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Was ist der Geist?


Im folgenden Abschnitt werden wir uns in eine vorgeschlagene Arbeitsdefinition zu einem Aspekt des Geistes vertiefen, nämlich in jene, eine Funktion in einem System zu besitzen, das einen Energie- und Informationsfluss umfasst. Dieses System befindet sich sowohl innerhalb des Körpers als auch zwischen uns und anderen Wesen – anderen Menschen und der weiteren Umgebung, in der wir leben. Dies ist ein brauchbarer Platz, um unsere Reise in die Natur dessen zu beginnen, was der Geist ist.

An einer Arbeitsdefinition des Geistes arbeiten (1990–1995)

Die 1990er-Jahre wurden „Das Jahrzehnt des Gehirnes“ genannt.

Ich fühlte mich wie ein Kind im Süßwarengeschäft, liebte es, das, was ich als praktizierender Psychiater mit meinen Patienten erfuhr, mit den Erkundungen des Gedächtnisses und auftauchende Geschichten mit Forschungsthemen zu verknüpfen, fortwährend danach trachtend, diese mit dem zu verknüpfen, was wir nun in der Gehirnwissenschaft lernen. Ich hatte meine klinische Ausbildung mit meinem Praktikumsjahr in Pädiatrie, gefolgt von einer Assistenzzeit, zuerst in der Erwachsenen-, dann in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, beendet. Nach einem Forschungsstipendium am National Institute of Mental Health an der University of California in Los Angeles, das sich dem Studium der Art und Weise widmete, wie Eltern-Kind-Beziehungen das Wachstum des Geistes formen, wurde ich gebeten, das klinische Ausbildungsprogramm für die Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Universität zu leiten. Ich nahm diese erzieherische Rolle sehr ernst und dachte darüber nach, wie eine umfassende Sichtweise des sich entwickelnden Geistes, der neuen Erkenntnisse über das Gehirn und die Wissenschaft der Beziehungen, die ich studiert hatte, alle zusammenkommen könnten, um eine Art Kerncurriculum für die neue Generation von Klinikern dort zu bilden. Zur gleichen Zeit rief ich eine Studiengruppe mit früheren Lehrern und Kollegen auf dem Campus ins Leben, um die drängende Frage anzugehen: Was ist die Beziehung zwischen dem Geist und dem Gehirn?

Es kamen vierzig Menschen zu unserer Gruppe, die meisten von ihnen Forscher von der Akademie und ein paar Kliniker. Viele Bereiche waren vertreten, einschließlich Physik, Philosophie, Informatik, Biologie, Psychologie, Soziologie, Linguistik und Anthropologie. Die eine Frage, die uns anfangs zusammenbrachte, war diese: Was ist die Verbindung zwischen Geist und Gehirn? Die Gruppe konnte das Gehirn definieren – eine Ansammlung miteinander verbundener Neuronen und anderer Zellen im Kopf, die mit dem ganzen Körper und der Umgebung interagieren. Aber es gab keine Definitionen des Geistes, abgesehen von der geläufigen „Gehirnaktivität“, welche die Neurowissenschaftler im Raum angeben würden, die aber keine akzeptable Sichtweise für die anwesenden Anthropologen oder Linguisten war, die sich auf die soziale Natur der mentalen Prozesse wie Kultur und Sprache fokussierten.

Mein eigener Professor für fiktionales Schreiben, den ich bereits erwähnte, Jerome Bruner, hatte während meines Studienganges als wissenschaftlicher Mitarbeiter gesagt, dass eine Geschichte nicht innerhalb einer Person, als vielmehr zwischen Menschen stattfindet. Sogar in meiner Seminararbeit, wo ich mich fragte, wie Geschichte im Gehirn von traumatisierten Individuen vermittelt werden, drängte er mich, keinen derartigen „Irrtum“ zu begehen und die soziale Natur der Geschichte zu erkennen. Diese Geschichten, die wir erzählen – die Geschichten unseres Lebens, die unsere Erinnerungen und Bedeutungen des Lebens offenbaren – sind mentale Kernprozesse. Ich studierte, wie die Entdeckungen der Bindungsforschung zu Tage brachten, dass die Geschichte eines Elters die beste Prognose für die Bindung jenes Kindes zu jenem Elter war. Wir wussten aufgrund sorgfältiger empirischer Studien, dass das, was als Einzelaktion ihrer eigenen Lebensgeschichte erscheint, irgendwie verbunden ist mit den interpersonellen Interaktionen zwischen Eltern und Kind, die das Wachstum und die Entwicklung des Kindes erleichtern, einen Prozess, den wir als „sichere Bindung“ bezeichnen.


Foto von Lars Ohlckers

Ich hatte gelernt, dass Erzählen ein sozialer Prozess war, etwas zwischen den Menschen Stattfindendes. Diese Geschichten waren es, die uns in Zweierbeziehungen, Familien und Gemeinschaften miteinander verbanden. Ich fragte mich, welche anderen Elemente des Geistes jenseits der Geschichten – unsere Gefühle, Gedanken, Absichten, Hoffnungen, Träume und Erinnerungen – auch zutiefst relational waren.

Zu jener Zeit traf ich auf Menschen, mit denen ich ständig Gespräche und Verbindungen pflegen sollte, die den formen sollten, zu dem ich wurde. Die Psychologen Louis Cozolino, Bonnie Goldstein, Allan Schore und Marion Solomon wurden zu engen Kollegen und Freunden, und ich ahnte gar nicht, dass unsere Leben sogar bis auf den heutigen Tag in stimulierender und lohnender Weise miteinander verflochten bleiben würden, nun ein Vierteljahrhundert später. Meine Beziehungen zu ihnen und vielen anderen Individuen auf diesem Weg wurden zu einem Teil der Geschichte dessen, der ich war. Ich ahnte gar nicht, dass dieses Jahrzehnt auch dem Leben dreier meiner wichtigsten Lehrer, die meine berufliche Entwicklung geformt hatten, ein Ende setzen würde: Robert Stoller, Tom Whitfield und Dennis Cantwell. Mit Lehrern und Kollegen, Freunden und Familie gehen wir Verbindungen ein, die uns tief verwandeln. Beziehungen sind der Schmelztiegel, in dem sich unser Leben entfaltet, da sie unsere Lebensgeschichte formen, unsere Identität prägen und uns zu der Erfahrung dessen führen, der wir sind, und uns dazu befreien oder einengen, der wir werden können.

Obgleich mir auf der Hochschule für Medizin ein Jahrzehnt zuvor beigebracht wurde, dass der Körper einer Person die Quelle von Krankheit und das Zielobjekt unserer Interventionen wäre, schien der menschliche Geist irgendwie über den Körper hinauszureichen. Diese tief gehenden Lektionen über die Bedeutung und soziale Natur individueller Lebensgeschichten bestätigten die Tatsache, dass eine überaus wichtige Quelle von Bedeutung in unserem Leben – (die Geschichten, die uns miteinander verbinden, helfen uns, einer Erfahrung Sinn abzugewinnen, und befähigen uns dazu, voneinander zu lernen) – tief in einem Zwischenbereich unseres relationalen Lebens verortet war.

Sicherlich würden diese Elemente des Geistes auch mit der Gehirnfunktion in Verbindung stehen – diese Verbindung war etwas, das wir in der Neurologie seit über einem Jahrhundert kannten, doch dank rezenter Fortschritte auf dem Gebiet der Bildgebungstechnologie des Gehirnes wurde es stärker beleuchtet und verfeinert. Trotzdem bedeutet, abhängig vom Gehirn zu sein, nicht, auf das Gehirn allein beschränkt zu sein, noch bedeutet es, dass der Geist das Gleiche wie Gehirnaktivität ist, wie wir gesehen haben.

So entgegnete ich Professor Bruner während meiner Abschlusspräsentation für das Seminar, dass ich daran interessiert wäre, zu wissen, wie die neuronalen Prozesse in den Gehirnen von Menschen, die in einer Beziehung zueinander stehen, zur sozialen Natur der Lebensgeschichte beitrugen. Er winkte nur ab mit einem Blick der Frustration und vielleicht auch Verwirrung. Ich verstand dann, dass die Überbrückung von Disziplinen – neuronal und sozial – nicht so einfach zu bewerkstelligen war.

Später hatte ich gelernt, dass der Begriff der Konsilienz1 dazu verwendet werden konnte, einen Prozess zu identifizieren, bei dem wir die universellen Entdeckungen quer durch oftmals voneinander unabhängige Disziplinen machen (Wilson, 1998). Ich schien, ohne diesen Begriff zu kennen, auf der Suche zu sein, Konsilienz beim Verständnis des Geistes zu finden.

Doch selbst wenn diese Disziplinen und ihre Befürworter keine Schnittmenge finden konnten, war die Realität vielleicht selbst von einer solchen Konsilienz erfüllt. Vielleicht waren „neuronal“ und „sozial“ Teile eines grundlegenden Prozesses – nicht nur soziale Stimuli, die das Gehirn beeinflussen wie Lichtreize den Sehnerv beeinflussen, sondern ein fundamentaler Fluss von etwas. Aber was konnte dieses Etwas real sein, etwas, das beispielsweise ein kollaboratives, verbindendes Gespräch zwischen einem Neurologen und einem Anthropologen erleichtern würde?

In unserer neu gebildeten Gemeinschaft von 40 gab es keinen Konsens. Ohne eine Definition dessen, was Geist tatsächlich war, war es kurzum nur „Gehirnaktivität“. Es war schwer, zu einem gemeinsamen Verständnis der Beziehung zwischen Gehirn und Geist zu gelangen, geschweige denn einen Weg zu finden, effektiv und respektvoll miteinander zu kommunizieren.

Die Gruppe schien kurz davor zu sein, sich aufzulösen.

Mit dem Fokus auf Krankheitsmodelle psychischer Störungen in jenen Tagen des Diagnostic and Statistical Manual of Disorders, des DSM [dt. „Diagnostisch und statistischer Leitfaden psychischer Störungen“, kurz DSM, A.d.Ü.], nebst der zunehmenden Bedeutung pharmazeutischer Interventionen und den wissenschaftlichen Erklärungen, dass Geist lediglich ein Ergebnis des Gehirnes sei, wurde die Diskussion des Problems in unserer Studiengruppe ziemlich intensiv: War Geist nur Gehirnaktivität oder war er mehr?

Die Gruppe war angesichts der Ermanglung einer gemeinsamen Sichtweise des Geistes in einen Stillstand geraten. Als Moderator der Gruppe, der mit jedem Einzelnen im Raum, den ich persönlich eingeladen hatte, in Verbindung stand, verspürte ich die dringende Notwendigkeit, etwas zu unternehmen, das diese nachdenklichen Menschen in die Lage versetzen könnte, besser miteinander zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten. Wenn die Gruppe sich weiterhin treffen sollte, musste etwas getan werden.

Als Hochschulstudent 15 Jahre zuvor arbeitete ich in einem Biochemie-Labor, das nach einem Enzym forschte, das Lachse dazu befähigen könnte, aus dem Süßins Salzwasser zu wechseln. Nachts arbeitete ich bei einer Telefonseelsorge für Suizidgefährdete. Als Student der Biologie lernte ich, dass Enzyme unabdingbar für das Überleben waren; und als Freiwilliger auf dem Gebiet mentaler respektive psychischer Gesundheit lernte ich, dass die Natur emotionaler Kommunikation zwischen zwei Menschen während einer Krise den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen konnte.

Ich fragte mich, ob Enzyme und Emotionen einen gemeinsamen Grund teilten, einen gemeinsamen Mechanismus für das Überleben des Lachses und den Suizid; konnten das Gehirn und die Beziehungen nicht auch über ein gemeinsames Element verfügen? Mit anderen Worten, wenn die molekularen Prozesse der Energieaktivierung, welche die Enzyme ermöglichten, den Fischen erlaubten, zu überleben, und wenn die emotionale Kommunikation zwischen zwei Menschen die Hoffnung lebendig erhalten konnte, könnte das Leben selbst vor irgendwelchen grundlegenden Transformationen abhängen, die von enzymatischen Energieprozessen und der Energie emotionaler Verbindungen geteilt wurden? Könnten sich das Gehirn und die Beziehungen nicht einen konsilienten Grund ihrer Essenz teilen? Könnten sie nicht zwei Aspekte eines Systems sein? Und könnte diese Essenz, die Gehirn und Beziehungen verknüpfte die Natur des Geistes offenbaren? Könnte es etwas in dieser Essenz geben, das jedes Gruppenmitglied umfassen könnte, um die Gruppe vor dem Implodieren aufgrund der Spannung und dem Mangel an gegenseitigem Verständnis und Respekt abzuhalten?

Eine Woche nach unserem ersten Treffen begab ich mich auf einen sehr, sehr langen Spanziergang am Strand, richtete meinen Blick auf die Wellen am Strand, wo ich aufgewachsen war, wanderte die Küstenlinie der Bucht von Santa Monica auf und ab und stellte mir Fragen. Über jenen Ort nachzudenken, an dem das Meer auf das Land trifft und an dem ich mein Leben gelebt hatte, dort auf jenem Sandstrand, erfüllte mich mit einem Gefühl der Kontinuität, etwas, das Damals und Jetzt, Wasser und Land miteinander verknüpfte. Ich hatte den Eindruck, dass Wellen, Energiewellen, ein Element darstellten, das Gehirn und Beziehungen gemeinsam war. Wellen verändern sich ständig, entfalten sich in jedem Augenblick auf neu auftauchende Arten und Weisen, bilden Muster, die dynamisch sind – das heißt, dass sie aufsteigen und fallen, sich verändern, sich gegenseitig beeinflussen.

