Читать книгу Blut Und Feuer - Dana Lyons - Страница 7
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Dr. Anthony Lazar starrte auf die flache Linie auf dem Herzmonitor seiner Schwester. Es würde keinen allmächtigen Funken geben, um ihr Herz in Gang zu bringen; keinen göttlichen Segen, um ihre Seele wiederauferstehen zu lassen; keine Gnadenfrist vor dem Tod. Gott hatte seine Schwester aufgegeben, bevor er sie retten konnte.
Was bringt ein solcher Gott?
Er schnaubte vor Selbstverachtung.
Ich gebe Gott die Schuld … wo war ich? Was habe ich getan, um sie zu retten?
»Ich hätte sie retten können«, murmelte er. »Wenn ich nur ein wenig mehr Zeit gehabt hätte –« Sie zogen das Laken hoch über Ninas Gesicht und er wandte sich ab.
»Sohn, du weißt, dass es nichts gab, was du hättest tun können«, sagte sein Vater mit einfacher Logik. »Ihr Zustand war inoperabel und unbehandelbar. Nicht einmal du, so brillant du auch bist, hättest diesen Moment verhindern können.«
Anthony ging rückwärts aus dem Raum. »Was bringt meine Genialität, wenn ich nicht jemanden retten kann, den ich liebe?« Er erschauderte, hinterfragte seinen eigen Wert, als Kummer durch seine Seele wogte. »Warum brillant sein, wenn man nicht etwas, etwas … Nobles in der Abwesenheit Gottes tun kann?«
Seine Schwester in der Abwesenheit Gottes retten; der packende Gedanke schenkte ihm Trost, denn er glaubte mehr an seine Genialität als an Gott. Plötzlich war die Idee eine Abrissbirne, die durch seinen Verstand schwang und die Begrenzungen seiner Gedanken in Stücke zertrümmerte –Stücke, die sich in einer gewagten neuen Gestaltung wiederverbanden.
Nicht retten … in Ordnung bringen.
Der Weg sie zu retten war klar – einfach das Problem eliminieren, bevor es sich manifestiert. Traurigerweise kam diese Erleuchtung zu spät für Nina, aber er konnte für andere da sein.
Er schenkte seiner Schwester einen letzten durch Tränen getünchten Blick. Zumindest hat ihr zerbrechlicher Körper jetzt Frieden gefunden. Im Tod gab es keinen Schmerz, keinen Kummer, kein verzweifeltes Festklammern am Leben. Aber in der Leere, welche ihr Verscheiden hinterlassen hat, entstand in seinem Herz und Verstand eine neue Verpflichtung. Er starrte aus dem Fenster, während Tränen von seinem Gesicht fielen.
Ich brauche Gott nicht.
»Ich hätte sie in Ordnung bringen können.«
2000
Dr. Anthony Lazar begutachtete den Raum und hob seine Nase, schnüffelte leicht.
Ah, der Geruch von Geld, das Gefühl der Macht.
Trotz seiner Abscheu, denn er verachtete es diese Menschen zu befriedigen, trug er ein Lächeln. Trotz seiner Freude hielt er sein Lächeln gedämpft.
Mit Geld war im Leben alles leuchtender, so viel war offensichtlich, während er herumblickte. Die Glaswaren funkelten, der Goldschmuck und die Manschettenknöpfe glänzten, die schönen Frauen sahen in ihrer makellosen formellen Kleidung wie Models aus. Alles waren Zeichen der noblen Klasse.
Dennoch hat es nie einen Raum gegeben, der leerer vor noblen Taten, noblen Gedanken, noblen Handlungen war. Unter diesen Menschen war er der alleinige Inhaber dieser Qualitäten.
Sie brauchen mich; ich brauche sie. Das Ende wird die Mittel rechtfertigen.
In jeder Ecke waren Köpfe in geheimem Gemurmel zusammengeworfen, ohne Zweifel hoch lukrative Handel eintauschend und erschaffend. Jenseits der Ecken neigten Vorstandsmitglieder des Unternehmens ihre Gläser mit den politisch Ultramächtigen.
