Читать книгу Morning Glory - Christian Mauck - Страница 6
ОглавлениеKapitel 1
(Lift)
01.Loft / Der Turm
Hast du noch Geld?
Nage den hängenden Kragen aus
Hängen an einer schaukelnden Wand
Beschmiert mit schlammiger Cola; austropfende Kerzenlöh
Aus versteinertem Flieder schneiden sich Boote, Hände mit Nagel-armen Fingern
Er webt nur Tier, das dann schon alt ist,
getrennt von holländischen Frauen
Das Glas ist stark, sie scheiden
auf schäumenden Eis
Er nimmt alle Gestalten an sich
Aus einem Bra kriecht der Pilz
Töpfen und turmartigen Krügen nah
ein Dietrich aus einem Kiefer
alles ähnelt
einem zurückgelassenen
singenden Menschen
02.Abendflöte
Auf der Brüstung einer ewigen Destille
trage ich Decken und blaue Röcke
Schmerzende Gaze, ein Ätzen wo ich
schleudernden Geistern begegne
Spektrale Wägen mit kleinen Schädelnäpfen
Meine Frau sabbert auf ein Till Brönner-Cover
Am Fenster verkündet sie,
dass sie große Neigungen sieht
Ich lebe nur hier um den Käfig zu stehlen
und es lässt sich jeder Zeit tun
Auf der Brüstung einer ewigen Destille
In der Waschküche liegen tote, schwangere Frösche
Ich lege Schilf und eine Wolle herum aus
Ich lege Schilf um meinen Mund
Auf der Brüstung einer ewigen Destille
Ein Alter klettert auf seinen Stock
Fleckiger Saft sickert aus einem Lichtstrahl
Ein Embryo trinkt radioaktive Kleider
Auf der Brüstung einer ewigen Destille
löscht ein Blöder einen ausgekühlten Kopf im Schrei
Ich pfropfe Saugnäpfe auf einen Herzmuskel
Auf der Liege ruhe ich auf einer Brust
Auf der Brüstung einer Destille
knüllt ein Einhändiger Sonnen
Ich durchquere eine Fensterscheibe, bleibe stecken
Mitten im Glas treibe ich auf,
halb hörbar laut
03.100 Kilogramm schwerer Zitronenfalter
er
die Nadel eines toten Chamäleons,
über mir liegend als betupfte Kaiser,
Brut, brütend hinfort eines hämischen Bauches,
ich muss meiner Nichte Brüste kühlen
ein dampfendes Laub aus Säuren,
meine Mutter weckt gusseiserne, sinkende Gänse,
wir blasen foie gras auf,
Mutter nimmt einen blutigen Strang, der an mir, hoch
mein Vater bläst Argon in ein Pferd,
in ein Astloch legt er Fell,
er flimmert wie eine Schar aus Würmern,
meine Nichte näht sich einen Karren ins Fleisch
ich reiße mir die Nägel,
die Finger schlürfen leeren Vorhäuten gleich,
schwarze Algen schwimmen in Stadtpfützen
In die blaue Algen, ins liebevoll verstellte Meer?
Oder Alkohol und der kranke Kot?
04.Keine Musik, ausnahmsweise
Zwischen zwei Wolken laufen wir umher
Giorgio haben wir die Geschichte erklärt und er
war leise; und wir waren heiter,
heiter mit unseren Shrimps, denn das Auftürmen
bis unter-die-heißen-Tage war fordernd,
fordernd wie ein Krokodil hinter der Straßenecke
Eine Gesellschaft, eine Clique aus Wachs
Wir sitzen im Frühling auf der Landzunge der Weser
Als erster ergreife ich nie das Wort
Doch uns sagt das nichts; meine Art
Hundert Lösungen für den, der lebt wie ich, habe ich
wie Hundert Grad Fahrenheit
05.Igel
Ein Fernlaut; harte Strafen
mit puffenden Brustkörben spielt er
er ist ein Sangeslied
im Wind schläfrig auf neunschwänzigen Katzen
liegend
ein stummes Verwerfen, Kolportiertes
auf Faulmoos, gespalten, und Holz von
Deutenden erpresst
ein Oni sieht dich aus dem Dung überzüchteter
Katzen fehl an; Mönche beten jenes Schauen
in verschweißten Kohlenstofftanks an
auf dem Grund verlorene Hände
sie lösen Rätsel in der Erde,
der Lös verlangt tyrannisch, die von ihm
endlos erschauten Möwen in unablässiger
Zeremonie zu Frauen zu nehmen
aus Thronen und viktorianischen Gärten
rülpst einem ein entstellter, starrer Wein entgegen
welcher Körperteil ist ein Attentat, mit welchem
(mancherorts mit Dietrich geöffneten) Leib
erzieht man uns;
ich erwache aller Tage mit toten Männern
jemand fettet an allen Abenden den Schnee ein
Sperma, Morgensterne und Lächeln tippen auf den
Zweigen und Blättern;
was ist der wahre Preis eines Hauses,
was lege ich auf das Grab aller Freunde und Freude
Willst du die Stadt der Teufel sehen?
