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02 NESTRÄUBER

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Der nächste Morgen brachte Für Ciori und Miall eine ganze Reihe von Überraschungen. Noch bevor der erste Sonnenstrahl die Kronen der Obstbäume erreichte, waren sie schon unterwegs und stärkten sich für den herannahenden Tag. Solange Flügelschlag, Langfeder und Blättersitz noch schliefen, stöberten sie eilig unter Laub und im Gras, um sich selbst auch ein wenig Fettfutter zu gönnen. Schnell genug würden die Kleinen erwachen, und dann hieß es wieder, die leckersten Sachen abzuliefern.

Heute hatten sie kaum begonnen, im ersten Morgenlicht nach Futter zu suchen, da wurde es im Haus unruhig und bald darauf kam das Altwuchtig mit dem schütteren Pelz auf dem Kopf über die Straße. Es balancierte einen flachen Pappkarton, der mit den merkwürdigsten Dingen gefüllt war, die Miall je gesehen hatte. Es waren kreisrunde Nester, wie sie vielleicht eine Ente bauen würde, aber viel zu auffällig. Das seltsam kräuselige Gras, aus dem sie gemacht waren, war so grün, dass es den Augen weh tat und die Eier darin waren so schrill bunt, dass Miall auf seinem Ast verwundert kiekste. Das Wuchtig wollte offenbar brüten - aber doch hoffentlich nicht hier im Obstgarten!

Das Gartentor quietschte und das Altwuchtig schob sich ungeschickt hindurch. Fast wäre ihm dabei der Karton heruntergefallen. Vor lauter Schreck hüpfte Miall einen Ast weiter nach oben.

Das Wuchtig stellte den Karton auf dem Hauklotz vor dem Schuppen ab und sah sich um. Miall sah Ciori, die auf einem Ast über ihm saß, vielsagend an. Na, das würde schwer werden, für diese grellbunten Entennester, deren aufdringlicher Geruch selbst hier oben zu spüren war, ein geeignetes Versteck zu finden!

Ciori war ganz Mialls Meinung. „Bodenbrüter, Feindanlocker!“ schilpte sie verächtlich und machte eine spöttische Bewegung mit den Flügelspitzen, aber das Wuchtig reagierte in keiner Weise - es sah noch nicht einmal auf. Es schien zu überlegen, was es jetzt tun sollte. Unschlüssig stand es herum und jetzt wunderte sich Miall überhaupt nicht mehr, warum die Wuchtig so wenig Junge hatten. Der Morgen war noch kalt und die Gelege standen völlig ungeschützt auf dem Hauklotz. Begriff dieses Wuchtig denn überhaupt nicht, dass sie auskühlen würden? Die ganze Brut würde verderben, wenn es sich nicht schleunigst auf die Nester hockte, das war sicher!

Das Wuchtig dachte überhaupt nicht daran, die Gelege zu wärmen. Grunzend kratzte es sich am Kopf und nahm dann eines der Nester auf, um es im hohen Gras dicht bei einem Apfelbaum zu verstecken; aber wie dumm stellte es sich auch dabei nun wieder an: Statt es ordentlich zu verbergen, stellte es das Nest einfach ab und zupfte obendrein noch an dem Gras herum, bis so gut wie keine Deckung mehr da war. - Von einer vernünftigen Tarnung konnte hier nicht die Rede sein; baute das Wuchtig vielleich darauf, dass die schrillen Farben Nesträuber abschrecken würden? - Wenn es sich da nur nicht täuschte!

Das Altwuchtig stellte nun ein Nest nach dem anderen auf, aber es ging so tölpelhaft dabei vor, dass es Miall grauste! Ciori klammerte sich krampfhaft an den Ast auf dem sie saß und schüttelte sich vor Vergnügen. „Maulwurf! Oh, dummer Maulwurf!“ sang sie immer wieder und ihre Stimme zitterte dabei vor Belustigung, denn für Spatzen sind Maulwürfe die dümmsten Tiere, weil sie immer unter der Erde leben und den Wind und die Sonne scheuen.

