Читать книгу Die 1968er-Jahre in der Schweiz - Damir Skenderovic - Страница 8
ОглавлениеNach 40 Jahren Wirtschaftskrise und Krieg setzt nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein Zeitalter des Wirtschaftswachstums und Wohlstands in Westeuropa ein. Es ist der Anfang der goldenen dreissig Jahre oder Trente Glorieuses, wie es im Französischen heisst. Vor dem Hintergrund des Kalten Kriegs beginnt nicht nur der Wettkampf zweier Ideologien und Gesellschaftsformen, sondern auch der zweier Wirtschaftssysteme. Relativ rasch erholen sich die westeuropäischen Länder dank massiver Wiederaufbauhilfe der USA und deren Marshallplan von den verheerenden Folgen des Kriegs. Immense Investitionen im Infrastrukturbereich und in Industrieanlagen bei gleichzeitiger Ankurbelung des Konsums und Steigerung des Handelsvolumens haben einen noch nie da gewesenen Wirtschaftsboom zur Folge.
Mit der Lancierung des westeuropäischen Integrationsprozesses, insbesondere der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl 1951 und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft 1957, wird nicht nur die Einbindung Westdeutschlands in die neue Friedensordnung vorangetrieben, sondern auch der Wirtschaftsliberalismus als Credo des Aussenhandels umgesetzt. In den 1950er-Jahren steigen die Wirtschaftswachstumsraten in den europäischen Staaten auf durchschnittlich 3,5 Prozent (Frankreich) bis 6,5 Prozent (BRD), was im Vergleich zu den vorangehenden Jahrzehnten enorm ist. Auch die Arbeitslosigkeit sinkt im Lauf der 1950er-Jahre in fast allen westeuropäischen Staaten und erreicht in den 1960er-Jahren im Durchschnitt den Tiefstand von 1,5 Prozent. Mit dem Ausbau des Sozialstaats, am ausgeprägtesten in Skandinavien, insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Wohnungswesen, strebt Westeuropa seine eigene Version eines New Deal an. Als Ausgleich zur wirtschaftsliberalen Öffnung soll die Gewährleistung sozialer Sicherheit die gesellschaftliche Integration breiter Bevölkerungsschichten ermöglichen.
In den 1950er-Jahren lässt sich in Westeuropa, ähnlich wie in den USA, die Entwicklung zu einer Massenkonsumgesellschaft beobachten. Während mit dem Anstieg der Reallöhne die Menschen mehr Geld zur Verfügung haben, um Konsumgüter zu kaufen, haben sie mit der allmählichen Reduzierung der Arbeitszeit mehr Freizeit und somit auch mehr Zeit, um zu konsumieren. Gleichzeitig sehen Industrie- und Wirtschaftskreise im Massenkonsum eine entscheidende Triebfeder des Wirtschaftswachstums. Wirtschaftszweige wie die Werbe-, Unterhaltungs-, Nahrungsmittel- und Haushaltsgeräteindustrie wachsen enorm und profitieren stark voneinander. Exemplarisch lässt sich dies an der Ausbreitung der Supermärkte aufzeigen: Zwischen 1961 und 1971 steigt deren Anzahl in Frankreich von 49 auf 1833, in den Niederlanden von 7 auf 520. Damit einher geht auch der Siegeszug der Kühlschränke, denn nun können die Menschen ihre Lebensmittel en gros einkaufen und zu Hause dann kühl lagern. Nachdem in der Bundesrepublik 1957 nur gerade mal 12 Prozent aller Haushalte einen Kühlschrank haben, sind es 1974 bereits 93 Prozent. Auch andere Konsumgüter und Statussymbole wie Waschmaschinen, Fernseher und Transistorradios gehören in den 1960er-Jahren zu den Haushalten der immer grösser werdenden Mittelschicht Westeuropas. Gefördert wird diese um sich greifende Einkaufsmentalität durch die rasant wachsende Werbeindustrie, die sich mehr und mehr an den Wunschbildern der amerikanischen Konsumgesellschaft orientiert.
Erfindung der Jugend
Wie Karl Mannheim in seiner Generationssoziologie schreibt, ist für jede Jugend ein bestimmter Generationszusammenhang als biografische Phase prägend. In dieser Phase macht die gesamte Generation eine gemeinsame Erfahrung von gesellschaftspolitischen Entwicklungen. Auf der Basis dieser Erfahrungen prägen sich jeweils bestimmte Orientierungsmuster aus, in denen sich die politischen und sozialen Veränderungen ihrer Jugendzeit widerspiegeln. So kann die Jugend zum eigentlichen Kristallisationspunkt gesellschaftlichen Wandels werden und als Vermittlerin gewisser geistiger und kultureller Strömungen agieren, die sie über den Kreis einiger weniger Intellektueller, Künstler und Kulturschaffender hinaus in die Gesellschaft trägt. Auf diese Weise wird die junge Generation zu einer gesellschaftlichen und kulturellen Kraft, zu einer Trägerin von sozialen Bewegungen, die generationsspezifische Themenschwerpunkte und Artikulationsformen entwickelt, um sich von der vorangehenden Generation abzugrenzen und dabei eine von Opposition und Protesthaltung bestimmte Aufbruchsstimmung zu kreieren.
In der Studenten- und Kulturrevolte von «1968» drücken sich Befindlichkeit und Lebensgefühl einer Generation aus, für die der transnationale Strukturwandel der Jugend von entscheidender Bedeutung ist, ein Wandel, der in den 1950er-Jahren einsetzt und sich in den 1960er-Jahren noch verstärkt. Obwohl sich bereits Anfang des 20. Jahrhunderts ein Verständnis von Jugend als eigenständiger Lebensphase und sozialem Subsystem durchgesetzt hat und erste Jugendbewegungen wie Wandervögel und Lebensreformgruppen in Erscheinung getreten sind, kommen bei der jungen Generation der 1950er- und 1960er-Jahre weitere Dimensionen hinzu, die für das Selbstverständnis der Jugend weitreichende Konsequenzen haben. Die in den 1940er-Jahren geborene Generation wurde während der boomenden Nachkriegszeit sozialisiert und hat die Entbehrungserfahrungen des Zweiten Weltkriegs und seiner unmittelbaren Folgen nicht oder kaum miterlebt. Diese gemeinsame Erfahrung hat eine globale Dimension, die wiederum eine entscheidende Voraussetzung für «1968» bildet.
Wie Tony Judt schreibt, beginnen «junge Leute zum erstenmal in der europäischen Geschichte, selbst Geld auszugeben und einzukaufen». Für viele Jugendliche gehören Shopping, Kino- und Konzertbesuche, Schallplatten kaufen und im Freien Transistorradio hören zu den begehrten Freizeitbeschäftigungen, und sie manifestieren damit ihre Unabhängigkeit und Mobilität. Die Unterhaltungs- und Werbeindustrie ihrerseits entdeckt die Jugend als zunehmend zahlungskräftige Konsumentengruppe und sieht in den «Teenagern» ein sozioökonomisches Modell, das zu kommerziellen Zwecken genutzt werden kann. Der Schwindel erregende Aufstieg der Schallplattenindustrie verdeutlicht das Potenzial dieses neuen Marktsegments. Allein im Bereich der Rockmusik steigen in den USA die Gewinne der Branche zwischen 1955 und 1973 von 277 Millionen auf 2 Milliarden Dollar. 1970 geben Jugendliche bis 19 Jahre fünfmal so viel Geld für Schallplatten aus wie 1955. In der BRD besitzen 1960 nur gerade mal 22 Prozent der 20- bis 25-Jährigen einen Plattenspieler, 1967 sind es bereits 65 Prozent der unter 21-Jährigen.
Mit den demografischen Entwicklungen der westlichen Gesellschaften wächst die Alterskohorte der Jugendlichen enorm und führt zu einer Verjüngung der Gesellschaft. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzt ein Babyboom, ein Anstieg der Geburtenraten, ein. Zwischen 1950 und 1970 nimmt die Bevölkerung in der BRD um 28 Prozent zu, in Schweden um 29, in Frankreich um 30 und in den Niederlanden um 35 Prozent. In Frankreich ist 1967 jeder dritte Einwohner jünger als 20 Jahre. Auch im Bereich der Bildung kommt es zu grundlegenden Veränderungen. In den 1950er-Jahren verlässt ein Grossteil der Kinder die Schule zwischen dem 12. und dem 14. Lebensjahr und kommt so nur in den Genuss einer Volksschulausbildung, während weitere Ausbildungsjahre ein Privileg der Jugendlichen der Mittel- und Oberschicht sind. Die Universitäten sind noch weitgehend einer kleinen Elite vorbehalten. In Ländern wie Grossbritannien und der BRD gibt es in den 1950er-Jahren gerade mal 100 000 Studierende, was etwa 0,2 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmacht. Allmählich werden die Bildungssysteme reformiert, zunächst mit einer Erhöhung des Schulabschlussalters und dann mit der Öffnung der Gymnasien und Universitäten. 1968 studieren über 400 000 Jugendliche an deutschen Universitäten, in Italien absolviert einer von sieben Jugendlichen ein Studium, 20 Jahre zuvor war es einer von 20.