Wir legen hier Kastanien
in die Augen des Teufels
und in unseren Kanalisationen mühen sich
heilige Gärtner;
wir bieten wiederum unsere Milch an
aus den Gedärmen der Kühe
und dein Blut ist in Niemandes Besitz; du selbst
sehnst dich von Hand zu Hand
06.Irgendein anderes Venedig
über dir spann ich Bahn,
lass dir noch und nöcher beten, -
Speichel auf die Messer; sie
knacken, Kartuschen voll Thymian
und glühende Orangen
wir sind deine Sklaven
und noch immer wollen wir dich
für dich bestatte ich mich nicht,
leiere und halte allen Anschlag an
ein kühles Bier für die Toten; sie
wuchsen schneller und tiefer als das Grab
sie sind immer noch deine Untergebenen
um sie zu dressieren, lege ich dich frei,
ich kratze und sauge ihre Augen aus -
fallen wir doch auf die Welt wie versteinerte Sterne,
ich betusche die in Volieren
gesperrten Bienen
immer noch trage ich dein Gesicht
gestern war ich Gott,
heute bewege ich mich auf der Oberfläche des
Sterns
und immer noch will ich dich
07.Blumenhirn
Man könnte meinen, dass es nach
Seesternen röche und
die Edelsteine sich dehnen.
Die Dörfer versengen sich
zu kleiner Größe und
Kinder schreien herab
Du, bis zu den Knien berieselt,
bis zur Hand gestillt.
Die Brotschneidemaschine schwimmt
Ich rieche an den verlassenen Kleidern,
der Botanische tötet sich
zum Herbste her und die Klingeln
werden geschnitten
08.Wellenkamm
Ich lebe in der Wabe deiner Musik,
eine, die geliehen, durch deine Stimme
dir selbst geboren
wie das eigene herangezogene
Kind im Innern
Herzstillstandsdame
Wir gehen in blauen Zimmerecken spazieren
Katzen mit Elefantitis stehen auf dem Balkon
Mit uns darauf stürze er ein
Du sitzt im entkernten Schrank
und schreist wie eine Löwin
Wie viele Ureinwohnerstämme müssten
deinen Teppich bedauern
Die Sterne deiner Besessenheit
graben sich tief in mich ein,
öffnen meinen Körper und meine Seele
muss in der Ecke des Zimmers stehen
Du trägst von der Begegnung mit deiner
zerfranste, farblose Pfauenfedern
Die Brustkörbe mit den darin eingegrabenen
kleineren Brustkörben,
mit der Dicke der Ohrfeigen
Ein durch den Sommer schimmeliges Bett
Hier stehe ich mit Drogenkörper.
unberührt von jedem Rausch.
Meine Haut dringt nicht durch die Tür
Aber verschwinde ich auch nicht
in dem Schaum, der um dich wölkt
09.Ich kam aus dem Nebel
Ich kam aus den Nebeln, in die ich eben gegangen war
Sie hat diese Ohrringe, die über den gesamten
Ohrrücken verteilt sind
Im Café des Theaters eine Legionärsrüstung, in die
einer der Arbeit der Küche sich spaßeshalber
manchmal stellt
Ein Gast lässt Paprikaschoten, die er, darum
hatte er gebeten, auf einem Pappteller hat mitnehmen
dürfen, vor dem Notausgang auf
die Erde rollen
Ein Kind malt in ein riesiges Buch ein Mandala um ein
vorgedrucktes Gesicht, das einem zornigen Gesicht
ähnelte, das man manchmal in
Kupferstichen sieht
Ich betrete den Raum durch dieselbe Tür, aus der ich
gegangen war, eben erst
und innerlich flehe ich um Salz
Etwas davon steht auf jedem Tisch und ich flehe darum
Ich flehe auch um Pfeffer
Kein anderer,
als auf allen Tischen frei verfügbar steht
Und ich flehe um eben diese
Würde ich vor Bedrücktheit die Augen niederschlagen,
würde ich sie sehen
Jemand steht vor dem Durchgang, der direkt
ins Theater führt
Er sagt laut, sehr laut „Ich könnte direkt ins
Theater gehen“
Er lässt seine Arme herabhängen, aber
am Ende die Fäuste:
die ballt er!
Und bleibt stehen.
