Читать книгу Kontern - aber wie? - Dagmar Kohlmann-Scheerer - Страница 8

2. Wie können Sie eine Schutzhülle aktivieren?

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Stellen Sie sich vor, Ihr lieber Kollege begrüßt Sie (weiblich) vor versammelter Mannschaft mit folgendem Satz: „So wie du aussiehst, könntest du auch mal wieder eine aufregende Nacht vertragen.“ Alles feixt und schaut, wie Sie reagieren. Das Schauspiel will sich keiner entgehen lassen.

Den Airbag aufblasen

Wie schützen Sie sich in einer solchen Situation? Stellen Sie sich vor, dieser Satz wäre ein Tritt. Und dieser Tritt ginge direkt in Ihren Airbag. Schließlich braucht jeder Airbag den Aufprall, damit er sich entfalten kann. Es kann Ihnen nichts geschehen, Sie sind geschützt. Ihr Airbag hat sich wohlig um Sie ausgebreitet. Dabei schauen Sie dem „Dummschwätzer“ direkt in die Augen und beobachten Ihrerseits ihn. Jetzt umspielt noch ein zartes Lächeln Ihre Lippen (Sie wissen – die hormonelle Wirkung des Zygomatikus major). Das programmieren Sie jetzt! Es muss automatisch funktionieren:

Angriff ➔ Airbag ➔ Schutzgefühl ➔ Gegner fixieren ➔ Lächeln!

Dann klappt es auch mit der Antwort, zum Beispiel: „Sag mir, was du denkst, und ich sag dir, wer du bist.“

Negative Situationen

Jetzt werden Sie fragen: „Und was mache ich in ganz ‚normalen Situationen?‘ Zum Beispiel, wenn Sie gut gelaunt ins Geschäft kommen und ein missgelaunter Kunde an Ihnen seinen Frust auslässt? Sie merken, wie Ihnen allmählich die Laune verdorben wird. Oder zu Hause – die Familie ist genervt und gereizt und Ihre Stimmung wandelt sich auch allmählich ins Negative. Hier tritt Ihnen keiner den Airbag frei. Der Unterschied zur „klassischen Airbag-Situation“ ist der, dass diese Attacke ganz schleichend geschieht und Sie es erst merken, wenn Sie sich bereits haben herunterziehen lassen und sich nun ebenfalls in schlechter Stimmung befinden.

Stellen Sie sich vor, es ist Ihr freier Tag, Sie haben etwas Muße und möchten sich ein paar Stunden in einer Buchhandlung gönnen – Zeit zum Stöbern und einige Titel von der Bücherliste abhaken. Sie fragen den Verkäufer nach einem Werk, an dessen Titel Sie sich nicht mehr genau erinnern, in der Hoffnung, dass Ihnen geholfen wird. Der Buchhändler gibt Ihnen mürrisch die Antwort: „Schauen Sie da drüben im Regal, da stehen alle Bücher, die mit diesem Thema zu tun haben.“

Da kann es Ihnen leicht passieren, dass Ihnen das Messer in der Tasche aufgeht. Ab sofort nicht mehr! Beziehungsweise nur noch dann, wenn Sie sich bewusst dafür entscheiden, sich ärgern zu wollen.

Der Willkür anderer begegnen

Was haben alle Beispiele gemeinsam? Dass Sie der Willkür anderer Menschen ausgesetzt sind. Dass Fremde, die Familie oder Kollegen darüber entscheiden können, wie es Ihnen geht. Wahrscheinlich fallen Ihnen noch weitere Situationen ein, in denen es anderen Menschen gelang, Sie herunterzuziehen. Und oft sind es immer wieder die gleichen Situationen.

Bestimmen Sie ab sofort selbst, in welcher Gemütsverfassung Sie sich befinden.

Damit bricht eine neue Zeit für Sie an. Sie reagieren auf den schleichenden Ärger wie folgt: Sie schlüpfen in Ihren Airbag wie in einen unsichtbaren Schutzballon. Dazu brauchen Sie eine Vorbereitungszeit zu Hause. Die Idee stammt aus dem mentalen Training und kann für sehr viele unterschiedliche Problemsituationen verwendet werden. Zum Beispiel kann der Ballon auch verhindern, dass die Erkältungswelle Sie erwischt.