Mit dem zunehmend individualisierten Konsumverhalten seit den 1950er-Jahren scheinen die Menschen über unbeschränkte Auswahlmöglichkeiten zu verfügen. Doch in anderen Lebensbereichen wie Familie, Schule und Beruf bleibt der kollektive Zwang traditioneller Werte und Verhaltensmuster weitgehend erhalten. Obwohl Massenmedien und Werbeindustrie den Eindruck grenzenloser Möglichkeiten erwecken, sind im gesellschaftlichen Mikrobereich die sozialen Beziehungen, insbesondere im familiären Leben, noch stark durch kleinbürgerliche und konservative Vorstellungen von Moral, Sexualität und Autorität bestimmt. Von dieser Ungleichzeitigkeit gesellschaftlicher Entwicklungen ist die damalige Jugend am stärksten betroffen. Mit der Ausweitung der Freizeit haben Jugendliche das Gefühl, sie besässen ausserhalb von Familie, Arbeit und Ausbildung ein Selbstbestimmungsrecht und könnten in diesen Bereichen auch eine Unabhängigkeit einfordern. Stattdessen sind sie tagtäglich mit dem Druck überlieferter Ordnungsmodelle und konformistischer Haltungen der Mehrheit der Gesellschaft konfrontiert.
Mit dem neuen Selbstbewusstsein, das Jugendliche als soziale Kraft an den Tag legen, wollen sie nicht nur die eigenen Geschicke bestimmen, sondern beginnen sich auch bewusst gegen die als dominant empfundene Erwachsenenkultur abzugrenzen und gesellschaftlichen Konventionen zu widersetzen. Sie stellen ihren Generationszusammenhalt selber her, indem sie Moden, Trends und Lebensstile als verbindende kulturelle Codes und soziale Praktiken nutzen. So wird die Jugend zur wichtigsten Trägergruppe einer kulturellen Aufbruchsstimmung, die sich zunächst vor allem in den Bereichen Musik, Literatur und Mode ausdrückt. Ausgangspunkt der aufkommenden Jugendkultur sind die USA, doch rasch breitet sie sich auch in Europa aus und ist daher – wie Eric Hobsbawm bemerkt – durch einen erstaunlichen Internationalismus geprägt. Blue Jeans und Rockmusik werden im wahrsten Sinn des Wortes zu Markenzeichen der modernen Jugend.
Rock’n’Roll, diese von weissen Musikern gespielte und mit Hillbilly verwässerte schwarze Musik, beginnt ab Mitte der 1950er-Jahre seinen Siegeszug durch die globale Musikwelt. Die junge Generation feiert Bill Haleys «Rock around the Clock» (1955) als musikalischen Befreiungsschlag und Elvis Presley als König des Rock’n’Roll, während die Erwachsenen darin eine Unkultur sehen und diesen «Krach» am liebsten verbieten möchten. In der ersten Hälfte der 1960er-Jahre kommt es im Fahrwasser des kommerziellen Erfolgs der Liverpooler Band The Beatles zum weltweiten Aufstieg der Beatmusik und regelrechten Begeisterungsstürmen unter den «Teenies». Auch Jazz, in Europa seit den 1930er-Jahren vor allem als Musik der Intellektuellen und Künstler in Cafés und Bars verbreitet, erfährt eine beachtliche Verbreitung. Nun sind Jazzbands auch ausserhalb der urbanen Zentren Westeuropas live zu hören und gehören zum Programm zahlreicher Tanzveranstaltungen.
Unter der Oberfläche des aufkommenden popkulturellen Mainstream entstehen aber auch erste jugendliche Subkulturen, die zwar durchaus am Aufstieg der kommerzialisierten Massenkultur teilhaben, doch in ihrem Auftreten eine neue Art von Rebellion und Provokation ausdrücken. Mit den «Teddy-Boys» in Grossbritannien, den «Blousons noirs» in Frankreich, den «Halbstarken» in der BRD und den «Teppisti» in Italien formiert sich in westeuropäischen Städten die erste transnationale Subkultur der Nachkriegszeit. Mit ihren Anleihen an der amerikanischen Populärkultur zählt sie gewissermassen zu den Pionieren der westeuropäischen Wohlstands- und Massenkonsumgesellschaft. In Filmikonen wie Marlon Brando und James Dean, die in «The Wild One» (1953) beziehungsweise «Rebel Without a Cause» (1955) respektlose Rebellen spielen, sieht diese jugendliche Subkultur ihre Vorbilder und drückt ihre aufmüpfige Haltung gegenüber dem Konformismus der Erwachsenenwelt in Kleidung, Haarschnitt und Musik aus. Bluejeans, Entenschwanzfrisur, Cowboystiefel und Rockmusik sind ihre Erkennungszeichen. Von Medien und Polizei in erster Linie mit Gewalt, Krawallmacherei und Kleinkriminalität in Verbindung gebracht, ist der öffentliche Umgang mit den «Halbstarken» Westeuropas bereits früh vom Diskurs um Jugenddelinquenz geprägt.
Vorgeschichte(n)
«1968» als Protest, Rebellion und Bewegung hat eine Reihe von Vorgeschichten. Verschiedene Vorläufer, deren Auftritte bis in die frühen 1950er-Jahre zurückreichen, ebneten den «68ern» den Weg. Sie bedienen sich politischer, künstlerischer und oft symbolträchtiger Ausdrucksformen, die später von den «68ern» aufgegriffen werden. Diese Vorboten bringen bereits Unmut, Unzufriedenheit und Ablehnung zum Ausdruck, die sich gegen das gesellschaftliche und moralische Klima ihrer Zeit richten und später für die «68er» ebenfalls wichtige Motivationen darstellen. Sie sind gewissermassen die Avantgarde zu «1968». Bei diesen Vorläufern handelt es sich meist um kleine Szenen und Gruppen, die sich um Künstler, Aktivisten und Zeitschriften formieren und sich in Cafés, Bars oder Theatern treffen. Im Gegensatz zur späteren 68er-Bewegung geht ihre Ausstrahlungs- und Anziehungskraft selten über den Kreis ihrer Anhängerschaft hinaus. Die breite Öffentlichkeit nimmt nur punktuell aufgrund spektakulärer Auftritte und provokativer Äusserungen von ihnen Notiz. Sie stehen in jener Tradition von subkulturellen Szenen, die Greil Marcus treffend als kulturelle Gruppen und historische Momente beschreibt, die «lipstick traces» hinterlassen, da sie nur kurz, aber oft grell und schrill ihre Stimmen erheben und anschliessend verloren gehen, um dann wieder entdeckt zu werden. Lange Zeit sind solche subkulturellen Ahnen von «1968» unter rein ästhetisch-künstlerischen Aspekten betrachtet und als Fortführungen oder Wiederbelebungen von Strömungen wie dem Dadaismus und dem Surrealismus in kunstgeschichtliche Zusammenhänge gestellt worden. Erst jüngere Darstellungen sehen sie auch als Vorboten kultureller Rebellion, gesellschaftlicher Dissidenz und politischen Protests und in der Kontinuität nonkonformistischer, antiautoritärer und subversiver Haltungen und Praktiken. Dies hat zur Folge, dass «1968» nicht nur als eruptives Ereignis, sondern als Fortführung einer lange vergrabenen Geschichte zu ergründen ist.
In Frankreich ist ein wichtiger Vorläufermoment der 9. April 1950, als vier Personen, eine davon als Dominikanermönch verkleidet, die ostersonntägliche Hochmesse in der Pariser Kathedrale Notre Dame stürmen und proklamieren: «Gott ist tot!». Es kommt zu einem Tumult, und die vier können nur dank der Polizei vor den aufgebrachten Gottesdienstbesuchern gerettet werden. Es handelt sich um das erste öffentliche Auftreten der 1946 ins Leben gerufenen lettristischen Bewegung. Mit Isidore Isou, einem Emigranten aus Rumänien, verfügen die Lettristen über eine schillernde Künstlerfigur, die mit ihren öffentlichkeitswirksamen Auftritten die Bewegung in die Presse bringt. Mit Filmen wie «Traité de bave et d’éternité», dessen Aufführung die Lettristen 1951 mit Störungen am Filmfestival von Cannes erzwingen, sucht Isou die narrativen und formalen Zwänge des damals dominierenden italienischen Neorealismus und französischen und amerikanischen Film noir aufzubrechen. In seinen filmischen Experimenten läutet er die europäische Kinoavantgarde der Nachkriegszeit ein, die in den 1960er-Jahren jenseits des Autorenfilms des britischen Free Cinema und der französischen Nouvelle vague eine Phase radikaler Erneuerung erlebt. Isou ist es auch, der in seinem 1952 veröffentlichten Text «Traité d’économie nucléaire: le soulèvement de la jeunesse» der Jugend eine ausserordentliche Rolle in der Gesellschaft zuspricht und sie dazu aufruft, als das «neue Proletariat» gegen Unterdrückung zu kämpfen. Bereits vier Jahre zuvor, also 20 Jahre vor 1968, haben er und einige Lettristen das Quartier Latin mit Plakaten beklebt, auf denen zu lesen ist: «12 000 000 werden die Strassen erobern, um die lettristische Revolution zu machen.»