Energiewellen tauchen als Muster auf, als Veränderungen des Energieflusses von Moment zu Moment. Energie tritt in unterschiedlichen Formen auf, wie Licht oder Klang, als eine Reihe von Frequenzen und als Amplitudenverteilung. Selbst Zeit kann mit dem Auftauchen von Energiemustern in Verbindung gesetzt werden, wie moderne Physiker es nun aufgrund ihrer neuen Sichtweisen der Natur von Energie und Realität erforschen. Diesen neuen Sichtweisen zufolge beeinflussen die festen Energiewellen der Vergangenheit das Entstehen von Wellen in der Gegenwart und formen die Entfaltung der potenziellen neuen Wellen. Fix, entstehend und offen, könnte Zeit selbst die Veränderung von Energie entlang eines Spektrums zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit mit sich bringen.

Energie, sagen Physiker, wird am besten beschrieben als ein Potenzial, etwas zu tun. Dieses Potenzial wird gemessen als die Bewegung zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit entlang eines Spektrums von Wahrscheinlichkeiten, was manchmal als Wellenfunktion oder Wahrscheinlichkeitsverteilungskurve bezeichnet wird. Wir erfahren diesen Energiefluss nicht als eine irgendwie magische, nicht wissenschaftliche Sache, sondern als fundamental für die Welt, in der wir alle leben. Wir mögen die Energiefelder, die uns umgeben, nicht sehen, wie es der berühmte Wissenschaftler Michael Faraday vor zwei Jahrhunderten bei seiner Entdeckung der Elektrolyse und des Elektromagnetismus beschrieb, aber sie sind real. Wir mögen desgleichen auch oftmals die Ursprünge der Energie als ein Meer des Möglichen nicht spüren, aber wir erfahren in unserem Gewahrsein die Herausbildung des Möglichen zum Wirklichen, Tatsächlichen. Das ist der Energiefluss, die Veränderung dieser Wahrscheinlichkeitsfunktion. Das Licht ist aus, nun ist das Licht an. Der Raum ist still, nun sprechen Sie. Sie sehen jemanden auf sich zukommen, einen lieben Freund, und werden Zeuge einer warmen Willkommensumarmung. Das ist die Transformation von Möglichkeit in Wirklichkeit. Es ist der Energiefluss, den wir jeden Moment unseres Lebens erfahren.

Einiges an diesem eintretenden Energiefluss hat symbolischen Wert mit einer Bedeutung jenseits der Energiemuster selbst. Ich weiß von der Kognitionswissenschaft, dass solch eine symbolische Bedeutung „Information“ genannt werden könnte. Ich schreibe oder spreche Kauderwelsch, und es könnte keine Bedeutung haben. Aber ich schreibe oder sage, „Golden Gate Bridge“, und voilà, Energie besitzt Information – sie steht für etwas anderes als die reine Form von Energie, die sich aus einem Meer an Möglichkeiten in diese eine Wirklichkeit manifestiert hat. Nun sage ich „Eiffelturm“, und aus dem weiten Meer fast unendlicher Potenzialitäten taucht dieses eine Energiemuster auf, eine Information, die sich als sprachliches Symbol dieser architektonischen Struktur in Paris manifestiert.

Doch nicht alle Energiemuster enthalten Informationen. Daher könnte das Element, das Gehirn und Beziehungen gemeinsam haben, Energie selbst sein; oder, um vollständig zu sein, jenes gemeinsame Element könnte einfach „Energie und Information“ genannt werden. Wenn sie danach gefragt werden, legen viele Wissenschaftler dar, dass alle Informationen von Energiewellen oder Energiemustern mitgeführt werden. Andere Wissenschaftler sehen das Universum als grundlegend aus Informationen bestehend an, wobei Energiemuster aus jener Basis der Realität auftauchen, ein aus Informationen konstruiertes Universum. Dergestalt drücken sich Informationen selbst in jeder Sichtweise mittels Energieumwandlungen aus, die Entfaltung des Potenzials, etwas zu tun, in ein reales Etwas. Das ist Energie in einer Nussschale. Beide Begriffe, Energie und Information, könnten eine brauchbare Grundlage der Betrachtung darstellen, vor allem dann, wenn beide Perspektiven zu einem einheitlichen Konzept zusammengefügt werden.

Diese Muster oder Wellen entstehen, wenn sich Energie in der Zeit verändert, wenn sie fließt, sich jeder Augenblick in der Gegenwart entfaltet. Für unsere Erfahrung des geistigen Lebens, das sich ständig entwickelt und verändert, scheint der Begriff des Flusses [bzw. des Fließens, A.d.Ü.] gut zu passen. Selbst wenn der Vorschlag einiger Physiker, dass Zeit kein einheitlicher Prozess sei, wie wir ihn uns vorstellen, sich als wahr herausstellt, ist jene Zeit keine in sich verschiedene Entität in der Welt, die fließt, als vielmehr ein mentales Konstrukt unseres Gewahrseins der Veränderung; alle Wissenschaftler stimmen darin überein, dass die Realität von Veränderung erfüllt ist, wenn nicht durch die Zeit, dann durch den Raum oder durch die Wahrscheinlichkeitskurve. Veränderung entlang der Wahrscheinlichkeitskurve meint die Bewegung der Energie entlang des Spektrums zwischen offenem Potenzial und Realisation als Tatsächlichkeit. Daher können wir den Begriff Fluss verwenden, um die Veränderung durch die Zeit oder den Raum oder die Wahrscheinlichkeit oder vielleicht irgendeinen anderen Aspekt der Realität zu kennzeichnen. Fluss bedeutet Veränderung. Wir können die Wendung „durch die Zeit“ wie in „Fluss der Zeit“ verwenden, um einfach diesen Fluss nachzuvollziehen, die verschiedenen Dimensionen der Veränderung in unserer gelebten Wirklichkeit. Und daher könnte der grundlegende Ausdruck für dieses vorgeschlagene zentrale Element des Geistes „Energie- und Informationsfluss“ sein.

Ich hatte damals, wie heute noch, den Eindruck, dass man vorschlagen könnte, dass der Energie- und Informationsfluss das zentrale Element eines Systems ist, das der Ursprung des Geistes ist.

Aber was ist dieses System, aus dem der Geist entsteht? Was ist es, was sind seine Grenzen und was sind seine Eigenschaften? Das Grundelement dieses Systems könnte Energie- und Informationsfluss sein – doch wo taucht dieser auf?

Den Strand entlanggehend und die Wellen beobachtend, schien es mir, dass das Ufer sowohl vom Sand als auch vom Meer gebildet wurde. Die entstehende Küstenlinie ergab sich aufgrund des Sandes und des Meeres, nicht aufgrund eines der beiden. Die Küste war sowohl Strand als auch Meer.

Könnte der Geist, irgendwie, sowohl innerhalb als auch dazwischen sein?

Energie und Informationen fließen durch den ganzen Körper, nicht nur durch das Gehirn. Energie und Informationen fließen auch zwischen einer Person und anderen Menschen in Kommunikationsmustern und in Verbindungen mit der weiteren Umgebung, in der jene Person lebt – wie diese von mir an Sie durch das Buch übermittelten Worte. Wir können sagen, dass der Energie- und Informationsfluss zwischen unserem Körper und den nicht körperhaften Komponenten der Welt stattfindet – die Welt der „anderen“ und unserer Umgebung – genauso wie in uns selbst – innerhalb unseres Körpers, einschließlich des Gehirnes. Ich setze das Wort andere in Anführungszeichen, um uns daran zu erinnern, dass dies lediglich ein Wort ist – die Vorstellung eines Selbst respektive eines Ich versus den anderen müssen wir auf unserem Erkundungsweg vor unserem geistigen Auge behalten.

Aber wenn sich herausstellen sollte, dass Energie- und Informationsfluss ein System bilden, das den Geist entstehen lässt, was könnte der Geist tatsächlich sein? Gefühle, Gedanken und Erinnerungen, könnten Sie sagen. Ja, jene sind wichtige, richtige Beschreibungen des Inhaltes und der Aktivitäten des Geistes. Dies sind Arten und Weisen, mit denen wir die subjektive Realität des mentalen Lebens beschreiben. Viele Disziplinen bieten derart bedeutende Beschreibungen mentaler Prozesse an. Doch was sind diese wirklich? Erstaunlicherweise weiß es niemand genau. Auf der Ebene der Neurowissenschaft versteht niemand – wie wir erwähnt haben –, wie neuronales Feuern die subjektiv wahrgenommene Erfahrung einer Idee, einer Erinnerung oder eine Emotion erzeugen könnte. Wir wissen es einfach nicht.

Jahre später machten der Philosoph und Physiker Michel Bitbol und ich einen langen Spaziergang während eines einwöchigen Zusammentreffens einer Gruppe von rund 150 Physikern, und wir stimmten darin überein, dass die Subjektivität eine „Prime“ [bzw. eine „Primrealität“, A.d.Ü.] des Geistes sein könnte – etwas, das auf nichts anderes reduziert werden kann. Ich konnte dann sehen, dass subjektive Erfahrung als etwas Wichtiges aus dem Energie- und Informationsfluss entstehen könnte. Wie das geschieht, wissen wir einfach nicht. Aber als etwas Wichtiges kann es nicht einfach auf etwas anderes reduziert werden, oder womöglich sogar nur auf einen Ort wie dem Gehirn und seinem Feuern. Aber zumindest eine mögliche Verbindung zwischen subjektiver Erfahrung und Energie- und Informationsfluss identifiziert zu haben, verschafft uns einen Ausgangspunkt, um unser Verständnis des Geistes zu vertiefen. Den Energie- und Informationsfluss als einen grundlegenden Teil eines Systems zu betrachten, das den Geist entstehen lässt, einschließlich seiner subjektiven lebendigen Beschaffenheit, scheint ein angemessener Ausgangspunkt zu sein, um unser Verständnis zu vertiefen.

Da wir desgleichen nicht verstehen, wie das Gewahrsein subjektiver Erfahrung aus dem neuronalen Feuern entstehen kann, könnte diese Erfahrung des Bewusstseins nicht auch hauptsächlich ein Energie- und Informationsfluss sein? Mit anderen Worten, um eine subjektive Erfahrung zu haben, müssen wir gewahr sein, so dass sowohl das Gewahrsein als auch die subjektiven Erfahrungen, die das Gewahrsein ermöglichen, eine Primrealität des Energie- und Informationsflusses sind. Dies erklärt in keiner Weise wirklich, wie diese wichtigen Aspekte des Geistes tatsächlich entstehen, aber es weist uns zumindest die richtige Richtung auf unserem Weg.

Wir können auch jenseits der Primrealität von Subjektivität und vielleicht von Bewusstsein selbst gehen und nach der Informationsverarbeitung unseres Denkens, Erinnerns oder wertenden emotionalen Lebens fragen. Was stellen diese mentalen Aktivitäten dar?

Wenn ich Sie bitte, mir zu sagen, was beispielsweise ein Gedanke ist, könnten Sie es als schwierig empfinden, genau auszudrücken, aus was diese häufig auftretende mentale Aktivität besteht. Das Gleiche könnte geschehen, wenn Sie ein Gefühl betrachten und zu sagen versuchen, was es mit diesem auf sich hat. Was eine Emotion wirklich ist, weiß im Grunde niemand. Es gibt viele Beschreibungen dessen, was ein Gedanke oder ein Gefühl umfasst, publiziert in einer Überfülle von Büchern und Aufsätzen, doch selbst wenn Sie diese anspruchsvollen wissenschaftlichen, philosophischen und kontemplativen Sichtweisen berücksichtigen oder dies direkt mit ihren Autoren diskutieren, bleibt die Kernessenz von Gedanken und Gefühlen, meiner Ansicht nach, recht schwer zu fassen.

Wir könnten zumindest etwas Spezifischeres über den Geist sagen, und zwar im Sinne subjektiv erfahrener Muster eines Energieflusses, die manchmal Informationen enthalten. Das ist ein sehr guter Ausgangspunkt, da wir damit beginnen können, den Energie- und Informationsfluss als den Ursprung des Geistes ausfindig zu machen und seine Verortung sowohl innerhalb des Gehirnes als auch an anderen Stellen anzusetzen.

Wir haben ein Gehirn im Körper, ein verkörpertes Gehirn. Wir haben auch Beziehungen zu anderen Menschen und zum Planeten, unsere relationale Realität, und wir haben einen Energie- und Informationsfluss in uns (durch die Mechanismen des Körpers, einschließlich seines Gehirnes) und zwischen uns (in unserer Kommunikation innerhalb von Beziehungen).

Großartig. So klären wir das Grundelement (Energie- und Informationsfluss) und die Verortung (innerhalb und zwischen) eines möglichen Systems des Geistes. Wir beginnen Aspekte des Was und Wer des Geistes stärker zu beleuchten.

Dies ist, ich weiß, nicht die Art und Weise, in der Menschen oft über ihr Leben schreiben oder sprechen. Die Vorstellung, dass sich etwas sowohl in uns als auch zwischen uns befindet, zwei Orte zugleich, könnte seltsam, nicht eingängig und sogar schlichtweg falsch erscheinen. Als ich mich darauf vorbereitete, diese Sichtweise der Gruppe von 40 im Herbst 1992 vorzustellen, beunruhigte es mich, dass diese Sichtweise seltsam und unbegründet erscheinen würde. Doch lassen Sie uns ein paar der Implikationen dieser Ideen erkunden und sehen, wohin sie uns führen.

Wenn dieses verkörperte und relationale System aus Energie- und Informationsfluss die Quelle des Geistes ist, was genau könnte der Geist innerhalb dieses Systems sein? Ja, wir gehen davon aus, dass das System aus Energie und Informationen besteht, und diese verändern sich mit der Zeit, dem Raum und der Wahrscheinlichkeitsverteilung oder in einer anderen fundamentalen Art und Weise. Dieser Wandel, diese Veränderung wird Fluss genannt. Und wir schlagen vor, dass dieser Fluss sowohl innen als auch zwischen stattfindet.

So sind wir näher dran. die mögliche Grundlage des Was und Wo des Geistes zu erhellen.

