Читать книгу Conspiranoia - Daniel Pinchbeck - Страница 5
EINFÜHRUNG
ОглавлениеIn diesem Buch möchte ich Ihnen eine übergreifende Interpretation aktueller Ereignisse liefern. Mein Ziel ist es, die zahlreichen widersprüchlichen Narrative und Verschwörungstheorien aufzulösen, indem ich dafür einen allumfassenden Rahmen vorschlage. Ich möchte keinesfalls behaupten, dass meine Vorschläge die »endgültige Wahrheit« sind. Tatsächlich werden wir »die Wahrheit« niemals wissen. Vielleicht gibt es auch gar keine einzige, in Stein gemeißelte Wahrheit. Trotzdem müssen wir danach suchen. Dafür ist es wesentlich, unterschiedliche Rahmenbedingungen und Möglichkeiten für das, was gerade geschieht, zu analysieren, damit wir darauf angemessen reagieren können. Im Folgenden werde ich tief in die Dunkelheit eintauchen in der Hoffnung, unsere gegenwärtige Situation etwas zu erhellen und Perspektiven für die Zukunft aufzuzeigen.
Meine primären Interessen sind weder politisch noch ökologisch, sondern vielmehr mystisch und okkult. Mithilfe bewusstseinsfördernder Drogen und schamanistischer Praktiken hatte ich viele direkte Erfahrungen subtiler oder unsichtbarer Welten, von »anderen Dimensionen«, die orthogonal mit unserer eigenen verbunden sind. Deshalb glaube ich, dass wir uns mit unseren sozialen, politischen und materiellen Verhältnissen befassen müssen. Dies erfordert, dass wir uns selbst intellektuell infrage stellen, während wir unsere Fähigkeiten zu kritischem Denken verfeinern. Bewusstseinserweiternde Drogen können ein großartiges Mittel für kreatives Denken sein. Sie dekonditionieren und deprogrammieren uns, sie befreien uns von vererbten Glaubensvorstellungen und Ideologien. Gleichzeitig muss man den Menschen einen neuen Blick auf die Welt schenken – einen neuen bleibenden Eindruck –, der die Basis von Wissenschaft und Vernunft nicht verlässt, sondern unseren aktuellen Wissensstand in ein weiter reichendes Paradigma integriert.
In den zurückliegenden Jahrzehnten ging ein Großteil der spirituellen Gemeinschaft in einem narzisstischen und egozentrischen Dunstschleier verloren. Spirituelle Sucher – Meditierende, Yogis, Neoschamanen und die Besucher einschlägiger Festivals – versuchten, die dunkleren Elemente unserer Realität möglichst zu vermeiden. Sie konzentrierten sich stattdessen auf das »Gesetz der Manifestation«, die »Kraft der Gegenwart« (Power of Now) und die niemals endende Suche nach persönlicher Heilung und ekstatischen Zuständen. Eine ihnen gemeinsame Überzeugung ist beispielsweise, dass »unsere Gedanken unsere Wirklichkeit schaffen«. Sie möchten damit ausdrücken, dass wir uns nicht auf negative Folgen und böswillige Kräfte fokussieren sollten, weil diese daraus ihre Energie beziehen könnten. Tatsächlich können wir unsere Schattenseiten – und dasselbe gilt auch für die Schattenseiten der kollektiven Psyche – weder zurückweisen noch verleugnen oder gar vor ihnen davonlaufen, denn das endet nur damit, dass wir den Schatten unterdrücken oder projizieren. Carl Gustav Jung schrieb: »Man wird nicht dadurch erleuchtet, dass man sich Lichtgestalten vorstellt, sondern durch Bewusstmachung der Dunkelheit.«
Alle unser Mythen zeugen davon, dass der Schatten nur dann aufgelöst werden kann, wenn wir ihm ins Auge blicken. Die Bewusstseinsgemeinschaft muss sich dem globalen Notstand unseres Planeten stellen, anstatt zu versuchen, ihm zu entkommen. Wir können uns dieser Aufgabe in Form einer spirituellen Mission annähern. Und wir können sogar dafür dankbar sein, weil es uns die Möglichkeit zu einer wahrhaften Initiation bietet.