Miall konnte seiner Frau nur Recht geben. - Kein Wunder, dass das maulwurfsblöde Altwuchtig allein hier im Obstgarten war. Kein, aber auch wirklich kein Weibchen konnte so dumm sein, sich um diese jämmerlichen Machwerke zu kümmern, die Nester darstellen sollten! Wie sollte man denn wohl brüten, wenn die Nester über den ganzen Garten verstreut waren? Es ging Miall ja eigentlich nichts an, aber er fand es direkt beschämend, wie dumm dieses Männchen sich anstellte.

Endlich war die unwürdige Vorstellung beendet und Miall war gespannt, auf welches der Nester das Wuchtig sich setzten würde, aber nichts dergleichen geschah. Es stellte sich nur stolz in die Mitte des Gartens und sah sich um, ganz, als habe es eine großartige Leistung vollbracht. Dann wandte es sich dem Gartentor zu, überquerte mit seinen plumpen, wuchtigen Schritten die Straße und war kurz darauf im Haus verschwunden.

„Oh Maulwurf! Oh, dummer Maulwurf!“ Ciori konnte sich überhaupt nicht beruhigen und auch Miall spürte ein Gefühl in sich, das irgendwo zwischen Verärgerung und Belustigung lag. Er vergewisserte sich kurz, dass niemand sonst im Garten war und schwang sich von seinem Ast herab, um eines der Nester näher in Augenschein zu nehmen. Da kam aber schon eine Elster herangerauscht und landete dicht vor dem Nest, in dem das größte und glänzendste Ei lag.

Mit Elstern war nicht zu spaßen! Eilig drehte Miall ab und landete mit ein paar Flügelschlägen wieder auf seinem alten Platz im Baum. Eine Elster! Ein Nesträuber! Sofort verdrängte die Sorge um die Brut alle anderen Gefühle und eine heiße Welle der Wut tobte durch Mialls Körper. Sollte die Elster es wagen, dem Schuppen und der Brutkugel zu nahe zu kommen, dann würde sie sich, Krallentier nochmal, gewaltigen Ärger einhandeln!

Ciori hatte von ihrem Platz aus alles verfolgt und machte nun ein paar ruckende Bewegungen, als wolle sie zum Nest fliegen, um die Jungen zu beschützen. Das verbot sich aber von selbst. Noch wußte die Elster nicht, dass es unter dem Schuppendach eine Brutkugel gab und es wäre der allergrößte Fehler gewesen, sie darauf aufmerksam zu machen! Ablenkung war die einzige Chance, die Ciori und Miall hatten, wenn sie noch näher herankam. Dann würden sie die Elster zu zweit so lange zeternd ganz dicht umkreisen müssen, bis sie aufgab und abzog! - Ein gefährliches Spiel, denn Elstern waren viel stärker als Spatzen und trotz ihrer Größe enorm wendig. Außerdem waren sie allesamt zänkisch und deshalb erfahrene Kämpfer, die ihre scharfen Schnäbel gut zu gebrauchen wussten!

Zum Glück war diese Elster im Moment nicht darauf aus, Spatzenküken zu verschlingen. Sie interessierte sich viel mehr für das große, bunt schillernde Nest am Apfelbaumstamm. Zuerst beäugte sie es nur aus der Entfernung, aber als sich nichts rührte, war sie mit ein paar schnellen Schritten heran, zerrte etwas von dem Gras aus dem Nest und brachte sich eilig wieder in Sicherheit. Der nächste Angriff wurde schon mutiger ausgeführt und als es klar war, dass das Nest völlig ohne Schutz war, sprang die Elster mitten hinein und machte sich an dem bunten Glitzerkram zu schaffen.

Auch wenn es nicht seine Nester waren, so fand Miall es doch schrecklich, mit ansehen zu müssen, wie die Elster über das Gelege herfiel. Es war doch bekannt, dass Elstern Nester ausraubten; warum passte das Wuchtig bloß nicht besser darauf auf?

Die Elster beschäftigte sich gerade mit einem besonders großen, glänzenden Ei. Sie hatte die Schale aufgepickt und zerrte daran herum. Etwas Braunes kam darunter zum Vorschein, aber dafür interessierte sie sich nicht. Mit aller Kraft riss sie an der glitzernden Schale herum und fetzte schließlich ein großes, dreieckiges Stück davon herunter. Überrascht ließ sie es fallen und beäugte es einen Moment lang misstrauisch, dann hob sie es wieder auf und erhob sich mit einem Satz in die Luft, um die Beute in Sicherheit zu bringen.