Doch was könnte der Geist tatsächlich innerhalb dieses Systems sein? Vielleicht sind unsere mentalen Aktivitäten einfach Primrealitäten des Energie- und Informationsflusses, wie sie sich in und zwischen uns entfalten. Dergestalt ist das System selbst die Quelle des Geistes. Doch jenseits der Geistesaktivitäten wie etwa in Gestalt von Gefühlen, Gedanken und Verhaltensweisen, jenseits der Informationsverarbeitung und jenseits des Bewusstseins und seiner Primrealität subjektiv gefühlter Strukturen könnte der Geist auch mehr umfassen? Könnte eine Definition des Geistes als etwas, das mit einem Energie- und Informationsfluss zu tun hat, jenseits dieser üblichen Beschreibungen formuliert werden?

Um diese grundlegenden Fragen anzugehen, müssen wir die Natur dieses Systems analysieren, von dem wir ausgehen, dass es den Geist entstehen lassen könnte.

Das System des Energie- und Informationsflusses in und zwischen uns verfügt über drei Eigenschaften: 1) Es ist offen für Einflüsse außerhalb seines selbst; 2) Es kann chaotisch, bedeutsam, unbestimmt und in seiner Entfaltung zufällig sein; und 3) Es ist nicht-linear, was bedeutet, dass kleine Inputs zu großen, nicht leicht vorhersagbaren Ergebnissen führen. Diese drei Kriterien ermöglichen es Mathematikern, für einige insbesondere das dritte, ein System als komplex zu definieren; offen, potenziell chaotisch und nicht-linear.

Einige Menschen hören den Begriff komplex und werden nervös. Sie möchten verständlicherweise mehr Einfachheit in ihrem Leben haben. Aber kompliziert zu sein ist nicht das Gleiche wie komplex zu sein. Komplexität ist in vielerlei Hinsicht auf elegante Art und Weise einfach.

Wenn Sie über Ihr eigenes Leben, Ihre Innere Erfahrung und Ihre relationalen Welten nachdenken, bemerken Sie, dass diese drei Charakteristika gegenwärtig sind? Während des Spaziergangs am Strand dachte ich über mein eigenes Leben nach, über die Erfahrung des Geistes und stellte mir vor, wie offen, potenziell chaotisch und nicht-linear es gewesen war. Wenn Sie auch so fühlen, dann könnten Sie die sich ergebende Schlussfolgerung verstehen und vielleicht sogar die Aufregung, sagen zu können, dass der Geist ein Aspekt eines komplexen Systems ist.

Große Sache. Doch warum sollte sich jemand darum kümmern?

Nun, die Bedeutung dieser Sichtweise beruht auf den Implikationen, die sich mit den folgenden Fakten und der induktiven Schlussfolgerung ergeben. Ein System besteht aus interagierenden Grundelementen. Eine Eigenschaft komplexer Systeme besteht darin, dass sie über emergente Eigenschaften verfügen – Aspekte des Systems, die sich einfach aus der Interaktion von Elementen des Systems ergeben. In diesem Fall des Systems des Geistes sind die Elemente, die wir als die Grundzüge, die Essenz dieses Systems, vorschlagen, Energie und Information. Die Modalitäten, in denen diese Elemente interagieren, werden im Energie- und Informationsfluss offenbar. Das ist das Was des Geistes, zum Teil. Und das Wo? In uns – innerhalb des Körpers als einem Ganzen, nicht nur im Kopf – und zwischen uns – in unseren Beziehungen zu anderen Menschen und zu unserer Umgebung, zur Welt.

In Ordnung, das ist das Wo und das Was zum Teil – etwas, das auf natürliche Art und Weise aus dem Energie- und Informationsfluss innen und zwischen entsteht.

Gut. Als Nächstes sehen wir, dass eine emergente Eigenschaft komplexer Systeme einen faszinierenden Namen hat: Selbstorganisation. Direkt aus der Mathematik kommend, ist der Prozess der Selbstorganisation die Art und Weise, in der ein komplexes System sein eigenes Werden reguliert. Mit anderen Worten, das Entstehen aus einem System (der emergente Aspekt) ist eine Art Prozess, der in einer rekursiven, selbstverstärkenden Manier seine eigene Entfaltung (Selbstorganisation) organisiert.

Wenn sich das nicht eingängig anfühlt, sind Sie nicht allein. Was das bedeutet, ist, dass etwas entsteht, das zurückkehrt und das reguliert, aus dem es entstanden ist. Das ist der emergente, selbstorganisierende Aspekt eines komplexen Systems.

Ich fragte mich, was wäre, wenn der Geist die selbstorganisierende Fähigkeit des Energie- und Informationsflusses wäre, während er sich in und zwischen uns entfaltet?

Andere hatten das Gehirn als ein selbstorganisierendes System beschrieben, aber was wäre, wenn der Geist nicht bloß auf das Gehirn beschränkt wäre? Einige Denker haben den Geist als verkörpert beschrieben (Varela, Thompson & Rosch, 1991). Doch was wäre, wenn der Geist nicht ganz, nicht vollständig verkörpert wäre, sondern auch ganz, vollständig relational? Was wäre, wenn das ganze System nicht auf den Schädel beschränkt, nicht einmal von Haut begrenzt wäre? Könnte jenes System nicht ein ganzheitliches sein, ein offenes, potenziell chaotisches, nicht-lineares System eines Energie- und Informationsflusses, das sowohl in als auch zwischen uns liegt? Und wenn ja, könnte es nicht eine mathematisch untermauerte Idee eines emergenten selbstorganisierenden Prozesses geben, der sowohl aus dem Innen- als auch dem Zwischen-Sein entsteht? Statt an zwei Orten zugleich zu sein, ist das System des Energie- und Informationsflusses ein System, ein Ort, der nicht an unsere Gehirne oder Körper gebunden ist.

Schädel und Haut sind keine limitierenden Grenzen des Energie- und Informationsflusses.

Das Innerhalb- und Zwischen-Sein dieses einen Prozesses des Geistes zu akzeptieren war und bleibt etwas, das nicht dem entspricht, wie Akademiker oder Kliniker über das mentale Leben zu reden pflegen. Ein Prozess, der in und zwischen uns verteilt ist? Oberflächlich betrachtet, macht das keinen Sinn. Doch dies war die Grundidee, die mich innerlich bewegte, inmitten eines Meers von Vorstellungen vom Geist als bloßer Gehirnaktivität in diesem Jahrzehnt des Gehirnes.

Jenseits der wichtigen subjektiven Qualität des Geistes, jenseits sogar unseres Gewahrseins dieser Subjektivität und vielleicht sogar getrennt von unserer Informationsverarbeitung, war die Idee diese: Könnte ein Aspekt des Geistes als eine sich selbstorganisierende, emergente Fähigkeit dieses komplexen Systems verkörperten und relationalen Energie- und Informationsflusses gesehen werden?

Ich kehrte von jenem Spaziergang am Strand zurück und las mehr darüber, um mich für das nächste wöchentliche Treffen vorzubereiten, und es war verblüffend. Ich konnte in der Literatur nichts darüber finden, um die Verbindung des Verkörperten mit dem Relationalen zu untermauern, aber es schien mir eine logische Schlussfolgerung aufgrund der Mathematik der komplexen Systeme und des Nachsinnens über den Geist als Teil eines offenen, potenziell chaotischen, nicht-linearen Systems unseres Lebens zu sein. Wenn man das Grundelement als Energie- und Informationsfluss ansah, dann könnte vielleicht gemeinsam eine Brücke gebaut werden, die das Lebenswerk sowohl der Neurowissenschaftler als auch der Anthropologen und aller im Raum Befindlichen verbinden würde. In dieser nächsten Woche schlug ich den 40 versammelten Akademikern vor, dass wir folgende Arbeitsdefinition dieses einen Aspektes des Geistes in Betracht ziehen könnten: ein verkörperter und relationaler, selbstorganisierender, emergenter Prozess, der den Energie- und Informationsfluss sowohl innen als auch dazwischen reguliert.

In zusammengefasster Form, dieser sich selbstorganisierende Aspekt des Geistes kann kurz definiert werden als ein verkörperter und relationaler Prozess, der den Energie- und Informationsfluss reguliert.

Wo tritt dies auf? In Ihnen und zwischen Ihnen. Was ist es? Zumindest ein Aspekt des Geistes – nicht die Totalität des Geistes, aber ein wichtiger Zug – kann als ein sich selbst organisierender Prozess betrachtet werden, der aus dem Energie- und Informationsprozess in und zwischen uns entsteht und diesen reguliert.

Dieser Vorschlag eines Aspektes des Geistes als eines verkörperten und relationalen sich selbstorganisierenden, emergenten Prozesses des Energie- und Informationsflusses erklärt nicht die Primrealität subjektiver Erfahrung, aber könnte sich als mit ihr verbunden herausstellen, und zwar auf Arten und Weisen, die wir noch nicht verstehen. Oder es könnte sein, dass die subjektive Erfahrung gelebten Lebens, obgleich vielleicht eine emergente Eigenschaft des Energieflusses, etwas ist, das sich von der Selbstorganisation unterscheidet. Wir werden dieser Frage auf unserer Reise nachgehen,

Diese Sichtweise erklärt nicht das Bewusstsein, unsere Fähigkeit, gewahr zu sein und eine Wahrnehmung des Wissens zu haben. Innerhalb dieses Bewusstseins haben wir auch ein Gewahrsein des Wissens, und sogar eine Wahrnehmung des Wissenden. Aber diese Aspekte des Bewusstseins – wie die subjektive Erfahrung, die wir beim Gewahrsein haben – könnte desgleichen aus dem Energiefluss entstehen, sich aber letztlich von dem selbstorganisierenden Aspekt des Geistes unterscheiden.

Auch die Informationsverarbeitung könnte ein Teil der Selbstorganisation sein, obgleich die Vorstellung einer Regulation des Energie- und Informationsflusses, in jeder dieser Facetten des Geistes, höchstwahrscheinlich mit der Selbstorganisation verknüpft zu sein scheint. Wir werden die Wechselbeziehungen dieser vier genannten Facetten des Geistes im Auge behalten; Subjektivität, Bewusstsein, Informationsverarbeitung und Selbstorganisation. Jede von ihnen könnte verkörpert und relational sein, aber die genauen Wechselbeziehungen dieser Facetten werden im Brennpunkt unserer Erkundungsreise stehen.

Es ist auch wichtig, anzumerken, dass dieser Aspekt der Selbstorganisation des Geistes – obgleich die subjektive Realität, das Bewusstsein und sogar die Informationsverarbeitung letzten Endes innerhalb unseres Körpers, vielleicht sogar dominant im Gehirn, verortet sein könnte – auf beide, den Körper wie die Beziehungen, verteilt sein könnte. Je mehr wir jedoch Phänomene wie das Cloud-Computing [dt. „Datenwolken“, A.d.Ü.] und die Arten und Weisen betrachten, auf denen miteinander verbundene Computer gemeinsam zur Informationsverarbeitung beitragen können – eine Verarbeitung, die zumindest teilweise von den Absichten der Menschen gesteuert ist –, desto wahrscheinlicher ist es, dass das Innen- und Zwischen-Sein ein fundamentaler Part der Informationsverarbeitung eine Facette des Geistes ist. Wir werden diese Probleme noch eingehender auf unserer Weiterreise erkunden, einschließlich des Bewusstseins und seiner wahrgenommenen Subjektivität.

Es ist diese Differenzierung der Facetten des Geistes, die uns helfen kann, freier und ganzheitlicher bei unserem Erkundungsversuch, den Geist zu definieren. Diese sorgfältigen Unterscheidungen könnten auch hilfreich sein, einige der Spannungen zwischen den Forschern zu reduzieren, die verschiedene Facetten mentaler Erfahrung studieren könnten, ohne zu bemerken, dass diese differenzierte Aspekte einer einzigen Realität sein könnten, der Realität des Geistes. Sprache und sorgfältige Reflexion könnten Klarheit schaffen, die kollaborative Verbindungen fördern könnte.

Damit ganz klar ist: Diese Arbeitsdefinition des Geistes als eines verkörperten und relationalen selbstorganisierenden Prozesses maßt sich nicht an, die Ursprünge der subjektiven Realität, des Bewusstseins oder der Informationsverarbeitung zu erklären. Aber was sie anbietet, das ist ein übersichtlicher Arbeitsplatz, von dem aus wir uns tiefer in andere wichtige Aspekte des Geistes versenken können. Sie legt nahe, dass diese selbstorganisierende Facette des Geistes auf natürlichem Wege dem Energie- und Informationsfluss entspringt und diesen auch reguliert – in und zwischen uns. Diese Sichtweise klärt nicht nur das Was, sondern auch das Wo dieses Aspektes des Geistes.

Beziehungen sind die Art und Weise, wie wir Energie und Informationen teilen. Die Begriffe Gehirn oder verkörpertes Gehirn beziehen sich auf den verkörperten Mechanismus des Energie- und Informationsflusses. Dieser Vorschlag legt nahe, dass zumindest eine Facette des Geistes der verkörperte und relationale selbstorganisierende, emergente Prozess ist, der aus dem Energie- und Informationsfluss entspringt und diesen reguliert. Mit anderen Worten, der Energie- und Informationsfluss ist verkörpert (das verkörperte Gehirn oder einfach das Gehirn), wird geteilt (Beziehungen) und reguliert (Geist).

Einige Akademiker bekümmerte diese Definition, wie mir ein Professor persönlich mitteilte: „Energie ist kein wissenschaftliches Konzept und sollte niemals dazu verwendet werden, um den Geist zu beschreiben.“ Doch wenn Physik Wissenschaft ist, ist Energie angemessen für einen wissenschaftlichen Vorschlag. Ein anderer Forscher sagte, dass diese Sichtweise „den Geist vom Gehirn trennt“ und „uns in der Wissenschaft zurückwirft“. Aber obwohl wir diese Sorgen ernst nehmen können, bewirkt der Vorschlag, meiner Ansicht nach, genau das Gegenteil. Er bringt die verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen eher zusammen, als sie zu trennen, wie das allzu häufige Ergebnis zeitgenössischer Herangehensweisen (siehe Mesquita, Barret & Smith, 2010). Dieser Vorschlag trennt das Gehirn überhaupt nicht vom Geist; er legt vielmehr ihre tiefe Wechselbeziehung nahe. Tatsächlich rückt er ein wichtiges von wissenschaftlicher Seite häufig unbeachtetes, aber grundlegendes Element des menschlichen Lebens und Geistes ins Blickfeld – unsere Beziehungen zueinander und zur Welt, in der wir leben.

