Читать книгу Love@work - Das Angebot - Dani Merati - Страница 3

Оглавление

1. Kapitel

Verflucht, er war ein hoffnungsloser Fall. Reif für die Insel. Oder doch eher die Geschlossene.

Sören rieb über seine Bartstoppeln, das Geräusch unnatürlich laut in dem stillen Raum. Tommy, Timmy oder wie auch immer sein Name war, hatte seine Wohnung bereits verlassen. Man konnte sogar sagen, dass er regelrecht über seine Füße gestolpert war, im Bestreben, einen möglichst großen Abstand zu dem Irren herzustellen. Zu ihm wohlgemerkt.

Sören roch den unverwechselbaren Duft nach Sex in der Luft. Durchdringend stieg er von den Laken auf, in denen er sich herumwälzte. Die Vögelei war gut gewesen - hart, schnell und unpersönlich. Genauso wie er es mochte.

Okay, zum Schluss war es den Bach runtergegangen, doch er hatte abgespritzt, konnte sich demnach auch nicht beschweren, oder? Der Kleine war äußerst talentiert, mit einer gesegneten Zunge und wie er ihn geritten hatte ...

Also, noch mal zum Mitschreiben: Wieso lag er hier wie ein Trauerkloß - mit einem harten Schwanz, der ihm bald abbrach, geschähe kein Wunder.

Er hatte gerade erst Sex gehabt - heißen, wilden, unkontrollierten Sex und sollte nicht schon wieder geil sein. Resigniert fand er mit seiner rechten Hand den steifen Schaft, während er mit der Linken seine Eier umfasste. Mit gespreizten Schenkeln für mehr Bewegungsfreiheit brachte er sich zu einem raschen, heftigen Höhepunkt, der ihn ausgelaugt und leer zurückließ. Sein Blick blieb dabei die ganze Zeit auf eine Wand seines Schlafzimmers gerichtet. Auf einen bestimmten Punkt.

Oh ja, es gab tatsächlich keine Hoffnung für ihn. Vielleicht sollte er die Weißkittel persönlich anrufen.

***

„Vielen Dank für die Information und Ihre Zeit. Sie haben mir sehr geholfen.“ ‚Gar nicht.‘

Max legte den Hörer mit mehr Schmackes zurück auf die Gabel als notwendig. Der laute Rums entsprach seinem Gemütszustand. Da herrschte nämlich das reinste Chaos. Das konnte doch einfach nicht wahr sein. Schon wieder verkauft! Und vor einem halben Jahr erst! So nah war er bisher nie dran gewesen. Gleichzeitig auch noch nie so weit davon entfernt.

Eine Privatauktion, anonymer Bieter. Alles, was die freundliche Dame am anderen Ende der Leitung herausgerückt hatte. Ein männlicher Käufer hatte sie verschwörerisch geflüstert. Mehr könne sie aber wirklich nicht preisgeben, da sie keinen Namen wüsste. Anonym halt! Als ob Max nicht verstünde, was unbekannt bedeutete.

Er seufzte. Er sollte diese Schnapsidee aufgeben und dem Schicksal seinen Lauf lassen. Seine Anwesenheit bei der Auktion hätte sowieso nichts geändert - 50.000 Euro für ein Porträt gab sein Budget gar nicht her. Und das war ja auch erst der Anfang. Antoine musste ja eine ganze Serie anfertigen!

Selbst wenn das Eine jetzt - wie er hoffte -, bei dem jetzigen Käufer mächtig Staub ansetzte und in Vergessenheit geriet - es gab noch fünf Weitere. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis sie in einer öffentlichen Ausstellung landeten.

Wieso hatte er sich damals bloß dazu überreden lassen? Ach ja, die alte Leier. Jung, naiv und unsterblich verliebt! Antoine hatte ihn mit seiner charismatischen Ausstrahlung von den Füßen gerissen und zähneknirschend musste er zugeben, dass er ihm komplett verfallen gewesen war. Zu seiner Ehrenrettung konnte er allerdings beitragen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Bilder jemals außerhalb des Ateliers zu sehen sein würden, kaum bestanden hatte.