Übung:

Stellen Sie sich vor, Sie stünden unter einer Dusche, welche aber kein Wasser absondert, sondern Licht. Weißes oder goldfarbenes Licht. Sie stellen sich unter diese Lichtdusche und lassen statt des Wassers Licht an sich herunterrieseln. So lange, bis Sie komplett eingehüllt sind. Während dieses Einhüllungsvorgangs stellen Sie sich weiter vor, dass alles, was Sie nicht an sich herankommen lassen wollen, draußen an der Außenhülle abprallt, alles das aber, was an Gutem eindringen soll, selbstverständlich zu Ihnen durchkommt. Die Hülle ist für alles Positive durchlässig. Sie können das programmieren. Mit Ihrer Vorstellungskraft. Ist das nicht wunderbar?

Zurück zur ärgerlichen Situation in der Buchhandlung. Der „Dummsatz“ des unwirschen Buchhändlers kommt und – schwupp – stehen Sie in Ihrer Airbaghülle. Sie ist hell, lichtdurchflutet und durchsichtig. Der Dummsatz prallt ab und Sie fragen unverdrossen weiter nach Ihrem Wunschtitel.

Inneren Schutzschild aufbauen

Barbara Berckhan macht in ihrem Buch Die etwas intelligentere Art, sich gegen dumme Sprüche zu wehren den Vorschlag, sich einen inneren Schutzschild aufzubauen. Stellen Sie sich eine Panzerglasscheibe vor, welche sich automatisch und blitzschnell zwischen Sie und den potenziellen Angreifer schiebt. So wie bei einer Bank der Kassenbereich geschützt ist. Nur, Ihre Panzerglasscheibe ist flexibel ausklappbar und wieder verschließbar. So ähnlich wie eine Tür, die Sie öffnen und auch schließen können. Sie können hinter der Scheibe alles hören, aber es dringt nichts mehr in Sie ein und raubt Ihnen die Kraft. Der Angriff prallt an Ihnen ab. Ihr Gegner kann sagen und machen, was er will, Sie registrieren es, aber es berührt Sie nicht mehr.

Für beide Möglichkeiten (in den durchsichtigen Airbag schlüpfen oder den Schutzschild aufbauen) gilt, dass Sie den Schutzmechanismus üben, üben, üben …, und zwar zunächst in Situationen, die Ihnen nicht so zu Herzen gehen. Dann ist es nicht schlimm, wenn Sie es nicht sofort schaffen.

Anti-Ärger-Strategien

Der Ärger-Forscher Redford Williams schätzt, dass etwa 20 Prozent der Bevölkerung extrem ärgerbereit und gesundheitlich entsprechend stark gefährdet sind. Weitere 20 Prozent sind dagegen besonders gelassen und unaufgeregt und 60 Prozent rangieren irgendwo dazwischen.

Was ist Ärger überhaupt?

Ärger sind Emotionen – begleitet von körperlichen Reaktionen, hervorgerufen durch die „Kampfhormone“ Adrenalin und Noradrenalin.

Körperliche Reaktionen auf Ärger

Körperlich wirkt sich Ärger folgendermaßen aus:

■ Der Blutdruck steigt.

■ Wir atmen flacher.

■ Der Herzschlag beschleunigt sich.

■ Die Körpertemperatur steigt.

Konsumgewohnheiten (um den Ärger zu kompensieren) bei hoch ärgerbereiten Menschen können sein:

■ Übermäßiges (Frust)-Essen,

■ Rauchen,

■ Alkohol zur Entspannung.

Prüfen Sie anhand der folgenden Beispiele, zu welchem Teil der Bevölkerung Sie gehören: zu den extrem ärgerbereiten, den gelassenen oder mal so, mal so, je nach Anlass.

Ärgeranlässe

Ärgerliche Anlässe können sein:

■ Ein Autofahrer trödelt vor Ihnen her und Sie kommen nicht pünktlich zu Ihrem Termin.

■ Eine Kassiererin im Supermarkt ist umständlich.

■ Der Schnürsenkel reißt und andere Schuhe passen nicht zu Ihrem Outfit.

■ Der ungünstige Steuerbescheid wirft Ihre ganze Budgetplanung um – nichts mit Urlaub in Amerika!