Gehirn, Beziehungen und Geist sind drei Aspekte einer Realität: Energie- und Informationsfluss. Diese Perspektive kann als Dreieck menschlicher Erfahrung angesehen werden.

Diese Sichtweise teilt die Wirklichkeit nicht in voneinander getrennte, unabhängige Stücke; sie anerkennt vielmehr ihre miteinander verbundene Natur.

Beziehungen, das verkörperte Gehirn und der Geist sind drei Aspekte einer Realität, wie die beiden Seiten und der Rand einer Münze. Der Geist ist Teil eines komplexen Systems mit dem fundamentalen Element des Energie- und Informationsflusses. Die eine Realität dieses Systems ist im Energie- und Informationsfluss geteilt, verkörpert und reguliert.


Das Dreieck menschlicher Erfahrung: Energie- und Informationsfluss.

Diese Definition erhellt auch einige der fundamentalen Vorstellungen des Wer, Was, Wo, Wie und Warum des Geistes. Wer wir sind, wird durch den Energie- und Informationsfluss geformt. Was wir sind, ist das Teilen,

Verkörpern und die Regulation dieses Flusses. Wo wir sind, ist sowohl im Körper, in den wir hineingeboren wurden, und in den Beziehungen, die den Körper mit anderen Menschen und anderen Orten verbinden, anderen Entitäten jenseits der Körpers selbst. Wie sich all dies entfaltet, werden wir im nächsten Beitrag tiefgehend erkunden – aber aus dieser Perspektive können wir sehen, dass der Geist eine emergente Eigenschaft unseres Innen- und Zwischen-Seins ist. Das Warum ist eine große philosophische Frage, aber aus der Perspektive eines komplexen Systems betrachtet, könnte das Warum einfach ein Ergebnis der Emergenz der Komplexität, der Fähigkeit zur Selbstorganisation sein.

Und was hat es mit dem Wann des Geistes auf sich? Unsere Wahrnehmung des Wann entfaltet sich, wenn Energie entsteht, von Augenblick zu Augenblick – sogar dann, wenn wir über die Vergangenheit nachdenken oder uns die Zukunft vorstellen. Emergenz findet jetzt statt, und jetzt, und jetzt. Auf einer Erfahrungsebene ist der Fluss die Entfaltung des Jetzt aus dem Offenen über das Emergente hin zum Fixen, wie wir bei dem Versuch gesehen haben, die Vorstellung von Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit neu auszurichten. Wenn Zeit nicht als Entität existiert, die selbst fließt, wie wir erwähnten, dann kann der Begriff des Flusses in unserer Definition einfach als eine bedeutsame Veränderung angesehen werden. Ja, etwas kann sich über die Zeit verändern, aber Veränderung entfaltet sich im Raum und kann sich sogar über andere Aspekte von Energie und Informationen wie etwa die Bewegung der Position entlang der Wahrscheinlichkeitsverteilungskurve entfalten. Transformationen in Mustern, Veränderungen in der Wahrscheinlichkeitsverteilung und Wechsel in vielen Aspekten der Energie wie Dichte, Amplitude, Frequenz und sogar Form sind das, was der Energiefluss nach sich zieht.

Daher ist jetzt jetzt. Und Veränderung ist meistens unvermeidlich.

Diese Veränderung kann durch das stattfinden, was wir Zeit nennen, wenn diese existiert, und sie kann durch den Raum stattfinden oder durch eine Reihe von Eigenschaften der Energie selbst. Veränderung kann desgleichen in der Natur der symbolisierten Informationen stattfinden. Beispielsweise heißt es in der Kognitionswissenschaft oftmals, dass Informationen selbst zu weiteren Informationsverarbeitungen führen. Der Begriff mentale Repräsentation ist selbst eher wie ein Verb statt wie ein Substantiv aufzufassen – die Repräsentation von zum Beispiel einer Erinnerung, ihre Re-präsentation, führt zu weiteren Re-Präsentationen, zu mehr Erinnern, und der Emergenz von mehreren Erinnerungen, Reflexionen, Gedanken und Gefühlen. Wir sind ein stets emergenter Prozess eines Energie- und Informationsflusses, während sich Ereignisse jetzt entfalten. Wahrscheinlichkeiten verändern sich, während Möglichkeiten sich in Wirklichkeiten verwandeln.

Wir werden uns auf der vor uns liegenden Reise tiefer in das Mysterium und die Magie des Wenn des Geistes vertiefen. Doch für den Augenblick können wir festhalten, dass das Wann des Geistes, das Augenblick für Augenblich entsteht, eine Bedeutung der Unmittelbarkeit erhält in der Emergenz des mentalen Lebens, und zwar vom Energie- und Informationsfluss in all diesen Tausenden von potenziellen Manifestationen – all den fortwährend geschehenen Veränderungen in diesem Moment. Diese Emergenz entfaltet sich, während wir reden und nachdenken, sogar wenn wir über die Vergangenheit fixer Momente in Rückbesinnungen jetzt nachdenken, uns die Zukunft offener Momente vorstellen und das Lebens erfahren als eine Emergenz des Jetzt, und Jetzt, und Jetzt. Wechsel und Wandelungen emergieren andauernd, jetzt.

Damals, zu Beginn des Jahrzehntes des Gehirnes, war die Emergenz eines relationalen Geistes in jener Ansammlung eigenständig denkender Individuen in unserer Gruppe eine anregende Sache. Sie konnten sie im Raum spüren, die Aufregung, die Entwicklung des Verständnisses.

Ich werde niemals vergessen, in den ständig emergierenden Augenblicken meines Geistes, sogar beim Nachsinnen darüber, was an jenem Tag geschah, als ich zur Gruppe kam.

Die Gruppe akzeptierte diese Arbeitsdefinition einhellig – alle 40 Fachleute der breitgefächerten Disziplinen. Wir trafen uns weiterhin regelmäßig und diskutierten wilde und wunderbar emergierende Ideen über den Geist und das Gehirn für die Zeitdauer von viereinhalb Jahren.


Foto von Madeleine Siegel


Das System des Geistes: Komplexe Systeme, Emergenz und Kausalität

Wenn wir in Betracht ziehen, dass unser Geist ein Teil eines interagierenden, miteinander verbundenen Systems ist, das unseren Körper und unser Gehirn genauso umfasst wie unsere Umgebung, in der wir leben, einschließlich unserer sozialen Beziehungen, könnten wir in der Lage sein, in Einklang zu bringen, wie der Geist Teil eines Systems sein kann, das sich an zwei Orten gleichzeitig befindet. Um dieses mögliche System des Geistes zu verstehen, werden wir hier die Wissenschaft der Systeme erforschen.

Lassen Sie uns mit System im Allgemeinen beginnen. Ein System besteht aus grundlegenden Elementen. Diese Elemente verändern und verwandeln sich, interagieren untereinander und, wenn es sich um offene Systeme handelt, mit der Welt um sie herum. Ein solches offenes System ist beispielsweise eine Wolke. Die grundlegenden Elemente von Wolken sind Wasser- und Luftmoleküle. Diese Moleküle interagieren miteinander und verändern sich, wechseln ihre Form, während sie sich im Raum bewegen. Wolken werden offene Systeme genannt, weil sie von Dingen außerhalb ihrer selbst beeinflusst werden, wie etwa verdampfendes Wasser aus Strömen, Seen und Ozeanen darunter, Wind und Sonnenlicht. Die Formen der Wolken, von diesen äußeren Faktoren beeinflusst, und die inneren Luft- und Wassermoleküle verändern sich ständig, wenn sie am Himmel zum Vorschein kommen.


Systeme kommen in verschiedenen Typen und Größen vor – einige sind geschlossen und groß, wie das Universum, andere sind offen und begrenzter in der Größe, wie jene Wolken am Himmel. Im Körper haben wir viele Systeme wie das kardiovaskuläre, das Atmungs-, Immun- und Verdauungssystem, Es gibt auch das Nervensystem des Körpers, ein anderes Beispiel für ein offenes System, das von Elementen des weiteren Körpers und sogar von außen beeinflusst wird – wie diese Worte, die Sie gerade lesen. Tatsächlich stammen die Zellen des Nervensystems vom Ektoderm des Fötus – seiner äußeren Schicht –, und daher teilen unsere Neuronen die fundamentalen Arten und Weisen, wie unsere Haut als Schnittstelle zwischen den Innen- und Außenwelten fungiert. Als Teil des Körpers selbst existiert das Nervensystem innerhalb des größeren Systems des ganzen Körpers. Als ein offenes System interagiert auch der Körper mit der weiteren Welt. Die Begriffe innere und äußere beziehen sich einfach auf die räumlichen Bezeichnungen von Aspekten unseres einen offenen Systems, das sich fortwährend in unserem Alltagsleben entfaltet.

Wir können unseren Geist für die Vorstellung öffnen, dass das System des Geistes nicht bloß der innere Aspekt des Nervensystems innerhalb unserer Köpfe ist. Das Geist-System könnte etwas mehr sein, etwas, das wir erforschen werden, etwas, das selten diskutiert wird, aber etwas, das wir erhellen und vielleicht sogar definieren können.

Das Nervensystem besitzt einen Aspekt, der innerhalb des Schädels liegt – das, was wir einfach das Gehirn nennen. Die Verteilung der neuronalen Aktivität innerhalb des Schädels ist durch Verbindungsstücke unter den weit auseinanderliegenden Regionen im Gehirn miteinander verknüpft. Die individuellen Zellen, die Neuronen, und die unterstützenden Gliazellen sind selbst von Membranen umhüllte Mikrosysteme. Doch selbst diese Nervenzellen sind offen, miteinander verknüpft und mit den anderen Zellen des Körpers verflochten, nah und fern. Nuclei genannte Zellhaufen verbinden sich, um Zentren zu bilden, und Zentren können Teil größerer Regionen sein. Einige Neuronen dienen dazu, entfernte Nuclei, Zentren und Regionen untereinander zu verbinden, und bilden Schaltkreise. Und diese verschieden großen Zellhaufen von Neuronen können innerhalb der beiden Gehirnhälften miteinander verbunden sein.

Und so besteht das Nervensystem, vom Miko- bis zum Makrobereich, aus Schichten miteinander agierender Komponenten, die selbst offene Subsysteme sind, die ihre Strukturen und Funktionen in ein größeres, offenes System einbetten. Eine derartige Zusammenschaltung, heute das Konnektom2 genannt, offenbart, wie das Gehirn im Kopf selbst ein System ist, bestehend aus vielen miteinander verknüpften Teilen, und wie sie miteinander funktionieren. Dieses Kopf-Gehirn ist mit dem Rest des Nervensystems und Körpers als Ganzem verbunden. Wir sind sogar im Begriff, zu lernen, wie die Bakterienzellen in unseren Gedärmen, unser Mikrobiom3, unmittelbar die Art und Weise beeinflusst, wie die Neuronen im Kopf, unser Gehirn, in unserem Alltagsleben funktionieren.

Doch welche verschiedenartigen Dinge auch immer dieses neuronale Feuern formen, was macht die Gehirnaktivität tatsächlich aus? Wenn wir auf die Zellebene hinuntergehen, was passiert, wenn Neuronen feuern – die Basis dessen, was einige für den einzigen Ursprung des Geistes halten? Was macht diese zelluläre Teilmenge des Nervensystems, selbst eine Teilmenge des physiologischen Systems des Körpers, das Körpersystem, tatsächlich? Neuronale Aktivität, sagen Sie. Gut. Aber was heißt neuronales Feuern wirklich?

Was wir zu diesem Zeitpunkt für die essenzielle Natur der neuronalen Aktivität halten, ist, dass die Basiszellen, die Neuronen, aktiv sind und sich durch den Fluss von Energie in Gestalt elektrochemischer Energieumwandlungen untereinander verbinden. Ob dies auf der Membranebene mit Hilfe eines so genannten Aktionspotenzials oder eines Energieprozesses innerhalb der Mikrotubuli4 tief im Innern der Neuronen selbst geschieht, es findet irgendein Energiewechsel auf den zellulären und subzellulären Ebenen statt. Ein Aktionspotenzial ist die Bewegung geladener Teilchen, Ionen genannt, in und aus der Zellmembran. Wenn dieser Fluss, das Äquivalent einer elektrischen Ladung, das lange Ende des Axons5 erreicht, wird eine chemische Neurotransmitter genannte Substanz in die Synapse, den Raum zwischen zwei verbundenen Neuronen, ausgeschüttet. Dieses Molekül funktioniert wie ein Schlüssel und wird vom Schloss eines Rezeptors der Membran des nachgeschalteten Neurons, am Dendriten oder Zellkörper, aufgenommen, um das Einsetzen eines Aktionspotenzials dieses empfangenden, postsynaptischen Neurons zu aktivieren oder zu verhindern. Es gibt wahrscheinlich noch sehr viele andere zu studierende Prozesse, und zwar sowohl auf der Membranebene als auch in den Bestandteilen der Neuronen und anderen Zellen selbst. Doch zu diesem Zeitpunkt gehen wir im Allgemeinen davon aus, dass die Gehirnaktivität eine Form des Energieflusses ist, die wir als elektrochemische Energie bezeichnen können. Wir können diese Gehirnaktivität mit Magneten und elektrischen Geräten messen; und wir können diese Aktivität mit Hilfe von Magneten und elektrischen Reizen beeinflussen. Dieser Energiefluss ist real und messbar.

Zumindest können wir sagen, dass die Gehirnaktivität mit dem Energiefluss assoziiert ist.

