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Einleitung

Wenn ich anderen etwas erzählen möchte, von dem ich glaube, dass sie es noch nicht wissen, dann schleicht sich während des Erzählprozesses (so verstehe ich die Vermittlung von Wissen in meinen Büchern: als Erzählungen über Zusammenhänge, die zum Nachdenken anregen können) immer wieder die Frage in das Denken, ob die Leser das Geschriebene vielleicht schon lange kennen. Dann würden meine Worte langweilen, statt Freude am Erkennen oder Erleben zu fördern. Andererseits braucht es ein Grundwissen gerade bezüglich der Hypnotherapie, um verstehen zu können, wie Veränderungen durch die Verwendung von Worten eingeleitet und gefördert werden können.

Probleme, die sich festgefahren haben, weil man auch nach vielen Versuchen keine Lösung findet, sind oft erstaunlich leicht zu lösen, indem man andere als die gewohnten – schon auch: paradoxe – Wege geht. Verbildlicht kann man sich vorstellen, dass man das Problem neugierig umrundet, anstatt sich dagegenzustemmen oder zu versuchen, es wegzuschieben. Man könnte es – vielleicht mit allen Sinnen – betrachten und dazu einladen, zu verweilen und es sich in seiner Gegenwart bequem machen. Das braucht zunächst eine gewisse Freiheit vom Ärger, der gerne mit den Problemen kommt und die Wahrnehmung vernebelt, die Geduld verscheucht. Gelingt es, den Kampf für eine Weile aufzugeben, wird Energie frei, Interesse wird geweckt, und es beginnt vielleicht sogar Spaß zu machen, andere Wege zu gehen. Das Problem verändert sich allein dadurch schon. Neue Lösungswege ergeben sich mehr und mehr wie von selbst.

Am Beispiel des anderen Umgangs mit schnarchenden Mitmenschen wird deutlich, dass ein Problem keineswegs nur einen Lösungsansatz hat. Indem man sich von der Vorstellung löst, man müsse auf Schnarchen mit Ärger und Schlaflosigkeit reagieren, öffnen sich Spielräume für alternative Reaktionen auf das, was bisher als unangenehm erlebt wurde.

Schnarchen im Schlafzimmer ist vermutlich eine der häufigsten Ursachen für Schlafstörungen bei der Person, die dem anderen unfreiwillig zuhört und dabei doch eigentlich schlafen möchte. Es löst viel Frust und Ärger aus, was nicht selten auch zu Konflikten führt. Den daraus resultierenden Stimmungen kann man leichter entkommen und wieder mehr Schlaf finden, wenn man flexibel für Veränderungen im eigenen Umgang mit dem Schnarchen wird.

Die einfachste und effektivste Lösung ist oft die Einrichtung getrennter Schlafzimmer, falls es räumlich möglich ist. Manchmal ist das allerdings nicht möglich oder auch nicht erwünscht. Dann sollte nach anderen Veränderungen gesucht werden – die letztlich auch in der Person liegen können, die sich ärgert. Wenn man im gleichen Raum liegen muss, weil räumlich keine Veränderung möglich ist, dann bleiben eben nur die beteiligten Personen, an – besser: in – denen etwas verändert werden kann. Weil Schnarchen sich oft als sehr resistent gegen Bitten und auch Befehle erweist, wird neben dem geduldigen Hinnehmen auch ein verändertes Annehmen nötig sein, um weiterhin miteinander im gleichen Raum schlafen zu können. In diesem Buch wird noch einen Schritt weiter gegangen, indem das Schnarchen als Quelle für eine grundlegende Änderung im Umgang mit Störungen und den daraus entstehenden eigenen Gefühlen betrachtet wird. Das Schnarchen wird dadurch nicht zu etwas, das man nun jede unbedingt Nacht hören möchte, aber der daraus resultierende Ärger kann sich verändern, und auch das Schnarchen kann weniger werden.

