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VORWORT

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Gibt es Menschen, die sich selbst in einem Selbstgespräch siezen? Manchen wäre es fast zuzutrauen; ob Queen Elizabeth im vertrauten „Du“ mit sich selbst umgeht, ist eine Spekulation wert.

„Freundschaft mit sich selbst“ ist eine dauerhafte Herausforderung; es ist vielleicht nicht das Schlechteste, höflich mit sich selbst umzugehen, aber eine gewisse Vertrautheit kann wohl auch nicht schaden. So wie andere Freundschaften auch will die Freundschaft mit sich selbst gepflegt sein, die Fähigkeit auch, sich selbst mit liebevollem Blick zu begegnen, das Einzigartige des eigenen Lebens auch zu sehen – und gleichzeitig am eigenen Wachstum ernsthaft interessiert zu sein und dieses aufrichtig zu verfolgen.

Verwandte kann man sich nicht aussuchen, heißt es; Freunde jedoch kann man wählen. Was bedeutet das für die Freundschaft mit mir selbst? Kann ich mir aussuchen, ob ich mit mir selbst durchs Leben gehen will? Das vielleicht nicht – die Vorstellung, dass ich eigentlich nie vor mir selbst flüchten kann, hat auch etwas Ernüchterndes –, aber ich kann doch entscheiden, wie ich mit mir umgehen möchte, wie ich also durch das Leben gehen will. Damit sind wir bei der Frage nach dem Guten im Leben.

Dieses Buch will über die Freundschaft mit sich selbst auf der Suche nach dem Guten im Leben nachdenken. Aristoteles hat drei Formen von Freundschaft unterschieden, wobei die höchste Form der Freundschaft diejenige ist, die sich durch die gemeinsame Ausrichtung auf das Gute auszeichnet. Ähnliches gilt wohl auch für die Freundschaft mit sich selbst – „Selbstführung“ und „Arbeit an sich selbst“ haben sinnvollerweise eine Richtung; diese Richtung ergibt sich aus dem Blick auf das, was gut ist.

Was bedeutet es, das Gute zu leben, das Gute mit Leben zu erfüllen? In Hilde Domins Gedicht Tunnel heißt es zum Schluss: „dies Wort: / ‚Fürchte dich nicht‘ / es blüht / hinter uns her.“

Beide Gedanken sind mir in meinem Leben wichtig geworden: Keine Furcht zu haben; angstfrei durchs Leben zu gehen, nicht leichtsinnig und auch nicht sorglos, aber ohne den Druck quälender und diffuser Ängstlichkeit. Das ist ein gutes Leben. Und: Der Gedanke, dass ein gutes Leben eines ist, von dem man sagen kann: „Es blüht hinter uns her.“ Ein gutes Leben lässt einen Menschen aufblühen und macht dadurch auch andere Blüten und Früchte möglich. Darüber will ich auf den folgenden Seiten nachdenken.

Danken möchte ich meiner Frau Maria für Anregungen, Ermutigungen und Korrekturen und Gottfried Kompatscher vom Tyrolia-Verlag für den Anstoß zu diesem Büchlein und die freundliche Begleitung.

Ich möchte dieses Buch meinem sehr geschätzten Kollegen und lieben Freund, Professor Otto Neumaier, widmen. Otto ist ein tiefer Mensch, dem Tiefes widerverfahren ist. In einem wichtigen Sinn kann Tiefe nur erlitten werden. Ich glaube nicht an Tiefe ohne Tränen – nicht in der Liebe, nicht im Glauben, nicht im Denken. Für Otto Neumaier, einen Denker mit Tränen, gilt schon jetzt: Es blüht hinter ihm her.

Salzburg, im Frühjahr 2015

Das Gute leben

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