»Stinkreich« kam ihm bei diesen Zusammenkünften immer in den Sinn. Obwohl er den finanziell erhabenen Abschaum mit Verachtung betrachtete, war ihre Firma notwendig, um das Nobility-Projekt abzuschließen. Was mit Ninas Tod begonnen hatte, war zu seinem Lebensziel geworden, einem Ziel, das beträchtliche Förderungen erforderte.
Diese Menschen werden mir geben, was ich brauche, um die Nobility-Rezeptur zu erschaffen.
Senator Sanford Stanton kam mit einem Lächeln voller Zähne näher. »Dr. Lazar, wir sind so erfreut Sie hier zu haben.«
Lazar schenkte das erforderte Nicken des Respekts. »Es ist ein neuer Tag für uns alle, Senator«, erwiderte er, bemerkte den ehrerbietigen Tonfall, der in seine Richtung gehebelt wurde. Diese Darbietung des Respekts wurde durch die enormen Profite genährt, welche die Anwesenden dieses Raums aufgrund seiner Arbeit kassierten. Seit sechs Jahren treiben seine umwerfenden Fortschritte für Hammer Industries ihr Genetikprogramm auf der supergeheimen Draco Raumstation an. Seine einzigartige Vision und bahnbrechende Forschung erschufen die enorm produktiven, doch problematischen Draco Dämonen.
Er bahnte sich einen Weg durch die Menge, nickte Menschen zu, die mehr Geld hatten als sie jemals ausgeben konnten, Menschen, die ihren gewaltigen Reichtum aufgrund seiner Errungenschaften vervielfachten. Sie sollten ehrerbietig sein, dachte er.
Ich bin der Einzige, der in Ordnung bringen kann, was sie verloren haben – die Kontrolle über Draco Station und die Draco Dämonen.
Senator Stanton stand auf, um einen Toast auszubringen. »Auf Dr. Anthony Lazar – die Zukunft der Draco Station.« Er hob sein Glas.
Lazar verankerte sein Lächeln und machte mit, neigte ihnen sein Glas zu. Nach sechs Jahren Entwicklung der Draco Dämonen wurde er nun mit seinem eigenen Labor auf der Draco Station belohnt, die Gelegenheit, die er brauchte. Auf Draco Station würde er ihr Problem mit den Dämonen in Ordnung bringen, während er seine Nobility-Rezeptur vollendete.
Nobel durch Nobility, ob die Menschheit es will … oder nicht.
Stanton fuhr fort. »Wie Sie wissen hat Hammer Industries die Kontrolle über die Station verloren.«
Ein Gemurmel des Untergangs durchlief die Menge.
»Ja, wir alle haben unsere Gewinne durch den Verlust der Draco Station schwinden sehen«, bedauerte Stanton. Er streckte seine Hand aus, schlug dramatisch den Strom des Kummers zurück. »Jedoch darf das kollektive und gottgegebene Talent bei Hammer Industries nicht verleugnet werden.«
Er hob sein Glas zu Lazar. »Der angesehene Doktor hat zugestimmt an Bord zu kommen, die wissenschaftlichen Fortschritte sondergleichen, die er zu Draco und Hammer Industries gebracht hat, weiterzuführen. Wir heißen Dr. Lazar als Leiter des Genetiklabors für die neue Pantheon Corporation willkommen. Auf Dr. Lazar und Pantheon! ›Wo sich Götter versammeln – die Grenzen der Menschheit durch Wissenschaft neu definieren.‹«
Lazar verbeugte sich. Danach suchte er die Menge ab. Senator Stanford erregte seine Aufmerksamkeit und er bedeutete ihm mitzukommen. Er folgte dem Senator den Flur hinab und in ein Büro, wo sich einige der reichsten Männer des Planeten im Gespräch befanden. An einem Tisch in der Ecke beim Fenster hielt ein junges Mädchen, vielleicht acht oder neun, ihren Kopf über ein Ausmalbuch und eine Anordnung von Buntstiften gebeugt.
