Читать книгу Postfach Katzenhimmel - Cornelia Bera - Страница 7
Notiz an einem Oktoberabend
ОглавлениеNun hast du die Tür still hinter dir geschlossen und bist in den Katzenhimmel hinaufgestiegen. Ist dieser Ort vielleicht nur einen Katzensprung von der Erde entfernt, irgendwo im Südhimmel beim Sternbild Katze?
Natürlich hast du dir für deine letzten Atemzüge den schönsten Platz in unserem Garten ausgesucht, an der Hauswand mit den Kletterrosen und Lavendelsträuchern. Die Mittagssonne erwärmt das Graspolster vor den Rosen, auf dem du dich tagsüber oft ausgeruht hast. Heute war einer dieser Spätherbsttage mit Morgennebel, an denen es im Garten nach trockenen Laubblättern riecht und die Blüten der Winterastern mit ihren Farben leuchten.
Duftet dein Fell jetzt ein wenig nach dem Lavendel, unter dem du eingeschlafen bist? Wie hast du es bis zu diesem idyllischen Plätzchen geschafft? Du warst doch morgens so schwach und mochtest nichts fressen oder trinken. Das Laufen fiel dir seit ein paar Tagen sehr schwer und heute Morgen bist du nicht die Treppe bis zu unserer Haustür hinaufgekommen. Immerhin acht Stufen, jede von ihnen fast zwanzig Zentimeter hoch. Wie ein Häufchen Elend bliebst du vor der ersten Stufe sitzen. Ich nahm dich rasch auf den Arm und trug dich in die warme Küche. Dein Fell war klamm und feucht, du hattest keine Kraft, dich zu putzen. Ich saß traurig auf dem Küchenstuhl und du lagst apathisch auf meinem Schoß. Im Radio erklang ein wehmütiges Liebeslied; es war gegen sieben Uhr und ich spürte schon, dass wir voneinander Abschied nahmen. Meine Gedanken kreisten nur um dieses eine Wort: Abschied. Lebewohl für immer.
Vor fünf Tagen hattest du einen epileptischen Anfall und hast dich davon nicht erholt. Deine Lebenskraft verließ dich von dieser Stunde an, das war deutlich zu sehen, als du dich schwerfällig durch die Wohnung bewegt hast.
Ach Elfi, du warst für uns ein echtes Familienmitglied. Wir leben auf dem Land in einem Haus, umgeben von einem großen Garten. Ideal für dich, die keine Stubentigerin war, sondern bis auf wenige Ausnahmen bei Wind und Wetter draußen geschlafen hat. Du hast sogar ein eigenes Häuschen zum Schlafen bekommen, von unserer Nachbarin Marlene gezimmert. Sie war es, die dich vor sechzehn Jahren abgemagert auf einem Hinterhof in der Stadt entdeckte. Damals warst du ein ängstliches Fellknäuel, dessen Schwänzchen übel zugerichtet war. Marlene ließ dich von der Tierärztin untersuchen und kastrieren. Dein Schwanz musste bis auf die Hälfte der Länge amputiert werden. Zu jener Zeit kümmerte sich Marlene gemeinsam mit ihrer Lebensgefährtin um herumstreunende und ausgesetzte Katzen. Du wurdest liebevoll von ihnen versorgt und bist doch eines Tages ausgebüxt. Morgens hörte ich dein Maunzen vor der Haustür. Als ich öffnete, hast du mich angeschaut: Dein Fell war schwarz und braun getigert, deine Vorder- und Hinterpfoten glichen weißen Stiefelchen. Deine Brust zierte ein weißer Latz. Auch dein Schnäuzchen war weiß gefärbt und über die Nase zog sich ein heller Streifen bis zu den Augen. Verdutzt registrierte ich deinen kurzen Schwanz und nahm dich sofort bei uns auf.