Miall keckerte verächtlich, aber so waren die Elstern halt. - Immer auf Raub aus! Besonders wenn etwas blinkte und glitzerte, war ihnen jedes Futter egal; dann mussten sie es unbedingt haben, um es in ihr Nest einzubauen! Miall verachtete so etwas. Sein Nest war auch ohne diesen Schnickschnack schön, und er war froh, dass Ciori so etwas nicht von ihm forderte!

Die Elster war weg und Miall flog auf den Boden, um sich den Schaden genauer anzusehen. Vorsichtig ging er hinter einem Maulwurfshaufen in Deckung und erst als alles ruhig blieb, hüpfte er noch ein Stück weit auf das Nest zu. - Ah, unter der glitzernden Oberfläche war die wirkliche Schale zum Vorschein gekommen! Dunkelbraun und fest schimmerte sie durch das Geflitter und der Geruch, den sie ausströmte, war so süß, dass er Miall fast betäubte.

Miall hielt Abstand, denn da waren noch viele andere Gerüche und keiner davon war angenehm. Das Nest stank fast so schlimm wie ein Rollmüffel, wenn es auch ein ganz anderer Geruch war. Eigentlich hatte Miall das Gelege ja genauer untersuchen wollen, aber es war ihm einfach nicht möglich, näher heranzugehen. Was er sah, reichte aber auch so schon: Ganz viele Eier in den verschiedensten Entwicklungsstadien lagen in dem Nest. Manche waren kleiner als Eicheln und andere größer als Kastanien. Die Krönung war aber das große Ei, das die Elster beschädigt hatte. Erst jetzt, als er direkt davor stand, konnte Miall erkennen, wie groß es wirklich war: Die ganze Brutkugel hätte darin Platz gehabt, es war einfach unglaublich!

„Vorsicht!“ rief Ciori aus der Baumkrone, aber Miall hatte selbst schon gehört, dass viele Wuchtig kamen. Unüberhörbar drangen ihre dumpfen Stimmen durch die klare Morgenluft und ihre Schritte ließen den Boden erbeben. Ein zartes Piepsen drang unter dem Schuppendach hervor und Miall erkannte Langfeders Stimme. Sofort fielen auch Flügelschlag und Blättersitz ein. Die Kleinen waren aufgewacht und hatten Hunger, aber darum konnte er sich jetzt nicht kümmern, denn die Wuchtig stürmten den Obstgarten. Ciori stieß einen schrillen Warnruf aus, und sofort waren die Kleinen ganz still.

Was für ein Durcheinander brach jetzt los! Miall flog auf und zog sich mit Ciori in den hinteren Teil des Gartens zurück. Trotzdem zitterte er vor Aufregung, als die Kleinwuchtig das Tor so heftig aufstießen, dass es an den Zaun krachte. Johlend rannten sie in den Garten und schon hatte eines von ihnen eines der bunten Nester entdeckt. Statt nun aber vorsichtig damit umzugehen, riss es das Gelege achtlos empor und fing sofort an, es zu plündern. Das andere Kleinwuchtig hatte derweil das nächste Versteck gefunden und zerstörte die Brutstelle auf genau dieselbe Art. Beide stopften sich schnell einige kleinere Eier in den Mund und so ging es immer weiter.

Einen Moment lang verspürte Miall den Impuls, die Nester zu verteidigen, aber die Großwuchtig standen ja daneben und konnten alles sehen. Sie schienen sogar damit einverstanden zu sein, dass die ganze Brut geplündert wurde, was sollte man da noch machen? - Wenn die Großwuchtig sich das gefallen ließen, dann war das nicht Mialls Sorge, auf jeden Fall merkte er sich aber, dass auch die Kleinwuchtig Nester ausraubten. Sie waren gefährlich! - Viel gefährlicher als die Großen, und Miall würde sehr darauf achten, dass sie der Brutkugel nicht zu nahe kamen!