Alle Unterhaltungen waren gedämpft. Nicht genau Geflüster, aber das Gespräch war … leise. Lazar setzte sich auf einem Ledersessel zurück, auf welchen der Senator wies, während dieser sich auf ein angrenzendes Sofa neben Oliver Gates, dem drittreichsten Mann der Erde, setzte. »Ich bin von den Ergebnissen der DNS-Modifizierung durch Impfstoffe beeindruckt«, sagte Oliver. »Was ist Ihre Lösung, um das Problem auf Draco Prime mit den Dämonen in Ordnung zu bringen?«
»Ich glaube die Antwort ist es ihnen Flügel zu geben.«
»Flügel?«
»Flügel kommen mit Lungen – Lungen, die in der Lage sind auf der Oberfläche zu atmen, ohne einen Luftvorrat zu tragen. Diese neue Kreatur wird weitaus fortgeschrittener sein, als die Oberflächen-Kriecher, die wir momentan haben. Der modifizierte Draco Dämon wird eine wunderschöne fliegende Kreatur sein, die hochintelligent ist. Das wird den Verhandlungspunkt der Dämonen nach einer fortgeschrittenen Evolution als Spezies zufriedenstellen.«
»Faszinierend«, sagte Stanton. »Welche anderen bahnbrechenden Einblicke bringen sie mit zu Pantheon?«
»Senator, ich beabsichtige Pantheons Stall zu vergrößern. Warum nur Draco Dämonen haben, wenn es endlose Vorlagen in der Schöpfung gibt?« Er lehnte sich vor, aber sprach laut genug, so dass seine Stimme trug. »Sie werden nicht glauben, welche Federn ich erschaffen kann. Sobald Pantheon mit der Draco Station einen Vertrag aushandelt, werde ich Ihnen Kreaturen bringen, die Sie sich niemals vorstellen könnten. Der Wohlstand wird kein Ende nehmen.«
Die Ehrfurcht auf ihren Gesichtern massierte sein Ego. Er lächelte und blickte sich um – sogar das junge Mädchen am Tisch in der Ecke beobachtete ihn.
Pantheon würde den Dämonen auf Draco Station einen Handel vorschlagen, den sie nicht abschlagen konnten, weil die Profite aus Vulkillium grenzenlos waren –aber nur solange die Dämonen die Oberfläche bearbeiteten. Sobald er die Kontrolle vom fortschrittlichsten Genetiklabor, das man mit Geld kaufen konnte, auf Draco Station übernahm, würde er seinen Traum fertig stellen. Er nippte mit einem Lächeln an seinem Champagner.
Die Grenzen der Menschheit neu definieren? Ich habe gerade erst angefangen.
2014 Draco Station im Orbit über Draco Prime
Im Genetiklabor fragte ein junger Mann: »Ich werde einer der neuen ›Draco Dämonen‹ sein?«
Dr. Anthony Lazar tätschelte den Arm des jungen Mannes. »Der Beste und der Neueste; Sie sollten ein langes und produktives Leben hier auf der Draco Station haben. Sie treffen die richtige Entscheidung; es wird sich ein Leben lang um Sie gekümmert.«
»Legen Sie los, Doc.« Der junge Mann schloss seine Augen.
Lazar schob eine Spritze in den Infusionszugang. »Sie werden etwas Unwohlsein während der genetischen Verwandlung verspüren, aber das wird vorbeigehen. Wir bringen sie in einen ruhigen Raum, wo wir Sie während ihrer Wandlung überwachen können.« Er injizierte langsam die neueste Version der Draco Dämon-Lösung in die Infusion. »Wenn ich Sie das nächste Mal sehe, werden Sie brandneu sein.«
Das Bett des jungen Manns wurde zu einer isolierten Kammer davon geschoben, wo seine Schreie nicht gehört werden konnten. Hinter Lazar murmelte die Ansammlung an besuchenden Würdenträgern. Er riss seine Handschuhe ab und entsorgte sie im Abfallkorb. Er rief über seine Schulter: »Hier entlang, Gentlemen.«
Er hasste diesen vierteljährlichen Werbezirkus, aber Unternehmens-Normalos erforderten mehr Aufmerksamkeit als seine neuen Drachen. Er öffnete die Tür und führte seine Gäste in den Schlüpf-Flügel. »Hier ist es, wo neue Drachen für die ersten paar Tage bleiben.«
Sie hielten vor einem Beobachtungsfenster an, das auf eine niederere Ebene blickte, wo ein dutzend würfelförmige Käfige mit Betten, Toiletten und Waschbecken einen frisch gewandelten Draco Dämon beherbergten. Lazar trat zur Seite, so dass die Unternehmensherde seine neueste Schöpfung betrachten konnte.