Der Lettrismus ist direkter Vorläufer und Vorbild einer weiteren Bewegung, die sich dem damaligen Konformismus in Kultur und Gesellschaft radikal entgegenstellt: den Situationisten. In der Tradition der Surrealisten und Dadaisten stehend, geht es der situationistischen Bewegung um die radikale Umformung von bestimmten, oft alltäglichen «Situationen», um damit Neuinterpretationen von Realitäten anzubieten und herkömmliche Wahrnehmungsmuster zu durchbrechen. Wie ihr Begründer und wichtigster Vertreter Guy Debord 1958 in der ersten Ausgabe der «Internationale situationniste» schreibt, werden diejenigen siegen, «die es verstanden haben, die Unordnung zu schaffen, ohne sie zu lieben». Unmittelbaren Einfluss auf die 68er-Bewegung hat Debord mit seinem Schlüsselwerk «La société du spectacle» von 1967, in dem er die zunehmende Entfremdung der Menschen voneinander in einer durch Massenmedien und Warenfetischismus bestimmten Konsumgesellschaft beschreibt. In der Gesellschaft des Spektakels sind die Menschen zu blossen Zuschauern degradiert, wodurch eine echte Kommunikation verunmöglicht wird. Wichtig für die späteren «68er» ist aber nicht nur die situationistische Gesellschaftsanalyse, sondern vor allem auch ihr revolutionäres Selbstverständnis. Dieses wird beispielsweise in der situationistischen Broschüre «De la misère en milieu étudiant» ausgedrückt, die im Herbst 1966 an der Universität Strassburg verteilt wird. Darin kritisieren die Situationisten die Entfremdung der Studenten und rufen sie zur Revolution auf. Mit dieser Aktion, die von Störungen des universitären Betriebs begleitet ist, findet die situationistische Bewegung erstmals grössere Beachtung in der Öffentlichkeit. Ihre Broschüre wird in mehrere Sprachen übersetzt, immer wieder neu aufgelegt und erlangt entgegen den Absichten ihrer Verfasser Kultstatus. Dennoch bleiben die Situationisten, wie vor ihnen die Lettristen, eine marginale Gruppe, die sich bewusst dem kulturellen Mainstream entzieht und nur punktuell für öffentliche Aufmerksamkeit sorgt.
Beatniks und Provos
Eine breitere Rezeption erfährt eine andere, in den 1950er-Jahren in den USA ursprünglich als Künstlerboheme entstandene Subkultur: die Beatniks. Desillusioniert vom konsumbesessenen Nachkriegsamerika und begeistert von der afroamerikanischen Musikkultur, insbesondere vom Bebop, dieser von Miles Davis, Charlie Parker und Dizzy Gillespie geprägten neuen Stilrichtung im Jazz, formiert sich um Jack Kerouac, Allen Ginsberg, William Burroughs und Gary Snyder in New York und San Francisco Mitte der 1950er-Jahre eine Szene von Beat-Poeten. Wie Norman Mailer 1957 in «White Negro» schreibt, haben die Beatniks wie auch die sogenannten Hipster eine Vorliebe für Marihuana und Jazz, verfügen über wenig Geld und glauben, die Gesellschaft sei ein Gefängnis des Nervensystems. Während Ginsberg in seiner oftmals live vorgetragenen Gedichtsammlung «Howl» seine tiefe Abscheu vor der bigotten amerikanischen Gesellschaft zum Ausdruck bringt, singt Jack Kerouac in seinem Reiseroman «On the Road» eine Hohelied auf die individuelle Freiheit der Aussteiger. Die Literatur und Performances der Beat-Poeten finden schon bald in europäischen Künstler- und Literatenkreisen Widerhall, insbesondere in Frankreich, wo in den 1950er-Jahren weite Teile der literarischen Bohemeszene zu einer politischen Literaturszene mutiert, vor allem nachdem sich französische Existentialisten um Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir den poststalinistischen Kreisen einer sich neu orientierenden Linken angenähert haben. Die Texte von Ginsberg und Kerouac werden zur Schlüssellektüre einer Generation, die ihr neues Lebensgefühl aus Poesie, Jazz und Drogen speisen und damit einen Gegenentwurf zum Konformismus der damaligen Zeit manifestieren. In einem gewissen Sinn werden die Beatniks mit ihrer Absage an Gesellschaft und Politik zu Vorläufern der Hippies, die als Flower-Power-Bewegung ab Mitte der 1960er-Jahre, wiederum von den USA ausgehend, nicht ein Engagement innerhalb, sondern den Ausstieg aus der Gesellschaft suchen.
Anders sieht es bei den sogenannten Provos aus, die vor allem in Amsterdam auftreten und gezielt kulturelle Subversion und politischen Protest miteinander verbinden. Wie Daniel Cohn-Bendit, der Studentenführer im Pariser «mai 68», rückblickend feststellt, haben die niederländischen Provos einen nachhaltigen Einfluss auf ihn und seine Mitstreiter gehabt. In einer ihrer Aktionen stören sie 1966 eine Hochzeitsfeier des niederländischen Königshauses mit Rauchbomben und erregen damit weltweit Aufsehen. Um ihre politischen Forderungen durchzusetzen, arbeiten die Provos auch mit der aufkommenden Neuen Linken zusammen. Dazu gehören verschiedene politische Gruppen und Zeitschriften, die in den späten 1950er- und vor allem in den 1960er-Jahren entstehen und sich von der Alten Linken abgrenzen. Sie berufen sich auf trotzkistische oder anarchistische Vorbilder oder verehren Mao und die chinesische Kulturrevolution. Um Zeitschriften wie «Socialisme ou Barbarie» in Frankreich und «New Left Review» in Grossbritannien sammeln sich Intellektuelle, die eine grundlegende Erneuerung des Marxismus anstreben und jenseits ökonomistischer Reduktion linke gesellschafts- und kulturkritische Entwürfe anbieten.
Von den Theorien der New Left beeinflusst sind auch die sich in den 1960er-Jahren radikalisierenden studentischen Organisationen wie der Sozialistische Deutsche Studentenbund, der sich 1961 von der Sozialdemokratischen Partei getrennt hat. Die Students for a Democratic Society, ihr US-amerikanisches Pendant, verabschieden im Sommer 1962 das «Port Huron Statement», in dem sie den Rassismus gegenüber der afroamerikanischen Bevölkerung, die Gefahren der Atombombe, den Überfluss in der Industriegesellschaft und die Unterernährung in den Entwicklungsländern heftig kritisieren und diese Zustände mit der Apathie der amerikanischen Gesellschaft erklären. Rhizomartig überspannen all diese Ideen, Strömungen und Gruppen die Vorgeschichte zu «1968». Sie sind nicht nur Vorboten, sondern sie dienen den Akteuren von «1968» auch als intellektuelle, künstlerische und subkulturelle Referenzsysteme, die sie aufnehmen, neu interpretieren und auf die eruptive Situation im Jahr 1968 anpassen.
Hochkonjunktur in der Schweiz
Auch für die Schweiz beginnen nach dem Zweiten Weltkrieg die «goldenen dreissig Jahre». Es ist eine Phase des Wirtschaftswachstums und Wohlstands, die bis zur Ölkrise und Rezession Mitte der 1970er-Jahre andauert. Im Gegensatz zu den meisten europäischen Ländern stellt jedoch das Kriegsende für die Schweiz weder in wirtschaftlicher noch in politischer Hinsicht eine Zäsur dar. Das Land verfügt über einen intakten Produktionsapparat und reichlich vorhandene Kapitalreserven. Bereits Ende der 1940er-Jahre sind die meisten Regulierungen des Kriegswirtschaftssystems abgebaut. Mit geringen Steuerbelastungen und minimalen staatlichen Reglementierungen bestehen äusserst liberale Rahmenbedingungen für die Privatwirtschaft. Gegen aussen löst sich die Schweiz rasch aus der anfänglichen Isolation durch die Alliierten, die dem Land wirtschaftliche und finanzielle Kooperation mit NS-Deutschland vorwerfen. Im aufziehenden Kalten Krieg positioniert sich die Schweiz trotz der offiziell deklarierten Neutralität bedingungslos auf der Seite der «freien Welt» und gilt aufgrund ihrer langen Tradition des Antikommunismus als vertrauenswürdiger Partner im westlichen Allianzsystem.
Trotz dem Abseitsstehen beim Aufbau der internationalen Nachkriegsordnung gelingt es der Schweiz, günstige Bedingungen für ihre Aussenwirtschaft auszuhandeln. Die Exportindustrie mit ihren Hauptbranchen Maschinenbau, Chemie, Elektrotechnik und Nahrungsmittel sowie Banken und Finanzinstitute entwickeln sich zum Zugpferd der schweizerischen Volkswirtschaft und verhelfen dem Land zu einem Spitzenplatz in der sich zunehmend globalisierenden Weltwirtschaft. Die geringe staatliche Kontrolle erweist sich vor allem für den Aufstieg des schweizerischen Finanzplatzes als äusserst vorteilhaft.
Einen weiteren wichtigen Faktor des Wirtschaftsbooms bildet die intensiv betriebene Rekrutierung von Arbeitsimmigranten aus südeuropäischen Ländern, insbesondere aus Italien. Da ihnen nur sehr niedrige Löhne bezahlt werden, tragen die ausländischen Arbeitskräfte dazu bei, dass der Ausbau der Schweizer Industrie, wo noch über 40 Prozent der Beschäftigten arbeiten – mehr als in den meisten westlichen Industriestaaten damals –, kostensparend geschieht und ein Teil der kostenintensiven Modernisierung von Industrieanlagen mit Verzögerung stattfindet. Der Anteil ausländischer Arbeitskräfte an der berufstätigen Bevölkerung steigt zwischen 1950 und 1970 von 8,8 auf 22 Prozent. Die bereits früh zum Ausdruck gebrachte Skepsis der Gewerkschaften gegenüber der Arbeitsimmigration wird durch den Umstand gemildert, dass der «Import» von wenig qualifizierten ausländischen Arbeitskräften manchem einheimischen Arbeitnehmer den Aufstieg in höhere Positionen ermöglicht. Zudem bleiben die ausländischen Arbeitskräfte aufgrund des im Ausländergesetz von 1931 festgelegten Rotationsprinzips «Gastarbeiter» im eigentlichen Sinn und werden von Seiten der Behörden wie auch von Wirtschafts- und Gewerkschaftskreisen als Konjunkturpuffer betrachtet, denen der Status gleichgestellter Mitglieder der schweizerischen Gesellschaft verwehrt bleibt.