Seufzend starrte er auf seinen Bildschirm, wo der Cursor verloren blinkte und vergeblich auf eine Eingabe wartete. Doch sein Gehirn produzierte im Moment nur sinnloses Kauderwelsch und sendete nicht die notwendigen Signale für Codierungen und Gleichungen.

„Hey Max. Schon die neueste Meldung über den Flurfunk gehört?“ Sein Kollege Martin ließ sich ächzend auf seinen Bürostuhl am Schreibtisch ihm gegenüber fallen. Erwartungsvoll wurde er angesehen. Max sah den anderen Mann an und stöhnte ergeben. Sein Freund grinste.

„Na los. Immer her mit dem Tratsch. Du gibst ja sonst sowieso keine Ruhe.“ Martin rieb sich die Hände und beugte sich verschwörerisch vor. „Der Terminator hat wieder zugeschlagen.“

„Aha.“

Innerlich schmunzelte Max über den Spitznamen, den die Belegschaft ihrem neuen Interimsgeschäftsführer Sören Bergmann verpasst hatte. Seit die Thalberg-Corporation vor drei Monaten das Ruder übernommen hatte, herrschten in dem mittelständischen Logistikunternehmen Angst und Schrecken. Kein Tag verging ohne weitere Optimierungsmaßnahmen, Etatkürzungen - und Kündigungen. Die Gerüchteküche brodelte ständig über und immer schrecklichere Horrorgeschichten machten die Runde.

Max konnte darüber nur den Kopf schütteln. Natürlich verstand er die Panik, aber mussten die Leute gleich so übertreiben? Selbstverständlich waren die häufigen Meetings und die zahlreichen, neuen Vorschriften nervig und gewöhnungsbedürftig. Und was die Kündigungen anging? Max wusste mit Bestimmtheit nur von vier. Beileibe nicht ungewöhnlich und alarmierend bei einer Firma mit mehr als 400 Angestellten.

Und das ging ihm alles im Moment elegant am Allerwertesten vorbei. Er musste diese Bilder wiederbeschaffen. Wenn von denen eins auf einer Ausstellung landete - womöglich sogar hier in Berlin -, war sein Arbeitsplatz vermutlich sowieso Geschichte.

„Hey, Erde an Max. Auf welchem Planeten warst du denn gerade?“, fragte Martin, als er ihn anblinzelte.

„Entschuldige, mir geht grad viel im Kopf rum. Okay, wer hat jetzt schon wieder zur allgemeinen Hysterie beigetragen?“

Sein Kollege lehnte sich mit seinem nicht unerheblichen Gewicht in den Stuhl zurück, der gefährlich ächzte, und verzog sein rundliches Gesicht zu einem fröhlichen Grinsen.

„Kein Gerücht. Anders aus der Buchhaltung war bei dem Ereignis persönlich anwesend.“

Max sah ihn ungeduldig an. „Na los, spuck’s schon aus. Es soll Leute geben, die hier noch arbeiten müssen.“ Er grinste verschmitzt, um seinem Freund zu signalisieren, dass er es nicht böse meinte. Martin funkelte ihn gespielt empört an und setzte dann eine theatralische Miene auf.

„Nun, bei diesem Meeting ging es mal wieder um eine Etatkürzung und neben Anders war auch Denise aus der Buchhaltung anwesend. Sie hat den Terminator wohl ziemlich plump angeflirtet und dem ist wohl letztendlich der Kragen geplatzt. Anders sagte, er hätte noch nie ein so leuchtendes Rot gesehen, als Madame aus dem Konferenzsaal gestürmt ist.“

Das konnte Max sich lebhaft vorstellen. „Ich verstehe nicht, wie jemand so strohdumm sein kann. Wie sie Bürovorsteherin geworden ist, ist mir ein Rätsel.“

„Na wie wohl.“ Martin machte eine obszöne Geste mit Daumen und Zeigefinger.