■ Sie erreichen jemanden am Telefon nicht wegen Dauerquatscherei.

■ Sie müssen vermeintlich ungerechte Kritik einstecken.

Beispiel: Sie haben lange und ausführlich an einer Präsentation gearbeitet und sind mit Recht stolz auf das gelungene Werk. Als Sie sie darstellen, kommt von Ihrem Vorgesetzten der lapidare Kommentar: „Trocken und langweilig.“ Damit verschwindet er.

Ihre Reaktion:

■ Gedanken: Fluchen: „Das ist ungerecht, er hat gar nicht genau hingeschaut. Der macht es sich leicht!“

■ Gefühle: Wut auf andere, Ärger

■ Körper: Schnelle Atmung, leicht erhöhte Temperatur

■ Taten: Länger arbeiten, Präsentation noch einmal korrigieren

Übung:

Versetzen Sie sich in eine Ihnen bekannte Ärgersituation:

Situation: ____________________________________

Gedanken: ___________________________________

Gefühle: _____________________________________

Körper: _____________________________________

Taten: ______________________________________

Lassen Sie die ärgerliche Situation jetzt durch folgende „Prüfung“ laufen.

Ärgeranlass und meine Reaktion:


Wenn Sie sich die Fragen ehrlich beantwortet haben, dann haben Sie sich wieder ein klein wenig besser kennen gelernt. Das ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für jede Kontersituation. Entscheidend ist, dass Sie sich nicht durch Ihre eigenen (unbekannten) Reaktionen aus dem Konzept bringen lassen.

Hier fünf Anti-Ärger-Strategien:

1. Mit sich selbst argumentieren.

2. Aus der Ärgersituation aussteigen.

3. Entspannungs- und Meditationstechniken.

4. Lernen, sich selbst zu behaupten, ohne dabei aggressiv zu werden.

5. Die eigenen sozialen Fähigkeiten entwickeln und trainieren.

„Man ärgert sich nie ohne Grund, aber selten aus einem guten.“

(Benjamin Franklin)

Die eigene Wut überprüfen

Strategie 1: Mit sich selbst argumentieren

Prüfen Sie jede Ärgersituation in einem Selbstgespräch daraufhin, ob die bösen Gedanken, die Wut und all die Aufregung im Verhältnis zum Ereignis stehen.

Beispiel: Ihre Katze hat eine teure Blumenvase umgestoßen.

Frage: Hat sie es absichtlich getan oder hat sie sich nur wie eine Katze verhalten? Nützt es etwas, wenn Sie sie anschreien oder ihr einen Tritt verpassen?

Beispiel: Der Wetterbericht hat einen traumhaften Sonnentag prophezeit. Sie haben alles für ein Picknick vorbereitet. Dann schüttet es wie aus Kübeln.

Frage: Bringt es etwas, wenn Sie die Wetterfee verfluchen? Oder mit Ihrem Partner Streit anfangen, nur weil er die Idee hatte? Ärger verschlimmert die Situation nur noch.

Beispiel: In einem Supermarkt stehen Sie (wie üblich) in einer Schlange wartend an der Kasse. Plötzlich drängelt sich jemand vor.

Eine Möglichkeit: Weisen Sie den Drängler höflich, aber bestimmt zurück. Sollte Sie das schon sehr aufregen, dann fragen Sie sich: Lohnt sich die Aufregung? Vielleicht ist der Drängler kein bösartiger Egoist, sondern ein gestresster Mensch mit quengelnden Kindern im Auto, welches im Halteverbot steht.

Beispiel: Ihr Kollege hat Ihre Idee – die Sie kurz mit ihm besprochen haben – als die seine vorgestellt.

Anstatt den Ärger in sich hineinzufressen und ihn die Wut indirekt spüren zu lassen, vertagen Sie Ihr Urteil, bis Sie ihn zur Rede gestellt haben. Ohne ihn jedoch gleich anzugiften. War ihm der „Ideenklau“ nicht bewusst, entschuldigt er sich. Hat er Sie absichtlich gelinkt, dann sagen Sie ihm deutlich Ihre Meinung.

Schon der Versuch, sich rational mit der Situation zu befassen, unterbricht den Ärgerautomatismus.