Kürzlich begann eine Reihe von New-Age-Vordenkern damit, Verschwörungstheorien aus dem rechten bzw. rechtsextremen Lager wie QAnon und Pizzagate zu unterstützen. Indem sie sich selbst mit magischem Denken täuschen, argumentieren sie, dass Donald Trump kein Betrüger und Hochstapler sei, der mit einem länderübergreifenden Syndikat aus gesetzlosen Diktatoren und verbrecherischen Oligarchen zusammenarbeitet, um in den Vereinigten Staaten von Amerika den Faschismus zu etablieren. Stattdessen sehen sie in ihm einen Kreuzritter, der eine finstere »Sippschaft«, einen »Staat im Staate«, zerschlägt. Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Die neue Allianz zwischen New-Age-Spiritualität und rechtsextremem Neofaschismus ist alarmierend. Sie steht für einen Rückschritt in die dunklen Gefilde des Unbewussten, wie wir es mit dem Faschismus in den 1930er-Jahren erlebt haben, der ebenfalls ein Bündnis mit dem in dieser Zeit populären Okkultismus und Spiritismus einging.
Ich betrachte es als meine besondere Mission – als Denker und Schriftsteller –, den Zusammenhalt zu stärken. In der heutigen Zeit ist das keine leichte Aufgabe. Ich suche zwingend nach einem allumfassenden Verständnis – einem Verständnis, das nicht nur das beinhaltet, worüber die Zeitungen berichten, sondern auch viele Themen und Gebiete, die aus der Weltanschauung des Establishments herausfallen. Die allgemeine Weltsicht oder die landläufige Meinung – die von den meisten Leuten akzeptiert wird – wird größtenteils durch unsere Massenmedien und unser Bildungssystem definiert. Die meisten Menschen – einschließlich vieler Fachleute und »Intellektueller« aus dem Establishment – stellen kaum etwas zur Debatte, das darüber hinausgeht.
Traditionell ziehen die etablierten Medien eine strikte Grenzlinie um das, was erforscht werden kann und worüber ein Diskurs geführt werden darf. Kollektive Überzeugungen und Mythen werden außerdem durch den rhetorischen Stil, Rhythmus und Tonfall definiert, was die Beziehung der Menschen zu verschiedenen Ideen und Themen prägt. Mit anderen Worten: Den Menschen wird nicht nur gesagt, was sie als wahr oder bedeutsam anerkennen sollen, sondern auch, wie sie auf die ihnen gegebene Information antworten sollen.
Natürlich entwickelt und verändert sich diese maßgebende Weltsicht mit der Zeit. In diesen Tagen geschieht das sogar schneller als jemals zuvor. Dies ist teilweise auf Außenseiter wie mich selbst zurückzuführen, die die Mängel dieses Weltbilds beleuchten und neue Wege aufzeigen für ein besseres, sinnstiftendes Verständnis. Außerdem trifft es zu, dass die sozialen Medien und das Internet einen dezentrierenden Effekt auf unseren Diskurs ausüben, und zwar auf negative wie auch positive Weise.
Im Lauf der letzten Jahre konnten wir beobachten, dass eine Reihe von Themen, die bislang als äußerst marginal angesehen und eher belächelt wurden, plötzlich von der breiten Masse ernst genommen werden. Dies schließt Themen wie bewusstseinserweiternde Drogen, unidentifizierte Flugobjekte (UFOs) und Verschwörungstheorien ein – alles Gebiete, mit denen ich mich in meiner Arbeit tiefgehend beschäftigt habe und denen ich mich weiterhin widme. Wir sind in eine globale Krise gestürzt, ökologisch und geopolitisch. Krisen ermöglichen es, dass neue Ideen von der breiten Masse aufgegriffen werden, sodass sich eine neue Weltsicht formen und herausbilden kann.
Mein erstes Buch Den Kopf aufbrechen wurde im Jahr 2002 veröffentlicht. Thema dieses Buches war die psychedelische Erfahrung, vor allem die Anwendung bewusstseinserweiternder entheogener Pflanzen durch indigene Kulturen auf der ganzen Welt. Als ich dieses Buch schrieb, galten bewusstseinserweiternde Drogen als idiotisch und überflüssig, als »Spielzeug der Hippie-Generation«, wie es die New York Times formulierte, und wurden vom Establishment vehement abgelehnt. Indem es das Thema ernst nahm und neu positionierte, half Den Kopf aufbrechen dabei, die kulturelle Spannung zu verändern. Es milderte die Sichtweise des Establishments hinsichtlich bewusstseinserweiternder Drogen und bereitete den Weg für die Wiederaufnahme der wissenschaftlichen Forschung und für die Neuerkundung schamanischen Wissens, die wir heute sehen.
