Читать книгу Perspektivenwechsel. Fokus Zukunft - Christoph Zollinger - Страница 11
ОглавлениеDIE GEHEIME STRUKTUR DES BILDES
Bild 8, 150 x 100cm
THE ARTIST’S REALITY
Im Rahmen dieses Buches ist es gestattet, aus der Moderne nur jene zwei Maler herauszuheben, die mich persönlich vor allem beeindrucken und beeinflusst haben.
Pablo Picasso (1881 – 1973), der grossartige, vielseitige spanische Künstler, der während 75 Jahren seine Umwelt verblüffte – und oft missverstanden oder abgelehnt wurde. Vom «Einbruch der Zeit» sprach Jean Gebser (siehe oben) Mitte des 20. Jahrhunderts und stellte gleichzeitig die Frage, inwieweit sie aperspektivischen Charakter hätte. Nachdem Gebser schon bei Cézanne und Fernand Léger erste Anzeichen der «Temporik» (wie er die neue Kunstrichtung bezeichnet) nachweist, kommt er zu Braque und Pablo Picasso.
Dessen Bild «Arlésienne – 1913» hat für Gebser sozusagen Symbolcharakter: Erstmals wird die Zeit in die Darstellung einbezogen, womit sich die Ganzheit des Neuen manifestiert. Wir sehen gleichzeitig Frontal-, Seiten- und Rückenansicht. Diese Gleichzeitigkeit – «die nur in der Vorstellung realisierbare Zusammenfassung der nacheinander gesehenen Teilaspekte» – ist vierdimensionale Zeitintegration in der Malerei. «Dieser Vorgang ist bei Picasso ein- und erstmalig.»
Mark Rothko (1903 – 1970), der russische «Ideenmaler», Begründer der abstrakten Farbfeldmalerei. Auch er oft missverstanden. Zuerst vom Surrealismus beeindruckt, wechselte er mit ca. 40 Jahren seinen Malstil grundlegend. Ausgelöst durch Depressionen und/oder intensive philosophische Lektüre ist hier der Karrierebeginn des Denkers als Maler auszumachen. Erstmals gelang es einem Künstler, nur mit Farben das Verständnis zur abstrakten Kunst aufzubauen und zu entwickeln.
In den USA lebend, entstanden die ersten jener grossflächigen Bilder, die fortan keinerlei Ähnlichkeiten mit Figurativem, Illustrationen, Design oder Dekoration aufweisen. 1947 äusserte sich Rothko im Magazin Tiger’s Eye: «A painting lives by companionship, expanding and quickening in the eyes of the sensitive observer. It dies by the same token. It is therefore a risky and unfeeling act to send it out into the world.»
Rothko investierte die ganze Persönlichkeit in seine Werke und riskierte dabei, mit seinem sehr sensiblen und persönlichen Begriff der Wirklichkeit beim Publikum aufzulaufen. Sehr kompetent ist die wichtige Phase und eindrückliche Interpretation im Buch «The Artist’s Reality – Philosophies of Art» von seinem Sohn Christopher Rothko nachgezeichnet.
Diese Art der Kommunikation mit dem Publikum war anspruchsvoll und ungewohnt. In jener «Zeit der fortlaufenden Fragmentierung» malte Rothko seine private Ideenwelt und liess das Werk zu den Betrachtenden sprechen. Immer wieder betonte er die angestrebte «Einheit» oder «Ganzheit», eine philosophische Idee, die er aus dem Studium der Antike mitgenommen hatte («the order and wholeness of those people’s worldview»).
«ICH SUCHE NICHT, ICH FINDE»
Wenn Picasso für Gebser Symbolcharakter hatte, dann nicht nur deshalb, «weil er die Zeit in seine Werke einfliessen liess», sondern auch, weil er (zusammen mit Braque zwischen 1908 und 1914) den Kubismus lancierte, indem er u.a. ohne Hilfe der perspektivischen Täuschung auf der Leinwand Themen gestaltete. Zwar hat Picasso immer energisch bestritten, eine «Methode» kreiert zu haben, doch mit seinem bahnbrechenden Verständnis, «Dinge zu malen, wie ich sie denke, nicht wie ich sie sehe», machte er einen Weg frei, den er selbst so bezeichnete: «Ich suche nicht, ich finde.» Gerade in später dem Kubismus zugeordneten Gemälden zerstörte er jegliche Raumillusion, indem er Sujets zerteilte, aufklappte, gleichzeitig von vorn und von hinten zeigte und damit die ursprüngliche Form zersprengte – sie sollte nicht mehr gesehen oder empfunden, sondern gedacht werden. Niemand vor ihm hat jemals auf diese Weise gemalt.