Wenn diese Muster des Energieflusses etwas symbolisieren, können wir diese Informationen nennen. In der Gehirnterminologie verwenden Wissenschaftler die Worte neuronale Repräsentation, um ein Muster eines neuronalen Feuerns zu bezeichnen, das für etwas anderes als für sich selbst steht. Wie wir gesehen haben, ist dies eine „Re-präsentation“ von etwas anderem als von dem, was ursprünglich präsentiert wurde. Für den Geist gebrauchen wir den Begriff mentale Repräsentation. Der einfachste Weg, zu beschreiben, aus was die Aktivität des Gehirnes besteht, ist dieser: der Fluss von Energie und Informationen.

Wie diese Gehirnaktivität, dieses neuronale Feuern, zu Ihrer subjektiven mentalen Erfahrung wird, weiß niemand. Wie wir erwähnt haben, ist dies das große Unbekannte für uns Menschen, ein nicht oft diskutiertes Unbekanntes. Die Annahme lautet, dass wir eines Tages herausfinden können, wie die Gehirnaktivität den Geist entstehen lässt, aber zum jetzigen Zeitpunkt sollte dies lediglich als bloße Vermutung angesehen werden. Doch gibt es überzeugende Belege dafür, dass jenes Feuern des Gehirnes irgendwie mit dem Bewusstsein und unseren subjektiven Erfahrungen von Gefühlen und Gedanken, mit unbewusster Informationsverarbeitung unterhalb des Gewahrseins und sogar mit unserem objektiven Sprachvermögen und anderen äußerlich sichtbaren Verhaltensweisen in Verbindung steht.

Vorausgesetzt, dass Gehirnaktivität tatsächlich Energiefluss ist, wie wir es gerade beschrieben haben, lassen Sie uns sehen, ob wir mit dieser wissenschaftlichen Entdeckung beginnen können und unseren Weg hin zu unserem Vorschlag einer breiteren Sichtweise des Geistes logisch untermauern können. Lassen Sie uns annehmen, dass sie etwas mit dem Energiefluss zu tun hat, der die Emergenz des mentalen Lebens entstehen lässt, sie ermöglicht, verursacht oder erleichtert. Das ist eine große Vermutung, aber auch ein verbreiteter Glaube, doch lassen Sie es uns eine Weile lang ausprobieren und sehen, wie es funktioniert. Es ist der Standpunkt moderner Wissenschaft. Neuronales Feuern führt zu Geist. Lassen Sie es uns klar und deutlich sagen, auch auf die Gefahr hin, redundant zu sein: Niemand hat nachgewiesen, wie das physikalische Geschehen des Energieflusses und die mentale subjektive Erfahrung gelebten Lebens miteinander in Verbindung stehen. Niemand. Viele Forscher glauben, sie seien im Begriff, es zu tun, und es könnte absolut wahr sein, aber niemand weiß mit Sicherheit, wie dies geschieht. Was moderne Wissenschaft zu tun scheint, besteht darin, den Prozess „neuronale Aktivität lässt Geist entstehen“ auf das zu beschränken, was im Kopf vor sich geht. Lassen Sie uns die Annahme, dass der Kopf eine Monopolstellung bei der Entstehung des Geistes hat, in den Blick nehmen.

Als Teil des weiteren Nervensystems fließen Energie und Informationen nicht nur durch den Kopf, sondern auch durch den gesamten Körper. Das parallel verteilte Verarbeitungssystem (PDP)6 spinnennetzartig miteinander verbundener Schaltkreise im Kopf ist mit neuronalen Netzwerken verknüpft, die im ganzen Körper, innerhalb des komplexen autonomen Nervensystems und seiner sympathischen und parasympathischen Zweige, im intrisischen Nervensystem des Herzens und vielleicht sogar im komplexen neuronalen Systems der Gedärme (Mayer, 2011) verteilt sind. Studien zeigen beispielsweise, dass unsere Gedärme über Neurotransmitter wie Serotonin verfügen, die, zusammen mit dem Mikrobiom von Organismen, die diese innere Verdauungsröhre bewohnen, direkt unsere Gesundheit und unsere mentalen respektive psychischen Zustände beeinflussen – unsere Gedanken, Gefühle, Absichten und sogar Verhaltensweisen – wie das, was wir essen möchten (Bauer et. Al., 2015; Bharwani et al., 2016; Dinan et al., Moloney et al., 2015; Perlmutter, 2015).

Eine Frage, die wir sodann natürlich in Betracht ziehen können, ist folgende: Wenn das System, das den Geist entstehen lässt, wie von vielen modernen Wissenschaftlern vorgeschlagen wird, mit diesem verteilten Energiefluss neuronaler Aktivität des Gehirnes im Kopf (irgendwie) verbunden ist, warum könnte ein breiterer und fundamentalerer Prozess eines „Energiefluss lässt den Geiste entstehen“ nicht das gesamte Nervensystem umfassen? Wenn Geist, auf noch zu bestimmende Arten und Weisen, ein Produkt, ein Merkmal oder ein Aspekt des Energieflusses ist, warum sollte der Prozess des Geistes als ein aus diesem Fluss emergierender auf den Schädel oder sogar das Nervensystem beschränkt sein, wenn dieser Fluss an Orten jenseits des Kopfes und sogar jenseits unserer neuronalen Verbindungen stattfindet? Was würde den Kopf zur einzigen Quelle des Geistes machen? Könnte dieser Energiefluss-zum-Geist nicht das gesamte Nervensystem umfassen? Und könnte und würde dieser Fluss nicht auch verschiedene andere Körperregionen einschließen? Warum sollte – oder wie könnte – dieses System aus Energie- und Informationsfluss auf die Innenseite des Schädels beschränkt sein?

Mit anderen Worten, wenn Geist irgendwie aus dem Energiefluss emergiert, könnte und würde er mit Sicherheit dem Gehirn im Kopf entspringen. Absolut. Aber wie könnte er und warum sollte er auf das Innere des Schädels beschränkt sein? Wenn der Energie- und Informationsfluss irgendwie die Quelle des Geistes ist, ist dieser Fluss nicht auf den Schädel beschränkt.

Mit dieser breiteren Perspektive sagen wir nun, dass der Geist ganz und gar verkörpert ist, und nicht nur „eingschädelt“.

Daher schlagen wir zumindest vor, dass das System, das den Geist entstehen lässt, ihn als einen Aspekt seiner selbst hat, als sein Grundelement den Energiefluss hat. Manchmal steht jene Energie für etwas anderes als sie selbst oder symbolisiert etwas anderes. In diesem Fall sagen wir, dass die Energie über Informationen verfügt. Daher ist etwas an dem Energie- und Informationsfluss, das für den Geist fundamental sein könnte.

Obgleich es nicht der üblichen Sichtweise entspricht, können wir die Perspektive in Erwägung ziehen, dass der Geist auf grundlegende Art und Weise in Verbindung zum Energie- und Informationsfluss steht. Wie wir gesehen haben, wenn wir uns des Weiteren vorstellen, dass dieses Geist-System sich jenseits der Grenzen der Haut, jenseits eines einzelnen Schädels und sogar eines einzelnen Körpers erstreckt, zu einer Art verteilter Verarbeitung, bei der Geist auch aus unseren sozialen Verbindungen des untereinander geteilten Energie- und Informationsflusses entsteht, gewinnen wir eine viel breitere Einsicht in das, was die Essenz des Geistes sein könnte. Könnte man sich den Geist nicht eingebettet in unseren Verbindungen zu anderen und zu unserer Umgebung vorstellen, einen Geist, der nicht nur verkörpert, sondern auch relational ist? Von diesem Standpunkt aus betrachtet, ist der Geist sowohl ein total verkörperter als auch ein relational eingebetteter Prozess. Es ist nicht so, dass das Gehirn einfach nur auf soziale Signale von anderen antwortet; wir schlagen vor, dass der Geist innerhalb dieser Verbindungen wie auch innerhalb des Körpers selbst emergiert. Es sind diese sozialen und neuronalen Verbindungen, die sowohl die Quelle als auch der Former des Energie- und Informationsflusses sind.

In der Terminologie von Systemen ausgedrückt, Energie wird nicht durch den Schädel oder die Haut begrenzt.

Der verkörperte und eingebettete Energie- und Informationsfluss – nicht bloß der „eingeschädelte“ – deutet auf das breitere System hin, das wir als den Ursprung des Geistes vorschlagen. Wenn diese Sichtweise stimmt, dann könnten wir einfach behaupten, dass der Geist sowohl verkörpert als auch relational ist.

Den Geist als relational zu betrachten, ist nicht neu, wie Soziologen und Anthropologen genauso wie Linguisten und Philosophen bestätigen werden. Doch wie können wir die soziale Sichtweise mit der neuronalen Sichtweise des Geistes kombinieren? Heutzutage würdigen auch die modernen sozialen Neurowissenschaftler die Kraft der Beziehungen. Doch selbst in dieser Sparte der Neurobiologie, die selbst ein Zweig der Biologie ist, wird der Geist häufig als Gehirnaktivität betrachtet, und das soziale Gehirn antwortet einfach auf soziale Stimuli – genauso wie das Gehirn auf Licht oder Klang aus der physischen Welt reagiert, indem es uns zu sehen und zu hören ermöglicht. Dieser häufig vertretenen Sichtweise zufolge reagiert das Gehirn einfach auf Reize außerhalb seiner selbst, ganz gleich, ob physischen oder sozialen Ursprungs. Aus dieser gegenwärtigen neurowissenschaftlichen Perspektive betrachtet, bleibt die Gehirnaktivität der Ursprung des Geistes.

Hier ist der Vorschlag, den ich Ihnen unterbreiten möchte und den ich zumindest in Erwägung ziehe: Geist ist nicht nur das, was das Gehirn macht, nicht einmal das soziale Gehirn. Der Geist könnte etwas sein, das aus einer höheren Ebene eines funktionierenden Systems emergiert, und nicht einfach das, was im Inneren des Schädels geschieht. Die Grundelemente dieses Systems sind Energie- und Informationsfluss – und dieser Fluss findet in und zwischen uns und anderen und der Welt statt.

Und so kamen wir zu der Vorstellung, dass die Verortung des Geist-Systems, das unsere Identität formt, nicht auf den Schädel und nicht auf die Grenzen der Haut begrenzt ist. Geist ist aus dieser Sicht sowohl ganz verkörpert als auch relational eingebettet.

Dieses Geist-System besteht aus einem Energiefluss innerhalb eines komplexen Systems. Doch wie ist diese Emergenz aus komplexen Systemen verknüpft mit den Vorstellungen von Kausalität, freiem Willen, Wahl- und Entscheidungsmöglichkeit und Veränderung?

Das Studium der Ursache-Wirkung-Beziehungen ermöglicht uns ein neues Verständnis und öffnet die Tür für neue Funktionsweisen in der Welt, einschließlich des Fliegens um diesen Planeten herum, wie ich es gerade in diesem Flugzeug tue, oder des Verlassens dieses Planeten um anderer Reiseziele willen. Der Zweig der Physik, der sich unmittelbar mit der Eigenschaft von Energie beschäftigt, der Bereich der Quantenmechanik, offenbart, wie sich die Realität aus einer Reihe von Wahrscheinlichkeiten zusammensetzt, und eben nicht aus absoluten Gewissheiten wie in der klassischen respektive der Newtonschen Physik. Sogar mit Hilfe dieser Entdeckungen der Quantenphysik weisen Studien eines Nicht-Lokalität oder [Quanten]Verschränkung genannten Prozesses einen Weg auf, wie wir Elektronen sich hier drehen lassen und sie dazu bringen können, nahezu unverzüglich an einen entfernten Ort zu wechseln. Ist das kausal? Manche würden „ja“ sagen, andere würden einfach sagen, dass diese Entdeckung, nun sogar der breiten Masse verständlich, offenbart, wie eng die Dinge miteinander verbunden sind, obwohl wir ihre Verbindungen nicht sehen können. Man kann sehen, dass Dinge ursächliche Einflüsse haben können, wenn sie alle miteinander verbunden sind. Beeinflussen Sie ein Element hier und ein Element dort wird genauso beeinflusst.

Der Geist kann als etwas betrachtet werden, das das Gehirn dazu veranlasst, auf bestimmte Arten und Weisen zu feuern. Wir können auch erkennen, dass das Gehirn den Geist dazu bringen kann, sich in einem besonderen Muster zu entfalten. Geist und Gehirn könnten miteinander verbunden sein und sich gegenseitig beeinflussen. Zumindest können wir erkennen, dass aufgeschlossen zu bleiben im Hinblick auf die Richtung der Kausalität und die Tatsache, dass sich diese Einflussrichtung verändern kann, äußerst wichtig ist. Miteinander verbundene Dinge beeinflussen sich wechselweise.

Am Beispiel des Fliegens können wir sehen, dass die Schwerkraft – die selbst nicht ganz verstanden wird – die Ursache von Kräften ist, die kleinere Objekte dazu veranlasst, sich auf größere Objekte wie die Erde zuzubewegen. Ich befinde mich hier oben in diesem Flugzeug aufgrund von Kräften und strukturellen Eigenschaften der Form der Flügel, die es den Düsen ermöglichen, das Flugzeug voranzutreiben, während sie es gleichzeitig emporheben, indem sie mehr Druck unter den Flügeln als über ihnen schaffen, zu unserem Glück. Dies ist die Modalität, wie unterschiedliche Luftdrucke über und unter den Flügeln das Fliegen dieses Flugzeugs ursächlich beeinflussen. Erstaunlicherweise war es der menschliche Geist, der dies alles herausgefunden hat.

Der menschliche Geist hat desgleichen entdeckt, dass die Schwerkraft, wie die Geschwindigkeit, relationale Prozesse – genannt Zeit – verändert. Kein Witz! Sowohl die Gravitationskräfte als auch die Geschwindigkeit verändern die relative Natur der Zeit. Das allein ist erstaunlich. Die Tatsache, dass die Neugier und das kreative Denken des menschlichen Geistes zu derart schwer zu verstehenden Entdeckungen fähig sind, ist atemberaubend. Was der menschliche Geist alles bewirken kann!