In meinen Zwanzigerjahren arbeitete ich als Journalist und Herausgeber einer Zeitschrift in New York. In meiner Peergruppe bestand nicht das geringste Interesse an Mystizismus oder Schamanismus. Beinahe alle teilten das gleiche, äußerst zynische Weltbild, das auf dem wissenschaftlichen Materialismus beruhte. Wenn man selbst diese Auffassung nicht teilte, wurde man schnell ausgegrenzt. Es war dann nicht mehr möglich, in den Hochglanzmagazinen, die zumeist gut gezahlt und für einen gewissen Ruf gesorgt haben, Artikel unterzubringen.
Während ich für Den Kopf aufbrechen recherchierte, hatte ich eine Reihe von welterschütternden, transformativvisionären, psychischen und paranormalen Erscheinungen. Nachdem ich meinen eigenen Skeptizismus überwunden hatte, wurde mir klar, dass die reduktionistische materialistische Weltanschauung, die Bewusstsein als Epiphänomen der Gehirnaktivität sieht, unvollständig sein muss. Obwohl ich als Materialist gestartet war, entdeckte ich, dass es andere Kräfte gibt, andere Formen von Bewusstsein, die mit uns in Wechselwirkung stehen: psychische Phänomene, wie Telepathie und Gleichzeitigkeit, zusammen mit vielen anderen psychischen und okkulten Kräften. Dies sind keine Volksmärchen. Jeder kann diese Dinge direkt erfahren, wenn er sich entschließt, selbst danach zu suchen.
Indigene Kulturen bewahren bis heute das Wissen um esoterische und okkulte Seiten der Welt – der Natur der Realität –, die unsere moderne Zivilisation verloren hat. Deshalb müssen wir ihr Wissen und ihre Weisheiten ernst nehmen, trotz der Schwierigkeit, sie aus von unserer Weltsicht höchst unterschiedlichen Denkansätzen und Erkenntniswegen zu übersetzen. In meinem zweiten Buch, 2012: Die Rückkehr der gefiederten Schlange, betrachte ich das prophetische, mythologische Verständnis, das viele alte und indigene Kulturen über diese Zeit besitzen. Ich habe diese seherischen Ströme mit Ideen aus der westlichen Philosophie und Wissenschaft verknüpft, mit dem rasch anwachsenden technologischen Fortschritt und der Klimakrise und auch mit modernen okkulten Bewegungen.
Bücher schlagen – ähnlich wie Menschen – einzigartige und eigenwillige Wege ein. Obwohl Den Kopf aufbrechen nie ein großer Erfolg war, verkauft es sich doch in beständigen Stückzahlen. 2012: Die Rückkehr der gefiederten Schlange hingegen war ein New York Times-Bestseller, als es 2006 veröffentlicht wurde. Allerdings verschwand es später aus dem kollektiven Bewusstsein. Damals war ich Thema eines abschätzigen Features im Rolling Stone und wurde von Stephen Colbert in seine Late-Night-Show eingeladen, wo ich das Halluzinogen Ayahuasca einem breiten Publikum vorstellte.
Obwohl ich in dem Buch an keiner Stelle behaupte, dass am Ende des Jahres 2021 irgendetwas Einschneidendes oder Großartiges geschehen würde, wurde ich später in der New York Times und in anderen Medien verspottet als »Apostel des Jüngsten Gerichts« und als fehlgeleiteter Prophet. Tatsächlich erscheinen die wesentlichen Vorhersagen, die ich in diesem Buch getroffen habe und die der Weisheit vieler indigener und alter Kulturen folgen, heute sogar noch richtiger. Anscheinend ist es so, dass wir eine beschleunigte Transformation durchlaufen, die Auswirkungen sowohl auf die Erde im physikalischen Sinn als auch auf unser Bewusstsein hat. Diese Einsichten müssen selbstverständlich angemessen und in Beziehung zu der Zeit, in der wir heute leben, verstanden werden. 2012: Die Rückkehr der gefiederten Schlange bleibt ein nützlicher Führer, ein Schlüssel für all diejenigen, die verstehen möchten, was auf philosophischer und metaphysischer Ebene passiert, aber auch individuell und durch unsere direkte Erfahrung.
