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Am Brunnen vor dem Tore

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Wilhelm Müller (1822)


1.

Am Brunnen vor dem Tore da steht ein Lindenbaum,

ich träumt‘ in seinem Schatten so manchen süßen Traum.

Ich schnitt in seine Rinde so manches liebe Wort.

Es zog in Freud und leide zu ihm mich immerfort,

zu ihm mich immerfort.


2.

Ich musst’ auch heute wandern vorbei in tiefer Nacht,

da hab’ ich noch im Dunkeln die Augen zugemacht.

Und seine Zweige rauschten, als riefen sie mir zu:

Komm’ her zu mir, Geselle, hier find’st du deine Ruh!


3.

Die kalten Winde bliesen mir Grad ins Angesicht,

der Hut flog mir vom Kopfe, ich wendete mich nicht.

Nun bin ich manche Stunde entfernt von jenem Ort,

und immer hör ich’s rauschen: du fändest Ruhe dort!



Mein großes Liederbuch

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