Die Ende der 1940er-Jahre beginnende Phase der Hochkonjunktur beschert der Schweiz Jahreswachstumsraten von bis zu 5 Prozent. Zwischen 1950 und 1970 steigt das jährliche Bruttosozialprodukt von 19,9 auf 93,9 Milliarden Franken. In der gleichen Zeitspanne verdreifacht sich das Handelsvolumen beinahe: Nachdem 1950 Waren für 3,9 Milliarden Franken exportiert wurden, sind es 1970 Güter im Wert von 22,1 Milliarden. Gleichzeitig vergrössert sich die Wareneinfuhr von 4,5 auf 27,9 Milliarden. Zum konjunkturfördernden Investitionsschub und Bauboom der 1950er- und 1960er-Jahre trägt auch der massive Nachholbedarf im Bereich der Infrastruktur bei. Die Ausgaben für die Bautätigkeiten im Auftrag der öffentlichen Hand nehmen zwischen 1950 und 1970 von 0,7 auf 6,8 Milliarden Franken zu. Der wirtschaftliche Aufschwung wird nur durch kurzzeitige Einbrüche gestört, wobei diese aufgrund der weiterhin verbreiteten Erinnerung an die Rezessions- und Krisenzeit der 1930er-Jahre aber eine beachtliche Wirkung haben. Dennoch beginnt der Bundesrat angesichts konjunktureller Überhitzungen und zunehmender Inflation punktuell konjunkturdämpfende Massnahmen zu ergreifen, die vor allem auf den Bau- und Finanzsektor abzielen.
Wie das Beispiel des Nationalstrassennetzes, des grössten Infrastrukturprojekts der Schweizer Nachkriegsgeschichte, zeigt, unterstützt die grosse Mehrheit der Bevölkerung diese «Investitionen für die Zukunft». In einer Volksabstimmung von 1958 sind 85 Prozent der Stimmbürger damit einverstanden, dass der Bund die Kompetenz für den Ausbau des Strassennetzes erhält. Die geplanten 1900 Kilometer Nationalstrassen sollen die Ansprüche des Individual- und Güterverkehrs wie auch die steigenden Mobilitätswünsche weiter Teile der Bevölkerung erfüllen. Das Auto wird zusehends zum individuellen Statussymbol und zum Indikator gesellschaftlichen Wohlstands stilisiert. In den 1950er-Jahren setzt eine eigentliche Massenmotorisierung ein, sodass sich zwischen 1950 und 1970 der Bestand an Personenwagen fast verzehnfacht. Als weiteres Zeichen für den kaum in Frage gestellten Fortschrittsglauben und die Vorrangstellung wirtschaftlicher Bedürfnisse ist die Nutzung der Atomenergie zu nennen, die damals in der Bevölkerung noch wenig Bedenken auslöst. Mit einer überwältigenden Mehrheit von über 77 Prozent nehmen die Stimmbürger 1957 den Verfassungsartikel zur Atomenergie an, und das Parlament verabschiedet 1959 nahezu geschlossen das Atomgesetz.
Babyboom und Massenkonsum
In den 1950er- und 1960er-Jahren macht die Schweiz grundlegende demografische Veränderungen durch. Die Gesamtbevölkerung wächst zwischen 1950 und 1970 um beinahe 30 Prozent (1950: 4,715 Mio.; 1960: 5,429 Mio.; 1970: 6,269 Mio.), eine der höchsten Wachstumsziffern in Europa. Aufgrund dieses starken Wachstums prognostizieren Studien zu Beginn der 1960er-Jahre für die Jahrtausendwende eine Wohnbevölkerung von zehn Millionen, was sich auch auf die damaligen Planungen im Infrastrukturbereich auswirkt. Ein Grund für die Bevölkerungszunahme sind die hohen Geburtenraten, die bereits während des Zweiten Weltkriegs anzusteigen beginnen. Ab Mitte der 1960er-Jahre kommt diese erste Generation des «Babybooms» ins Jugendalter und bildet die kritische Masse des jugendlichen Aufbruchs jener Zeit. 1955 kommen 17,1 Geburten auf 1000 Einwohner, 1960 17,6, und die Zahl steigt auf 19,2 im Jahr 1964. Danach gehen die Geburtenzahlen kontinuierlich zurück, eine Zäsur, die mit dem Aufkommen der empfängnisverhütenden Pille zusammenhängt und als «Pillenknick» bezeichnet wird. 1970 sind es noch 15,8 Geburten auf 1000 Einwohner, 1975 noch 12,3 und 1980 nur noch 11,6.
Ein weiterer Grund für das Bevölkerungswachstum in der Schweiz sind die steigenden Einwanderungszahlen. 1950 leben 285 446 Ausländerinnen und Ausländer im Land, was einem Anteil von 6,1 Prozent an der gesamten Wohnbevölkerung entspricht, 1960 sind es 584 739 (10,8 Prozent) und 1970 liegt die Zahl bei 1 080 076 (17,2 Prozent). Auch die Binnenwanderung vom Land in die Städte bringt nachhaltige demografische Veränderungen mit sich und verstärkt die Urbanisierung der Schweiz und das Anwachsen der Ballungszentren. Nachdem während des Zweiten Weltkriegs nur gerade ein Drittel der Menschen in Städten mit einer Einwohnerzahl von über 10 000 gewohnt haben, sind es 1970 bereits 45 Prozent der Gesamtbevölkerung.
Eine treibende Kraft des wirtschaftlichen Aufschwungs in der Schweiz ist der in den 1950er- und 1960er-Jahren massiv zunehmende Privatkonsum, der nicht zuletzt mit der steigenden Kaufkraft weiter Teile der Bevölkerung sowie technologischer Innovationen und automatisierter Massenproduktion zusammenhängt. Während zwischen 1950 und 1960 der Reallohn in der Schweiz um 20 Prozent steigt, wächst er in den 1960er-Jahren um weitere 40 Prozent. Der schnelle Ausbau des Telefonnetzes, die beinahe flächendeckende Verbreitung des Radios und die Einführung des Fernsehers, das 1953 den Versuchsbetrieb aufnimmt, sind Zeichen für den sich rasch ausbreitenden Wohlstand, aber auch für Zäsuren im Bereich der Massenkommunikation. 1953 sind erst 920 Fernsehkonzessionen gelöst worden, 1968 steigt die Zahl auf über eine Million, und im gleichen Jahr strahlt das Schweizer Fernsehen erstmals Programme in Farbe aus. Auch in anderen Lebensbereichen treten Konsumgüter als technische Hilfsmittel und gesellschaftliche Statussymbole ihren Siegeszug an. Wie eine viel beachtete Umfrage der Wochenzeitschrift «Beobachter» bei ihrer Leserschaft zeigt, haben 1950 11 Prozent der Haushalte einen Kühlschrank, ebenso viele ein Privatauto. 1960 wiederholt die Zeitschrift die Umfrage und gibt an, dass nun 55 Prozent der Haushalte einen Kühlschrank und 22 Prozent ein Auto besitzen. Auch andere Haushaltsgeräte gehören 1960 bei einer grossen Mehrheit der befragten Familien zur Ausstattung: 87 Prozent besitzen einen Staubsauger, 73 Prozent eine Waschmaschine, 66 Prozent Dampfkochtöpfe und 65 Prozent ein Bügeleisen mit Temperaturregler. Solche Medienberichte tragen dazu bei, dass der Besitz von Konsumgütern und der nach aussen sichtbare materielle Wohlstand zunehmend als wichtig betrachtet werden, nicht zuletzt in Erinnerung an die Entbehrungen vergangener Kriegs- und Krisenzeiten.
Insgesamt kommt es zu einer merklichen Verbesserung des materiellen Lebensstandards für breite Bevölkerungskreise und so auch zur Vorstellung zunehmender sozialer «Nivellierung» der schweizerischen Gesellschaft, obwohl weiterhin beträchtliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Kaufkraftklassen bestehen und die Erhöhung der Reallöhne angesichts des Preisanstiegs nur teilweise in den Konsum von Gütern umgesetzt werden kann. Mit der Konsolidierung der konsumorientierten Massengesellschaft stellt sich zwar das Bild einer gesellschaftlichen Uniformierung ein, was sich im Konsumverhalten und in der Orientierung am «American way of life» zeigt, gleichzeitig beginnen sich aber mit dem Ausbrechen aus einer materiell prekären Lebenssituation allmählich neue Möglichkeiten zu eröffnen, die eine individuelle Lebensgestaltung erlauben und soziokulturelle Ausdifferenzierungen zur Folge haben, wie sie sich zunächst in der Freizeitgestaltung ausdrücken.