Entwickelt und angewandt habe ich den in diesem Buch beschriebenen Ansatz über viele Jahre (eigentlich Jahrzehnte) in der Entspannungstherapie in Gruppen. Und er hat sich nicht nur dort als sehr erfolgreich erwiesen, er ist auch verallgemeinerbar für andere Problemsituationen, in denen herkömmliche Lösungsversuche erfolglos bleiben. Jemand, der sich für den angebotenen anderen Umgang mit diesem Problem geöffnet und ihn als interessant und vielleicht sogar erfolgreich erlebt hat, generalisiert diesen Weg bewusst und mehr noch unbewusst auf andere Probleme, von denen er sich dann weniger einfangen lässt. In der Folge geht es dem betreffenden Menschen besser, ohne dass er genau sagen könnte, wie es dazu kam.

Die Aufmerksamkeit wird auf das Problem gelenkt. Es soll nicht verdrängt oder ausgeschaltet werden, sondern dient als willkommener Anlass, mit dessen Hilfe man lernen kann, anders mit Störungen umzugehen. Dieser andere Umgang mit dem Problem fördert die Entspannung und das gute Miteinander. Dazu wird das Problem als Herausforderung beschrieben, für das es eine Lösung gibt. Als zusätzlicher Gewinn verbessert sich bei den meisten Beteiligten die Laune schon während der gemeinsamen spielerischen Erarbeitung alternativer Reaktionen auf das Schnarchen deutlich.

Die Teilnehmerinnen bringen den Ärger aus ihrem eigenen Schlafzimmer mit in ihr Erleben in der Gruppe und verbinden ihn dort mit dem Schnarchen anderer Teilnehmer. Aus altem Ärger entsteht ein neuer. Während in der Gruppe Lösungen gefunden werden, können diese später auch im eigenen Schlafzimmer ausprobiert werden.

Das Ziel und der Gewinn für den Leiter von Entspannungsgruppen ist es, niemanden auszuschließen, allen den bestmöglichen Lerneffekt zu bieten und das Schnarchen soweit wie möglich zu reduzieren (Win 1). Der Schnarcher verbleibt in der Gruppe (Win 2), und der Teilnehmer, der sich zuvor gestört fühlte, lernt einen anderen Umgang mit dem lauten Atmen des anderen und mit dem eigenen Ärger (Win 3).

Übertragen auf so manche häusliche Situation, wird eine Win-Win-Win-Situation in der Gruppe im besten Fall zu einer Win-Win-Situation im Schlafzimmer (das dritte »Win« spielt hier keine Rolle mehr, weil die Gruppenleiter eher selten das Geschehen im Schlafzimmer der Teilnehmerinnen begleiten werden).

Wie es zu diesem Buch kam

Das Schnarchen ist nicht nur ein Problem in so manchem Schlafzimmer, es stellt auch ein häufiges Hindernis für die Entspannung in der Gruppe dar. Sowohl für denjenigen, der dem Schnarchen eines anderen ausgesetzt ist und sich darüber ärgert, als auch für denjenigen, der schnarcht. Der Schnarcher wird oft ausgegrenzt und fürchtet deshalb die tiefe Entspannung, aus Angst, sich durch sein Schnarchen unbeliebt zu machen.

In einer Entspannungsgruppe gibt es häufig mehrere Schnarcher und noch mehr Teilnehmer, die davon gestört werden können. Ein Gruppenleiter möchte natürlich, dass sich die Menschen, die er zur Entspannung anleitet, darauf auch einlassen können. Störungen werden deshalb verhindert – soweit möglich. Menschen, die in der Entspannung schnarchen, werden oft von Gruppenleitern oder einem anderen Teilnehmer geweckt und nicht selten aufgefordert, die Gruppe zu verlassen.

