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e) Einstweilige Anordnung bei Statusentscheidungen

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Fraglich ist, ob dem Sozialgericht die Kompetenz zusteht, einen vertragsarztrechtlichen Status, z.B. die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung oder die Genehmigung eines Anstellungsverhältnisses, im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 SGG vorläufig zu gewähren. Zwei obergerichtliche Entscheidungen haben diese Kompetenz für den Regelfall verneint.[694] Nach dieser Auffassung schließen die Vorschriften der §§ 95, 96 und 97 SGB V einstweilige Anordnungen im Zulassungsverfahren aus. Der Zulassungsausschuss könne im Wege der einstweiligen Anordnung nicht verpflichtet werden, einen Arzt oder ein medizinisches Versorgungszentrum vorläufig oder endgültig zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen oder die Anstellung eines Arztes in einem medizinischen Versorgungszentrum zu genehmigen. Da der Zulassungsausschuss abweichend von der Grundregel des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG gehindert sei, die sofortige Vollziehung einer von ihm erteilten Zulassung anzuordnen, habe die Anrufung des Berufungsausschusses nach § 96 Abs. 4 S. 2 SGB V ausnahmslos aufschiebende Wirkung. Diese Grundentscheidung des Gesetzgebers dürfe nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durch die Sozialgerichte überspielt werden.[695] Die Rechtsprechung geht somit von einer spezialgesetzlichen Beschränkung des vorläufigen Rechtsschutzes durch das SGB V aus.[696] Zulässig sei es lediglich, den Zulassungsausschuss im Wege einstweiliger Anordnung zu einer Entscheidung bis zu einem vom Sozialgericht zu bestimmenden Zeitpunkt zu verpflichten. Das Sozialgericht dürfte danach also keine inhaltlichen, sondern nur zeitliche Vorgaben machen.[697] Nur in Ausnahmefällen könne eine vorläufige Statusentscheidung des Gerichts in Betracht kommen, nämlich dann, wenn der geltend gemachte materiell-rechtliche Anspruch völlig unzweifelhaft oder die Interessenlage zugunsten des Anspruchsstellers so eindeutig sei, dass eine Vorwegnahme der Hauptsache geboten erscheine.[698] Darüber hinaus sei eine Folgenabwägung vorzunehmen, da auch die Ablehnung einstweiligen Rechtsschutzes für den Antragsteller zunächst vollendete Tatsachen schaffe.[699] Bei der gemäß § 86b Abs. 2 SGG gebotenen Abwägung wird grundsätzlich auf die wirtschaftlichen Folgen der Regelung abgestellt.[700]

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Ob diese Sichtweise noch aufrechterhalten werden kann, ist fraglich. Dagegen spricht zum einen die Entscheidung des BSG vom 5.6.2013.[701] Insbesondere das Argument einer spezialgesetzlichen Beschränkung des vorläufigen Rechtsschutzes durch § 97 Abs. 4 SGB V dürfte nicht mehr haltbar sein, nachdem das BSG diese Norm gerade nicht als Spezialvorschrift auffasst. Angesichts der erheblichen wirtschaftlichen Tragweite, die Statusentscheidungen im Einzelfall haben können und der oft langen Verfahrensdauer des Streits um die Hauptsache sollten einstweilige Anordnungen in Statussachen nach allgemeinen Grundsätzen als statthaft angesehen werden, da andernfalls ein effektiver Rechtsschutz nicht garantiert werden kann. Zum anderen fordert das BSG im Falle des Widerspruchs gegen eine deklaratorische Feststellung des Endes der Zulassung die Verbindung des Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG. Dieser Antrag soll den Inhalt haben, dass die Zulassung vorläufig zu verlängern bzw. zu erteilen ist.[702] Es ist daher heute davon auszugehen, dass eine vorläufige Zulassungserteilung im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG in Betracht kommt.

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