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Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin.

Leopold Schefer.

Vorwort.

Leopold Schefer, geb. am 30. Juli 1784 zu Muskau in der Niederlausitz, besuchte nach dem Tod seines Vaters, der Arzt gewesen, das Gymnasium zu Bautzen, das er jedoch nach fünf Jahren wieder verließ. Seitdem trieb er in seiner Heimat Mathematik, Philosophie und das Studium der griechischen und morgenländischen Dichter. Sechs Jahre lang versah er das Amt eines Generalbevollmächtigten bei dem Fürsten Pückler-Muskau, konnte dann aber seinem Verlangen, fremde Länder zu sehen, nicht widerstehen und bereiste England, Deutschland — (ein Aufenthalt von zwei Jahren fesselte ihn an Wien, wo er sich der Medizin und Musik widmete), dann Italien, Sizilien, Griechenland, die Türkei, die griechischen Inseln und Kleinasien. Von 1820 bis zu seinem am 13. Febr. 1862 erfolgten Tode beschäftigte er sich In dem heimatlichen Muskau, in edlem Freundschaftsverhältnis zu seinem fürstlichen Gönner, ausschließlich mit dichterischen Arbeiten. Seine "Gedichte mit Kompositionen" gab im Jahre 1811 der Graf Pückler heraus, der lange für den Verfasser galt. Seine Novellen erschienen einzeln in Zeitschriften und Taschenbüchern, dann gesammelt 5 Bände "Novellen" (1825—29), "Neue Novellen", 4 Bände (1831—35), "Lavabecher", 2 Bände (1833) und "Kleine Romane", 5 Bände (1837—39). Ferner "Die Göttliche Komödie in Rom" (1846), "Graf Promnitz" (1846), "Generion von Toulouse" (1846) und "Die Sibylle von Mantua" (1803). Von seinen zahlreichen spruchartigen oder Lehrdichtungen sind die bekanntesten "Das Laienbrevier" (1834) und "Der Weltpriester" (1846), denen 1854 zwei Bände "Hausreden", "Hafis in Hellas" und der "Koran der Liebe" folgten.

Aus den wunderlichsten Elementen gemischt steht die Erscheinung dieses reichbegabten Mannes vor uns und lässt uns in demselben Augenblick die lebhafteste Anziehungskraft empfinden, wo wir uns mit heimlichem Grauen und Widerwillen von ihr abwenden. Tiefe und zarte Weisheit, und eine im Irrgarten alles Wahnwitzes berauscht herumtaumelnde Phantasie; eine Fülle von Kenntnissen in Länder- und Völkergeschichten, und dabei der Hang, in der novellistischen Darstellung überall die richtigen Umrisse zu verwischen und statt der reinen Zeit- und Lokalfarben ein phantastisches Zwielicht oder eine ungewisse bengalische Beleuchtung um alle Gestalten zu ergießen; seine Empfindung für das Sittliche, gepaart mit einer wollüstig fiebernden Sinnlichkeit; seltenes Schönheitsbedürfnis und, dicht daneben die naivste Geschmacklosigkeit — Gegensätze, die es hinlänglich erklären, dass die novellistischen Dichtungen Leopold Schefers, einst in den Tagen der Romantik als ein hochbedeutsamer, völlig selbständiger Nebenschössling derselben bewundert, heutzutage fast vergessen, ja schlimmer noch, fast ungenießbar geworden sind. Und dies in so hohem Grade, dass kaum eine Wahl für den Novellenschatz länger hin und her geschwankt hat, als die aus der Überfülle der Scheferschen Werke, deren Platz in der Entwicklung der deutschen Novelle doch zu ansehnlich ist, um in einer Mustersammlung, die zugleich einen historischen Überblick gewähren soll, den einst gefeierten Namen ganz zu übergehen. Auch die endlich zur Aufnahme ausersehene Erzählung leidet an den Gebrechen der Familie, nur dass sie von der lyrischen Verschwommenheit und Überschwänglichkeit anderer sich freier gehalten hat. Zu ihrem Vorteil ist' sie schon durch den nördlichen Boden, auf welchem sie spielt, und den Hintergrund der weltgeschichtlichen Ereignisse vor dem Widerwärtigsten bewahrt geblieben, was die Scheferschen Gebilde sonst an sich zu tragen pflegen: vor jener nach Moschus, Ambra und Sandelholz duftenden schwülen und schmachtenden orientalischen Üppigkeit, jener von Koranweisheit und geheimnisvollen Sprüchen durchtönten Stickluft, in welcher das gesundere Geschlecht unserer Tage nicht mehr zu atmen vermag, während man vor dreißig Jahren dieses eben Mode gewordene Aroma begierig einsog. Einzelne ergreifende Momente der Handlung, die großenteils festumrissenen Charaktere und die reichlich eingestreuten geistvollen Reflexionen geben immerhin von dem bedeutenden Talent des Dichters Zeugnis und lassen deutlich erkennen, wie viel hohe Gaben der Natur hier einem falschen Kunstbegriff oder einer Krankheit der Zeit zum Opfer gefallen sind.

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Deutscher Novellenschatz 19

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