Nach langer Zeit wurde das Geschrei leiser und die Bewegungen der Kleinwuchtig wurden langsamer. Die halb geplünderten Nester lieferten sie bei den Großen ab, die sie in denselben Karton zurückstellten, in dem sie gebracht worden waren.

Oh, du großer Sperling, dauerte das lange! Miall wurde vor Angst ganz steif, denn was sollte er tun, wenn nun eines der Kleinwuchtig auf die Idee kam, die Brutkugel zu plündern? Ob sie das Nest wohl riechen konnten? Ob sie sich wohl gleich ein Langes holten, um am Schuppen emporzuklettern? Wie konnte man der Katastrophe begegnen? Mialls Herz raste vor Aufregung und er sah, dass es Ciori nicht besser erging.

Irgendwann, nach viel zu langer Zeit, war der Karton dann endlich wieder voll und alle Wuchtig verließen den Obstgarten, wobei sie sich immer wieder suchend umsahen. Trotzdem war ihnen bei ihrem Raubzug eines der kleineren Nester entgangen, das halb unter dem Reisighaufen verborgen war. Also war für die Altwuchtig doch noch nicht alles verloren und sie würden in diesem Jahr vielleicht Junge haben, wenn die Eier auch elendig klein waren!

Die Stimmen der Wuchtig waren noch nicht verklungen, da stürzte Ciori sich auch schon auf den Komposthaufen und zog im Augenblick einen fetten Wurm daraus hervor. Miall tat es ihr gleich, denn die ganze Zeit hatten sie daran denken müssen, was für einen Hunger die Kleinen hatten und sie versuchten eilig das Versäumte nachzuholen.

Als die Sonne am höchsten stand, mussten sie noch mal unterbrechen, denn das Krallentier schlüpfte durch den Zaun, hockte sich auf einen von der Sonne eingewärmten Stein und begann sich zu putzen.

Ciori wurde wütend und auch Miall machte so viel Lärm, wie er nur konnte; aber so lange sie das Krallentier auch zeternd umkreisten, das alte Räubergesicht ließ sich nicht stören und schon gar nicht vertreiben. Fett und behäbig saß es da, schleckte sich die Pfoten nass und strich damit sein Fell glatt, ein Anblick, so abscheulich, dass Miall es kaum ertragen konnte.

Nervös schaute Miall immer wieder zum Schuppendach hinauf, aber zum Glück waren wenigstens die Kleinen still. Sie würden erst wieder anfangen, mit ihren hellen Stimmen Futter zu fordern, wenn sich vor dem Schlupfloch der Brutkugel etwas bewegte.

„Made, Mehlwurm, Maulwurf!“, schrie Miall von einem niedrigen Zweig aus der Katze zu, weil diese Tiere alle nicht springen können und er das alte Räubergesicht ärgern wollte. Die Katze tat so, als würde sie ihn nicht verstehen und putzte sich ruhig das Gesicht.

„Zerkratz Dir die Nase!“, zeterte Miall. „Los! Krallen raus!“, aber die Katze dachte nicht daran zu gehorchen und fing an, ihr Brustfell zu schlecken.

„Beiß zu und fall um!“, giftete Miall. Die Anwesenheit dieses schleckenden, schmatzenden Räubergesichts im Obstgarten war ihm unerträglich und er schrillte so laut, dass es seinen eigenen Ohren weh tat.

Plötzlich wirbelte ein graubrauner Schatten vom höchsten Baum herab, raste von hinten auf die Katze zu und streifte ihren Kopf fast mit den Flügeln, als er darüber hinwegschoss. Miall blieb fast das Herz stehen, als blitzschnell eine Krallenpfote emporschoss, die Ciori fast noch erwischt hätte. Bleich schimmerten die Waffen der Katze in der Sonne und sie duckte sich auf dem Stein zum Sprung. Endlich hatte das Krallentier seine widerliche Ruhe verloren!

Ciori war längst in das dichte Gezweig eines Busches eingetaucht. „Fürchtenix Katzenschreck!“ rief sie gellend, richtete sich hoch auf und sah sich stolz um.

Miall trippelte unruhig auf seinem Zweig hin und her. Der Schwanz der Katze bewegte sich wie eine haarige Schlange und ihre riesigen Augen fixierten Ciori, die in ihrem Busch aber vor jedem Angriff sicher war.