Soziale Stabilität und politischer Konsens
Als wichtige Bedingung für das Wachstum der schweizerischen Volkswirtschaft erweist sich die in den 1950er-Jahren konsolidierte soziale Stabilität. Arbeitsfrieden und Einbindung verschiedener Interessengruppen in politische Entscheidungsprozesse verschmelzen zum handlungsleitenden Prinzip der sozialen Integration. Die teilweise heftigen sozialen Auseinandersetzungen in der Arbeitswelt unmittelbar nach dem Krieg sind Anfang der 1950er-Jahre grossteils beigelegt. Die mit dem Friedensabkommen in der Metallindustrie von 1937 eingeläutete Phase der Sozialpartnerschaft und Gesamtarbeitsverträge erlebt in den 1960er-Jahren ihre Hochphase. Mit der verfassungsrechtlichen Verankerung der politischen und administrativen Funktion von Interessenverbänden in den Wirtschaftsartikeln von 1947 wird ein weiterer Schritt in Richtung Verhandlungsdemokratie getan. Die vorparlamentarischen Verhandlungsmodalitäten sollen das Risiko eines Referendums und einer möglichen Ablehnung der Gesetze in den unberechenbaren Volksabstimmungen verringern.
Mit der Verankerung des Familienschutzartikels (1946) sowie der Einführung der Alters- und Hinterlassenenversicherung (1948) und Invalidenversicherung (1961) verstärkt der Bund zudem sein sozialpolitisches Engagement. Andererseits üben sich die Behörden in den Gebieten der Kranken-, Mutterschafts- und Arbeitslosenversicherung in Zurückhaltung und machen weitgehende Konzessionen an die Wirtschaft und Industrie. Der schweizerische Sozialstaat ist weit entfernt vom damaligen Wohlfahrtstaatsmodell der skandinavischen Länder. Zudem sind die weiterhin verweigerten politischen Rechte der Frauen und deren Benachteiligungen bei den Bürgerrechten Indizien für die Verbreitung diskriminierender Antworten auf einzelne gesellschaftspolitische Fragen. Dies zeigt sich in den überaus harschen Reaktionen auf das 1958 erschienene Buch «Frauen im Laufgitter» von Iris von Roten, das die umfassende Diskriminierung der Frauen in der Schweiz aufzeigt. Ein Jahr später lehnen die Schweizer Männer im Verhältnis von 2 zu 1 das Frauenstimmrecht ab.
Auch in weiteren innenpolitischen Bereichen sind die 1950er- und 1960er-Jahre eine Weiterführung der beiden vorangehenden Jahrzehnte. Konkordanz und Konsens werden von den etablierten Parteien nun endgültig als Grundsatz der Schweizer Politik akzeptiert. Mit dem bereits 1943 erfolgten Eintritt des Sozialdemokraten Ernst Nobs in den Bundesrat und der 1959 eingeführten «Zauberformel» kommt es zur Integration der Sozialdemokraten und zur Festigung des parteipolitischen Proporzes in der Landesexekutive, der auch durch die vorübergehende Abwesenheit der Sozialdemokraten nach dem Rücktritt von Max Weber 1953 als Bundesrat nicht grundsätzlich erschüttert wird. Gestützt wird diese Konkordanzpolitik durch das eidgenössische Parlament, in dem die vier Bundesratsparteien zwischen 80 und 90 Prozent der Sitze besetzen.
So bleibt es zunächst vor allem dem Landesring der Unabhängigen und der Partei der Arbeit vorbehalten, eine oppositionelle Statistenrolle zu spielen. Mit der Gründung der Nationalen Aktion (1961) und der Vigilance (1964) kommen weitere Aussenseiterparteien hinzu. Als rechtspopulistische Parteien agieren sie vor dem Hintergrund einer Revitalisierung des sogenannten Überfremdungsdiskurses, die zu einer starken Politisierung der Migrationsthematik führt und sowohl von staatlichen Behörden als auch von weiten Teilen der Politik und Gesellschaft, inklusive Sozialdemokratie und Gewerkschaften, mitgetragen wird. 1965 lanciert die Demokratische Partei des Kantons Zürich im Zuge der hitzigen Debatte über das «Italien-Abkommen» die erste fremdenfeindliche Volksinitiative der Nachkriegszeit.
In den wiederbelebten Überfremdungsdiskurs der 1960er-Jahre fliessen auch Traditionen der in den 1930er-Jahren als Abwehrkonzept gegen die totalitären Nachbarstaaten entworfenen «Geistigen Landesverteidigung» ein, in der die Vorstellung vom «Schweizerischen» als Gegenpart zum «Fremden» eine Leitidee darstellt. Als homogenisierende Gemeinschaftsideologie besitzt sie weiterhin eine kohäsive und identitätsbildende Funktion für die schweizerische Gesellschaft. Ebenfalls aus der «Geistigen Landesverteidigung» entwickelt sich der weit verbreitete Antikommunismus, der nun mit umgekehrten Vorzeichen – Antikommunismus statt Antifaschismus – als stabilisierende Ideologie bis weit in die Sozialdemokratie eine integrative Wirkung hat. In Anlehnung an die in den 1950er-Jahren unter der Ägide des Senators Joseph McCarthy stattfindende Kommunistenhetze in den USA kann von einem schweizerischen McCarthyismus gesprochen werden. Es erstaunt wenig, dass die sowjetische Niederschlagung des Ungarnaufstands von 1956 die grösste Welle von Massenmobilisierungen und Solidaritätskundgebungen der Nachkriegsschweiz auslöst. In dieser Phase des Kalten Kriegs erfährt die politische Überwachung durch staatliche Organe einen weiteren Ausbau. Als Instrument zur Bekämpfung innerer Umtriebe, die im Zeichen des damaligen antikommunistischen Konsenses offenbar in erster Linie von links kommen sollen, übernimmt der Staatsschutz eine repressive und disziplinie-rende Funktion, die die Akteure der 68er-Bewegung noch nachhaltig zu spüren bekommen werden.
Jugend- und Popkultur
Auch in der Schweiz beginnen die Wohlstandsjahre Ende der 1950er- und Anfang der 1960er-Jahre ihre Wirkung auf die damalige Jugend zu zeigen. Sie ist die erste Generation, die nichts anderes als gesellschaftliche Stabilität kennt, die sich im Zeichen der Hochkonjunktur kaum Sorgen um einen Arbeitsplatz machen muss. Dank den Bildungsreformen schreiben sich auch immer mehr Studierende an Schweizer Universitäten ein. An der Universität Lausanne wächst die Zahl der Studierenden von 2429 im Wintersemester 1959/60 auf 3393 im Wintersemester 1969/70, in Genf von 3302 auf 5785, in Freiburg von 1568 auf 2966. Auch an Deutschschweizer Universitäten kommt es zu mehr als einer Verdoppelung der Studierendenzahlen in dieser Zeitspanne, von 2264 auf 5226 in Bern, von 2270 auf 4314 in Basel, von 2978 auf 8387 in Zürich. Ein Grossteil der Jugend unterscheidet sich aber weiterhin kaum von ihren gutbürgerlichen Eltern, ist adrett gekleidet, engagiert sich bei den Pfadfindern und in Studentenverbindungen und will in Beruf und Familie ihre Lebensziele verwirklichen. Auch besteht das kulturelle Angebot in den 1950er-Jahren noch vorwiegend aus Schlagermusik, Heimatfilmen und Folklore.
Allmählich halten jedoch Jazz und Rock’n’Roll auch in der Schweiz Einzug. Musikboxen stehen in den Bars und Cafés, Amateurbands schiessen im ganzen Land wie Pilze aus dem Boden, erste Jazzkeller entstehen in Bern, Basel, Zürich, Genf und Neuenburg. Bereits 1955 begeistert Louis Armstrong an einem Konzert im Berner Casino ein vorwiegend männliches, junges Publikum. 1960 gibt er vor 4000 Leuten ein Konzert in Zürich. Dabei kommt es zu Ausschreitungen, und die Veranstaltung wird von der Polizei abgebrochen. Auch die «Halbstarken» geraten ab 1960 zusehends ins Blickfeld der Öffentlichkeit, und es mehren sich reisserische Artikel in der Presse, die von «verwahrlosten und kriminellen Jugendlichen» und von einem «Halbstarken-Problem» in Schweizer Städten sprechen. 1963 wird ihnen in Zürich sogar verboten, in ihrer Kleidung an öffentlichen Veranstaltungen wie dem Eidgenössischen Schützenfest aufzutauchen.
Wie in anderen westlichen Ländern beginnt Anfang der 1960er-Jahre auch in der Schweiz der Aufstieg der Popkultur. Auch hier wird sie von der Kulturindustrie, die den Konsumentenmarkt der Jugend entdeckt hat, kräftig angekurbelt. Die neue Musik- und Modekultur der Jugend ist aber auch Ausdruck einer Rebellion gegen die konformistischen Haltungen in der kleinbürgerlichen Gesellschaft und gegen den etablierten Kulturbetrieb. Damit irritiert sie einen Grossteil der Erwachsenenwelt. In deren Augen verstösst die Rock- und Beatmusik gegen die akustischen Normen, lange Haare nehmen sie als Missachtung von Sitte und Anstand wahr.