Dabei hatte der junge Picasso früh auf sein aussergewöhnliches Talent aufmerksam gemacht. Sein Vater übergab ihm bald einmal Palette, Pinsel und Farben mit der Bemerkung: Er, der Sohn, sei der bessere Künstler. Immerhin lehrte sein Vater in Malaga, dem Geburtsort Picassos, zu jener Zeit an der Kunstgewerbeschule Zeichnen. Die Aufnahmeprüfungen an die Kunstschule La Lonja absolvierte Picasso in einem Tag, Zeichnungen des 14-Jährigen wurden bereits 1896 in Barcelona gezeigt. Wer Gelegenheit hat, seine Bilder aus der blauen und rosa Periode (1901 – 1906) zu bestaunen, wird mir Recht geben: Auf der Basis eines ausgeprägten zeichnerischen Könnens entstanden jene berührenden Bilder, die auch nach über hundert Jahren beeindrucken. Dabei war Picassos «Technik» keineswegs spektakulär, sondern vielmehr dieselbe aller später berühmten Maler: Inputs aufnehmen durch Nachahmung (berühmter Vorbilder), autonom weiterentwickeln, um schliesslich beim Überraschenden, Neuen anzukommen.
Immer wieder provozierte Picasso. Seine Kritiker warfen ihm wechselnde Stilrichtungen vor. Eine der typischen Antworten Picassos: «Bloss wegen des Vergnügens, verstanden zu werden, werde ich nicht in einem gewöhnlichen Stil arbeiten.» Nachdem er sich zwischen 1916 und 1924 immer mehr von den Kubisten abgekehrt hat, setzt er sich während eines Jahrzehnts mit dem Surrealismus auseinander.
Später wird Picasso durch Henri Matisse beeinflusst. In dessen Bildwelt erhält die Farbe durch flächig-dekorativen und ornamentalen Einsatz unter Auslassung ihrer räumlichen Gestaltungsaspekte autonomen Charakter. Matisse setzt sie vielmehr als Mittel ein, die farblichen Empfindungen, die durch den Eindruck des Motivs im Maler ausgelöst werden, wiederzugeben.
Picassos Werk «Les Demoiselles d’Avignon» (Museum of Modern Art, New York), ursprünglich vom Künstler ganz anders verstanden, nämlich als Szene eines berühmten Bordells in Barcelona, veranlasste Kritiker, Picasso als «Maler des modernen Lebens» zu bezeichnen, wie Mary Anne Caws in «Ein Porträt – Pablo Picasso» schreibt: «Es fällt auf, dass sich die fünf Prostituierten dem Betrachter frontal zuwenden, womit das System der Perspektive, das die Malerei seit der Renaissance bestimmt, ausser Kraft gerät: Man sieht die Figuren aus unterschiedlichen Blickwinkeln.» Anlässlich einer ersten Ausstellung 1906 wurde das Bild «als umwerfende Erneuerung der Malerei und ihrer Geschichte erkannt, als revolutionierendes Zurschaustellen primitiver Kraft und unverfrorener Kühnheit».
1933 legte Breton, ein glühender Verehrer Picassos, den Akzent auf die Revolution des Sehens, die er für Picassos Offenbarung hielt: Sie erschaffe die Welt neu, den «Neubau der Welt». Picasso seinerseits: «Es gibt nicht ein Gemälde, nicht eine Zeichnung von mir, die nicht eine Vision der Welt genau wiedergäbe.»
An dieser Stelle komme ich auf Gebser zurück, der eine Zeichnung Picassos aus dem Jahr 1926 kommentiert: «Das blosse Schauen oder das blosse Schönfinden können aus ihrer psychischen Befangenheit und Gebundenheit heraus die Ganzheit höchstens annähern, jedoch kaum realisieren. Aber gerade die Ganzheit kommt in dieser Zeichnung zum Ausdruck. Sie kommt deshalb zum Ausdruck, weil in ihr erstmals die Zeit in die Darstellung einbezogen ist. Wenn wir diese Zeichnung betrachten, so sehen wir mit einem Blick den ganzen Menschen […] Auf dieser Zeichnung sind Raum und Körper durchsichtig geworden […] Sie ist aperspektivisch, also vierdimensional.»