Diese Drachen waren in verschiedenen Stadien ihre neue DNS zu ›äußern‹. Manche wachten gerade aus ihrer Wandlung auf, andere waren mit dem Verändern vollständig erfahren, huschten in Sekunden vom Menschen zum Drachen und zurück.
»Wie Sie sehen können, sind sie –«
»Spektakulär«, murmelte einer der Unternehmer.
Sehr menschlich in ihrer Form, hatten diese Drachen vier menschliche Extremitäten mit großen Flügeln, die mit ihrem Rücken verbunden waren. Ihre Brust war übergroß, ihre Arme und Beine muskulös und ihre Haut eine glatte, glänzende reptilische Schuppe, die in einem Regenbogen aus Farben schimmerte.
Einer der geübten Drachen verwandelte sich und öffnete seine Flügel zu ihrer vollen Ausdehnung von dreieinhalb Metern. Mit den Händen auf seinen Hüften drehte er sich auf zwei stark muskulösen Beinen, brüstete sich, um seine Nackenkiemen mit ihren glänzenden rotgoldenen Schuppen zu präsentieren.
»Er war ein großer Mann«, sagte Lazar, während er auf ihn zeigte. »Deshalb seine maximale Flügelspannweite.«
Der Drache blickte hoch, als er seine Flügel mit einem Knacken beugte, dabei ein lautes Krachen verursachte. Er zwinkerte Lazar zu, bevor er seine Flügel einzog und sich zurück zum Menschen wandelte.
»Was ist er wert? Der eine da unten?«, fragte ein Unternehmer.
Lazar wusste, dass sie den Wert des Drachens in Profiten hören wollten. »Die Vulkillium-Produktion dieses Draco Dämons wird sich auf eine Milliarde Dollar pro Jahr beziffern. Das macht ihn zu einem zwanzig-Milliarden-Dollar Drachen. Darum werden sie so gut bezahlt.«
»Wie lange arbeiten sie pro Schicht?«
Er musste nach unten blicken, um eine scharfe Erwiderung zu kaschieren, die herauszubrechen drohte. Egal wie produktiv er seine Drachen machte, die Unternehmer wollten mehr. Unglücklicherweise für Pantheon und die Draco Dämonen zollten die Unternehmer der Gewinnspanne mehr Aufmerksamkeit, als den teuflischen Details. »Ich mache konkrete Empfehlungen für sichere Arbeitspensen für Draco Dämonen, Warnungen über Überexposition eingeschlossen.«
»Aber wie entscheidend ist es innerhalb Ihrer Empfehlungen zu bleiben?«
»Drängen Sie die Arbeitspensen außerhalb meiner Empfehlungen und Sie werden das mit beträchtlicher Gefahr tun.«
»Gefahr für was, Dr. Lazar? Können Sie das verdeutlichen?«
Seine Drachen waren menschengemacht, obgleich von einem brillanten Mann. Aber ohne einige Millennien der Evolution, um die Genetik herauszufordern und zu perfektionieren, gab es Einschränkungen.
Die Psychologie davon beides zu sein, Tier und Mensch, war ein schwieriges Konstrukt für manche menschlichen Psychen, um sich daran anzupassen. Während genetische Tests Fehlermarker im Genom eines Individuums für körperliche Ausschlüsse identifiziert, gab es keine solche Mittel den Verstand zu garantieren. Letztendlich war es das Beste die emotionalen und geistigen Grenzen eines Drachen nicht herauszufordern, indem man den physischen Körper belastet.
Er starrte den Fragesteller über seine Nase an. »Die Gefahr für das zwanzig-Milliarden-Dollar Individuum, die Station und Pantheons Quintessenz. Nur ein Idiot würde das Risiko eingehen. Verdeutlicht das die Situation für Sie?«
Stille kroch in den Beobachtungsraum. Er bemerkte, dass ihre Gesichter nicht länger Neugierde zeigten.
Ah. Es ist gut in den Zoo zu gehen; aber noch besser ihn hinter sich zu lassen.
