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Kuriose Kunden und ein Platz an der Sonne

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Erst einmal zur Erklärung: Kunden sind die Zweibeiner, die in unseren Laden kommen und mein Frauchen nach etwas fragen, was sie gerne hätten. Dann nehmen sie einfach etwas von unserer Einrichtung mit und mein Frauchen freut sich auch noch darüber. Soll einer die Menschen verstehen! Na ja, so lange sie sich nicht an meinem Spielzeug vergreifen, kann ich damit leben. Wenn ich gerade mal nicht schlafe, dann lausche ich gerne den Gesprächen zwischen den Kunden und meinem Frauchen, z.B. solchen: „Kennen Sie das Buch, das gestern im Fernsehen vorgestellt wurde?“ Keine große Hilfe ist der Kunde, wenn er alle folgenden Fragen meines Zweibeiners mit „Ich weiß nicht“, beantwortet: „Wie lautet der Buchtitel? Wie heißt denn der Autor? Um was ging es in dem Buch? Wie sah denn das Buchcover aus?“ Mein Frauchen bemüht sich immer, jedes Buch aufzutreiben, aber das Gedankenlesen gehört noch nicht zu ihren Fähigkeiten. Sonst hätte sie schließlich auch gewusst, dass ich genau in diesem Moment einen Riesen-Appetit auf Leberwurst bekam.Dass mein Frauchen meistens eine Engelsgeduld hat, kann ich jeden Tag beobachten. Kunde: „Hat dieses Buch schon jemand angefasst?“ Sie möchte sagen: „Nein, es ist ganz alleine in das Regal geflogen!“ Aber was sie sagt, ist: „Ja, ich hab es ins Regal geräumt und ich bin mir sicher, dass es schon ein paar Kunden durchgeblättert haben.“ In solchen Momenten bin ich sogar ein bisschen stolz auf sie. Zu Hause hat sie übrigens nicht so viel Geduld. Aber das bleibt natürlich unter uns. Interessant sind auch die Menschen, die sich gefühlte Stunden in unserem Buchlädchen aufhalten, alles anfassen, jedes Buch durchblättern und von meinem Frauchen zu jedem Werk eine Geschichte erzählt bekommen haben möchten und dann den Laden ohne Einkauf verlassen mit dem Worten „Eigentlich habe ich ja genug Bücher zu Hause.“ Aber es gibt auch wirklich nette Kunden, die nur wegen MIR in das Geschäft kommen. Sie betreten die Buchhandlung und kramen in ihrer Tasche. Spätestens dann klingeln meine Ohren, dieses raschelnde Geräusch höre ich fünf Kilometer gegen den Wind. In Sekundenschnelle springe ich dann aus meinem Körbchen, um die Futterausgabe bloß nicht zu verpassen. Und tatsächlich, der Zweibeiner holt ein Leckerli aus einer Tüte und hält es mir vor die Nase. Da kann ich einfach nicht widerstehen und lasse das „Fressi“ schnell in meinem Maul verschwinden. Eilig schaffe ich das Leckerli in mein Bett, man weiß ja nie, ob es sich der Zweibeiner doch noch anders überlegt und das Leckerli selbst verputzen möchte. Nicht, dass Sie glauben, dass ich verfressen wäre, ich freue mich auch, wenn sich jemand bloß die Zeit nimmt und meinen Rücken streichelt. Am schönsten ist es, wenn ich noch ein „Braver Hund“ oder „Du bist aber ein hübscher Hund!“ höre. Das geht mir runter wie Öl. Wer mich kennt, der weiß, dass ich die Sonne liebe und nichts lieber tue, als mich zu sonnen. Dafür ist mir kein Weg zu anstrengend oder zu weit. Die größte Ungerechtigkeit jedoch ist, dass mein Frauchen jedes Mal ganz böse schaut, wenn ich versuche ins Buchregal zu klettern, weil dorthin gerade die Sonne ihre Strahlen austreckt. Sie muss doch verstehen, dass ich mich nur dort oben in der Sonne räkeln kann. Auch im Schaufenster darf ich nicht sitzen. Dabei ist das doch wirklich groß genug und die paar Bücher kann ich doch einfach zur Seite schieben. Na ja, vielleicht bin ich selbst schuld. Als mein Frauchen dabei war, den Laden einzuräumen, sprang ich im hohen Bogen gegen die Schaufensterscheibe, weil ich auf dem Gehweg einen anderen Hund gesehen hatte. Man muss ja schließlich sein Revier abstecken. Ab diesem Tag schwor sie mir, dass ich nie mehr ins Schaufenster dürfte. Nicht einmal um meine Vorderpfoten dort abzustellen, wenn ich einen mir bekannten Kunden sehe. Mein Zweibeiner ist aber auch kleinlich! Gerade zum Trotz bin ich deshalb vor ein paar Wochen in das frisch und mühevoll dekorierte Schaufenster gesprungen, um einem Hund hinterher zu rennen. Ich knallte gegen die Scheibe und verkeilte mich hinter einem großen Buchständer, der durch meine Aktion umgefallen war. Bücher und Dekofiguren purzelten durcheinander. Mein Frauchen war sehr sauer, denn sie hatte ihre liebe Not, mich unter den Augen der verwirrten Kunden wieder aus dem Schaufenster zu holen. Nachdem die Kunden die Buchhandlung verlassen hatten, räumte sie laut schimpfend das Schaufenster wieder feinsäuberlich ein. Seitdem ist total Schicht im Schacht. Schaue ich nur in die Richtung des Schaufensters, ernte ich schon einen bösen Blick von Frauchen. Aber das war´s wert!

Ein Buchdackel erzählt!

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