Die Perspektive im alten Sinne ist tot, schrieben übrigens auch Kritiker zu Werken von Cézanne. Mit anderen Worten: Jene grosse Errungenschaft des fixierten Standpunkts und der perspektivischen Darstellung wurde nach rund 450 Jahren erweitert.
Eine der gegenwärtig wahrnehmbaren Folgen jenes Sehens ist zweifellos das unsägliche «Entweder-oder» heutiger politischer Protagonisten und ihrer jeweiligen unverrückbaren Standpunkte. Wir warten immer noch darauf, dass die längst überfällige Aufweichung dieser mittlerweile defizienten Form Tatsache würde und damit einer zeitgemässen Entwicklung des menschlichen Bewusstseins im 21. Jahrhundert eine Chance böte.
«Schwarz-weiss-Malen», der sprachliche Ausdruck, der sich aus der Bilderwelt heraus emanzipiert hat und so trefflich den unglücklichen Dualismus unserer Zeit meint, auch dieses Schwarz-weiss-Sehen – einen unüberbrückbaren Meinungsunterschied behauptend – ist kulturhistorisch ein Relikt der mentalen Phase des menschlichen Bewusstseins. Zeitgemäss ausgedrückt: eigentlich längst ein No-Go.
«GLIMPS» IN DIE NEUE, UNBEKANNTE WELT
Wie im Buch «Mark Rothko» (2001) der Fondation Beyeler nachzulesen ist, begann der eigentliche Siegeszug Rothkos erst 1958. Vier Jahre zuvor, 1955, war in einer Wanderausstellung des Museum of Modern Art, New York, die die «Moderne Kunst aus USA» präsentierte, nur ein Werk von ihm zu sehen. 1958 waren es bereits deren fünf. 1962 machte die erste Retrospektive von Mark Rothko auch in Basel Station. Seine Bilderwelt wird da «als Raumbild charakterisiert, ein Raum in seiner baren und lautersten Erscheinung; in seiner geheimnisvollen Leere, in seiner Weite und in seiner mächtigen Stummheit. […] Rothko, der geborene Russe, geht weiter, er entzieht dem Betrachter alles Fassbare und nimmt ihm jeden Halt.» Mit der Ausstellung «America America» 1976 in Mainz war bereits ein Wendepunkt erreicht. Die beiden Juwelen der Ausstellung, «Untitled» (1953) und «Blue, Black, Black Blue» (1969), prunkten in schlichter Schönheit. Rothko war zum Klassiker geworden.
Rothko verlieh seinen Werken keine Titel im herkömmlichen Sinne – «ohne Titel» etwa oder «Yellow, White, Blue over Yellow on Gray» als Beispiele. Seine Bilder waren inzwischen 250 000 bis 300 000 Dollar wert. 2015 wurde ein Bild Rothkos für 81,92 Millionen Dollar ersteigert …
Rothkos Werke faszinieren mich über alles. Sein Werk widerspiegelt sein Denken, er malte Ideen, er suchte die Einheit in einer Zeit der fortlaufenden Fragmentierung der Wissenschaft und Wirtschaft. Rothkos Vorstellung eines Idealzustands, die er farblich komponierte, weisen Verwandtschaft mit Gebsers Denkprozessen auf. Rothkos Bilder sind transparent und natürlich aperspektiv, auch vierdimensional. Christopher Rothko, Marks Sohn, beschreibt das sehr einfühlsam. «Wollen wir Analogien in menschlichen Aktivitäten, die uns erleuchten sollen, müssen wir anderswo hinblicken. Es sind Poeten und Philosophen, die unserer Gemeinschaft Themen erläutern, an welchen auch der Künstler teilhat. Ihr Hauptanliegen – ähnlich wie jenes des Künstlers – ist der Ausdruck konkreter Formen ihrer persönlichen Wirklichkeit. […] Ähnlich wie in der Musik mit neuen, ungewohnten Akkorden und rhythmischem Beat ein vorerst fremdes Raumgefühl erzeugt wird, versucht der Maler unsere Wahrnehmung von Zeit und Raum zu kombinieren mit seinem individuellen Raum/Zeit-Verständnis.»