Dieser Umgang mit der Störung ist nur begrenzt hilfreich. Der Schnarcher wird von der Entspannung ausgeschlossen, die anderen Teilnehmer haben von da an nicht selten Angst davor, zu tief zu entspannen, weil es ihnen dann genauso ergehen könnte, außerdem hat der Gruppenleiter einen Teilnehmer verloren und eine wenig elegante Lösung für das Problem gewählt. Es ist also eine Situation entstanden, bei der viele Beteiligte etwas verloren haben.

Auf der Suche nach konstruktiven Lösungen hat es sich als sehr erfolgreich erwiesen, mit Hilfe der Hypnotherapie spielerisch und effizient mit Störungen umgehen zu lernen. Ein paradoxer Ansatz bot sich fast von selbst an: das Schnarchen als notwendige Voraussetzung für Lernprozesse begrüßen, es sodann mit Interesse beobachten und auf diese Weise der Entspannung einen Weg zu ebnen, der frei von Ärger ist.

Um die Aufmerksamkeit der Gruppenteilnehmer, die meist stark an den Ärger gebunden ist, ausreichend zu motivieren und vielleicht auch ein wenig zu fesseln, wird ein Umgang mit Schnarchen angeboten, der sehr verschieden von normalen Lösungsversuchen ist. So könnte man beispielsweise vermuten, dass Menschen, die eine andere Sprache sprechen, auch anders schnarchen. Vielleicht ist das Schnarchen aber auch eine Form der Kommunikation des Unbewussten, mit deren Hilfe der Schläfer etwas mitteilt, das man nur dann hört, wenn man lernt, sehr genau hinzuhören, um für die Zwischentöne sensibel zu werden, auf die es wirklich ankommt. (Viele weitere Beispiele werden in Kapitel 3 ausführlich beschrieben.)

Zur Gliederung des Buches

In Kapitel 1 wird der Ärger behandelt. Es wird betrachtet, was ihn auslöst, wie wir darauf kommen, dass er unabänderlich mit dem Schnarchen – und manch anderen Anlässen – verbunden sei, und dass er von dem ihn auslösenden Problem gelöst werden kann. In Kapitel 2 werden Wege zur Problemlösung beschrieben – als Grundlage für ein paradoxes Herangehen, das in Kapitel 3 auf das Schnarchen bezogen in praktischen Beispielen dargestellt wird. Dieser paradoxe Ansatz hat sich in Gruppen als erfolgreich erwiesen und hat dort nicht nur für Heiterkeit und Akzeptanz gesorgt, sondern auch für eine geringere Störbarkeit – natürlich in unterschiedlichen Ausprägungen. (Einer meiner persönlichen Favoriten ist übrigens, das Schnarchen als wohltuende Vibration im eigenen Körper einzusetzen, um Verspannungen zu lockern oder Schmerzen wegzuvibrieren.)

Schließlich runden in Kapitel 4 Trancegeschichten das Buch ab, mit denen die Wirkungen der vorhergehenden Anregungen auf unbewussten Ebenen unterstützt werden können.

Obwohl es auch weibliche Schnarcher gibt, die in der Lautstärke manchmal schon auch mit ihren männlichen Konkurrenten mithalten können, ist die Mehrzahl der schnarchenden Mitmenschen – jedenfalls soweit ich das erlebt habe – innerhalb des männlichen Geschlechts zu finden. Um das Schreiben des Buches nicht zu kompliziert zu gestalten, gleichzeitig aber weder Männer noch Frauen zu diskriminieren – und um auch in diesem Punkt im Sinne des ganzen Buches etwas provokativ zu bleiben – bezeichne ich den Schnarcher meistens männlich und die gestörte Teilnehmerin meistens weiblich. Nicht immer wähle ich ansonsten die gebräuchliche männliche Form, um das Lesen zu vereinfachen. Ein wenig entspricht dieses Vorgehen dem Thema – mit einem Problem anders umzugehen als gewohnt. In diesem Fall, um eine Auflockerung des einen wie des anderen starren Musters zu erreichen. Irritationen sind also durchaus erwünscht.

Geliebter Schnarcher

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