Die skeptische bis feindliche Stimmung in der Schweizer Presse vermag jedoch nicht zu verhindern, dass die Pop- und Rockmusik bei der jungen Generation ihren Siegeszug antritt. So hören in der Westschweiz Jugendliche scharenweise die Sendungen der französischen Radiostation Europe nº 1, lesen die 1962 in Frankreich lancierte Zeitschrift «Salut les copains» und verehren Johnny Hallyday, Sylvie Vartan und Eddy Mitchell als Rockidole. Auch unter Deutschschweizer Jugendlichen erfreut sich Europe nº 1, eine der ersten Radiostationen Europas, die Musikprogramme für Jugendliche sendet, grosser Beliebtheit. Wie eine Umfrage von 1967 zeigt, hören 70 Prozent der 17- bis 19-Jährigen den französischen Sender am häufigsten, während es beim Deutschschweizer Sender Beromünster nur gerade 38 Prozent sind. Während sich in der ganzen Schweiz Dutzende von Rockbands formieren und mit ihren Verstärkern und elektrischen Gitarren lauten Sound machen, ist es vor allem in der französischen Schweiz, wo unter dem Begriff «musique Yé-Yé» die Rockmusik einen regelrechten Boom erlebt. 1962 und 1963 finden in Renens die beiden ersten Rockfestivals unter dem Namen «Coupe Suisse de Rock» statt. Als 1962 Johnny Hallyday ein Konzert in Biel gibt, zeigt sich die Presse entsetzt über die Sachschäden, die von Konzertbesuchern verursacht wurden.
Um 1963 und 1964 wird auch die Schweiz von der «Beatlemania» erfasst, und als im Juni 1964 die vier Pilzköpfe aus Liverpool auf ihrem Flug nach Hongkong in Zürich-Kloten zwischenlanden, finden sich nicht nur kreischende Fans auf der Flughafenterrasse, sondern auch die bekannteste einheimische Beat-Band Les Sauterelles, die vergeblich auf ein marketingträchtiges Treffen mit den Superstars wartet. Mitte der 1960er-Jahre entsteht neben Basel vor allem in Zürich mit seinen rund 20 Lokalen, in denen Beat-Bands auftreten können, ein Mekka der Beat-Musik in der Schweiz. 1966 lanciert Jürg Marquard, der spätere Medienunternehmer und Multimillionär, die Zeitschrift «Pop», in der, wie er in der ersten Ausgabe schreibt, «wir Jungen wirklich unter uns sind», und mit der man es den Erwachsenen zeigen wolle, denn sie «haben uns ausgelacht, als wir die Idee für dieses Heft vorbrachten». An Konzerten kommt es immer wieder zu kleineren Scharmützeln mit der Polizei, was die Presse zum Anlass nimmt, eindringlich vor der Gewaltbereitschaft der Jugendlichen zu warnen und von den Behörden resolutes Vorgehen zu verlangen.
Nonkonformisten
Aber auch in anderen Kreisen der schweizerischen Gesellschaft äussert sich seit Mitte der 1950er-Jahre Unzufriedenheit über die Kluft zwischen althergebrachten Werten und den veränderten Lebensformen, zwischen Tradition und Moderne. Auch sie verdeutlichen, dass die 1950er- und 1960er-Jahre eine Umbruchsphase darstellen und dass einzelne Ereignisse und Auseinandersetzungen lange vor 1968 den kritischen Geist von «1968» ankündigen. Zum Kreis der Einzelgänger gehört Kurt Fahrner, der mit seiner Performance-Kunst Öffentlichkeit und Behörden in Basel in Aufruhr versetzt. Im April 1959 stellt er an der Basler «Klagemauer» sein Gemälde «Bild einer gekreuzigten Frau unserer Zeit» aus und verliest dabei sein Manifest «Der grosse Verrat», in dem er die konformistischen Haltungen in der Gesellschaft anprangert. Die Behörden reagieren äusserst heftig, beschlagnahmen Fahrners Bild, das bis 1980 konfisziert bleibt, und verurteilen ihn wegen unzüchtiger Veröffentlichung und Störung der Glaubens- und Religionsfreiheit.
Zu einem breiteren Kreis der kritischen Geister der damaligen Zeit gehören die sogenannten Nonkonformisten, ein Begriff, den ursprünglich rechtsbürgerliche Kreise despektierlich für eine Reihe von Journalisten, Autoren und Intellektuellen verwenden, die sich in ihrem öffentlichen Engagement kritisch mit gesellschaftspolitischen Themen auseinandersetzen. Sie sind aber keineswegs «junge Wilde», die für radikale Visionen einer Schweiz kämpfen oder in ihren literarischen und künstlerischen Ausdrucksformen grundlegend neue Wege zu beschreiten versuchen. Zwischen 1920 und 1930 geboren, walten Nonkonformisten als eine Scharniergeneration zu den «68ern». Mit ihrem konsequenten Auftreten auf der öffentlichen Bühne gelingt es ihnen, Einspruch in der von Kompromissen geprägten schweizerischen Gesellschaft und Politik zu erheben und an der Konformität und Selbstgenügsamkeit der Nachkriegsschweiz zu kratzen.
Zur nonkonformistischen Kritik gesellen sich auch etablierte liberale Intellektuelle, die vom «Unbehagen im Kleinstaat» (Karl Schmid 1963) und der «helvetischen Malaise» (Max Imboden 1964) sprechen und damit auf grundlegende Spannungen in der schweizerischen Politik und Gesellschaft hinweisen. Doch im Gegensatz zur späteren Kritik der «68er», die sich vom «Sonderfall Schweiz» zu lösen sucht, sind sie überzeugt, dass sich Deutungen und Lösungen im nationalen Rahmen finden lassen und die notwendigen Reformen durchaus auf helvetischen Werten und Traditionen beruhen sollen.
Einen Ausgangspunkt für die nonkonformistische Strömung bildet die 1955 veröffentlichte Broschüre «achtung: die Schweiz» von Max Frisch, Lucius Burckhardt und Markus Kutter. Darin prangern die Autoren die raum- und städteplanerische Konzeptlosigkeit der Schweiz an und deuten sie als Zeichen des vorherrschenden Immobilismus. Als Antwort schlagen sie für die Landesausstellung von 1964 in Lausanne den Bau einer Musterstadt im Grünen vor. Das Projekt wird nicht realisiert, obwohl einige der an der Expo 64 gezeigten Kunstwerke und Bauten durchaus einen Hauch von Avantgarde und Moderne versprühen. Im Grossen und Ganzen vermittelt die Ausstellung jedoch ein folkloristisches, rückwärtsgewandtes Selbstbild der Schweiz, gepaart mit dem Fortschrittsglauben der Hochkonjunktur. Daher verfassen einige Autoren aus dem Kreis der Nonkonformisten die Streitschrift «Expo 64 – Trugbild der Schweiz», in der sie an der Ausstellung das bewusste Ausklammern wichtiger Zukunftsfragen und die Unterdrückung von Auseinandersetzungen kritisieren.
In den folgenden Jahren fahren einige Autoren damit fort, in gesellschaftspolitischen Debatten zu intervenieren und Kritik an den eingespielten Argumentationsweisen zu üben. 1965 publiziert Max Frisch seinen berühmt gewordenen Text zur sogenannten Fremdarbeiterfrage, 1967 stellt Alfred A. Häsler in «Das Boot ist voll» die unmenschliche Flüchtlingspolitik der Schweizer Behörden während des Zweiten Weltkriegs an den Pranger. In der Westschweiz wird das «feuilleton littéraire», die Wochenendbeilage der «Gazette de Lausanne», zu einem publizistischen Forum, wo eine Reihe von Autoren wie Franck Jotterand und André Kuenzi kritisch über gesellschaftspolitische und kulturelle Themen schreiben. Es entsteht ein Art Pendant zur nonkonformistischen Strömung in der Deutschschweiz.
Die 1960er-Jahre bilden auch einen fruchtbaren Boden für Neugründungen von Zeitschriften. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang die «neutralität», die der 24-jährige Student Paul Ignaz Vogel 1963 aus Unzufriedenheit über das «erstarrte geistige und politische Klima» in der Schweiz gründet. Die ersten Nummern redigiert er vom Küchentisch in der elterlichen Wohnung aus. Die Zeitschrift trifft offensichtlich zumindest bei den Autoren einen Nerv. Schon in der zweiten Ausgabe schreiben Arnold Künzli und Hansjörg Schneider, im dritten Heft gesellen sich Heinrich Böll und Konrad Farner dazu. Bei den Abonnenten bringt indessen erst das Erstarken des Nonkonformismus im Winter 1964/65 einen Wendepunkt. Bis 1967 erreicht die Zeitschrift eine Auflage von 1000 Exemplaren.
Auch das schweizerische Filmschaffen gerät allmählich in Bewegung und kündigt – wie Martin Schaub in seiner Geschichte des Schweizer Films schreibt – den Bruch von «1968» früher an als anderswo. Anfang der 1960er-Jahre ist das einheimische Filmschaffen noch weitgehend durch kleinbürgerliche und bäuerliche Themen und melodramatische Inszenierungen geprägt. Das Aufkommen einer jüngeren Generation von Filmemachern läutet die Phase des Neuen Schweizer Films ein. An der Expo 64 zeigt Henry Brandt unter dem Titel «La Suisse s’interroge» fünf Kurzfilme zu aktuellen gesellschaftspolitischen Themen wie Immigration, Umweltproblemen, Konsumgesellschaft und Wohnungsnot und grenzt sich ab von zwei mit viel Aufwand produzierten Filmen: der erste eine touristische Landschaftsschau der Schweiz, der zweite ein geräuschvoller Armeefilm. Im gleichen Jahr erscheint Alexander J. Seilers «Siamo Italiani», ein eindrücklicher, kreativ mit filmischen Mitteln arbeitender Dokumentarstreifen zur italienischen Immigration in die Schweiz. 1966 findet die erste Ausgabe der Solothurner Filmtage statt, die in den nächsten Jahren zum Treffpunkt des Schweizer Filmschaffens werden. In der Westschweiz streben eine Reihe von Filmemachern wie Alain Tanner, Claude Goretta, Francis Reusser und Yves Yersin nach einem Aufbruch, was später als Nouveau cinéma suisse bezeichnet wird. Insbesondere Alain Tanner, der Ende der 1950er-Jahre im Umfeld des britischen New Cinema Erfahrungen sammelt und zusammen mit Claude Goretta den Experimentalfilm «Nice Time» (1957) dreht, entwickelt sich auch zum international renommierten Repräsentanten des anderen Schweizer Films.
