Читать книгу Audreys Geheimnis | Erotischer Roman - Claire D. Anderson - Страница 4

Оглавление

AUDREY: HEIMKEHR.

Ich sah mich in der Wohnung um. Groß war sie. Geräumig, geschmackvoll eingerichtet. Zwei Etagen. Raumhohe Fenster mit Blick aufs Meer. Und wie still es war! Niemals war es wirklich still gewesen in Fall Springs. Ich war eingehüllt gewesen in das Geschwätz und in den Stadtlärm, die Liebe meiner Tante, die Gutmütigkeit meines Onkels, die tausend Beschäftigungen, die ich mir gesucht hatte. Hatte mich in dem Roman, den ich geschrieben hatte, verloren.

Rastlos wanderte ich von einem Raum in den anderen. Ich wusste, ich hatte ein paar Tage, um mich selbst auf die Reihe zu kriegen, dann stand mir eine endlose Reihe von Terminen mit den Anwälten meiner Eltern bevor, ein Treffen mit Alexander, meinem Bruderherz, der schon wieder in irgendeiner Klemme steckte. Ich musste meine alten Kontakte reaktivieren, wenn ich meinen Schmuck wieder ausstellen wollte, wenn ich als Texterin arbeiten wollte, wenn ich meinen Roman veröffentlichen wollte. Doch diese paar Tage gehörten noch mir ganz allein.

Ich hielt es nicht mehr aus. Ich musste ans Wasser. Der Morgen ging langsam in den Vormittag über und ich wollte dort sein, bevor die Leute kamen. Ich brauchte einfach eine ruhige Minute am Meer. Das heißt, eigentlich wusste ich nicht genau, was ich brauchte, aber ich dachte, eine ruhige Minute am Meer wäre ein guter Anfang. Von der Wohnung war es nicht weit bis zum Wasser und ich rannte die Strecke fast.

Endlich war ich da. Die Sonne spiegelte sich verspielt in den Wellen, das Rauschen war ohrenbetäubend, die Farben wie in einem Traum. Ein paar Minuten stand ich am Strand auf einem großen Felsen und ließ mir die Gischt ins Gesicht spritzen. Tief durchatmen. Augen zu. Augen wieder auf. Es war einfach herrlich.

Dann holte ich mir am Strandkiosk einen Kaffee und spazierte die Promenade entlang, die sich wie ein hellgraues Band vor mir ausbreitete und sich in einem weiten Bogen bis zum Flughafen verlor.

Ich weiß heute nicht mehr, wie und warum, aber ich landete am Ende auf dem großen Marktplatz von Colante, der »Old Box«, wie die Leute hier liebevoll dazu sagten, direkt vor einem Café, das sich »Sea Side« nannte – wo zuvor ein alter, heruntergekommener Buchladen gewesen war. Es war später Vormittag. Ich schaute mich um, der Markt war in vollem Gange. Eine sanfte Brise wehte über den Platz, eine Mischung aus Sand, Meeresluft und Gewürzen, und die Windspiele an einem nahen Stand begannen zu singen.

Ich weiß nicht, wie lange ich vor diesem Café stand, bis mir klar wurde, dass ich hineingehen musste. Durch die Glasscheiben der Vorderfront sah ich gemütliche Polstermöbel und als die Tür aufging, strömte entspannende Loungemusik zu mir heraus. Als ich das Café betrat, erklangen über mir ein paar wild gewordene Glöckchen. Ich musste lächeln. Als ich mich an einer Ecke der Bar niederließ, fielen mir als Erstes die vielen Bilder an den Wänden auf. Augenscheinlich war es immer dieselbe Stadt auf einem Hügel, die da in Aquarellen und Ölbildern abgebildet war ... wo sie sich wohl befand?

»Normalerweise bringen unsere Gäste nicht ihren Kaffee mit in meine Bar«, riss mich eine angenehme Stimme mit amüsiertem Unterton auf der anderen Seite des Tresens aus meinen Gedanken.

Ich wirbelte herum und blickte zuerst auf meine Hand, die immer noch den Kaffeebecher vom Strand umklammert hielt, bevor ich in die dunklen Augen eines großen Mannes schaute. Es dauerte mehrere Sekunden, bis ich meine Gesichtszüge wieder unter Kontrolle hatte, und noch ein, zwei weitere, bis mir endlich dämmerte, wen ich da tatsächlich vor mir hatte:

»Jacob!«

Ich sprang auf und konnte es kaum glauben. Jacob de Vries, der Junge, mit dem ich meine halbe Jugend auf den Felsen vor Colante verbracht hatte, mit dem ich im Alter von sechs Jahren nackt im Pool im Garten seiner Großmutter geplanscht hatte, der mich meine ganze Pubertät lang wegen meiner Pickel gehänselt hatte, mit dem mich meine Eltern gezwungen hatten, auf ihren Benefizveranstaltungen zu tanzen (Audrey, das gehört sich so. Die Familie de Vries gehört zu unseren ältesten Freunden!). Der Typ, mit dem mich auch eine dunkle Seite meiner Vergangenheit verband, und den ich zuletzt auf der Beerdigung meiner Eltern vor mehr als drei Jahren gesehen hatte – Jacob de Vries stand vor mir und breitete mit einem Lächeln im Gesicht die Arme aus, während er um den Tresen herumgerannt kam:

»Audrey Greene, ich glaub’s ja nicht!«

Ich konnte kaum Luft holen, da lag ich schon an seiner breiten Brust, umfangen von seinen starken Armen. Unwillkürlich atmete ich ein. Er duftete nach einer Mischung aus Kaffee, einem unglaublichen Eau de Toilette und Jacob, und mir wurden die Knie weich. Was war denn das?

»Audrey, ich wusste gar nicht, dass du hier bist! Warum hast du dich denn nicht gemeldet? Wann bist du heimgekommen?«

Ich schluckte schwer und befreite mich vorsichtig aus seiner Umarmung.

»Ich hab es ja selbst noch nicht realisiert, dass ich hier bin. Ich bin erst heute früh gelandet ...«

»... und dein erster Weg führt dich zu mir. Ich fühle mich geehrt«, sagte er mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht und machte einen Diener. »Lass dich anschauen, Mädchen ...«

Er umschloss meine Schultern mit seinen riesigen Händen und drehte mich vorsichtig hin und her. Seine Berührung schickte kleine Stromstöße durch meinen Körper und ich begann, mich über mich selbst zu ärgern. Was war los mit mir?

»Ich ... ich bin gar nicht absichtlich hergekommen«, sagte ich eine Spur zu schroff und trat einen Schritt zurück.

Ich war mir selbst nicht ganz geheuer. Jacob zog die Augenbrauen hoch und betrachtete mich. Er schien die Kälte zu spüren, die von mir ausging.

»Was kann ich dir bringen?«, fragte er ganz geschäftsmäßig, rührte sich aber nicht von der Stelle.

Mir tat mein Verhalten leid. Ich hatte ihn nicht kränken wollen. Etwas versöhnlicher wandte ich mich um und studierte die Kreidetafeln über der Bar.

»Hm ... was empfiehlst du?«, fragte ich schließlich mit einem Lächeln.

Jacob musterte mich immer noch neugierig, jedoch ein wenig verhalten.

»Lass mich dich überraschen«, sagte er schließlich und begann, hinter der Bar zu hantieren. Nach wenigen Minuten stand eine große Tasse Kaffee vor mir, liebevoll zubereitet mit Schaum und Karamell, dazu servierte er einen Cupcake.

»Probier mal, geht aufs Haus«, sagte er, kam wieder auf meine Seite des Tresens und setzte sich neben mich.

»Und jetzt erzähl – warum bist du wieder hier?«

Seine Nähe brachte mich aus dem Konzept. Ich starrte ein paar Momente lang auf den Kaffee und den Minikuchen vor mir. Ich erinnerte mich daran, wie wir als Kinder gewesen waren, blendete aber die Schatten aus, die sich im Teenageralter über uns gelegt hatten. Daran konnte ich jetzt nicht denken.

Langsam hob ich den Blick, bis er schließlich seine Augen fand. Ich schien mit ihnen zu verschmelzen. Mein Herz begann für einen Moment zu rasen. Ob es ihm wohl ähnlich ging? Er schaute mich an, als würde er mich zum ersten Mal sehen. Er sah wirklich verdammt gut aus. Und ihm gehörte dieses Café!

Jeder von uns hatte auf seine eigene Art den Weg aus dem dunklen Sumpf gefunden, der aus falschen Freunden, Drogen und Sex bestanden hatte, aber über all die Jahre war eines gleich geblieben: Füreinander hatten wir – bis auf wenige Momente – immer Respekt empfunden, waren ehrlich zueinander gewesen, wir, die wir durch unsere Familien nebeneinander ins Leben gestellt worden waren – ich mit meinem nach außen hin perfekten Elternhaus, er mit seiner zerrütteten Herkunft voller Schmerz und Leid, das sie einander gegenseitig zugefügt hatten. Und wie durch eine Fügung war der erste Mensch, der mir hier zu Hause in Colante begegnete, genau er. Und so begann ich zu erzählen.

Audreys Geheimnis | Erotischer Roman

Подняться наверх