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c) Ausstrahlungswirkung (mittelbare Drittwirkung)
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Die Grundrechte binden gemäß Art. 1 Abs. 3 GG an sich nur die öffentliche Gewalt. Die öffentliche Gewalt ist danach grundrechtsverpflichtet, während die Bürger grundrechtsberechtigt sind (sog. vertikale Geltung der Grundrechte). Gleichwohl ist anerkannt, dass die Grundrechte auch auf die Rechtsbeziehungen zwischen den Bürgern ausstrahlen (sog. horizontale Geltung der Grundrechte); dies folgt aus der Funktion der Grundrechte als objektiv-rechtliche Wertentscheidung (s.o. Rn. 12). Dabei ist zwischen der unmittelbaren und der mittelbaren horizontalen Geltung der Grundrechte zu unterscheiden: Die Grundrechte gelten horizontal nur ausnahmsweise unmittelbar. Ausdrücklich im Grundgesetz vorgesehen ist eine solche Geltung der Grundrechte nur in Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG sowie wohl auch in Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG und Art. 20 Abs. 4 GG. Im Übrigen strahlen die Grundrechte auf das Privatrecht aus und wirken zwischen den Bürgern lediglich mittelbar über die sog. zivilrechtlichen Generalklauseln und die unbestimmten Rechtsbegriffe (sog. Ausstrahlungswirkung bzw. mittelbare Drittwirkung).[42] Hierzu gehören z.B. § 138 BGB (gute Sitten), § 242 BGB (Treu und Glauben), § 826 BGB (sittenwidrige Schädigung); § 23 Abs. 2 KUG (berechtigtes Interesse). Die Generalklauseln und die unbestimmten Rechtsbegriffe sind jeweils im Lichte der einschlägigen Grundrechte auszulegen und anzuwenden.
Beispiel
K besucht regelmäßig die Spielbank in Baden-Baden und spielt dort Automatenspiele. Er beantragt bei der Spielbank eine „Eigensperre“. Danach soll die Spielbank ihn vom weiteren Spielen ausschließen, wenn er 5000 € verloren hat. Die Spielbank akzeptiert seinen Antrag. Als an einem Abend diese Verlusthöhe bei K erreicht ist, reagiert die Spielbank nicht, sondern lässt ihn weiterspielen. Am Ende des Spielabends hat K 8000 € verloren. – Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs kann eine Spielbank bei einer antragsgemäß verhängten Spielsperre Schutzpflichten haben, die auf Wahrnehmung der Vermögensinteressen ihrer Gäste gerichtet sind.[43] Dies folge aus der Auslegung einer entsprechenden vertraglichen Abrede zwischen Spieler und Spielbank (§§ 133, 157 BGB). Sinn der vertraglichen Abrede, dass die Spielbank ab einer bestimmten Verlustsumme den Abschluss weiterer Spielverträge ablehne, sei, dass der zur Spielsucht neigende Gast sich selbst schützen wolle, indem er sich mit Hilfe der Spielbank den für ihn als gefahrträchtig erkannten Zugang verstellen wolle.