Nachdem ich die Gültigkeit von Tabuzonen wie psychische Phänomene, Kornkreise, Mystizismus und Schamanismus akzeptiert hatte, ergab sich als Folge, dass ich meinen Zugang zu den Kanälen der Massenmedien verlor. Ich war nicht länger dazu in der Lage, für The New York Times Magazine zu schreiben oder meine Bücher von den großen US-amerikanischen Verlagen herausbringen zu lassen. In gewisser Weise trug ich zu meiner eigenen Verbannung bei – aber das ist eine andere Geschichte.
Es hat durchaus Vorteile, ein Außenseiter zu sein. Ich fühle mich keinem irgendwie gearteten sozialen Druck ausgesetzt und ich muss mich auch nicht in irgendeine Richtung konform verhalten. Wenn ich Fehler mache, gebe ich sie zu und spreche sie offen an. Ich besitze die Freiheit, zu denken und zu schreiben, was ich möchte.
Als ich mein erstes Buch verfasste, habe ich gelernt, dass das Establishment – indem es aufgrund seines primitiven Szientismus jede Möglichkeit psychischer Erfahrung ablehnte und jede Auffassung von Seele oder Geist oder einer Dimension jenseits des Materiellen verneinte – bezüglich der meisten fundamentalen Aspekte der Realität falsch lag. Anschließend wurde mir klar, dass ich der Weltanschauung des Establishments auf zahlreichen Gebieten nicht mehr trauen konnte. Viele meiner Freunde in Manhattan stiegen auf der Erfolgsleiter nach oben. Sie machten ihren Abschluss an einer der Ivy-League-Eliteuniversitäten, ergatterten angesehene Positionen beim New Yorker oder bei der New York Times oder wurden Investmentbanker, bildende Künstler, Rechtsanwälte oder Filmproduzenten. Sie sind hochintelligent, schlagfertig und gerissen. Dennoch finde ich, dass es ihnen an allumfassender Lebensweisheit mangelt. Sie sind für neue Ideen oder abweichende Denkweisen, die ihre Weltsicht bedrohen könnten, nicht aufgeschlossen.
In unserer Gesellschaft hat Erfolg, wer sich dem Establishment anpasst. Die Ivy-League-Schulen und -Universitäten lehren ihre Studenten größtenteils nicht, frei zu denken, sondern wie sie Prüfungen leicht bestehen und wichtige Wettkämpfe gewinnen können. Die »Besten und Gescheitesten« werden darauf trainiert, ihre persönlichen Vorteile innerhalb der Elitehierarchien von Macht und Einfluss zu maximieren. Kreatives Denken oder mutiges Handeln nach bestimmten Grundsätzen bringt einen in den meisten Fällen nicht voran. Sich auf die Seite der Autoritäten zu stellen und vor Reichtum und Macht einen Fußfall zu machen dagegen schon.
Im Allgemeinen werden wir dafür belohnt, dass wir Fachwissen in besonderen Nischenfeldern erwerben, jedoch nicht dafür, dass wir unsere ureigene Fähigkeit zu ganzheitlichem systemischem Denken anwenden. In den 1960er-Jahren erkannte der US-amerikanische Architekt und Designer Buckminster Fuller, dass unsere Gesellschaft die Menschen dazu zwingt, sich nur noch in ihren jeweiligen Disziplinen zu spezialisieren. Er warnte, dass dies eine für unsere Zukunft gefährliche Entwicklung darstelle. Wir müssen wieder zu Generalisten werden; nur so können wir Einblicke aus unterschiedlichen Bereichen zusammenbringen, um auf dieser Basis bessere Entscheidungen zu treffen. Für meine Arbeit habe ich mir Fullers Ideen zu Herzen genommen und entsprechend meine Sichtweise als Generalist, Synthetiker und Systemdenker entwickelt.
Zwanzig Jahre lang war der ökologische Notstand ein hervorstechendes Thema meiner Arbeit: die erdrückende Krise des Klimawandels, das Artensterben und die Luftverschmutzung, die unser Überleben als Spezies bedrohen. Mein erstes Buch über psychedelischen Schamanismus bildete den Aufbruch, um eine Antwort auf die ökologische Krise zu finden. In den späten 1990er-Jahren schrieb ich Artikel über Umweltthemen für den Esquire und andere Zeitschriften. Ich war schockiert über das Ausmaß an Zerstörung unseres Planeten und wie wenig die Medien darüber berichteten. Schnell fand ich heraus, dass die meisten Menschen sich entweder nicht um diese Tatsache kümmerten oder ihr keine Aufmerksamkeit schenken konnten. Es mangelte ihnen an Verständnis und Weitsicht, solange es nicht direkt ihre berufliche Karriere betraf.
