Читать книгу Romanzen vom Rosenkranz - Clemens Brentano - Страница 9
** Romanze V: Guidos Bild
ОглавлениеWelch Getümmel in der Ferne,
Welche wilde, freche Stimmen?
Ach, ich höre Degen wetzen,
Höre böse Klingen klirren!
Näher, näher um die Ecke,
Ganz von Fechtenden umringet,
Weicht Meliore, mit dem Degen
Hebt er künstlich auf die Stiche.
"Freistatt!" ruft er dann befehlend,
Springend nach Mariens Bilde,
"Diese Zuflucht müßt ihr ehren!"
Und sein mutger Ruf gelinget.
Denn ein Angesehner stellet
Sich an seiner Gegner Spitze.
"Wackre Knaben, meine Herren,
Lassen Sie uns hier besinnen,
Fromm und höflich unsre Degen
Senken und fein salutieren,
Höflich schöner Frauen wegen,
Fromm vor dem Marienbilde!
Daß Meliore eingestehe,
Daß uns Zucht und Sitte bindet,
Wie für Wissenschaft gesehen
Er die raschen Klingen blinken.
Darum will ich mit ihm reden,
Unsern Streit nun auszumitteln!"
Sprichts's und tritt dem Feind entgegen,
Den die ganze Schar umzingelt.
Doch an den Altar gelehnet,
Lauscht Meliore auf zur Linde,
Er hat allen Streit vergessen,
Denn er hört Biondettens Stimme.
Jener aber spricht: "Mein Bester,
Keine Wahrheit ist zu finden
Hier in diesem bunten Leben,
Darum laßt uns Frieden stiften!
Und da Liebe nur im Sterben
Kann gefunden" … "Stille, stille!"
Spricht Meliore, "ach, es wehet
Auch kein Lüftchen in der Linde!" —
"Willst du's kurz?" fragt dann der Redner.
Und Meliore spricht ergimmet:
"Schweigt sie, magst du ewig reden,
Schweige ewig, wenn sie singet!"
Jener spricht, zurück sich wendend:
"Schweigen sollen wir, sie singet!"
Aber in dem Kreis erheben
Heftig schreiend sich die Stimmen:
"Er soll gleich zurück jetzt nehmen,
Was er Apo sprach zum Schimpfe;
Laßt uns mit dem Degen wetzend
Überlärmen seine Dirne!"
Und ein frecherer Geselle
Schreit hinauf: "Ha! schweig sie stille,
Heilge Jungfrau, um die Wette
Wollen wir mit ihr eins singen!"
Aber wütend an der Kehle
Packt Meliore ihn und ringet
An den Boden hin den Frevler,
Und es heben sich die Klingen.
Alle dringen ihm entgegen;
Auf den Altar fliehend springet
Nun Meliore, sich das Leben
In der heilgen Freistatt fristend.
"Seinen Mantel werfe jeder
Nieder, der zu fechten willens,
Jedes Klinge will ich messen,
Dem ich Ehre abgeschnitten;
Und da vor so vielen Gegnern
Ich wohl keine Rettung finde,
Darum laßt zu Gott mich beten
Nur noch wenge Augenblicke!"
Eine tiefe Stille ehret
Seine Bitte, und er kniet;
Und von zwölfen breiten elfe
Ihre Mäntel um die Linde.
Wie zwei aufgeschreckte Rehe
In gehemmter Flucht erzitternd
Stehn die Jungfraun stumm am Fenster,
Niederblickend durch die Linde.
Als Meliore sie ersehen
Ruft er aufwärts: "Wenn ich sinke,
Liebesengel, Todesengel,
Bete für mich, wenn ich sinke!"
Und nun springt er an die Erde,
Seinen Rücken deckt die Linde,
Zierlich grüßt er mit dem Degen
Jeden in dem weiten Ringe.
Doch zuerst tritt ins Gefecht
Den er niederwarf im Grimme,
Und in tiefen Ängsten schwebend
Stehn die Jungfrauen und singen:
"Gott und Vater, soll er sterben,
Lasse seinen Zorn sich stillen,
Daß er möge Heil erwerben
Um Herrn Jesu Leiden willen!
Gott und Sohn! Schirm den Gerechten,
Decke ihn mit deinem Schilde,
Lasse ihn mit Ehren fechten
Hier vor deiner Mutter Bilde!
Heilger Geist, das Herz erhelle
Ihm, dem frommen Schwertumklirrten,
Daß der böse Feind nicht stelle
Schlingen dem im Streit Verwirrten!
Und Maria, Mutter, helfe,
Daß er seinen Judas finde,
Denn hier stehen wieder zwölfe,
Wie bei deinem heilgen Kinde!" —
"Gleiche Rechte, gleiche Rechte!"
Ruft der Gegner, "Brüder singet!
Hat er sich Musik bestellet,
Laßt mir auch ein Lied erklingen!"
Und es bricht aus vollen Kehlen
Ein Gesang mit wildem Grimme;
An den stillen Mauern brechen
Widergellend sich die Stimmen:
"Blanke Jungfern, blanke Degen
Muß man küssen, muß man schwingen;
Der Schwertfeger weiß zu fegen,
Sind sie rostig, unsre Klingen!
Wenn der Metzger Messer wetzet,
Muß sein Weib ein Lied ihm singen,
Und das Kalb, vom Hund gehetzet,
Hilft sie leichter ihm bezwingen.