Rothko hat viel gelesen, auch Philosophisches und Politisches. Maler, auch wenn sie schweigen, haben viel zu sagen. Doch je mehr sie zu ihren Bildern sagen, desto mehr Missverständnisse entstehen. Daher muss ein Werk wortlos sprechen, des Künstlers Ideenwelt reflektieren im Kontext zur Zeitepoche. Rothko selbst hat einmal gesagt, seine Bilder seien als erste «Glimps» in die neue, noch unbekannte Welt zu betrachten. Der Unterschied in der Rezeption durch Betrachterinnen und Betrachter ist vergleichbar mit unseren unterschiedlichen Weltauffassungen.
In diesem Sinne ist Rothkos Malerei eine der ausgezeichnetsten des 20. Jahrhunderts: eine neue, bisher unbekannte Ganzheit von Gedanken und Visionen.
DAS NEUE, DAS OFFENE
Die offene Bildform – gewissermassen als Metapher einer offenen Gesellschaft – suggeriert das philosophische «Nichtwissen». Aus der unvoreingenommenen Betrachtung verschiedener Ansichten, Meinungen oder Konzepte entsteht das Neue, von dem anfänglich nicht bekannt ist, ob es genügen wird, und schon gar nicht, ob es richtig sein wird.
«Nicht die Fassade der Dinge, sondern ihre geheime Struktur» (Pablo Picasso) beschäftigt mich. Dabei wird das Durchscheinende, das Dahinterliegende intuitiv erfasst und schwebt zeitlos im fliessenden Raum. Mit der Überwindung des Raums und der perspektivischen Sicht zerbricht das nur Systematische, der rational geprägte Systemzwang und es entsteht eine neue (chaotische) Dynamik. Es gibt keine gegenständliche Vorsätzlichkeit mehr. Diese Transparenz als künstlerisch interpretierte Empfindung einer dringenden Neuausrichtung in unserer Zeit ist das Medium zwischen Maler, Bild und Betrachtenden. Sie ist gleichbedeutend mit «frei und offen sein», «etwas finden».
Bei allen Formaten entwickeln sich auf diese Weise bei mir einige Farbflächen übereinander, platziert im fliessenden Raum; dies bewirkt eine Entgrenzung im Sinne des Grenzen überwindenden Anliegens einer sich öffnenden modernen Gesellschaft. Durch das Auftragen mehrerer Bildschichten entsteht aus den ursprünglichen Anfängen graduell ein «darüber liegendes» mehrwertiges Konzept. Das luzide Verschmelzen einzelner Formen zur ganzheitlichen Erfahrung findet ihre Parallele im integralen Verständnis der Gegenwart: Aus einer Fülle temporärer Bilder oder Ideen entwickelt sich das Ganzheitliche.
Bei den grössten Leinwänden verbindet diese Transparenz auch Zeit und Raum: Hindernisse zwischen Publikum und Werk werden ausgeräumt, das Trennende wird zum Umfassenden, «… das Bild lebt in der Verbundenheit mit dem Menschen, verändert sich in den Augen des empfindsamen Betrachters – und es stirbt durch ihn» (Mark Rothko).
Der malerische Prozess fasziniert mich. Der Vorgang des wiederholten Übermalens nicht fixierter farblicher Gebilde führt zu immer neuen Bildern, von denen der Maler ursprünglich nicht weiss, ob sie befriedigen. Diese Arbeit findet ihre Entsprechung in der persönlichen Auffassung des Kreativen: Ob in Wirtschaft, Politik oder im Alltag: «Lösungen» entstehen erst durch Zusammenfügen unterschiedlicher Ideen zu einem ganzheitlichen Konzept. Nicht das «Abbilden» des Offensichtlichen (einer Figur oder Landschaft, eines Objekts), nicht das Darstellen einer Szene ist hier das Ziel, sondern die Transparenz zum Hintergründigen. Übrigens: Die zeichnerische und malerische Grundausbildung erfuhr ich beim begnadeten Kunstmaler und Bildhauer Raphael Doria, Zürich.
Immer wieder werde ich gefragt, was meine Bilder darstellten. «Nichts» ist meine Antwort. Sie stellen nichts dar. Ich will ein Gemälde auch nicht erklären – es entstand aus einer sehr persönlichen intensiven Beziehung zwischen dem sich Entwickelnden auf der Leinwand und mir als Herausforderer.
