denken vonstatten geht, wie sie zu ihren Vorstellungen eigentlich gekommen sind und wie sich Gedankenmuster ändern lassen usw. Rudolf Steiner hat sein gesamtes schriftliches Werk absolut systematisch aufgebaut und als erstes Buch seine Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung (4) geschrieben, in welchem er Schritt für Schritt die Grundlagen einer jeden Erkenntnis beleuchtet. Davon ausgehend werden alle anderen Untersuchungen gestartet. Wir müssen es hier bei den Hinweisen auf diese grundlegenden Schriften belassen, weil alles andere den Rahmen dieses Buches bei Weitem sprengen würde.

Das erste Kapitel seines Buches Die Schwelle der geistigen Welt (5) beginnt Rudolf Steiner mit den folgenden Worten:

Das menschliche Denken ist für das wache Tagesbewusstsein wie eine Insel inmitten der Fluten des in Eindrücken, Empfindungen, Gefühlen usw. verlaufenden Seelenlebens. Man ist bis zu einem gewissen Grade mit einem Eindruck, mit einer Empfindung fertig geworden, wenn man sie begriffen, das heißt, wenn man einen Gedanken gefasst hat, der den Eindruck, die Empfindung beleuchtet. Selbst im Sturme der Leidenschaften und Affekte kann eine gewisse Ruhe eintreten, wenn sich das Seelenschiff bis zu der Insel des Denkens hingearbeitet hat.

Dann fährt er weiter fort:

Die Seele hat ein natürliches Vertrauen zu dem Denken. Sie fühlt, dass sie alle Sicherheit im Leben verlieren müsste, wenn sie dieses Vertrauen nicht haben könnte. Das gesunde Seelenleben hört auf, wenn der Zweifel an dem Denken beginnt. Kann man über irgend etwas im Denken nicht ins Klare kommen, so muss man den Trost haben können, dass die Klarheit sich ergeben würde, wenn man sich nur zur genügenden Kraft und Schärfe des Denkens aufraffen könnte. Über das eigene Unvermögen, etwas durch Denken zur Klarheit zu bringen, kann man sich beruhigen; nicht aber kann man den Gedanken ertragen, dass das Denken selbst nicht Befriedigung bringen könnte, wenn man in sein Gebiet so eindringen würde, wie es für eine bestimmte Lebenslage zur Erlangung des vollen Lichtes notwendig ist.

Diese Worte sollten uns wie ein Leitmotiv auf unserer ganzen Reise begleiten. Sehr oft haben unsere Seelen, gerade heute, das Vertrauen in die Kraft des Denkens verloren. Das liegt in erster Linie daran, dass wir bisher vorwiegend ein schattenhaftes, lebloses Denken oder Vorstellen erlernt haben, das uns in vielen Fällen im Stich lässt. Und noch nicht ein sonnenklares, aktives, dynamisches und herzhaftes Denken, auf das Rudolf Steiner vom Anfang bis zum Ende seines Werkes immer wieder hinweist. (Eine systematische Einführung in diese zwei Denkarten findet sich in dem Buch Das Erwecken des Herz-Denkens von Florin Lowndes, wo dieses Denken als Herz-Denken bezeichnet ist.) (6)

Ein nicht ganz unbedeutender Nebeneffekt unserer Reise zu den Quellen der Gesundheit kann sein, dass wir uns einem solchen von Rudolf Steiner praktizierten Herz-Denken gegenüber ein klein wenig aufschließen und eine erste Ahnung davon bekommen.

3. Ein Logbuch mit Koordinaten für die Reise

Jede Reise beginnt mit einem Entschluss und dann müssen, nach der entsprechenden Vorbereitung, die Leinen gelöst werden. Je besser wir auf die bevorstehenden Herausforderungen vorbereitet sind, umso eher wird das Unternehmen gelingen. Deshalb haben wir schon über Leib, Seele und Geist gesprochen und müssen uns jetzt der Herausforderung bewusst werden, dass zwar das leibliche Dasein mit leiblichen Sinnen betrachtet werden kann, während Seelisches und Geistiges überhaupt nicht auf dieselbe Art wie das Leibliche angesehen werden können! Wir werden uns dementsprechend auf dieser Reise nicht nur mit äußeren Faktoren beschäftigen, sondern immer wieder seelische und geistige Gesichtspunkte und Gesetzmäßigkeiten ins Auge fassen. Diese müssen ihrer eigenen Natur gemäß mit neuen (geistigen) Wahrnehmungsorganen geschaut werden, welche erst mit der Zeit durch geduldige und systematische praktische Übungen entwickelt werden können. Aber, Sie dürfen beruhigt sein: Jeder, der den guten Willen mitbringt, ist in der Lage, mit der Zeit die entsprechenden Fähigkeiten zu entwickeln. (7) Diese Entwicklung zu unterstützen, ist eine der Aufgaben dieser Reise.

Dafür benötige ich, gerade wenn ich mich auf hohe See begebe, eine gute Verwurzelung in meinem Leib, die ganz besonders durch ein klares und starkes logisches, auf die Außenwelt gerichtetes Denken und energisches körperliches Training erreicht wird. Weiterhin ist es hilfreich, wenn ich mich am Himmel auskenne und mein Geist Vertrauen in den Lauf der Sterne hat. So kann dann Schritt für Schritt deutlicher erkannt werden, was das überlogische Denken (ein anderer Name für das schon genannte Herz-Denken) ist. Dann wird die Seele in Ruhe und Gelassenheit und im Vertrauen auf die ihr innewohnenden Kräfte ihre Mitte immer besser halten können. Andernfalls geraten wir außer uns, stehen neben uns, kommen in Krankheiten und Krisen. Dann sind Ärzte und Therapeuten gefragt und es müssen Mittel und Wege gefunden werden, damit Leib, Seele und Geist wieder in Einklang gebracht werden. Dementsprechend ist bei jeder „Reisekrankheit“ die individuelle geistige Wesenheit des Menschen genauso zu berücksichtigen, wie die besondere seelische Konfiguration oder die leiblichen Gegebenheiten. Die Aufgabe von Ärzten und Therapeuten ist es, den Menschen zu helfen, dass diese ihre Lebensreise weiter fortsetzen können, nicht aber ihr Wissen über ihnen auszuschütten und etwas zu erzwingen, was sie nicht selber wollen.