Das Gleiche gilt für die Art und Weise, wie unser stets neugieriger Intellekt unser Verständnis komplexer Systeme ermöglicht hat. Aber im Fall komplexer Systeme könnte die Anwendung von Kausalität in einem linearen Sinne wie bei der Schwerkraft und der Geschwindigkeit nicht wirklich funktionieren. Um ein Beispiel zu nennen, eine Wolke am Himmel ist ein komplexes System, bestehend aus seinen Grundelementen, Luft- und Wassermolekülen. Eine Wolke ist komplex, weil sie den drei Kriterien – offen für Einflüsse außerhalb ihrer selbst zu sein, potenziell chaotisch und nicht linear zu sein – entspricht. Wolken werden von Wind und Sonne und verdampfendem Wasser in einer offenen Art und Weise geformt; die Wassermoleküle könnten zufällig verteilt werden; kleine Inputs führen zu großen und kaum vorhersagbaren Ergebnissen.

Die prachtvollen und sich ständig verändernden Formen einer Wolke sind das Ergebnis der selbstorganisierenden, emergenten Eigenschaft dieses komplexen Systems aus Luft- und Wassermolekülen. Es gibt keinen Programmierer wie etwa einen Wolken-Bildner, es gibt keine Kraft wie beispielsweise die Schwerkraft, die zu besonderen Formen zu einer bestimmten Zeit führt. Das sich Entfalten von Wolken ist eine emergente, fortwährend auftretende Eigenschaft. Die Wassermoleküle sind weder ganz zufällig noch in einer geraden Linie aufgereiht.

Die sich entfaltende Komplexität von Wolken ist das Ergebnis einer Eigenschaft komplexer Systeme: Selbstorganisation. Diese Selbstorganisation hängt nicht von einem Programmierer oder einem Programm ab. Mit anderen Worten, sie wird nicht von etwas Besonderem verursacht; sie emergiert einfach. Selbstorganisation ist eine emergente Eigenschaft komplexer Systeme, die einfach als eine Funktion der Komplexität entsteht. Als ein selbstorganisierender Prozess formt sie rekursiv das, dem sie entspringt.

Wenn Sie nun eine Vorliebe für die lineare Vorstellung von Kausalität hegen, könnten Sie ein wenig dagegenhalten und sagen: „Nun, Dan, ist es nicht die Emergenz, welche die Selbstorganisation verursacht?“ Wenn Sie sich Emergenz als etwas vorstellen, das einfach aufgrund der Tatsache entsteht, dass ein System komplex ist, dann ist es nicht nötig, auf die Vorstellung von Kausalität zurückzugreifen. Emergenz ist einfach das, was aus dieser Art von System natürlich entsteht. Das System verursacht nicht wirklich Emergenz, sie entspringt einfach dem System.

Selbstorganisation ist der natürliche Prozess komplexer Systeme, die dazu neigen, Komplexität zu maximieren, indem sie immer kompliziertere Entfaltungen des Systems schaffen, wenn es über die Zeit emergiert, sich selbst rekursiv formt, wenn offene Momente zuerst emergent und dann fix werden.

Wenn Sie es natürlich vorziehen, auf linearen Wegen zu denken, die ein A-verursacht-B-Denken umschließen, könnten Sie auch sagen: „Nun, die Komplexität des Systems verursacht seine emergente Eigenschaft der Selbstorganisation, um jene Wolken auf diese Art und Weise zu formen.“ Aber wenn Sie offen für nicht-lineares Denken sind, dann würden Sie nicht wirklich so reden oder denken, sondern würden vielmehr die Erkenntnis akzeptieren, dass Selbstorganisation aus dem System emergiert. Sie wird nicht wirklich vom System auf einem linearen Wege im Sinne von „A verursacht B“ verursacht. Sie ist einfach eine Eigenschaft der Realität der Komplexität.

Mit der emergenten Eigenschaft der Selbstorganisation liefert uns der schwer verständliche rekursive Zug Argumente dafür, nicht von der Vorstellung Gebrauch zu machen, nach der Sie sich sehnen könnten, die Vorstellung der Kausalität. Warum? Weil der Energie- und Informationsfluss, der Geist, diesen Fluss als eine Primrealität emergieren und sich dann, als ein selbstorganisierender Prozess, zurückwenden und das regulieren könnte, aus dem er entstand. Danach taucht er wieder auf, organisiert sich weiter selbst und so weiter und so fort. Was verursacht was? Selbstorganisation wird durch den eigentlichen Prozess geformt, den sie formt. Dies ist ein rekursiver Zug des Seins, wenn wir emergieren und jene eigentliche Erfahrung der Emergenz formen.

Dies ist die Art und Weise, in welcher der Geist eine Vorstellung von sich selbst haben könnte. Sie können den Geist erfahren und ausrichten, aber Sie können ihn nicht immer kontrollieren. Der Geist ist, so lautet unser Vorschlag, eine selbstorganisierende, emergente Eigenschaft des Energie- und Informationsprozesses, der in und zwischen Ihnen, in Ihrem Körper und in Ihren Beziehungen zu anderen und zur Welt, in der Sie leben, stattfindet.

Wie wir noch erkunden werden, gibt es eine Reihe faszinierender Implikationen im Hinblick auf die Selbstorganisation. Aber die erste Stufe, um diese Ideen zu begreifen – dies bitte ich Sie zu berücksichtigen – besteht darin, die Suche nach Kausalität abzuschwächen. Selbstorganisation emergiert einfach. Wir können sie schwächen oder sie erleichtern, aber Selbstorganisation ist ein natürlicher Prozess, der komplexen Systemen entspringt, wenn sie fließen.

Wenn wir diesem einen Aspekt des Geistes, der Facette der Selbstorganisation, nachgehen, vergessen Sie nicht, dass wir uns manchmal selbst aus dem Weg gehen müssen, um die Selbstorganisation nicht zu behindern. In diesem Sinne, wenn wir die Dinge geschehen lassen, wie sie sagen, dann kommt es zu einem natürlichen Entstehen dieser Selbstorganisation, die keinen Anführer, keinen Programmierer, keinen Moderator braucht, um die Show zu leiten. Es besteht kein Bedarf, einen Verursacher, einen vom Dienst, einen Direktor heraufzubeschwören. Es besteht kein Bedarf, Selbstorganisation in Gang zu bringen – wenn wir den Weg freimachen, wird das System selbst auf natürliche, emergente Art und Weise sich organisieren. Aus diesem Grund könnte es hilfreich sein, über unsere Sehnsucht, kausale Beziehungen zu identifizieren, nachzudenken und sie loszulassen, zumindest zu bestimmten Zeiten, und der natürlichen Essenz der Selbstorganisation zu erlauben, sich zu entfalten.


Überlegungen und Einladungen: Selbstorganisation des Energie- und Informationsflusses

Mit dieser Arbeitsdefinition eines Aspektes des facettenreichen Geistes könnten wir nicht nur eng als Gruppe zusammenarbeiten, sondern als Kliniker könnte ich das Leben meiner Patienten durch neue Linsen betrachten und erfahren. Diese Sichtweise soll die zentrale Bedeutung subjektiver Erfahrung und die Art und Weise, wie wir diese in unseren engen Beziehungen teilen, nicht ersetzen, sie bietet einfach einen zusätzlichen Aspekt des Geistes an, der mit der Subjektivität verknüpft sein könnte, oder auch nicht. Obgleich wir die subjektive Beschaffenheit unseres gelebten Lebens innerhalb unseres Bewusstseins wahrnehmen, ist die Fülle der Erfahrung des Gewahrseins, wie wir sehen werden, größer als die empfundene Wahrnehmung. Geist schließt subjektive Erfahrung mit ein, das Ganze des Bewusstseins, das uns dazu befähigt, jene subjektive Wahrnehmung zu wissen und eine Informationsverarbeitung, einen Informationsfluss, der innerhalb oder unterhalb des Bewusstseins liegen kann.

Selbstorganisation könnte mit dem Bewusstsein und seiner subjektiven Erfahrung verbunden oder auch nicht verbunden sein. Wie wir gesehen haben, ist die Art und Weise, wie wir denken und uns erinnern, uns die Welt vorstellen und Probleme lösen, und vieles andere mehr Teil der Informationsverarbeitung. Würde die Informationsverarbeitung Teil der Selbstorganisation oder von etwas anderem sein? Die Selbstorganisation scheint, zumindest an ihrer Oberfläche, meist mit diesem Informationsfluss als Facette des Geistes im Einklang zu stehen.

Ich lade Sie dazu ein, über diesen wichtigen Ort, den wir erreicht haben, nachzudenken. Geist könnte eine emergente Eigenschaft des Energie- und Informationsflusses sein. Wie fühlt sich das für Sie an? Können Sie die subjektive Beschaffenheit wahrnehmen, die innerhalb Ihrer gelebten Erfahrung zutage tritt? Wenn Energie in Ihrem Körper fließt, können Sie ihre Bewegung wahrnehmen, wie sie sich von Moment zu Moment verändert? Diese subjektive Wahrnehmung, lebendig zu sein, könnte ein emergenter Aspekt des Energieflusses sein. Wenn dieser Energiefluss etwas symbolisiert, wenn er zu Information wird, können Sie spüren, wie dieses Energiemuster etwas anders in Ihrer subjektiven Erfahrung repräsentiert? Energie, und Energie als Information, kann in Ihrer mentalen Erfahrung gespürt werden, wenn sie von Augenblick zu Augenblick emergiert.

Emergente Eigenschaften des Energieflusses könnten eine subjektive Erfahrung einschließen – das ist unser einfacher Vorschlag –, aber sie umfassen auch den mathematisch aufgebauten Prozess der Selbstorganisation. Wenn Sie Ihr eigenes Leben betrachten, können Sie spüren, wie irgendetwas den Energie- und Informationsfluss zu organisieren scheint, wenn Sie durch den Tag gehen? „Sie“ müssen nicht die ganze Zeit über das Kommando haben, selbst wenn Sie davon ausgehen. Wenn eine Facette Ihres Geistes Selbstorganisation ist, dann wird sie auf natürlichem Wege in Ihrem Leben entstehen. Selbstorganisation braucht keinen Anführer. Manchmal entfalten sich die Dinge am besten, wenn wir den Weg frei machen.

Auf einer Basisebene identifizieren wir daher diese Essenz eines Systems, nämlich den Energie- und Informationsfluss, als mögliche Quelle des Geistes. Das ist ein Vorschlag, den wir unterbreitet haben, und wir legen nun ein paar grundlegende Schichten dieses Vorschlags frei.

Subjektivität könnte als Primrealität diesem Energie- und Informationsfluss entspringen. Vielleicht hat das Bewusstsein genauso etwas mit diesem Fluss zu tun, wie wir bald tiefgehend erkunden werden. Die Informationsverarbeitung gehört zur Vorstellung eines Energie- und Informationsflusses von Natur aus dazu. Daher könnten diese drei Facetten des Geistes – Informationsfluss, Bewusstsein und subjektiv empfundenes gelebtes Leben – alle aus dem Energie- und Informationsfluss emergieren.

Diese vielen Facetten des Geistes als emergente Eigenschaften des Energie- und Informationsflusses zu betrachten hilft, den Innen- und Zwischen-Aspekt des Geistes nahtlos miteinander zu verknüpfen.

Energie und Informationen sind innen und zwischen, so dass der emergente Prozess, der ihnen entspringt, sowohl innen als auch zwischen stattfinden würde. Diese Sichtweise des Geistes als ein sowohl verkörperter als auch als ein relationaler Prozess führte uns jenseits allzu einfacher, beschränkter Sichtweisen des Geistes im Sinne bloßer Gehirnaktivität und erlaubte es den Anthropologen, die Kultur zu studieren, den Soziologen die Gruppierungen zu studieren und sogar den Psychologen und einem Psychiater wie mir, Familieninteraktionen und die Art und Weise zu studieren, wie sie die Entwicklung eines Kindes formen, so dass alle eine gemeinsame Sichtweise dessen teilen, wie der Geist emergiert, ebenso so sehr in Beziehungen als auch aus physiologischen, verkörperten Prozessen, einschließlich der Gehirnaktivität. Mit anderen Worten, den Geist so zu betrachten, könnte den Anschein zweier Orte zur gleichen Zeit erwecken, obgleich innen und zwischen Teile eines vernetzten ungeteilten Systems sind. In Wirklichkeit sind das nicht zwei Orte, sondern ein System der Energie und deren Fluss.

Dies führt uns dazu, in Betracht zu ziehen, dass die Grenzen zwischen Synapse und Soma [= „Zellkörper“, A.d.Ü.], Selbst und Gesellschaft nicht so künstlich zu sein brauchen, wie sie es in früheren Modellen wie den „biopsychosozialen“ Sichtweisen zu sein schienen, die mir auf der Hochschule für Medizin vermittelt worden sind. Geist als etwas Emergentes war ein starkes Modell; und ein Aspekt des Geistes als emergenter, selbstorganisierender Prozess, der diesen Fluss regulierte, war zutiefst hilfreich, es uns zu ermöglichen, als Gruppe zusammenzuarbeiten, deren Mitglieder so verschiedene Hintergründe besaßen. Diese Sichtweise einer emergenten Selbstorganisation setzte sich nicht aus drei unterschiedlich interagierenden Realitäten zusammen, wie sie in jenen Modellen häufig präsentiert wurden, sondern aus einer einzigen Realität des Energie- und Informationsflusses.

Dieser Fluss entspringt sowohl in als auch zwischen uns.

Der Energie- und Informationsfluss findet in Beziehungen statt, indem Energie und Informationen geteilt werden; er findet in uns statt, indem die physiologischen Prozesse, insbesondere des Nervensystems, einschließlich des Gehirnes, den verkörperten Mechanismus des Energie- und Informationsflusses in uns vermitteln; und der Geist ist jener verkörperte und relational emergente Prozess der Selbstorganisation, der jenen Fluss reguliert.