»Halten Sie sich die Gefahr vor Augen, wenn sie die Produktionsforderungen erhöhen.«
Gegenwart Draco Station
Nate Givens, Vorarbeiter und hochrangiger Draco Dämon, atmete die heiße Luft von Draco Prime ein und öffnete krachend seine Flügel. Die hochgefährliche Oberfläche mit ihren atmosphärischen Gasen, die für Menschen so giftig sind, war Balsam für seine Sinne. Er atmete ein, sog die Mischung tief in seine Lungen und flatterte mit seinen Flügeln, hob gerade genug vom Boden ab, um auf seinen Zehenspitzen zu tanzen. Er war versucht hoch in den Himmel zu fliegen, obwohl ein solches Verlangen zutiefst ursprünglich und drachenartig war.
Und von Pantheon strengstens verboten.
Behaltet eure Menschlichkeit bei.
Er hatte nichts außer Verachtung für die Protokolle übrig, die geschaffen wurden, um die Menschlichkeit beizubehalten. Die Oberfläche auf Draco Prime war die Hölle und hier war er ein Drache, kein Mensch.
Verdammt seien die Protokolle.
Er flüchtete von der roten Oberfläche, faltete seine Hände hinter seinem Rücken, während seine Flügel hart arbeiteten, um Auftrieb zu bekommen. Er atmete ein, ließ seine Brust anschwellen, um mehr Luft aufzunehmen, trieb Kraft in seine Flügel. Sein Blut sang bei dem Kitzel des Fliegens, während er durch die Luft kletterte und tauchte, seine Drachenmuskeln und den Teil seines Gehirns, der die Flugfähigkeit kontrollierte, trainierte.
Verboten, flüsterte sein menschlicher Verstand. Zu fliegen lässt den Drachen frei.
Sie hatten Recht. Zu fliegen baut die reptilischen Verlangen aus und mindert die menschlichen Hemmungen, was es dem Drachen erlaubt sich über den Menschen hinwegzusetzen, das Tor zum Drachenverhalten öffnete – besonders dem Blutdurst. Er kam auf die Oberfläche herunter und ließ sich auf einem hohen Punkt nieder, auf welchem er den großen Kessel überblicken konnte, den die Draco Dämonen im Namen von Vulkillium gegraben hatten. Er warf seinen Kopf zurück und schrie eine drachenartige Freudenerklärung, bevor er seine Flügel einzog.
»Mich zu verhalten wie ein Drache ist mein Recht«, rief er, während er eine Faust erhob.
Sie können mir nicht Flügel geben und es mir verbieten zu fliegen.
Er stützte seine Hände auf seine Hüfte, spürte die undurchdringlichen Schuppen, die seine Gestalt bedeckten, wenn er ein Drache war. Er hatte sich niemals weniger menschlich gefühlt.
Ich bin zu lange auf Draco gewesen.
Sein letztes Mal auf der Erde war eine verblasste Erinnerung. Jahrelang lebte er auf der Station, verwandelte sich unter Lazars Ermutigung zu einem Drachen, als er die Drachen-Rezeptur perfektioniert hatte. Einer der vielen Vorteile ein Draco Dämon zu sein, war der Ruhestand; um Drachen wurde sich bis zum Tod gut gekümmert. Die Arbeit war hart, aber sein Drachenkörper liebte es an die Oberfläche zu kommen und eine volle Schicht in reptilischer Form zu verbringen.
Dann gab es da die erotischen Vorteile, die in der menschlichen Form vorkommen. Es war allgemein auf Draco bekannt, dass, sobald eine Frau einen Drachen hatte, sie selten ihren Drachenliebhaber verließ.
Ein gutturaler Schrei formte sich in seinen Lungen. Er musste noch einmal fliegen, bevor er seine Schicht beendete und das Shuttle zurück zur Station bestieg – auch wenn es gegen die Regeln war. Er ließ seine Flügel aufschnappen und hob ab.
Er stieg über den Bergbaubetrieb und drehte über die Ebene ab, wo er außer Sichtweite fliegen konnte. Der heiße Wind riss an seinem Gesicht und sein Drachenherz hämmerte, stieß Blut in seine Flügel. Die Fläche seiner Flügel trug ihn schneller und schneller, ließ den menschlichen Aspekt seines Gehirns zusätzlich hungern. Ein von Hormonen getriebener Rausch ursprünglicher Kraft verzehrte ihn, während er in der Luft herumtollte. Der Drache übernahm vollständig, als Visionen von Blut und Feuer seinen Geist füllten. Er brüllte vor Drachen-Entzücken.