Vor diesem Hintergrund sind wesentliche Fragen (ausgesprochen oder unausgesprochen), die sich bei meiner täglichen Reisebegleitung von Patienten, unabhängig von deren jeweiliger Lebenssituation und Krankheit, bewährt haben:

Willst du gesund werden?

(Dafür ist ein eigener Entschluss erforderlich.)

Welche Hilfen sind für dich annehmbar und nützlich?

(Man sollte Vertrauen in die Mittel und Methoden haben, die man benutzt.)

Warum bist du hier auf der Erde?

(Das ist die Frage nach dem Sinn des eigenen Lebens.)

Wer bist du?

(Die Frage nach dem „Ich bin“, dem eigenen Wesenskern.)

Das sind natürlich die tiefsten Lebensfragen, die in jedem Menschen zwar schlummern, aber oftmals unter Ängsten, Frustration und Wut verschüttet sind. Krankheiten und Krisen sind in dieser Hinsicht unsere Entwicklungshelfer, das ist meine tiefe Überzeugung geworden. Ich sehe mich in dieser Hinsicht als Berater und, wie gesagt, Reisebegleiter und als Vermittler von Heilung. An dieser Stelle schlage ich vor, dass wir uns hier an Bord »duzen«, das macht vieles einfacher und direkter.

Die bisher genannten Vorbereitungen auf die Reise gehören zu den wesentlichen Koordinaten eines Logbuches für jede Reise, die ich begleite. Mein Vorschlag ist, dass du dir ein solches Logbuch, ein Reisetagebuch, anlegst, das du mit auf deine Reise nimmst. In dieses kannst du deine neuen Erkenntnisse genauso eintragen, wie auch alle spannenden Erlebnisse, die du im Verlauf der Reise haben wirst. Natürlich ist dieses Logbuch, anders als in der Seefahrt auf den äußeren Meeren, absolut freiwillig zu führen, es wird nicht als Beweismittel gegen dich verwendet werden!

Vor der Abreise kannst du z.B. schon die Begriffsbestimmungen von Leib, Seele und Geist notieren, weiterhin die besondere Wichtigkeit und die grundlegende Bedeutung eines umfassenden menschlichen Denkens vermerken und schließlich die eben genannten vier Grundsatzfragen aufschreiben, welche uns zur Orientierung immer wieder nützlich sein werden.

Ein hilfreicher Entschluss zum Beginn deiner Reise, den du ebenfalls gleich in dein Logbuch eintragen könntest und den du dir selbst gegenüber aussprechen darfst, lautet:

„Ich entschließe mich, die Dinge zu tun, die mir helfen, ein glückliches und gesundes Leben zu führen.“

Damit bringst du zum Ausdruck, worum es auf dieser Reise in erster Linie geht. Du wirst merken, dass allein diesen Satz laut auszusprechen, nicht unbedingt einfach ist. Es ist ein Bekenntnis dazu, dass du die Verantwortung für dich und dein Leben übernehmen willst. Da ist viel Mut erforderlich, aber du wirst den Entschluss nicht bereuen, da bin ich mir sicher. Welche Dinge du dann im Endeffekt als hilfreich ansiehst, dich in Richtung von einem gesunden und glücklichen Leben zu bewegen, wird sich im Lauf der Reise immer weiter verändern und du wirst deine Entscheidungen den jeweiligen Gegebenheiten anpassen.

Möge dein Logbuch, genauso wie das vorliegende Büchlein, dazu beitragen, dass du eine immer tiefere und tragfähigere Beziehung zu den Quellen der Gesundheit aufbaust und dass du dich selbst immer besser verstehen und kennenlernen wirst. Ich wünsche dir auch, dass du sowohl die Phasen der Gesundheit als auch diejenigen der Krankheit als wesentliche Bestandteile deines Lebens annehmen wirst und lernst, auf gute Weise mit ihnen umzugehen. Dann ist ein weiteres wesentliches Ziel dieser Ausführungen erreicht.

Jetzt aber: Leinen los und immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel!

Fragen und Übungen zu Kapitel I:

1. Was verstehst du unter Leib, Seele und Geist und wie sind sie hier definiert?

2. Nimm dir regelmäßig ein paar Minuten Zeit, um zu beobachten, wie du selber denkst und mache dir Notizen dazu!

3. Warum bist du hier auf der Erde? Schreibe dir auf, was besonders wichtige Aspekte deines Lebens sind.

4. Sprich deinen Entschluss wiederholt laut aus, dass du diejenigen Dinge tun möchtest, die dir helfen, ein gesundes und glückliches Leben zu führen, z.B.: »Ich entschließe mich, die Dinge zu tun, die mir helfen, ein glückliches und gesundes Leben zu führen.« Nimm wahr, ob dir dies leicht oder schwer fällt, ob der Satz in dir Zustimmung oder Widerwillen erzeugt. Was passiert, wenn du diesen Satz wiederholst?

Eine Reise zu den Quellen der Gesundheit

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