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Die Frage danach, wie Sie ein Wolfsmärchen schreiben sollten, intoniert bereits, dass es dafür eine Anleitung, einen Leitfaden oder gar einen perfekt durchdachten Plan geben muss. Doch tatsächlich gibt es dafür keine Anleitungen, Leitfäden oder gar perfekt durchdachte Pläne. Sie entscheiden von Anfang an komplett selbst, wie Sie ein Wolfsmärchen schreiben.

Sobald die Frage aber erstmal im Raum steht, dauert es nicht lange, bis sich die Antwortgeber wie Krähen auf sie stürzen. Dazu werden Bücher studiert, Enzyklopädien gewälzt, Literaturwissenschaftler befragt und Germanisten angerufen.

Am Ende erfahren Sie, dass es eigentlich gar keine Wolfsmärchen gibt, sondern nur Märchen, in denen Wölfe als Protagonisten vorkommen. Sie erfahren, dass außergewöhnliche Wesen mit überirdischen Fähigkeiten oder magischen Kräften ins Märchen gehören, dass es im Märchen immer eine Heldenfigur gibt, dass ein Märchen immer gut ausgeht und eine Moral hat, dass auf eine lange Einleitung verzichtet und stattdessen „Es war einmal“ geschrieben wird. Sie erfahren, dass einzelne Szenen in leicht veränderter Form wiederholt werden. Sie erfahren, dass Reime, Gedichte oder Lieder fürs Märchen typisch sind und seine Handlung oft zum Vorausahnen simpel erscheint.

Diese Merkmale und Konventionen, die uns helfen sollen, ein Märchen zu schreiben, stammen alle aus der Vergangenheit. Sie sind das zusammengefasste Ergebnis von Beobachtungen und Analysen, die sich auf Märchen stützen, die es schon lange vor Ihnen und Ihrem Märchen gegeben hat. Sie sind alt. Und sie haben nur solange Bestand, wie Sie sich auch weiterhin an sie halten wollen. Ich finde, das sollte Ihnen klar sein.

Betrachten wir nun noch den Wolf als Märchenfigur, dann wird er besonders in den Grimm’schen Märchen als überaus einseitig dargestellt. Er frisst Menschen, ist hinterlistig, gierig und größenwahnsinnig. Alles Böse, was der Mensch so kennt, das steckt im Märchenwolf.

Vor dem Hintergrund aber, dass zum Beispiel die Vorlage für Rotkäppchen und der böse Wolf zu einer Zeit entstand, in der der Wolf schon lange von den Menschen gefürchtet und gejagt wurde, nämlich Mitte des 15. Jahrhunderts, frage ich mich, wie „überirdisch“ und „wundersam“ dieser Märchenwolf eigentlich war. Denn in der Angst der Menschen wird diese Figur schon längst präsent gewesen sein.

Falls Sie sich also noch immer fragen, wie Sie ein Wolfsmärchen schreiben sollten, lautet meine Antwort: „Beginnen Sie einfach!“

Und wenn Sie sich nun erst recht fragen, wie Sie ein Wolfsmärchen schreiben sollten, lesen Sie hier erstmal weiter …

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