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** Romanze V: Guidos Bild

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Inhaltsverzeichnis

Welch Getümmel in der Ferne,

Welche wilde, freche Stimmen?

Ach, ich höre Degen wetzen,

Höre böse Klingen klirren!

Näher, näher um die Ecke,

Ganz von Fechtenden umringet,

Weicht Meliore, mit dem Degen

Hebt er künstlich auf die Stiche.

"Freistatt!" ruft er dann befehlend,

Springend nach Mariens Bilde,

"Diese Zuflucht müßt ihr ehren!"

Und sein mutger Ruf gelinget.

Denn ein Angesehner stellet

Sich an seiner Gegner Spitze.

"Wackre Knaben, meine Herren,

Lassen Sie uns hier besinnen,

Fromm und höflich unsre Degen

Senken und fein salutieren,

Höflich schöner Frauen wegen,

Fromm vor dem Marienbilde!

Daß Meliore eingestehe,

Daß uns Zucht und Sitte bindet,

Wie für Wissenschaft gesehen

Er die raschen Klingen blinken.

Darum will ich mit ihm reden,

Unsern Streit nun auszumitteln!"

Sprichts's und tritt dem Feind entgegen,

Den die ganze Schar umzingelt.

Doch an den Altar gelehnet,

Lauscht Meliore auf zur Linde,

Er hat allen Streit vergessen,

Denn er hört Biondettens Stimme.

Jener aber spricht: "Mein Bester,

Keine Wahrheit ist zu finden

Hier in diesem bunten Leben,

Darum laßt uns Frieden stiften!

Und da Liebe nur im Sterben

Kann gefunden" … "Stille, stille!"

Spricht Meliore, "ach, es wehet

Auch kein Lüftchen in der Linde!" —

"Willst du's kurz?" fragt dann der Redner.

Und Meliore spricht ergimmet:

"Schweigt sie, magst du ewig reden,

Schweige ewig, wenn sie singet!"

Jener spricht, zurück sich wendend:

"Schweigen sollen wir, sie singet!"

Aber in dem Kreis erheben

Heftig schreiend sich die Stimmen:

"Er soll gleich zurück jetzt nehmen,

Was er Apo sprach zum Schimpfe;

Laßt uns mit dem Degen wetzend

Überlärmen seine Dirne!"

Und ein frecherer Geselle

Schreit hinauf: "Ha! schweig sie stille,

Heilge Jungfrau, um die Wette

Wollen wir mit ihr eins singen!"

Aber wütend an der Kehle

Packt Meliore ihn und ringet

An den Boden hin den Frevler,

Und es heben sich die Klingen.

Alle dringen ihm entgegen;

Auf den Altar fliehend springet

Nun Meliore, sich das Leben

In der heilgen Freistatt fristend.

"Seinen Mantel werfe jeder

Nieder, der zu fechten willens,

Jedes Klinge will ich messen,

Dem ich Ehre abgeschnitten;

Und da vor so vielen Gegnern

Ich wohl keine Rettung finde,

Darum laßt zu Gott mich beten

Nur noch wenge Augenblicke!"

Eine tiefe Stille ehret

Seine Bitte, und er kniet;

Und von zwölfen breiten elfe

Ihre Mäntel um die Linde.

Wie zwei aufgeschreckte Rehe

In gehemmter Flucht erzitternd

Stehn die Jungfraun stumm am Fenster,

Niederblickend durch die Linde.

Als Meliore sie ersehen

Ruft er aufwärts: "Wenn ich sinke,

Liebesengel, Todesengel,

Bete für mich, wenn ich sinke!"

Und nun springt er an die Erde,

Seinen Rücken deckt die Linde,

Zierlich grüßt er mit dem Degen

Jeden in dem weiten Ringe.

Doch zuerst tritt ins Gefecht

Den er niederwarf im Grimme,

Und in tiefen Ängsten schwebend

Stehn die Jungfrauen und singen:

"Gott und Vater, soll er sterben,

Lasse seinen Zorn sich stillen,

Daß er möge Heil erwerben

Um Herrn Jesu Leiden willen!

Gott und Sohn! Schirm den Gerechten,

Decke ihn mit deinem Schilde,

Lasse ihn mit Ehren fechten

Hier vor deiner Mutter Bilde!

Heilger Geist, das Herz erhelle

Ihm, dem frommen Schwertumklirrten,

Daß der böse Feind nicht stelle

Schlingen dem im Streit Verwirrten!

Und Maria, Mutter, helfe,

Daß er seinen Judas finde,

Denn hier stehen wieder zwölfe,

Wie bei deinem heilgen Kinde!" —

"Gleiche Rechte, gleiche Rechte!"

Ruft der Gegner, "Brüder singet!

Hat er sich Musik bestellet,

Laßt mir auch ein Lied erklingen!"

Und es bricht aus vollen Kehlen

Ein Gesang mit wildem Grimme;

An den stillen Mauern brechen

Widergellend sich die Stimmen:

"Blanke Jungfern, blanke Degen

Muß man küssen, muß man schwingen;

Der Schwertfeger weiß zu fegen,

Sind sie rostig, unsre Klingen!

Wenn der Metzger Messer wetzet,

Muß sein Weib ein Lied ihm singen,

Und das Kalb, vom Hund gehetzet,

Hilft sie leichter ihm bezwingen.

Romanzen vom Rosenkranz

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