Weite Kreise der bürgerlichen Schweiz fühlen sich von den nonkonformistischen Strömungen in Kunst, Literatur und Film provoziert und manifestieren ihre Abneigung gegenüber dem aufkommenden kritischen Geist, eine Abneigung, die bis zur tiefen Abscheu geht, wie der sogenannte Zürcher Literaturstreit verdeutlicht: Als Emil Staiger, renommierter Professor für deutsche Literatur an der Universität Zürich, 1966 den Literaturpreis der Stadt Zürich im dortigen Schauspielhaus entgegennimmt, spricht er in seiner Dankesrede von der «über die ganze westliche Welt verbreiteten Legion von Dichtern, deren Lebensberuf es ist, im Scheusslichen und Gemeinen zu wühlen». Seine Tirade richtet sich gegen die zeitgenössische Littérature engagée, die er als «krank», «verbrecherisch», «nihilistisch» und als «Kloakenliteratur» verpönt. In der Folge nimmt eine Reihe von Intellektuellen vehement Stellung gegen Staigers Rede, sodass der Literaturstreit zumindest im etablierten Kulturbetrieb Zürichs gewissermassen den Beginn des Kulturkampfs von «1968» markiert.
Avantgarde in Kunst und Kultur
In Bern organisiert sich in den 1960er-Jahren eine Kultur- und Literaturszene, die ihre Vorläufer in den 1950er-Jahren hat und die Stadt zu einem Ort künstlerischer Avantgarde macht. 1953 erscheint die erste Ausgabe der «spirale», der «internationalen zeitschrift für junge kunst», unter anderem mit Gedichten der konkreten Poesie, und zeigt, dass neben Zürich auch Bern Epigonen der weltweit aufkommenden konkreten Kunst aufweist. Vom damaligen Geist künstlerischer Avantgarde in der Bundeshauptstadt zeugen Leute wie Eugen Gomringer, ein von Stéphane Mallarmé und Guillaume Apollinaire beeinflusster Vertreter der konkreten Poesie, oder Claus Bremer, der während seiner Theatertätigkeit in der BRD von John Cages Minimal Music beeinflusst wird und von 1960 bis 1962 als Dramaturg am Berner Stadttheater tätig ist.
Anfang der 1960er-Jahre schliesst sich in Bern ein Kreis von gesellschaftskritischen Schriftstellern und Journalisten sowie Avantgardekünstlern, aber auch Anhängern einer subkulturellen, von der Beat-Generation geprägten Jugendkultur zusammen. Es ist der Beginn des Berner «Untergrunds», wie es im damaligen Sprachgebrauch heisst. Basis und Treffpunkt ist die «Junkere 37», ein Keller an der Junkerngasse 37, den der Künstler Franz Gertsch, der Verleger Niklaus von Steiger, der Volkskundler und Erzähler Sergius Golowin und der Schriftsteller Zeno Zürcher ab 1964 mieten. Dass das Veranstaltungslokal einen Namen im Deutschschweizer Dialekt erhält, ist kein Zufall. Mundartdichtung spielt für diesen Kreis, zu dem auch Schriftsteller wie Kurt Marti, Walter Matthias Diggelmann und Peter Bichsel zählen, eine wichtige Rolle. «Junkere 37» strahlt als Ort für Lesungen, Vorträge, Diskussionspodien und Ausstellungen weit über Bern hinaus. Im Oktober 1966 nimmt auch Theodor W. Adorno an einer Diskussion im Keller «Junkere 37» teil, der sich – wie die «Weltwoche» schreibt – zum «Berner Hyde-Park» entwickelt.
Als im Sommer 1966 eine heftige öffentliche Debatte um die Verhaftung des Berner Grossrats Arthur Villard, seines Zeichens Präsident der Vereinigung Internationale der Kriegsdienstverweigerer (IDK), wegen Dienstverweigerung aus Gewissensgründen entbrennt, es zu breiten Solidaritätskundgebungen kommt und die bürgerliche Presse mit Etikettierungen wie «Nestbeschmutzer» jene diffamiert, die öffentlich mit Villard sympathisieren, beginnt sich die Szene um die «Junkere 37» zunehmend zu politisieren. Während die als staatsgefährdend eingestufte IDK bereits damals unter intensiver Beobachtung der Bundespolizei steht, unterstützt drei Jahre später der Vorsteher des Eidgenössischen Militärdepartements, Bundesrat Rudolf Gnägi, in einem internen Schreiben die Bestrebungen, «dass unsere Abwehr gegen subversive Einflüsse und Agitationen verschärft werden muss».
Seit Anfang der 1960er-Jahre tritt der Zürcher Poet und Performer Urban Gwerder in Erscheinung und fungiert dann in der 68er-Bewegung als einer der Hauptvertreter der Subkultur. 1961 veröffentlicht er mit 16 Jahren den Aufsatz «Die Moderne», in dem er Stéphane Mallarmé, Arthur Rimbaud, Wladimir Majakowski, Federico García Lorca und Ezra Pound als Wegweiser der modernen Literatur bezeichnet. Ein Jahr später folgt der Gedichtband «Oase der Bitternis» im Arche Verlag. 1966 bringt er das Zürcher Kunst- und Kulturestablishment in helle Aufregung, als er in der Nacht vor der Einweihung der Gedenktafel «50 Jahre Dada» am ehemaligen Haus des Cabaret Voltaire diese mit einem Flugblatt überklebt und sein «AnarCHIE du Manifeste» als Protestnote zu den offiziellen Jubiläumsfestivitäten im Niederdorf verteilt. Die ausländische Presse berichtet über die Aktion und stellt sie in die Tradition des Dadaismus, während die städtischen Behörden wenig Verständnis dafür zeigen. Im gleichen Jahr ist Gwerder mit seiner multimedialen «Poëtenz»-Show in der Schweiz und der BRD auf Tournee. Auf den Veranstaltungsplakaten wird angekündigt, dass die Eintrittspreise Fr. 2.75 für «Gastarbeiter», Fr. 5.50 für «Normale» und Fr. 11.— für «Studenten und Militär» betragen. Die Aufführungen sind eine Mischung aus Wort, Ton und Bild und erinnern an die Poetry Readings der Beatniks, Auftritte der amerikanischen Band The Fugs und den Theaterstücken Alfred Jarrys. Gwerders Spoken Words und Kabaretteinlagen sind begleitet von der improvisierten Musik der Beat-Band The Onion Gook, die überdies live zum 27-minütigen 16-mm-Film «Chicoree» spielt, Fredi Murers experimentellem Streifen über Gwerder, dessen Aktionen und Familienleben. Wie ein Filmkritiker schreibt, ist die «Poëtenz»-Show «das erste Pop-Kunstwerk von Bedeutung in der Schweiz».
Opposition von links
Auch organisatorisch gibt es zahlreiche Wegbereiter für «1968». Die 1958 gegründete Schweizerische Bewegung gegen die atomare Aufrüstung (SBgaA) ist eine der einflussreichsten Vorläuferinnen. Angesichts des Klimas des Kalten Kriegs steht sie von Anfang an im Blick der Behörden, und so pflegt ihr Präsident jeweils bei der Begrüssung der Versammelten die anwesenden Vertreter des Staatsschutzes willkommen zu heissen. Ende der 1950er-Jahre lanciert die SBgaA eine Initiative für das Verbot von Atomwaffen, die in der Volksabstimmung 1962 von gerade 34,8 Prozent der Stimmbürger unterstützt wird. Wichtiger im Hinblick auf die 68er-Bewegung ist jedoch, dass die SBgaA neue Aktionsformen erprobt, um ihre Forderungen durchzusetzen. Sie arbeitet nicht nur mit den traditionellen Mitteln der direkten Demokratie wie Initiativen und Referenden, sondern setzt auch auf spontane Aktivierungen, auf zivilen Ungehorsam und gewaltfreie Aktionen.
Ein jährlich wiederkehrendes Beispiel für die unkonventionellen Aktionsformen sind die Ostermärsche, die nach internationalem Vorbild zwischen 1963 und 1967 auch in der Schweiz durchgeführt werden, zunächst in der französischen Schweiz, in späteren Jahren auch in der Deutschschweiz. Dass die ersten Ostermärsche in der Westschweiz stattfinden und von Lausanne nach Genf führen, ist kein Zufall. Hier sind die Sympathien für die Antiatombewegung gross, was auch in den Abstimmungen zu friedenspolitischen Initiativen und Referenden jener Jahre zu Ausdruck kommt. Ausserdem haben bereits in den 1950er-Jahren die drei Chevallier-Initiativen, die eine Beschränkung der Militärausgaben verlangten, aber nie zur Abstimmung kamen, in der französischen Schweiz breite Kreise mobilisiert.