Denkmuster infrage stellen

Eingeschliffene Denkmuster werden auf den Prüfstand gestellt, bevor sie sich im Gehirn einnisten und sich somit zu Vorurteilen verfestigen können, wie „Alle Drängler sind Egoisten!“; „Auf den Wetterbericht kann man sich auch nicht verlassen!“; „Der will mir was!“

Die Vernunft beeinflusst den archaischen Anteil Ihrer Psyche positiv.

Negative Gedanken stoppen

Strategie 2: Aus der Ärgersituation aussteigen

Diese Technik nennt sich auch Gedanken-Stopp. Sie erzielt eine hohe Wirkung bei immer wiederkehrenden Ärgersituationen. Oder bei „Klingelknopf-Situationen“. So etwas kennen Sie, oder? Situationen, in denen Sie ohne Verzögerung „hochgehen“ – als ob jemand auf einen Klingelkopf gedrückt hätte, um damit bei Ihnen die gewünschte Wutreaktion auszulösen. Jetzt gilt es, ein wenig schneller zu sein als Ihr Hirn. Denn sobald ein negativer Gedanke auftaucht, ein bedrohliches Gefühl entsteht oder der Klingelknopf gedrückt wurde, müssen Sie lautlos unbedingt sofort das Wort „Stopp“ rufen. Sie stoppen damit nicht nur die Gedanken, sondern auch die körperlichen Stressreaktionen.

Unterbrechen Sie den Automatismus: Nutzen Sie die Unterbrechung, um auf ein anderes „Programm“ umzuschalten (oder rationale Argumente einzubeziehen). Was ebenfalls eine sehr gute und wirkungsvolle Übung ist: allen Ärger, alle Sorgen oder sonstige Unbill dem „Sorgenfresser“ zu verabreichen. Stellen Sie sich vor, Sie hätten neben Ihrem Schreibtisch, Nachttisch oder an einer anderen strategisch günstigen Stelle ein kleines Männchen stehen (ähnlich den Nussknacker-Männchen aus dem Erzgebirge) mit einem großen Maul und großen Zähnen. Jedes Mal, wenn Ärger, Kummer usw. sich bei Ihnen einschleichen, stecken Sie genau diese Gedanken dem Fresser zwischen die Zähne und beobachten, wie er sie zermalmt. Sie können hören, wie er genüsslich darauf herumkaut, und Sie fühlen sich danach wie von einer Last befreit.

Einige Ärger-Beispiele:

■ endloses Weiterverbinden am Telefon,

■ eine langweilige Konferenz,

■ eine patzige Bedienung,

■ Ampelschleicher,

■ unfreundliche Kunden,

■ Stehen im Stau.

Ärgersituation mit Humor nehmen

Stellen Sie sich die Frage: Hat die Situation nicht vielleicht auch eine komische Seite? Beim endlosen Verbinden melden Sie sich beim dritten Mal mit „Buchbinder Wanninger“ (von Karl Valentin). Bei der langweiligen Konferenz beobachten Sie die mit dem Schlaf kämpfenden „Mitgefangenen“. Die Bedienung stellen Sie sich in Giraffen-Boxershorts vor.

Oder Sie wechseln auf ein Wohlfühlprogramm: Beim Von-Ampel-zu-Ampel-Schleichen flüchten Sie in Ihren Lieblingstagtraum. Beim unfreundlichen Kunden freuen Sie sich auf den zu erwartenden schönen Abend. Beim Stehen im Stau legen Sie Ihre Lieblingskassette ein.

Strategie 3: Entspannungs- und Meditationstechniken

Wenn die ersten beiden Techniken (mit sich selbst argumentieren und Stopp-Technik) bei Ihnen nichts genutzt haben und immer noch Adrenalin fließt, sollten Sie versuchen zu entspannen. Dazu können Sie sich selbst programmieren, zum Beispiel mit folgenden Übungen:

Übungen:

1. Zählen Sie bis zehn (um Abstand zu gewinnen).

2. Aktivieren Sie Ihren Lachmuskel (Zygomatikus major) durch ein leichtes Bewegen der Mundwinkel – das darf auch ein schiefes Grinsen sein. Sie erinnern sich: Sofort werden Freudehormone aktiviert, welche wiederum die Kampfhormone fressen.