Wie besprochen, erklärt diese Arbeitsdefinition eines Aspektes des Geistes als Selbstorganisation mentale Erfahrungen wie etwa das Bewusstsein und seine empfundene Subjektivität gelebten Lebens oder die Erfahrung des Denkens oder des Gedächtnisses als Teil der Informationsverarbeitung nicht weg. Vielleicht wird man eines Tages jene Aspekte des mentalen Lebens als einen Teil der Selbstorganisation ansehen, vielleicht aber auch nicht. Doch vorerst bedeutete die Tatsache, dass 40 Wissenschaftler aus einem weiten Spektrum an Disziplinen hinter dieser einen Aussage stehen konnten, indem sie zumindest diesen einen Aspekt des Geistes definierten, eine starke Annäherung. Die Zusammenarbeit, die aus dem Umstand erwuchs, eine gemeinsame Aussage darüber zu treffen, was der Geist sein könnte, half uns viele Jahre lang dabei, fruchtbar zusammenzuarbeiten.

Entspricht die Vorstellung Ihres Geistes als eines emergenten Aspektes der inneren Physiologie Ihres Körpers, einschließlich Ihres Gehirnes, und der Verbindungen, die Sie zur Welt, insbesondere der sozialen Welt anderer Menschen pflegen, Ihren Überlegungen über Ihre Erfahrung? Die Vorstellung der Emergenz kann sich für einige nicht eingängig, unsinnig, vielleicht sogar bizarr anfühlen. Die Idee, dass etwas einfach aus der Interaktion der Elemente eines Systems entsteht – wie Muster entstehen, wenn Wassermoleküle sich in einer Wolke hin und her bewegen – könnte sich seltsam anfühlen oder für lebendige Systeme nicht einmal zutreffend erscheinen, vor allem nicht für Ihr eigenes Leben. Sie könnten sich fragen: „Wer hat hier das Kommando?“ Emergieren wir einfach ohne ein Gefühl des freien Willens? Können wir keine Absichten generieren, die das System unseres Selbst antreiben, und nicht einfach aus ihm emergieren?

Diese Fragen und viele, viele weitere werden wahrscheinlich unseren Geist beschäftigen, wenn wir auf unserem Weg voranschreiten. Wenn Sie sich im Moment auf unsere Erkundung des emergenten Aspektes des Geistes fokussieren – einschließlich Ihrer bewussten Erfahrungen und Ihrer nicht-bewussten Elemente des Informationsflusses, von denen Sie lediglich Schatten sehen könnten, von Gedanken, Erinnerungen und Emotionen, die später ins Gewahrsein treten – können Sie eine Art Emergenz wahrnehmen, etwas, das ohne Sie auftaucht, oder vielleicht irgendetwas „Leitendes“?

Ich lade Sie dazu ein, sich Zeiten vorzustellen, in denen Ihr Geist „einen eigenen Kopf“ zu haben scheint. Wenn beispielsweise die Informationsverarbeitung mentaler Aktivitäten, wie Gedanken oder Emotionen, tatsächlich als Teil des selbstorganisierenden Aspektes des Geistes offenbar wird, dann können sie sich als emergente Prozesse anfühlen, als würden sie einfach von selbst entstehen, ohne einen Direktor oder jemanden wie Ihr leitendes „Selbst“. Klingt es vertraut? So fühlt sich ein emergenter Prozess an – er findet einfach ohne einen kontrollierenden Leiter statt. Mit anderen Worten, es gibt keine lineare Ursächlichkeit. Die selbstorganisierende Facette des Geistes entsteht aus sich selbst und reguliert sich selbst. Das ist die rekursive Eigenschaft, da sie ihr eigenes Werden selbst verstärkt. Das ist der selbstorganisierende Aspekt des Geistes. Sie könnten das als eine Erfahrung empfinden, die sich einstellt, wenn Sie das Leben in sich und in Ihren Beziehungen sich einfach entfalten sehen, ohne der Dirigent der Sinfonie oder ein Computerprogrammierer sein zu müssen. So funktioniert Selbstorganisation. Vielleicht haben Sie das Gefühl, es zu beobachten, zu bemerken und zu erkennen, sogar zuzeiten, da Sie es nicht zu kontrollieren versuchen. Sie stehen sich selbst einfach nicht mehr im Weg und die Dinge organisieren sich auf natürlichem Wege selbst.

Doch zu anderen Zeiten bemerken Sie, dass Dinge derart aus dem Ruder laufen, dass Sie sie willentlich kontrollieren müssen? Das ist wahrscheinlich der Punkt, an dem unsere bewusste Absicht ins Spiel kommt, indem wir Bewusstsein und Intention aufbringen, um unsere eigene Erfahrung zu beeinflussen, wie wir es in künftigen Beiträgen noch erforschen werden.

Absicht und freier Wille können unser mentales Leben beeinflussen, aber es vielleicht nicht gänzlich kontrollieren. Für mich passt diese Mischung aus aktiver Teilnahme im Sinne eines Beeinflussers, zusammen mit der angeborenen Emergenz, gut zur subjektiven Wahrnehmung meines eigenen mentalen Lebens. Doch passt das auch zu Ihrer Erfahrung?

Der selbstorganisierende Aspekt der Emergenz bedeutet, dass Ihr Geist, außer dass er aus dem Energie- und Informationsfluss emergiert, sich zurückwendet und diesen Fluss reguliert. Nun könnten Sie sich fragen, was das wirklich bedeutet? Ist dies irgendein metaphysischer Vorschlag im Hinblick auf Energiemuster, die schwer zu fassen sind? Nun, nicht wirklich. Energie ist ein wissenschaftliches Konzept, ein Prozess, der in der physischen Welt vorkommt, nicht jenseits von ihr – er ist nicht metaphysisch.

Um dieses wichtige Problem hier anzugehen, lade ich Sie dazu ein, beides, sowohl den konzeptuellen Bezugsrahmen als auch ihre eigenen persönlichen Reflexionen im Hinblick auf die Art und Weise, wie sich Ihr Geist entfaltet, zu erkunden. Ich lade Sie dazu ein, einige faszinierende, von der Wissenschaft der Physik angebotene Sichtweisen der Energie in Betracht zu ziehen. Während wir uns mit diesen Gesichtspunkten vertraut machen, könnten Sie versuchen, diese wissenschaftlichen Konzepte mit Ihrer subjektiven Lebenserfahrung zu verknüpfen, und sogar damit, wie sich die Lektüre dieser Ideen für Sie momentan anfühlt. Dies wird einigen Menschen ein wenig stürmisch vorkommen, so dass Sie vielleicht Ihre Sicherheitsgurte anlegen möchten und diesen Abschnitt unserer Reise gemeinsam abwarten.

Lassen Sie uns das, was Physiker über diesen Prozess des Energieflusses sagen, tiefer gehend überdenken und persönlicher machen. Die physikalische Eigenschaft der Energie kann, wie bereits erwähnt, vielen Physikern zufolge zusammengefasst werden als das Potenzial, etwas zu tun (Arthur Zajonc & Menas Kefatos, persönliche Mitteilung). Energie kann eine Reihe von Formen annehmen, vom Licht bis zum Klang, von der Elektrizität bis zu chemischen Transformationen. Sie kann in unterschiedlichen Frequenzen auftreten, wie im Falle der Bandbreite von Klangwellen von hohen bis zu tiefen Tonlagen oder wie im Falle des Farbspektrums des sichtbaren Lichtes. Licht, das wir als rot oder gelb sehen, ist beide Male eine Form des Lichtes, nur mit verschiedenen Frequenzen. Energie kann eine Reihe von Amplituden haben, von leisen Tönen und dezentem Licht bis hin zu schmetterndem Lärm und grellem Licht. Die Amplitude und sogar die Dichte sind Modalitäten, die Vorstellung der Quantität und Qualität der Intensität in Worte zu fassen. Und Energie, wie Licht oder Klang, hat eine entsprechende Form und eine Beschaffenheit, wie Impulse, Farben und Kontraste, die wir einfach als ihre Kontur bezeichnen können.

So können wir auf einer Ebene sehen, dass Energie eine Reihe von Charakteristika aufweist: Frequenz, Form, Amplitude, Dichte, Form oder Kontur und sogar Lage. Energie kann durch unser Gehirn, bestimmte Teile unseres Körpers, zwischen unseren eigenen Körpern und anderen fließen; und jener Fluss kann zwischen unseren Körpern selbst und der weiteren Welt, in der wir leben, stattfinden.

Energie verändert sich mit der Zeit und in ihren verschiedenen Dimensionen – Intensität und Konturen beispielsweise –, wenn sie die Welt beeinflusst. Wenn ich diese Worte für Sie niederschreibe, wurde Energie in meinem Nervensystem transformiert, aktivierte diese Finger, tippte diese Worte, platzierte sie in einem Dokument und wurde dann schließlich zu Ihnen geschickt als Worte auf einer Papierseite, einem digitalen Bildschirm oder als Töne in der Luft, davon abhängend, wie Sie die Energie von mir zu Ihnen empfangen haben. Das ist der Fluss. Er umfasst Veränderung – Veränderung der Lage, von mir zu Ihnen, und sogar Veränderung in den verschiedenen Grundzügen wie etwa Form oder Frequenz.

Eine Sichtweise von Information besteht, wie wir gesehen haben, darin, dass sie Energiemuster mit symbolischem Wert umfasst. Auf vielerlei Arten und Weisen entnimmt die Informationsverarbeitungsfacette des Geistes dem Veränderungsprofil der Energie, ihren Mustern des Fließens, etwas, das etwas anderes symbolisiert als jenes Profil. Wir nennen dies Information. Doch Information scheint aus einer Perspektive, die Energie als fundamental betrachtet, selbst aus dem mentalen Leben zu emergieren. Energie hat ein Profil, eine Reihe von Eigenschaften, mit oder ohne informativem Wert.

Muster des Energieflusses können Veränderungen in der Kontur, Lage, Intensität, Frequenz und Form umfassen. Hier ist ein neues Akronym, das uns dabei hilft, dies in Erinnerung zu behalten: CLIFF. Wenn wir daher sagen, dass wir den Energie- und Informationsfluss regulieren können, sagen wir, dass wir den CLIFF der Energie überwachen und verändern können, indem wir seine Kontur [engl. „contour“, also mit „c“ und nicht wie im Deutschen mit „K“ geschrieben, A.d.Ü.], Lage, Intensität, Frequenz und Form erfassen und formen.

Sie können Energie in sich, zwischen Ihnen und anderen Personen und zwischen Ihnen und der weiteren Welt regulieren. Regulation umfasst sowohl das Erfassen als auch das Formen des Prozesses, wie beim Fahrrad- oder Autofahren. Sie beobachten, wohin Sie fahren, und Sie verändern die Geschwindigkeit und Richtung des Vehikels. Das steuert Ihre Bewegung durch den Raum. Wenn Sie den Energie- und Informationsfluss regulieren, überwachen und modifizieren Sie Energie innerhalb Ihres Körpers und zwischen Ihnen und der Welt.

Die CLIFF-Reihe aus Variablen schafft einen gangbaren Weg, die Art und Weise zu konzeptualisieren, in der Ihr Geist den Energiefluss in jedem Augenblick Ihres Lebens erfassen und formen könnte.

Aber es gibt noch einen anderen Aspekt der Energie, der ein wenig abstrakter, jedoch genauso relevant für die Betrachtung der Modalitäten ist, in der Ihr Geist aus dem Energiefluss emergieren und ihn regulieren könnte.

Energie kann, wie besprochen, auch als eine Verteilung [respektive Verbreitung, A.d.Ü.] von Potenzialen [respektive Potenzialitäten im Sinne von Möglichkeiten, A.d.Ü.] angesehen werden. Diese Potenzialitäten sind das, was einige Quantenphysiker als die fundamentale Natur des Universums betrachten. Diese Potenziale können beschrieben werden als eine umfassende Reihe, von einem unendlichen Potenzial bis hin zur spezifischen Realisation einer dieser Potenzialitäten. Dergestalt kann, wie früher kurz erwähnt, die Realität des Energieflusses – die Art und Weise, wie Energie sich verändert – als Bewegung der Energie von der Möglichkeit hin zur Verwirklichung gedacht werden, als Bewegung vom Potenzial hin zur Realisation einer Möglichkeit aus jener umfassenden Reihe an Möglichkeiten. Die Energie kann weiterhin fließen, indem sie sich in die Potenzialität zurückverwandelt. Abstrakt und seltsam, ich weiß, (dafür könnten wir die Sicherheitsgurte gebrauchen), aber dies ist das, was viele Physiker als die wahre Natur unseres Universums ansehen. Wenn wir die Erfahrung des Bewusstseins im Detail späterhin erforschen, werden wir zu dieser Sichtweise zurückkehren, um aufregend neue Möglichkeiten zu diskutieren, was das Bewusstsein selbst über diese Sichtweise eines Meeres an Potenzialitäten und auftauchenden Realisationen offenbaren könnte.

Häufig leben wir auf der klassischen, Newtonschen Ebene der Analyse, indem wir große Objekte und offensichtliche Kräfte dabei betrachten, wie beispielsweise ein Auto, das eine Autobahn entlang fährt, oder dieses Flugzeug, das am Himmel fliegt, wie sie unsere Welt formen. Aber auf einer anderen Ebene befähigen uns die Quantenmechaniker dazu, die Welt als etwas anzusehen, das nicht mit Absolutheiten, sondern mit Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten erfüllt ist. Tatsächlich beruht viel aus unserer modernen Finanzwelt und dem Computerwesen auf der Quantentheorie. Ich führe all dies an, weil wir, wenn wir den Vorschlag, dass der Geist eine Art Prozess ist, der aus dem Energiefluss emergiert und diesen reguliert, tiefgehend erfassen wollen, wir in Betracht ziehen müssen, was diese vorgeschlagene Idee eines Energieflusses wirklich bedeutet.

