Die vor den Toren

Die vor den Toren
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Berlin in den Jahren der Gründerzeit. Das rasante Wachstum der aus den Nähten platzenden Großstadt breitet sich bis ins bisher eher beschauliche Tempelhof aus und sorgt dort für viel Unruhe und Aufregung. Das bekommt auch die alteingesessene Familie der Badekows zu spüren. Die Alten müssen hilflos mitansehen, wie es ihre Kinder in die Stadt treibt und sie vom turbulenten Sog des Molochs Berlin mitgerissen werden – teilweise bis in den Ruin. Bedeutet das nun das Ende der ehedem reichsten Familie in Tempelhof? Clara Viebigs großer Kulturroman über das Berliner Vorortleben nach 1870 ist auch heute noch höchst lesenswert – nicht nur für Berliner!-

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Clara Viebig. Die vor den Toren

Clara Viebig. Die vor den toren

I

II

III

IV

V

VI

VII

VIII

IX

X

XI

XII

XIII

XIV

XV

XVI

XVII

XVIII

XIX

Anmerkungen. I. Kapitel

Über Die vor den Toren

Autorenporträt

Ebook Kolophon

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Die Längnicks, die Badekows und die Schellnacks waren die reichsten in Tempelhof. Die Lietzows hatten aber auch Geld, besonders Gottfried stand sich gut, nicht bloß weil er seine Cousine, Lene Badekow, zur Frau hatte, sondern auch, weil er es verstand, die Handelsgärtnerei, die Spargelkultur, den Obstbau, die Hühnerzucht, die Milchwirtschaft und noch manches andre so schwunghaft weiter zu betreiben, wie es sein Vater, der alte Lietzow, angefangen hatte.

„Mistfink“ sagte zwar sein Bruder Karl, der Kaufmann, von ihm; und Karls Frau, die hübsche Ida, zuckte die vollen Schultern, wenn von Gottfried die Rede war. Sie rümpfte die Nase: Kleinigkeitskrämer! Wie konnte man sich nur um ein paar Groschen so abrackern?! Aber im Grunde ärgerte sie sich, daß ihre Schwägerin Lene immer vergnügt aussah. Und Karl ärgerte sich auch, wenn er vor seiner Ladentür stand, die sehr bescheidene Auslage im Fenster musterte – ein bißchen Reis, ein bißchen Mehl, ein bißchen Kaffee, ein ewiger Zuckerhut, dessen blaues Papier schwärzlichen Fliegenschmutz zeigte – und wenn er dann sah, wie drüben, jenseits der Lindenreihe, vor dem langgestreckten Haus des Bruders die Karren hielten, welche Kartoffeln, Obst, Gemüse nach Berlin fuhren, und wie die Händler kamen und gingen und wie dem Gottfried, der in hohen Transtiefeln, die Hände in den Hosentaschen, draußen herumstand und dem Aufladen zusah, das Geld nur so zuströmte. Wenn Karl auch die Schankgerechtigkeit neben seinem Ladengeschäft hatte und in der Hinterstube immer Ackerknechte und Fuhrleute, besonders die Hauderera) saßen, die aus Britz und Mariendorf nach Berlin wollten, Leute, die ganz ordentlich was durch die Gurgel jagten, es kam doch nichts Rechtes dabei heraus. Und die feinste Kundschaft war es auch nicht. Die Ansässigen gingen alle zu Kiekebusch. Als ob es da etwas Besseres zu trinken gäbe! Aber die Tempelhofer waren nun einmal so: wie die Ochsen, immer an die altgewohnte Krippe.

.....

Mit einem Lächeln, das auf ihrem Gesicht wie Triumph aussah, verließ die Längnick die Badekow. Jetzt konnte sie es plötzlich kaum mehr erwarten, daß ihr Paul von Berlin heimkam. Morgen schon mußte er hier herüber. Und daß er nett war gegen die alte Frau! Er war manchmal ein bißchen schwer von Begriffen. Aber sie würde ihm schon eintrichtern, was er zu sagen hatte. Wie männlich und breitschultrig er jetzt auch geworden war, er würde doch immer der sein und bleiben, der er gewesen war: der Junge, der zu parieren hatte!

Festen Schrittes ging die Längnick über die Straße. Ihre Tür schlug sie so kräftig hinter sich zu, daß es wie ein Knall durchs öde Haus hallte. –

.....

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