Neben den neuen Aktionsformen bereitet die Friedensbewegung den «68ern» auch inhaltlich den Weg. Als die Schweiz 1967 den Atomsperrvertrag unterzeichnet, verlagern sich die friedenspolitischen Interessen der Bewegung zu Themen im Ausland, und der Friedensmarsch von jenem Jahr stellt den Protest gegen den Vietnamkrieg, eines der wichtigsten Mobilisierungsmomente der späteren 68er-Bewegung, ins Zentrum. Schliesslich gibt es zwischen der Antiatombewegung und den «68ern» auch personelle Kontinuitäten. Einige Aktivisten der 68er-Bewegung absolvieren ihre politische Lehre in den friedenspolitischen Aktivitäten der frühen 1960er-Jahre. Am vorläufig letzten Friedensmarsch im April 1967 in Bern machen sich denn auch die ersten Vertreter der maoistischen Neuen Linken bemerkbar. Der Umstand, dass sie Vietcong-Fahnen mit sich tragen, führt zu Dissonanzen und heftigen Auseinandersetzungen innerhalb der grösstenteils pazifistisch ausgerichteten Friedensbewegung.
Damit ist schon angedeutet, dass sich auch in der Schweiz eine Neue Linke in den frühen 1960er-Jahren bemerkbar macht. Doch im Gegensatz zu anderen westeuropäischen Ländern entstehen die wichtigsten Gruppen und Organisationen der Neuen Linken erst nach den Ereignissen von 1968. Das Schisma zwischen der UdSSR und China, das sich im Lauf der 1950er-Jahre anbahnt, aber erst 1963 in der Öffentlichkeit bekannt wird, hat auch in der Schweiz die Abtrennung von maoistischen Gruppen von der kommunistischen, an der Sowjetunion orientierten Partei der Arbeit (PdA) zur Folge. Die erste maoistische Strömung, die in der Schweiz entsteht, ist der Parti communiste suisse, der der ehemalige Boxer Gérard Bulliard nach einem Besuch in Albanien im Jahr 1963 gründet. Die von ihm herausgegebene Zeitschrift «L’étincelle» fällt unter anderem durch ihren antisemitisch motivierten Antizionismus auf. Eine weitere maoistische Gruppe ist das 1964 vom Schweden Nils Andersson gegründete Centre Lénine, aus dem drei Jahre später die Organisation des communistes de Suisse (Marxiste-Léniniste) mit der Zeitschrift «Octobre» hervorgeht. Diese Umbenennung erlebt Andersson allerdings nicht mehr mit, denn er ist kurz zuvor wegen Gefährdung der inneren und äusseren Sicherheit aus der Schweiz ausgewiesen worden.
Auch innerhalb der PdA beginnt es in den 1960er-Jahren zu gären. Vor allem die junge Generation wendet sich gegen die Orthodoxie der Parteispitze und beginnt sich für maoistische und trotzkistische Autoren zu interessieren. 1964 gründen sie in Zürich die Junge Sektion der PdA, die bei den Ereignissen im Sommer 1968 eine wichtige Rolle spielen wird. Auch im Waadtländer Parti ouvrier et populaire (POP) setzt eine allmähliche Absetzbewegung von der Mutterpartei ein, und zwar unter dem Einfluss von Charles-André Udry, der 1966 in die Partei eingetreten ist, um sie trotzkistisch zu unterwandern. Zusammen mit anderen begründet er die Tendance de gauche, aus der später die neulinke Ligue marxiste révolutionnaire (LMR) hervorgehen wird. Ähnliche Entwicklungen finden auch in den Basler, Genfer und Tessiner Sektionen der PdA statt. In dissidenten Kreisen der Alten Linken werden im Lauf der 1960er-Jahre zudem neue Zeitungen und Zeitschriften auf den Markt gebracht, etwa die 1963 gegründete «Domaine public», die sich am linken Rand der Sozialdemokratie positioniert, oder die 1965 erstmals erscheinende «politica nuova», die aus der Antiatombewegung hervorgeht und von Abweichlern der Tessiner Sozialdemokraten herausgegeben wird. Diese werden sich 1969 zur erfolgreichsten Partei der Neuen Linken im Tessin, dem Partito socialista autonomo (PSA), vereinigen.
Erste Aktionen von Studierenden
Die Studierenden beginnen sich ebenfalls in den 1960er-Jahren neu zu formieren und Verbesserungen ihrer Situation zu fordern. Ein früher Vertreter dieser Bewegung ist der zwischen 1956 und 1964 aktive Mouvement démocratique des étudiants (MDE), der in Lausanne und Genf insgesamt etwa 100 bis 200 Studierende versammelt. Die hauptsächlichen Forderungen und Aktivitäten des MDE, der seinen Höhepunkt zu Beginn der 1960er-Jahre erlebt, beziehen sich vor allem auf eine Demokratisierung der Universitäten, studentischen Syndikalismus sowie auf den Algerienkrieg und Fragen des Antikolonialismus. Am 1. November 1960 organisiert der MDE in Lausanne ein erstes Treffen zum Thema des Algerienkriegs, das ein beträchtliches Publikum anzieht und in der Presse auf grosses Echo stösst. Ein Jahr später findet in Genf eine Solidaritätsveranstaltung mit den algerischen Studenten statt, an der eine Petition an den Grossen Rat verabschiedet wird, die eine Spitalbehandlung junger Algerier, die im Befreiungskrieg verletzt worden sind, und die Zusprechung von Stipendien an in die Schweiz geflüchtete Studenten fordert. Der MDE ist auch ein gutes Beispiel für die Bedeutung von organisatorischen und persönlichen Netzwerken. Während die Gruppe bei der SBgaA mitmacht, baut der Gründer des Centre Lénine, Nils Andersson, im Zuge der Solidaritätsaktionen für Algerien enge Beziehungen zum MDE auf. Zudem sind ehemalige Mitglieder des MDE später in der RML aktiv. Wichtige Nachfolgeorganisationen des MDE sind die 1962 in Genf gegründete Action syndicale universitaire, die im Mai 1968 eine wichtige Rolle spielen wird, und das Rassemblement des étudiants de gauche.
Auch an anderen Universitäten entstehen in den 1960er-Jahren studentische Organisationen und Gruppierungen, die 1968 und in den darauf folgenden Jahren zu wichtigen Akteuren der 68er-Bewegung werden. Zu nennen ist etwa die 1963 gegründete Fortschrittliche Studentenschaft Zürich (FSZ), die sich 1967 zusammen mit der Jungen Sektion der PdA im Rahmen der Organisation zweier grosser Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg mit weiteren Gruppierungen zu den Fortschrittlichen Arbeitern und Studenten (FAS), später Fortschrittliche Arbeiter, Schüler und Studenten (FASS), zusammentun und ab Sommer 1968 einige beachtliche Mobilisierungserfolge erzielen. An der Universität Bern konstituiert sich 1966 das forum politicum, in dem vor allem Studierende der Soziologie aktiv sind. Sie beklagen sich über die undemokratischen universitären Strukturen und engagieren sich im Studentenrat und in anderen studentischen Gremien. Öffentliche Aufmerksamkeit erregt die Gruppe, als sie am 26. November 1966 eine Manifestation gegen den Vietnamkrieg organisiert, die von Couleur-Studenten gestört wird. Diese versuchen, das Verlesen dreier Resolutionen mit Burschenliedern zu übertönen. Dank diesem Zwischenfall schafft es die Vietnam-Demonstration, die als erstes Lebenszeichen der sich formierenden Studierendenbewegung in Bern gewertet werden kann, am nächsten Tag auf die Frontseite des «Blick». Im folgenden Jahr bemüht sich das forum politicum, die in der BRD entstehenden Diskussionen in die Schweiz zu tragen, als sie im Zusammenhang mit dem Schah-Besuch in der BRD Anfang Juni 1967 zusammen mit der FSZ eine Podiumsdiskussion zur Situation in Persien veranstaltet. Eingeladen ist der junge iranische Literaturwissenschaftler Bahman Nirumand, der am 1. Juni 1967, also einen Tag bevor Benno Ohnesorg in Berlin erschossen wird, im überfüllten Audimax der Berliner Freien Universität ein Referat hält.
Trotz der Heterogenität der verschiedenen Szenen, Gruppierungen, Zeitschriften und Projekte der späten 1950er- und der 1960er-Jahre sind gewisse gemeinsame Deutungen und Anliegen kennzeichnend. Es besteht ein Unbehagen über das geistige und politische Klima in der Schweiz, das als erstarrt, konformistisch, langweilig, kleinkariert und konservativ empfunden wird. Viele, wenn auch nicht alle der Kritiker und Aufmüpfigen in diesen Jahren sind jung und in den 1940er-Jahren geboren. Ihr Ziel ist es, die Erwachsenengeneration und etablierte Kreise der Gesellschaft zu provozieren, sei dies durch radikale politische Forderungen oder durch ihren Lebensstil, durch Auftreten, Kleidung, Frisuren oder Musik. Während die aufkommende Pop- und Rockkultur Ausdruck einer Aufbruchsstimmung ist, die den Jugendlichen ein Gefühl des Ausbruchs aus der normierten Existenz der Nachkriegsschweiz gibt, beginnt der Vietnamkrieg als politischer Katalysator für eine ganze Generation zu wirken. Der Protest dagegen vereinigt die verschiedensten Akteurinnen und Akteure, und als er sich um 1968 radikalisiert, verändert er nachhaltig die Art und Weise, wie in der Schweiz politische Forderungen artikuliert werden. Derweil sind Konzerte, Musik, Drogen und Fanzines Teil einer entstehenden Gegenkultur und Akte der Befreiung, die ein neues Lebensgefühl vermitteln und einen umfassenden kulturellen Umbruch in der schweizerischen Gesellschaft ankündigen.