Die Grundelemente des Geistes, Energie und Informationen, können als kleiner als ein Flugzeug oder ein Lastwagen angesehen werden, kleiner sogar als ein Gehirn, kleiner sogar als ein Neuron. Obgleich ich mir also sicher sein kann, dass dieses Flugzeug, mit dem ich fliege, sich jetzt an eine Reihe von Gesetzen der vorherrschenden klassischen Newtonschen Physik hält und wir uns mit ziemlicher Sicherheit auf die Eigenschaften der Schwerkraft und des Fluges, die uns über Wasser halten, verlassen können, funktioniert der Geist nicht genau auf diese Art und Weise. Um ein Beispiel anzuführen: Bei der Vorbereitung des Abflugs der Maschine heute Nachmittag drückte ein Mechaniker den falschen Knopf und die Notfallevakuierungsrutsche wurde ausgelöst. Neben der Angst, die dieser Einsatz mit seinem kräftigen Ton erzeugte, war die Verspätung unseres Flugs eine andere Quelle der Betrübnis. Die Größe des Flugzeugs ließ die äußeren Strukturen und die inneren Mechanismen höchst sicher erscheinen. Wir sind jetzt in der Luft und können uns darauf verlassen, dass jener Knopf sich nicht selbst drücken wird und die Tür und die Rutsche ins Leere hinauskatapultiert.

Doch der Geist des Mechanikers ist nicht das Gleiche wie die Struktur des Flugzeugs. Sein Geist könnte erschüttert worden sein, vielleicht aufgrund eines Streites, den er mit seinem Mitarbeiter hatte, einer quälenden Sorge über eines seiner Kinder oder irgendeines von unzähligen Gedanken oder Gefühlen, die, durch wenige Momente der Ablenkung, zu dieser gestörten Aufmerksamkeit geführt haben. Aufmerksamkeit – jener Prozess, der den Energie- und Informationsfluss ausrichtet – ist für den Geist von fundamentaler Bedeutung.

Und daher könnte der Geist des Mechanikers, in seinem Gewahrsein, keine Wahrnehmung dessen gehabt haben, was er im Moment gerade tat, seine Pflicht, den Status des Flugzeugs sorgfältig zu überprüfen, könnte ihn nicht länger erfüllt haben. Seine Aufmerksamkeit wurde abgelenkt, sein Gewahrsein füllte sich mit einer anderen Energie und Information, seine Hand drückte einen Knopf automatisch, ohne dass er darüber nachdachte, und die Rutsche wurde ausgefahren, wir erschreckten uns und jetzt, Stunden später, befinden wir uns in einem anderen Flugzeug. Das ist ein Gedanke aus einer Reihe von Wahrscheinlichkeiten. Der Geist könnte eher über eine Menge von Wahrscheinlichkeiten, im Sinne seines dominanten Modus, verfügen, als über einige Newtonsche Regeln, die Druck ausüben. Die Anwendung der klassischen Physik auf den Geist würde die Vorstellung von einem Teil des Geistes wachmachen, der auf einen anderen Druck ausübt, und von vorhersagbaren Ergebnissen, welche uns die erhoffte Sicherheit in Bezug auf dieses Flugzeug hier bei fünf Meilen Flughöhe geben. Wir möchten, dass das Flugzeug eine Newtonsche Maschine ist – verlässlich und vorhersagbar in der Befolgung bekannter Wirkungsgesetze. Doch der Geist könnte nicht entsprechend derartiger Vorstellungen der klassischen Physik funktionieren.

Das Quantum oder die Wahrscheinlichkeitsnatur der Realität wird umso schneller offenkundig, je kleiner das Objekt ist, obgleich wir im Begriff sind, Quantenaspekte von größeren Objekten zu entdecken, das heißt von solchen, die größer als ein Atom sind. Die Elemente des Geistes des Mechanikers sind kleiner als der Flugzeugrumpf, und so wird das Unwahrscheinliche möglich und die Rutsche geht raus. Ich schlage vor, wir können ihm nun den Spitznamen „Quantenmechaniker“ verpassen.

Energie ist klein, obgleich ihre Wirkungen groß sind. Statt Energie als eine Kraft anzusehen, die der klassischen Newtonschen Physik zufolge nur einen Druck ausübt, wie die Luft, die dieses Flugzeug emporhebt, könnte die Energie viel eher auch in dem Sinne funktionieren, dass sie aus einer Möglichkeitsebene zu einer Reihe von Plateaus wachsender Wahrscheinlichkeit und zu Gipfeln der Gewissheit aufsteigt und dann wieder zurückschmilzt auf die Plateaus und eine Ebene unendlicher Möglichkeiten – was einer Ebene von sehr geringer, in der Nähe von null liegender Wahrscheinlichkeit entspricht. Mit anderen Worten, wenn irgendein Ding von einer Billion Dingen möglich ist, ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmtes von ihnen auftaucht, gering. Das ist das Meer der Potenzialitäten, eine offene Möglichkeitsebene.

Später, in unserem neunten Kapitel, werden wir erkunden, wie diese Sichtweise dazu verwendet werden kann, das Bewusstsein zu verstehen. Wenn wir tiefer in die Art und Weise eintauchen, wie wir ein „Bewusstseinsrad“ erfahren, werden wir in der Lage sein, aus erster Hand zu erforschen, wie die Quantenwahrscheinlichkeitssicht der Energie uns helfen könnte, die Natur des Geistes tiefer zu verstehen. Diese Praxis könnte auch unsere Diskussion im Hinblick auf die möglichen Überlappungen der Selbstorganisation und der Erfahrung des Bewusstseins voranbringen. Dann werden wir desgleichen erkunden, wie die Erfahrung des Geistes, dargestellt in der oberen Hälfte der Abbildung der Ebene, und der neuronalen Prozesse des Gehirnes, dargestellt in der unteren Hälfte der Abbildung, sich aufeinander beziehen. Vorerst werden wir die mentale Seite dieses Vorschlags untersuchen, die Spitze der Grafik, und uns einfach davon leiten lassen, die Vorstellung in Betracht zu ziehen, dass der Geist nicht wie Lastwagen auf der Straße oder Flugzeuge am Himmel funktioniert. Newtonsche Kräfte könnten nicht die nützlichste Sichtweise der Energie sein, wenn es um Geistesprozesse geht. Der Geist könnte eher wie etwas Kleines sein, etwas, das wir, wenn wir unsere ausgedehnte Welt betrachten, einfach nicht vor unseren Augen haben oder uns zuzeiten sogar nicht einmal mit Hilfe unseres konzeptuellen Geistes vorzustellen vermögen. Das Sehvermögen hilft uns, die objektive Welt zu sehen. Aber den Geist zu betrachten könnte eine ganz andere Art des Sehens erfordern.

In diesem Beitrag haben wir die Vorstellung des Geistes als etwas aus dem Energie- und Informationsfluss Emergierendes erkundet. Wir haben gesehen, dass weder Schädel noch Haut einschränkende Grenzen dieses Flusses sind, so dass der Geist sowohl ganz verkörpert als auch relational ist. Zumindest der selbstorganisierende Aspekt des Geistes würde über diese emergente verkörperte und relationale Eigenschaft verfügen. Wie wir gesehen haben, könnte die Informationsverarbeitung für jenen Fluss von grundlegender Bedeutung sein, insofern als die Aufmerksamkeit der Prozess ist, der seine Bewegung in und zwischen uns aufspürt und leitet. Das Bewusstsein und seine subjektive Wahrnehmung könnten genauso eine emergente Eigenschaft und vielleicht mit der Selbstorganisation verbunden sein. Wir lassen jene Frage im Moment ganz offen.


Die Möglichkeitsebene

Aber wenn der Energie- und Informationsfluss die Quelle des Geistes ist, die Quelle des Selbst respektive des Ich, und der Fluss sich sowohl innen als auch dazwischen befindet, wie wissen wir dann, wo das „Ich“ beginnt und wo es endet? Früher auf unserer Reise haben wir über dieses Problem der Grenzen des Selbst nachgedacht.

Als ich diesen Morgen bei Sonnenaufgang einen kalten Strand entlangschlenderte – den Atlantik an diesem Wintertag vor Augen und den Wind mir ins Gesicht fahren fühlte –, bemerkte ich, dass die Empfindung des Windes meine Erfahrung, lebendig zu sein, formte, und ich begann, Fragen in meinem Geist zu hören, wo denn dieser Energiefluss enden würde… War der Wind ein Teil meines Geistes? Wenn ich dem Fluss der Empfindungen des Windes erlauben würde, mich einfach zu füllen, könnte das nicht als die sensorische Erfahrung meines „Selbst“ angesehen werden? War dies ein Aspekt des Energieflusses meines Geistes, der es den Empfindungen ermöglichte, in meinem Körper zu entstehen und durch mich, meinen Geist, zu strömen? Falls ja, dann müsste die nähere Bestimmung „mein“ klarer definiert werden, klarer mit Hilfe irgendwelcher Grenzen umrissen werden, oder aber wir sagen, dass „mein Geist“ alles umfassen könnte. Wo endet das „Selbst“? Was sind die Grenzen dieses offenen Systems?

Beschränken meine erlernten Konzepte, ein Ergebnis des Informationsverarbeitungsaspektes meines Geistes, der Ideen konstruiert und aus Energie Informationen herausfiltert, beschränkt also diese Wahrnehmung dessen, der ich zu sein glaube, der Konstrukteur meines Ichs, die Erfahrung meiner Identität? Es muss auf irgendeine Art und Weise zu meiner eigenen selbsterfüllenden, selbstdefinierenden Wahrnehmung, nun ja, zur Wahrnehmung des Selbst, kommen. Jetzt handelt es sich um einen rekursiven selbstorganisierenden Prozess. Führt dieses Lernen dazu, dass es meinen sensorischen Fluss rekursiv selbstorganisiert und generierte Wahrnehmungen und Glaubensinhalte über das „Selbst“ erzeugt, indem es aus Informationen des Energieflusses Symbole „meiner selbst“ und dessen, der ich bin, macht, indem es „mich“ wahrnehmen und glauben macht, dass ich vom Winde, von der Welt getrennt bin?

Kann ich meine konzeptualisierenden und einschränkenden Informationsflussfilter so erkunden, dass ich mein Ich-Empfinden und meinen Geist buchstäblich ausweite und meine selbstorganisierende Emergenz öffne, um ein viel stärkeres Gefühl, dieser Welt anzugehören, zu bekommen?

Auf unserer Reise hat dieses Problem der Energie und ihrer Grenzen tiefe Implikationen im Hinblick auf das Verständnis des Geistes und das, was mentale respektive psychische Gesundheit sein könnte. Daher bleiben viele dieser Einschränkungen der bewussten Reflexion verborgen, automatische Filter, die Einfluss darauf ausüben, wer wir zu sein glauben. Aber wir könnten etwas anderes sein als das, was unsere Gedanken uns glauben machen wollen. Wir beschränken unser Wohlbefinden, wenn wir unser Selbstempfinden auf eine von anderen Menschen und der Welt um uns herum vollkommen abgetrennte Identität beschränken. Wir müssen uns mit etwas „Größerem als das Selbst“ verbinden, wie so viele Studien und Weisheitstraditionen gezeigt haben (Vieten & Scammell, 2015). Bei einem rezenten Treffen von Vertretern aus über zwei Dutzend Nationen gab es eine tief gehende Diskussion über die Natur des Ich und die Notwendigkeit, unser Selbstempfinden jenseits des Körpers auszudehnen, um unseres persönlichen und des planetarischen Wohlbefindens willen.

Vielleicht ist das Selbst respektive das ich in Wirklichkeit größer und wir selbst – unser inneres, persönliches, privates Empfinden unseres Geistes – machen es nur kleiner. Wir werden erkunden, wie das Einbetten der Zeit in unsere Fragen des Wer und Wann des Geistes diese Diskussion sogar noch weiter ausdehnt, wenn wir berücksichtigen, dass die Zeit selbst nicht das sein könnte, was sie unserem Geist zu sein scheint. Die vom Geist geschaffenen Illusionen des Selbst, als auf den Körper begrenzt, und das Konzept von Zeit, als etwas Fließendem, erlauben es uns, uns unablässig mit der persönlichen Vergangenheit zu beschäftigen und uns über unsere ungewisse persönliche Zukunft Sorgen zu machen. Es sind diese Illusionen des Selbst und der Zeit, die auch unsere Freiheit in der Gegenwart einschränken dürften. Dies zu verstehen fokussiert uns tief auf den gegenwärtigen Moment und auf das, was wir tun können, um die Fülle seines Potenzials zu erfassen.

Dieses Potenzial zu erkennen, die Bewegung aus dem Möglichen ins Reale zu erleichtern, könnte das sein, um das es bei dem aus dem Energiefluss emergierenden Geist eigentlich geht. Doch was führt dann zu einem gesunden Geist? Wenn ein Aspekt des Geistes tatsächlich Selbstorganisation ist, sowohl von innen heraus als auch dazwischen, was optimiert dann die Selbstorganisation?

1 Engl. „consilience“, dt. „Zusammentreffen“, „Übereinstimmen“; gemeint ist in der Wissenschaftsgeschichte damit die Tatsache, dass voneinander unabhängige, nicht miteinander verbundene Erkenntnis- bzw. Wissensquellen zu einer evidenten Einheit des Wissens konvergieren können, A.d.Ü.

2 Als „Konnektom“, engl. „connectome“, bezeichnet man die Gesamtheit der Verbindungen im Nervensystem eines Lebewesens, A.d.Ü.

3 Als „Mikrobiom“, engl. „biome“, wird die vorherrschende Lebensgemeinschaft eines Bereichs genannt, A.d.Ü.

4 Mikrotubuli“, engl. „microtubules“, sind röhrenförmige Filamente aus Proteinen, A.d.Ü.

5 Ein „Axon“, engl. „axon“, ist ein oft langer, schlauchartiger Nervenfortsatz, A.d.Ü.

6 Unter einer „parallel verteilten Verarbeitung“, engl. „parallel distributed processing“, abgekürzt PDP, versteht man die Fähigkeit eines Systems, gleichzeitig verschiedene Formen von Stimuli in unterschiedlichen neuronalen Netzen schnell und hoch komplex zu verarbeiten, A.d.Ü.

MIND

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