Auch wenn zu Beginn des Malprozesses, beim Auftragen der ersten Farbschicht, ein «Konzept» besteht, ist dessen Überleben nicht gesichert. Der «Dialog» zwischen werdendem Werk und Ausführendem verändert graduell Wahrnehmung und Eindruck. Im unmittelbaren Austausch entsteht das Werk, nachdem sich die gegenseitige Beeinflussung im fliessenden Licht und in nuancierten Farbtönen immer mehr ausgeprägt hat.
An dieser Stelle ist der oder die Betrachtende gefordert. Er oder sie, beide entwickeln mit der Zeit eine neue Sicht der Dinge. Das Bild beginnt zu leben, es entfalten sich Farbnuancen und Strukturen. Dadurch entsteht eine sinnliche Beziehung und auch die Perzeption des Betrachtenden ist keineswegs uniform. Diese Beziehung allerdings, die ist sehr persönlich und subtil. Sie ist Ausdruck des einfühlsamen Betrachters, der offen ist für das Neue, Unerwartete, Spontane.
Ich wage zu behaupten, dass ein Bild erst nach Monaten oder Jahren – aufgehängt in passender Nachbarschaft – seine geheimnisvolle Botschaft voll entwickelt.
WERKSCHAU «BILDER UND SÄTZE»
Eine einmalige Gelegenheit zu einer umfassenden Werkschau bot sich mir 2006 in den hellen Räumlichkeiten der (ehemaligen) Schreinerei Lienhard in Zürich-Wollishofen. Mit der grossartigen Unterstützung der Inhaberfamilie realisierte ich unmittelbar vor dem Abbruch der Liegenschaften auf 1000 Quadratmetern mit 150 Bildern aus 40 Jahren so etwas wie eine Gesamtschau. Aus den Anfängen sind im Laufe der Jahre völlig neue Formate und Impressionen entstanden. Dies alles für einmal «versammelt» zu sehen war für mich faszinierend.
Den vielen Besucherinnen und Besuchern gefiel das Ganze mehr oder weniger. Den Wandel vom Alpenpanorama zur abstrakten Malerei goutieren verständlicherweise nicht alle. Der spätere Regierungsrat Thomas Heiniger (damals Stadtpräsident von Adliswil) eröffnete die Show mit folgenden Worten: «Sätze, Wörter und die Sprache allgemein stossen an Grenzen, an sprachliche, kulturelle und ethische. Oft entstehen Missverständnisse. Ganz anders verhält sich das bei Bildern. Beim Anschauen eines Bildes können sich die Betrachtenden in aller Freiheit viele Gedanken machen, ohne auf Grenzen zu stossen.»
Aus den Medien ist hier ein Originalzitat übernommen. «Christoph Zollinger lässt den Betrachter seiner Bilder in ein geheimnisvolles Meer von Farben und Formen eintauchen.»
Und, für viele Kilchbergerinnen und Kilchberger die grosse Überraschung: «Chris Zollinger ist der Libero. Unter dem Pseudonym Libero schrieb Zollinger während 22 Jahren Kolumnen im Kilchberger Gemeindeblatt zu aktuellen Themen der Zeit.» Tatsächlich ist es dem Verleger gelungen, Nachfragen über den «Täter» hinter diesen Kolumnen abzuwimmeln. Erst mit der vergrösserten Präsentation aller Artikel in einem separaten «Kilchberger-Raum» wurde das Geheimnis gelüftet. Deshalb auch der Name der Ausstellung: «Bilder und Sätze».
«TRANSPARENZ AUF LEINWAND»
40 Jahre nach meiner ersten Bilderausstellung am Klusplatz in Zürich folgte im Oktober 2014 auf 500 Quadratmetern eine Präsentation der letzten fünfzig Transparency on Canvas-Bilder. In den nostalgischen Räumen der historischen Maschinenhalle der ehemaligen Brauerei Hürlimann in Zürich-Enge (heute B2 Hotel) fügten sich die grossflächigen Werke zwischen hundertjährigen Eisenveteranen – Maschinen aus der Bierherstellung – wie Sinnbilder des Zeitenwandels ein.
Der Prozess vom Abbild zur Beziehung in meiner Malerei fand hier ein perfektes Umfeld. Etwas grosszügig formuliert könnte man sagen, der weiter oben erwähnte epochale Wandel, den Albert Einstein als Wegmarke vor hundert Jahren setzte, fand hier eine bescheidene Entsprechung in der symbolischen Gleichzeitigkeit des Alten und Neuen.
Mit Thomas Heiniger, Vernissage 2006