Blut und Feuer; Feuer und Blut.
Der Stoff aus Drachenträumen.
An der Shuttle-Abholstelle auf der Oberfläche von Draco Prime schloss David Armstrong seine Drachenflügel und trat hinein. Er wandelte sich zum Menschen und griff nach seinem Rucksack in der Ablage über ihm. Er zog schnell seinen Overall an, nahm Platz und schnallte sich an. Gegenüber von ihm war der Vorarbeiter und hochrangige Draco Dämon, Nate Givens.
David drehte sich, so dass er Nate aus seinem Augenwinkel beobachten konnte. Nate war einer der älteren Draco Dämonen. Seine Produktionsstände waren unter den Besten, während er eine beispielhafte Akte beibehielt. Er hatte eine dauerhafte Frau, die er mit zwei anderen Dämonen teilte und seine Ansammlung an Credits war der Stoff aus Legenden.
Nate war das Pantheon Aushängeschild.
Aber ich kenne dein Geheimnis.
David spielte am Ende seines Gurts herum. Es war verboten zu fliegen, doch er hatte Nate gesehen, wie er jenseits des Tagebaufelds aufgestiegen war. Der Anblick von Nate, wie er wild flog, rüttelte in ihm das Verlangen wach mitzumachen, um wissentlich trotz der Auflagen zu fliegen, sein Drachenblut singen zu hören.
»Nein«, murmelte er. Als Drache zu fliegen ging auf die Kosten des sinnlichen Menschen. Wenn Dämonen ihrem Drachenverstand nachgaben, litt der menschliche Verstand. Schade dem menschlichen Verstand und alles andere litt dementsprechend … besonders der Sex.
Lazar hatte es in der Tiefe erklärt. »Dieses Unterstützungssystem – gestaltet, um die Balance im Verstand zu erhalten, ist im Labor unberechenbar. Als ich die menschliche und tierische Natur kombiniert habe, hat Mutter Natur entschieden, wie sich der neue Organismus an diesen Mix anpassen würde. Dieser Schutzmechanismus spielt die Freude des Drachen am Fliegen gegen die Freude des Menschen am Sex aus. Diese zwei sind unaufhaltsam miteinander verschlungen. Es ist der Balancepunkt zwischen dem reptilischen Verstand und dem menschlichen Verstand.«
Hilde, dachte David. Eine Welle des Verlangens erfüllte seine Lenden. Der Gedanke an sie schenkte ihm immer eine Erektion.
Ich kann fliegen oder ich kann Hilde haben.
Für ihn gab es keine Alternative; Hilde war exotisch und wunderschön und er liebte sie. Er würde sie oder seinen Verstand nicht gegen die Freude des Fliegens eintauschen. Er blickte schnell zu Givens, fragte sich –
Wie viel deines menschlichen Verstands hast du wegen diesem einen Flug eingebüßt? Wie viele weitere Flüge hast du gestohlen?
Der Verstand eines Drachen war zerbrechlich.
Ein Schauer schüttelte seine Wirbelsäule.
»Leonard, wie geht es dir heute?«
Leonard Jeffrey nahm Platz in der Bar in Dracos beliebtestem Feierort, dem End of the Line. Er lächelte den Barkeeper an. »Kepler, ich bin ein Mann, der hier mit dem Anfang der Schlange im Visier in der buchstäblichen Endstation sitzt.«
»Oh, denkst du das?« Kepler wischte über die Bar und warf eine Serviette hin. »Soll ich dir den Anfang-der-Schlange-Drink machen?«
»Nein.« Leonard streckte seine Hand aus. »Ich will es nicht verschreien, weißt du. Die Liste ist noch nicht raus. Aber ich bin genau in der Schlange. Bring mir ein Bier und behalt es für dich, über was wir gesprochen haben, okay?«
Kepler schenkte ein Bier ein und stellte es vor Leonard. »Du bist ein abergläubischer Kerl, mein Freund.«
Leonard nippte an seinem Bier. Sein Fünfjahresvertrag war vorbei und er wollte von der Draco Station herunter. Manche würden dafür töten auf Draco zu bleiben, andere würden dafür töten zu gehen.