3. Atmen Sie tief aus – damit Sie bewusst den Ärger ausatmen.

4. Sagen Sie sich lautlos: „Ich bleibe ganz gelassen … ich bleibe ganz gelassen … ich bleibe ganz gelassen …“

Kontrolliert vorgehen

Strategie 4: Lernen Sie, sich selbst zu behaupten, ohne aggressiv zu werden

Nicht immer können Sie Ärger bagatellisieren, ignorieren oder umdefinieren. Manchmal ist es notwendig, Ihre Interessen zu verteidigen, um langfristig schlimmeren Ärger zu vermeiden. Also gilt es, den Ärger so zu formulieren, dass Sie Ihr Ziel erreichen, ohne unnötig Porzellan zu zerschlagen. Wenn Sie im Ärger-Diagramm erkannt haben, dass Sie einen guten Grund zum Ärgern haben, dann gilt es, ruhig und kontrolliert vorzugehen.

1. Formulieren Sie Ihr Bedürfnis in der Ich-Aussage:

„Ich möchte bitte den Satz zu Ende sprechen.“

Oder:

„Ich bitte Sie, den Rasenmäher abzustellen, es ist Mittagspause.“

Vermeiden Sie Pauschalangriffe wie:

„Nie lassen Sie mich ausreden!“ oder „Immer machen Sie mittags Lärm!“.

2. Zeigen Sie Verständnis:

„Ich halte Sie nicht lange auf, bitte geben Sie mir kurz die Information …“ anstelle von: „Ich habe genauso wenig Zeit wie Sie!“.

3. Äußern Sie Gefühle:

„Ich finde es enttäuschend, dass wir unsere Differenzen auf diese Weise austragen müssen“ anstelle von: „Sie sollten sich in Zukunft am Riemen reißen!“.

Formulieren Sie, wenn nötig, Konsequenzen, die das ärgerliche Verhalten für den anderen haben kann. Zum Beispiel: „Wenn Sie mich weiter belästigen, werde ich …“

Sie erreichen durch Anti-Ärger-Strategien, dass Sie jederzeit das Gefühl haben, sich und die Auseinandersetzung im Griff zu haben. Damit halten Sie auch den Ärger in Schach.

Die eigene Haltung hinterfragen

Strategie 5: Die eigenen sozialen Fähigkeiten entwickeln und trainieren

Bitte prüfen Sie sich an dieser Stelle noch einmal: Sind Sie von Natur aus (vielleicht durch schlechte Erfahrungen) eher ein misstrauischer Mensch? Feindselig oder gar zynisch? Könnte es sein, dass Sie dadurch an sich harmlose Zeitgenossen schnell verdächtigen, Sie ärgern zu wollen? Sind Sie rechthaberisch, nachtragend, besserwisserisch, ichbezogen? Reagieren Sie bei unbedeutenden (kleinen) Konflikten leicht über? Fallen Sie anderen schnell ins Wort, entweder um sie abzuwürgen oder um deren Sätze zu beenden, um schneller wieder selbst ins Geschehen zu kommen? Gehen Ihnen Menschen, die langatmig und umständlich formulieren, auf die Nerven? Die sich so langsam bewegen, dass jede Schnecke sie kopfschüttelnd überholen würde? Die einen bremsen, langweilen und aufhalten?

Ärger erzeugt Druck

Ärgern Sie sich über diese Zeilen? Dann ist es nicht verwunderlich, dass Sie ein hohes Ärger-Potenzial entwickelt haben und dringend darauf angewiesen sind, besser kontern zu können. Mit dieser Einstellung multiplizieren Sie Ihre Ärgerquellen. Nur – lassen Sie mich diesen kleinen Wermutstropfen erwähnen – ist die Rolle des Rachegottes oder der Rachegöttin sehr energieverschwendend. Sie geraten immens unter Druck, weil Sie Ihrem Kontrahenten dringend zeigen müssen, dass Sie im Recht sind. Und unter Druck bringt kaum jemand etwas Gescheites zustande.