„Aber das Interessanteste ist gar nicht, dass Denise sich mal wieder blamiert hat. Der eigentliche Hammer ist das, was Bergmann ihr vor versammelter Mannschaft an den Kopf geworfen hat. Ich zitiere: ‚Frau Markowski, Sie können aufhören, mir Ihr Dekolleté unter die Nase zu reiben. Ihre Ausstattung ist mir mindestens vier Nummern zu groß und an anderer Stelle fehlt ein entscheidendes Teil.‘ Ich sag dir, danach herrschte Totenstille; hat Anders gesagt. Kapierst du, was das heißt? Der Terminator ist schwul!“

Sein Kollege rieb sich die Hände. „Herr Saubermann mit all seinen Regeln und Vorschriften, fickt Kerle in den Arsch. Igitt!“

Irritiert blinzelte Max sein Gegenüber an. Seit wann dachte Martin denn so über Schwule? Okay, das Thema war nie aufgekommen, da er hier auf seinem Arbeitsplatz nicht geoutet war, aber das jetzt ... „Mit so einer Behauptung wäre ich vorsichtig. Vielleicht steht er einfach nur auf einen anderen Frauentyp. Und selbst wenn es stimmt, was ist dabei?“

Martin sah ihn überheblich an. „Natürlich ist Bergmann schwul. Hätten wir auch schon früher drauf kommen können. Der Thalberg hat sich doch gerade erst mit seinem Assistenten verpartnert. Ist also kein Wunder, dass er einen Spezi von sich auf den Posten hier setzt.“

In Max‘ Magen bildete sich ein gewaltiger Klumpen aus Eis. Mit jedem hasserfüllten Wort aus dem Mund seines Kollegen - seines Freundes, wie er geglaubt hatte -, wuchs er zu einem riesigen Gletscher. Jetzt mehr denn je war ihm klar, dass er die Bilder zurückbekommen musste - koste es, was es wolle. Vielleicht verlor er nicht seinen Job, aber er konnte sich das Spießrutenlaufen bereits bildlich vorstellen, sollte herauskommen, dass er für seinen schwulen, drogenabhängigen Geliebten nackt Modell gestanden hatte. Einem abgewrackten Künstler, der dazu noch völlig klischeemäßig vor fünf Jahren an AIDS verstorben war.

Die Erinnerung an die Nachricht erzeugte auch heute immer wieder eine schwer verdauliche Mischung aus Bitterkeit und Schuldgefühlen. Wenn er damals nicht einfach abgehauen wäre ... Vielleicht hätte er ihn von den Drogen wegbekommen, vielleicht hätten sie eine Chance gehabt ... Sie ... Nein!

Er durfte diesem Pfad nicht folgen. Antoine war schon lange verloren gewesen, ehe Max in sein Leben getreten war. Und egal, wie viel Schmerz ihm die Beziehung eingebracht hatte, rückblickend würde er alles wieder genauso machen. Auch Modell sitzen. Was nicht bedeutete, dass er Madeleine nicht den Hals umdrehen wollte. Sie hatte nach Antoines Tod dessen ganzen Besitz verscherbelt und die Gemälde in Umlauf gebracht.

„Sag mal, ist alles in Ordnung mit dir? Du bist ziemlich blass um die Nase.“ Martins Stimme schien besorgt zu klingen, aber diesmal prallte sie an Max ab. Er sah hoch, schaute seinen Kollegen an und hatte das Gefühl einen Fremden zu sehen. Nie hätte er geglaubt, dass dieser rundliche, immer freundliche Mann, der als die gute Seele ihrer Abteilung galt, so eine Einstellung besaß.

„Alles Okay“, hörte er sich sagen. „Bin nur müde. Sitze wahrscheinlich schon zulange über dem neuen Programm. Muss noch einige Stolpersteine entfernen.“ Martin nickte grimmig.

„Dann lass ich dich mal tüfteln. So weit käme es noch, dass der Terminator einen Grund findet, unseren besten Programmierer rauszuwerfen. Wenn du was brauchst, klingel einfach durch.“ „Mach ich.“

Max ignorierte die Stimme im Kopf, die ihm einflüsterte, dass sein Kollege bestimmt dabei helfen würde, ihn hinauszubefördern, sollte herauskommen, dass er schwul war.

Na dann musst du das eben verhindern, Max.‘

Und falls die Gemälde tatsächlich in der Öffentlichkeit auftauchten, es gab viele Menschen, die nackt Modell standen. Das bewies rein gar nichts!

Seufzend blickte er wieder auf seinen Bildschirm und zwang sich in die Welt der Codes und Gleichungen einzutauchen, um endlich die verdammte Software fertig zu schreiben.

Love@work - Das Angebot

Подняться наверх