Wenn ich zu verstehen versuchte, warum wir uns nicht so darum kümmerten, wie wir es sollten, wurde mir klar, dass diese Distanz und diese Abkopplung in direkter Verbindung zu der harten materialistischen Weltsicht standen, die wir verinnerlicht hatten. Ich erkannte, wie wir alle – meine Peergruppe und ich – von diesem Glauben an den wissenschaftlichen Materialismus gefangen waren. Da das Bewusstsein lediglich als etwas Zufälliges, als Epiphänomen des Gehirns angesehen wurde, fehlte unserem Leben ein tieferer Sinn und Zweck. Wir vermuteten, dass der Tod Auslöschung und Vernichtung bedeutete. Dieses materialistische Paradigma war wie ein hermetisch verschlossenes Gefängnis, aus dem kein Entkommen möglich war.
Der wissenschaftliche Materialismus ist von Natur aus nihilistisch. Um die Menschheit vor einem ökologischen Armageddon zu retten (falls das überhaupt noch möglich ist), ist es notwendig, dass wir uns alle eine gewisse Selbstbeschränkung auferlegen. Wir können nur dann erfolgreich für weitreichende systemische Veränderungen kämpfen, wenn die Menschen darin übereinstimmen, dass die menschliche Existenz einen Eigenwert, aber auch eine transzendente Dimension jenseits von Raum und Zeit besitzt. Wir müssen uns leidenschaftlich für das einsetzen, was richtig ist, selbst wenn es sich gegen unsere kurzfristigen unmittelbaren Eigeninteressen richtet.
Ein weiteres wichtiges Thema meiner Arbeiten ist die Initiation. Für alte und indigene Kulturen auf der ganzen Welt liegt der Zweck der Initiation darin, einen direkten Zugang zu anderen Ebenen von transzendentem und transpersonalem Bewusstsein zu bekommen. Initiation ist wie ein bewusster, vorübergehender Tod: Der ichbezogene Geist stirbt und erwacht in einer astralen, spirituellen Welt. Aus diesem Grund sagt auch die hermetische Tradition der Antike: »Stirb, bevor du stirbst.« In ähnlicher Weise äußerst sich auch der gnostische Christus im Thomasevangelium: »Öffne das Tor für dich, dann wirst du erkennen, was ist.« Ich glaube, dass unser vergängliches Leben nur dann einen Sinn ergibt, wenn wir für uns selbst entdecken – mit einem bestimmten Maß an Sicherheit –, dass ein Teil von uns nach dem Tod fortbesteht. Indem man eine Initiation durchläuft und Zugang zu diesen anderen Dimensionen der Realität findet, verändert man dauerhaft seine Beziehung zur Wirklichkeit.
Bevor ich den psychedelischen Schamanismus entdeckte, war ich einer einschränkenden materialistischen Weltsicht verhaftet. Meine Eltern, die Medien, meine Peergruppe und meine Lehrer auf der Schule hatten mich dahingehend indoktriniert. In meinen späten Zwanzigerjahren geriet ich in eine tiefe existenzielle Krise, als ich mich selbst fragte: Woher weiß ich, dass es wahr ist? Ich stellte fest, dass ich es nicht sicher wusste. Alle meine Informationen stammten aus zweiter Hand, aus externen Quellen.
Meine psychedelischen Reisen auf dem College hatten sich unauslöschlich in mein Gedächtnis eingebrannt. Sie deuteten darauf hin, dass es noch etwas anderes geben könnte – andere Dimensionen des Bewusstseins, unsichtbare Bereiche des Lebens, die es zu entdecken galt. Ich beschloss, mich noch einmal mit bewusstseinserweiternden Drogen zu beschäftigen, weil ich herausfinden wollte, ob sie mir einen Weg aus dem Gefängnis des Materialismus zeigen könnten. Daraufhin begann ich, für verschiedene Zeitschriften darüber zu schreiben. Ich war erstaunt, was ich auf meinen eigenen Reisen herausfand.