Die Richtung ändern

Wie wäre es mit einer Richtungsänderung? Sie würden sich in Zukunft nur noch dann aufregen, wenn Sie richtig Lust dazu haben, aber nicht mehr bei jedem Klingelknopf? Das hieße: Sie entscheiden, ob oder ob nicht. Sie hätten plötzlich eine innere Gelassenheit, die Ihnen für jede Kontersituation die besten Ideen liefert. Sie wären selbst- und nicht fremdbestimmt.

Einen Versuch ist es wert. Vielleicht sind Sie mit sich gar nicht so zufrieden und haben sich eines schon lange gewünscht – gelassener zu sein. Sie ärgern sich am Ende sogar darüber, dass Sie sich immer so schnell ärgern. Es ist gar nicht selten, dass Menschen mit sich selbst hadern, mit ihrer Umwelt, mit ihren „negativen“ Eigenschaften, mit problematischen Situationen und dadurch meist nicht in der Lage sind, die eigene „Kehrseite“ wahrzunehmen.

Stellen Sie sich ab und an die Frage: Was ist das Gute am Schlechten?

Beispiel: Ein Kunde beschwert sich bei Ihnen. Er sagt: „In Ihrem Laden geht es viel zu bürokratisch zu.“

Wie können Sie diesen Vorwurf ins Positive umdeuten?

1. „Gut“-Idee: „Ja, da haben Sie Recht – wir arbeiten genau und zuverlässig, im Interesse unserer Kunden. Was genau ist Ihnen zu viel und behindert Sie?“

2. „Gut“-Idee: „Ja, viele unserer Verträge sind genau, offen und klar abgefasst, damit Sie bei Ihrer Entscheidung auch das Kleingedruckte berücksichtigen können. Was würden Sie gerne verändern an unserer Zusammenarbeit?“

3. „Gut“-Idee: „Ja, das sehe ich genauso. Korrektes, genaues Verhalten kostet manchmal Zeit und Energie, ohne dass für Sie sofort der Vorteil erkennbar ist. Welches Verhalten stört Sie speziell an unserer Zusammenarbeit?“

Den Rechtfertigungszwang durchbrechen

Wenn Sie es schaffen, in diesem Fall dem nörglerischen Kunden zuzuhören und wahrzunehmen, was er gesagt hat, fallen Sie sofort aus dem Zwang, sich und Ihr Unternehmen verteidigen zu müssen.

Beispiel: Sie stehen kurz vor einer Präsentation und haben sehr starkes Lampenfieber. Sie wissen, dass Sie es schaffen, dennoch ärgern Sie sich über die feuchten Hände, die anfänglich zittrige Stimme und die roten Ohren.

Fragen Sie sich:

1. Wofür ist es gut?

2. Welchen Sinn hat es?

3. Was ist das Gute für dich?

4. Was wird dadurch sichergestellt?

Antworten Sie dann wie folgt:

1. Sie merken, dass Ihnen Ihr Vorhaben nicht gleichgültig ist, das merkt Ihr Publikum dann auch und erkennt es an.

2. Sie wirken menschlich.

3. Sie sind hochkonzentriert.

4. Sie werden sich Mühe geben, Ihr Publikum nicht zu enttäuschen.

Reframing

Dieses Frage- und Antwort-Spiel kommt aus dem NLP (Neurolinguistisches Programmieren) und nennt sich Reframing (etwas in einen neuen Rahmen setzen). Sie kommen dadurch sehr gut in Kontakt mit sich und können Ihre Reaktionen in manchen Situationen leichter steuern.

Andere besser verstehen

Fazit: Das „In-sich-hinein-Hören“ oder „Dem-anderen-Zuhören“ bewahrt Sie vor schnellen Werturteilen (pingeliger Kunde, Erbsenzähler, Depp). Sie erfahren mehr, Sie verstehen mehr, Sie schärfen Ihre Beobachtungsgabe und lernen, Worte und Gesten besser zu interpretieren. Nachsicht und innere Gelassenheit entschärfen viele Ärgersituationen. Das Gleiche erreichen Sie mit Empathie, Einfühlungsvermögen und Verzeihenkönnen.

Toleranz ist eine soziale Tugend und bedeutet, den Menschen so zu nehmen, wie er ist. (Was manchmal eine echte Herausforderung darstellt!)

Kontern - aber wie?

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