„Stinkfell!“ schrillte Miall, denn Katzenhaare riechen für Sperlinge abscheulich, und diesmal hatte er Erfolg. Das Krallentier warf ihm einen tückischen Blick zu und wusste einen Moment lang nicht, ob es ihn oder Ciori belauern sollte.

Ciori nutzte die Unsicherheit, schwang sich aus dem Busch und flog knapp außerhalb der Sprungweite dicht über dem Boden an dem Feind vorbei. Das alte Räubergesicht verfolgte ihren Flug mit den Augen, schlug mit dem Schwanz und spannte die Muskeln zum Sprung.

Als das spatzmordige Untier ihn aus den Augen lassen musste, stürmte Miall los. Mit aller Kraft stieß er sich von dem Zweig ab und nahm die Luft so mächtig unter seine Flügel, als sei er ein Adler. In einer rasend schnellen Wellenlinie flog er auf die Katze zu, schwang sich ein letztes Mal hoch und zielte dann genau auf den Nacken des Untiers. Er wollte mit den Krallen sein Fell berühren und ihm damit einen gewaltigen Schreck einjagen.

Als ein Ohr des Krallentiers sich bewegte, wusste Miall, dass er zu laut gewesen war. Blitzschnell riss er die Flügel weit auseinander und trieb die Luft mit harten Schlägen hinter sich, um Höhe zu gewinnen. Der Kopf der Katze flog herum, sie sprang auf und schleuderte ihm eine krallenbewehrte Pfote entgegen.

Miall war zu tief. Mit einer gewaltigen Anstrengung warf er sich zur Seite und die tödlichen Krallen streiften nur sein Schwanzgefieder. Er taumelte in der Luft, überschlug sich fast und einen Moment lang schien es, als würde er dem Krallentier direkt in den aufgerissenen Rachen fallen. Die ganze Welt bestand nur noch aus nadelspitzen Zähnen und der Atem des Ungeheuers war wie ein heißer Pesthauch. Miall dachte, er sei tot, aber dann gelang es ihm, den Flug wieder zu stabilisieren und der fauchende Katzenschädel raste unter ihm hindurch.

Augenblicke später saß Miall schwer atmend hoch auf seinem Apfelbaum und wunderte sich, dass er noch lebte, aber der Preis für seinen Leichtsinn war sehr hoch gewesen. Das verdammte Krallentier hatte ihn verstümmelt, entehrt und zum Gespött der Menge gemacht.

Miall schämte sich fast zu Tode. Was für eine entsetzliche Schande. Für Spatzen gibt es nichts Schlimmeres, als einen Makel am Gefieder und dieses mauslutschende Ekel hatte mit seiner Mittelkralle eine der kleineren Schwanzfedern glatt abrasiert. Die Stelle, an der der Federkiel eingewachsen war, schmerzte und Miall war es vor Aufregung ganz übel. Was würde Ciori von ihm denken, wenn sie ihn so sah? - Halbnackt?

„Schau!“ Ciori kam mit schnellen Flügelschlägen daher und es sah fast so aus, als würde sie vor Freude in der Luft hüpfen. Außer Atem landete sie neben Miall und drängte sich nah an ihn. „Schau!“, wiederholte sie. „Wegläufig, angsthabig, bang!“

Na ja, angsthabig sah es nicht gerade aus, wie es so davonschlurfte, das alte Räubergesicht, eher missmutig, aber es ging immerhin zum Haus zurück und das war alles, was zählte. Miall atmete auf, als die Katze die Straße überquerte und mit einem Satz auf den Zaun sprang. Einen Augenblick später war sie hinter den wuchernden Wicken verschwunden.

„Großer Kämpfer. Großer Katzenfeind!“, gurrte Ciori leise und Miall drehte sich verlegen so, dass sie die fehlende Feder nicht bermerken konnte. „Kinder füttern!“, brummte er nur und ruckte kurz an, als wolle er losfliegen. Dann blieb er aber doch noch einen Moment lang sitzen und erst als Ciori gestartet war, flog auch er los. Es war ja nicht unbedingt nötig, dass sie ihn im Moment von hinten sah.

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