Ich bin immer noch überzeugt, dass nur eine neue Offenbarung – ein neues Konzept der Realität – eine umwälzende Bewegung ins Leben rufen kann, die auch die Kraft besitzt, die Krise unserer Biosphäre zu bewältigen, die wir ausgelöst haben. In meinem Buch How soon is now? habe ich diese Einsichten aus langjährigen psychedelischen Erfahrungen einfließen lassen, um ein pragmatisches, lösungsorientiertes Konzept für den ökologischen Notstand aufzustellen. Ich schlug die notwendigen Veränderungen für unsere technischen (Landwirtschaft, Energie, Industrie usw.) sowie für unsere sozialen Systeme (Regierung und Wirtschaft) vor. Ich überlegte mir auch, wie wir mithilfe von Massenmedien und sozialen Netzwerken gezielt eine Transformation des kollektiven Bewusstseins in die Wege leiten könnten. Wenn uns das nicht gelingt, erscheint es sicher, dass wir in den nächsten Jahrzehnten den völligen Zusammenbruch der globalen Zivilisation erleben werden, der sicherlich Milliarden Leben kosten und wahrscheinlich sogar zur Auslöschung der menschlichen Spezies führen wird.
Vielleicht war ich zu naiv, als ich glaubte, How soon is now? könnte der Weckruf sein, auf den die Welt gewartet hatte. Unglücklicherweise wurde mein Buch 2016 unmittelbar nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten veröffentlicht. Zu diesem Zeitpunkt bestand so gut wie keine Möglichkeit, die Menschen für Perspektiven zu begeistern, die so unendlich weit weg von ihren alltäglichen Sorgen lagen.
Seit damals bin ich – wie wir alle – Zeuge aktueller Ereignisse gewesen, habe sie durchlebt, während ich darüber nachdachte, was das alles zu bedeuten hat und was noch auf uns zukommen wird. Ich behielt eine metaphysische, okkulte Perspektive auf diese Vorgänge. Wie ich in meinem Buch 2012: Die Rückkehr der gefiederten Schlange definiert habe, vereinigt mein esoterisches Verständnis Konzepte von C. G. Jung, Rudolf Steiner, Georges Gurdjieff, östlichen Religionen, indigenen Kulturen und anderen Quellen. Ich betrachte den Verlauf historischer Ereignisse als Teil eines größeren archetypischen, mythisch-poetischen Prozesses – einer Geschichte des Kosmos, in die wir eingebettet sind.
Seit 2012 fühlt es sich an, als hätten wir den Schleier gelüftet, allerdings auf eine seltsame unvollständige Weise. Die Zeit scheint sich zu entfalten, als ob sie nicht länger »real« wäre; viele von uns fühlen sich, als befänden sie sich in einem dystopischen Film oder Videospiel. Es ist, als ob wir irgendwie bereits auf die andere Seite gewechselt wären und als mythologische Projektion eines kollektiven Unbewussten lebten; ein Fiebertraum oder vielleicht auch ein Albtraum, den ein ruheloser gequälter Gott, Teufel oder Archon hat.
Wie ich am Schluss dieses Buches ausführen werde, liefert die okkulte Erkenntnis den Rahmen, der all dies mit Sinn erfüllt, und zwar auf eine Art und Weise, die zunehmend mit dem wissenschaftlichen Weltbild verzahnt ist. Trotz des sozialen Verfalls und der Umweltzerstörung um uns herum gibt es gute Gründe, den Glauben und die Hoffnung nicht zu verlieren und die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen. Doch als Erstes müssen wir unsere Fähigkeiten zu kritischem Denken einsetzen, um die nötige Klarheit zu gewinnen.
Wir benötigen eine Ausgangsbasis für gemeinsamen Zusammenhalt, aus Gründen, die Sie bestimmt nachvollziehen können, wenn Sie das Folgende gelesen haben. Wir müssen ein umfassendes Verständnis etablieren, selbst wenn wir das Rätsel nicht vollständig lösen können. Ich persönlich glaube, dass dies kein unberechtigtes Ansinnen, sondern eine Frage von Leben und Tod für uns ist. Ohne Übereinstimmung darin, was mit unserer Welt passiert, werden wir nicht in der Lage sein, das zu schützen, was von unseren Rechten und unseren Freiheiten übrig bleibt, und alles dafür zu tun, die Zukunft des Menschen auf der Erde sicherzustellen.