»Also ist dein Vertrag und deine Credits alles aufgestellt?«, stupste Kepler.
»Jep, warte einfach meine Zeit ab, bis der nächste Flug raus geht«, sagte er.
»Kein Risiko in den Limbus zu fallen?«
Leonard erschauderte. Ein Schauer krachte seine Wirbelsäule herunter wie ein Brocken arktisches Eis. Limbus war eine von Pantheon ausgeklügelte Todesspirale, welche viele dazu zwang einen neuen Vertrag zu unterschreiben. Für ihn wären das weitere fünf Jahre auf der Station.
»Ich nicht«, platzte er heraus. »Ich nicht.« Der Gedanke an einen weiteren Fünfjahresvertrag ließ ihm den Atem stocken und brachte seine Augen zum Tränen. Er nippte an seinem Bier, zwang ein Lächeln auf sein Gesicht.
Ich bin ein Kurzzeitler. Alles was ich tun muss, ist den Anfang der Schlange zu erreichen.
Hilde Martin saß vor ihrem Schminktisch, wartete auf David, ihren Drachenliebhaber, dass er nach seiner Schicht hereinkam. Sie kämmte langsam ihr langes schwarzes Haar, Augen geschlossen, wagte es nicht ihr Spiegelbild anzublicken.
Dieser Ort hat mich verändert.
Draco Station war ein abhängig machender, verführerischer und hedonistischer Außenposten, wo die Zeit vorgab nicht zu existieren. »Oh, aber die Zeit ist ganz sicher hier.« Sie legte die Bürste ab und zwang ihre Augen auf. Ihr Spiegelbild war ehrlich, zeigte eine gerunzelte Stirn und einen zögerlichen Blick.
Mit David zusammen zu sein war unglaublich. Aber die größere Wahrheit war, dass sie nicht bleiben konnte und er nicht gehen konnte. Sie befürchtete, dass wenn sie nicht in den nächsten Flug kam, sie Dracos abhängig machende Natur einsaugen würde und sie niemals von der Station herunterkam und auf die Erde zurückkehrte.
»Wenn ich bleibe … wird die Zeit vergehen und eines Tages werde ich verrunzelt und alt sein, und wenn ich auf der Station sterbe, wird mein Körper in den Weltraum ausgeworfen.«
Sie ächzte bei dem entsetzlichen Traumbild, das sich in ihrem Verstand verwurzelt hatte. Wenn man auf der Station stirbt, gab es keinen Freifahrtschein nach Hause für eine irdische Beerdigung. Dein Körper wurde durch eine Luftschleuse mit dem Müll über Bord geworfen, um für immer alleine in der gefrorenen Weite des Weltalls zu treiben. Die Vorstellung ihrer Überreste in den endlosen Tiefen des Weltalls versetzte sie in Angst. Aber Draco Station zu verlassen, würde Davids Herz brechen.
Meins auch, ich liebe ihn. Aber sogar noch mehr fürchte ich, dass ein auf dieser Station verbrachtes Leben ein verschwendetes Leben ist.
»Verdammt.« Sie hasste sich selbst. Zu bleiben bedeutete ein Leben endloser leidenschaftlicher und erotischer Liebe. Die Entscheidung, ob sie bleiben oder gehen soll, hatte sie seit Beginn ihrer Beziehung verfolgt. Aber sobald David sie in die sinnlichen Vergnügen eines Drachenliebhabers eingeführt hatte, konnte sie sich nicht dazu bringen zu gehen, in der Hoffnung die Entscheidung zu vertagen.
Aber er hat ihr einen Ring gekauft.
Plötzlich tickte die Uhr.
Sie starrte unnachgiebig auf ihr Bild. Konnte sie ihn tatsächlich verlassen? Glücklicherweise, wie alle weiblichen Unterhaltungs-Dienstleister, war sie in der Lage Draco zu jeder Zeit zu verlassen. Sie schaute auf ihre Uhr.
Ich muss meinen Namen auf die nächste Abflugliste bekommen.