Читать книгу Meine Täglichkeit - Cornelia Bienenstein-Hock - Страница 4
Dann schaun Sie doch mal ins Internet......
ОглавлениеEs war mal wieder soweit, der Dichtungsring von meinem Schnellkochtopf kam seiner Aufgabe, nämlich den Dampf im Topf zuhalten, um mein Essen energiearm und nährstoffreich zu zubereiten, nicht mehr nach. Den alten Gummiring in der Hand, betrat ich ein exklusives Haushaltwarengeschäft.
Sogleich kümmerte sich eine gepflegte Verkäuferin um mein Anliegen einen neuen zu erwerben.
Sie griff nach dem Ring, drehte ihn mehrmals hin und her, sie suchte nach einer Bezeichnung oder Nummer. Als sie eine für mich unleserliche Ziffer entdeckt hatte, schlug sie mit den Worten „den müssen wir bestellen“ einen dicken Katalog auf. Sie blätterte vor zurück und wieder ganz nach hinten zum Inhaltsverzeichnis. Dann schüttelte sie den Kopf und reichte mir den Ring „da kann ich leider nichts für sie tun, der ist nicht in unserem Programm, schauen sie doch mal im Internet.“ „Kann ich nicht eine andere Marke....?“ Versuchte ich es erneut. „Nein für Dampfdrucktöpfe dürfen nur originalgetreue Ersatzteile verwendet werden, sonst ist das Risiko, dass etwas passiert zu groß. Im Internet gibt es alles, da haben sie mit Sicherheit Erfolg.“
Ich verlasse das Geschäft, das Fatale ist nur, ich habe gar kein Internet. Zum Einkaufen gehe ich in ein Geschäft, für meine Bankgeschäfte nutze ich die entsprechenden Formulare und einen Kugelschreiber, Musik höre ich per Radio, digitale Bilder schickt mir das Fernsehen ins Haus und die neuesten Nachrichten finde ich in der Tageszeitung. Neulich löste ich ein Rätsel genau in dieser Zeitung. Jetzt hatte ich die Möglichkeit eine teure Servicenummer anzurufen, immerhin gab es 500,-€ zu gewinnen, oder über www.loesung.gefunden.de das Lösungswort einzugeben um in dem großen Lostopf zu landen. Ich ließ es dann ganz.
Am Service-Point der Bahn, ich wollte eine Zugverbindung, ich reihte mich am Ende der Schlange ein und wartete. Nach gefühlten 10 Minuten seufzte ich „das dauert aber lange“ „dann schaun sie doch im Internet“ sagte die Frau hinter mir, sie hoffte wahrscheinlich darauf meine Position zu bekommen.
Später auf meinem Weg nach Hause, kaufte ich beim Bäcker ein Brötchen. Beim Bezahlen bekam ich den Hinweis „Schauen sie doch mal im Internet unter www.baecker-lecker.de unsere neuesten Angebote an. Die Homepage steht auch auf der Tüte.“ Ich hätte die Angebote auch gleich anschauen können.
Es gibt das Online-Rathaus, da kann ich mich, wenn ich umziehe, ab- oder anmelden, es gibt die digitale Telefonrechnung, meine Korrespondenz könnte ich per e-Mail abwickeln, unterhalten kann ich mich per chat, Leute finde ich in chat-rooms oder auf verschiedenen Kontaktplattformen.
Genau genommen brauche ich mich nicht mehr vor die Tür bewegen und könnte jegliche Körperlichkeit aufgeben. „Wie das geht?“ Schaun sie doch mal im Internet.