In den Wohnungen oben hört man immer den Fön,
den, der immer klingt,
als würde er gerade ausgeschaltet,
aber sein verhallender Ton fährt in keine Erde,
kein Ende
und wird nicht unhörbar leise
Der Zucker im Tee ändert gleich immer den Tee,
seine Farbe,
seinen Geschmack
Die Aushilfe in der Küche krieg beim Ansehen
der Spülmaschine feuchtes Haar
Sie trägt eine Brille weil sie zu oft
die Vögel im Wald nicht gesehen hat;
eine Käferschicht legt sich laut knuspernd auf
einen Mantel
Am Wasser lässt sich nicht spazieren, denn:
der Dampf von geschnittenem Gemüse
Ich setze mich in ein Hundemaul
Die Zierfische trinken den Tee, den wir wollten
Soviel Nacht, dass es allen reicht
Ich gehe in den Nebel aus dem ich gekommen war
10.Litanei der furchtsamen Toten
13 Minuten Vermisstenmeldung an mir
Man öffnet sein Herz so weit wie ein Kleiberschnabel
Und später beobachte man dessen Weiten
mit einer Grapefruit
und kaltem Kognac
Die Sentimentalitäten bleiben in Supermärkten
oder an Friedhöfen, die man selbst nicht bestellt
Im Ring von Mexiko sitze ich auf einer Gartengarnitur
in einem drei Quadratmeter großem Schlafsaal
Ich könnte den Hunger und Durst vor die Tür bringen,
nochmal
Ich habe Thoraeu auf Italienisch gelesen
und auf Italienisch nicht verstanden
11.Der Täufer sucht nach einer Zigarette
Mein Knochen kniet vor dem König
Gräbt sich in seinen flachen Hof
Kopfüber grabe ich in der Erde
Sie ist orange und wird schwarz werden
Kommst du von dort drüben? Diesem Bahnhof
mit den großen Aussteifungen darin?
Entweder trägt sie Pusteln, Pickel, Narben und Flecken
auf dem Rücken oder dem Bauch,
das andere ist frisch
Oder es regnet auf dem Saturn
Der Mond steigt auf ins schwarze Drangsal
und verschmälert zu jener Klinge
Ein Strand voller Sabbat,
gelbe Flocken dampfen heraus
Im Schlafabteil, in sommerloser Kühle
Der eingerissene Ausschnitt einer Verlobten
Der Täufer sucht nach einer Zigarette
Der tiefe Herbst im hohen Sommer
Kopfüber grabe ich in der Erde
Sie ist schwarz und wird schwarz werden
12.Ins Leben gekommen
Ich fasse dein Haar in den Pinsel
- Sommermeter, nein, Sommernacht
Ich strenge mich beim Tango so sehr an
Die türkis leuchtenden Steppen
Aus den zwei Fischen wachsen die Hände, mit denen
sie selbst sich fangen
Wassermücken: das verletzte Boot
Geehelicht hinter einem Festival
- Hier kommt das zweiteilige T-Shirt!
- Für immer nach Mazedonien gegangen
- Ein Tannenschal
- Ein Gerichtsgebäude
Mein Bruder zieht sich aus; es ist kalt
Wenn der Zucker nichts mehr kostet
13.Die Befeuerungen
Fünf Sekunden: rotes Dasein
Ein Schenkel gebrochen, drogenunsüchtig,
schön überall, nur nicht in den Genitalien
Fünf Sekunden: rote Anwesenheit
Käfer, die in dieser Stadt nicht satt werden
Hula-Reifen, halb durchquert
Dann hören sie Dich
Fünf Sekunden: rotes Opaque
Fingernägel, die sich an der Luft verschmutzen,
ein rauchendes Plagiat, unsüchtig
Dann missen sie Dich
Palmen, Bambus, Bambus
Fünf Sekunden: rotes Auffallen
Zwischen vier Steinen atmend, Lehm befreiend,
fern durchwirkt, Lebenshilfe angenommen
Dann wecken sie Dich
Wut, Lautstärke, Lautstärke
Plastische Mauern > flache Werke > eine Ton-Nadel
Fünf Sekunden: rotes Anschwellen
Abwurf, Geliebtwerden, Perlenboot
Seine Dame ist bei ihm durch Dampf
Großer Spieler am Strand
14.Eissee
Heute trage ich mein Herz aber in die eingeschnittenen Gletscher
Mit meinem Wasserball, den Feuer umkreist
Auch in der Tiefe
mag man sich verbrühen
Nun trage ich die gekuppelten Sterne
an den Teich; kein Zwinger, keine Burg, kein Bunker
In meiner Heimat gibt es nichts zu verteidigen
(nur die Verteidigungsbauten)
In der Schule beginnt abends ein Tanz
Eine Katze betupft ihr Gesicht mit Taschentuch
Eine Abfuhr in den Sternen stehend
und ich suche, wessen Opfer ich bin
Wir sind Küsten
Das Eismeer atmet nicht ein
Ich in deinem Garten, ungebogen, viergeteilt
15.Gute Freunde und Affären
Sie bringt ihre Sünde ein
in meine, mit Satan vernebelten Unterfangen
Und den ungewaschenen Kaffeekannen morgens
Pfälzische Landschaften, Geraden, eingelernte Augenbraue und Schnecken,
die um den Finger levitieren
Arme aus Opal, aufgefaltet wie ein Notizbuch
3 Organigramme, Augen zur Reduzierung des Gewichts
Wir besuchen meine Schulfreundin, die
nun älter als ich, und töten ihren Hund,
spielen Karten
oder essen irgendwas
Essen irgendwas unten
- im nächtlichen Bambuswald hinter dem Nanzenji
- in Disneyland unter flirrenden Orangenblüten
- in einem Wrack unter der Landmasse Australiens
Im Flugzeug öffne ich, während sie schläft, eine Tür
und begegne einem Lift
Ich werde dich immer missen, liebste Liebelei