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Leon Hagenau, mein Assistent, tat geheimnisvoll.

„Sozusagen ein Spezialauftrag, Amelie.“

„Aha.“

„Ziemlich heikel und... tja...“

„Alle unsere Aufträge sind heikel, sonst bräuchte man keinen Privatdetektiv“, erwiderte ich.

Wir saßen im Pimpernel, unserem Stammlokal für späte Stunden. Die Bar in der Müllerstraße war derzeit ziemlich angesagt, was sicher an den stets wechselnden DJs lag, deren Repertoire von Soul über Exotica bis zu Disco und House reicht. Manche Gäste tanzten bereits auf den Bänken, schunkelten und sangen lautstark. Es herrschte hier eine Stimmung wie auf der Wiesn. Also klasse! Da durften wir nicht fehlen.

Als Stammgäste und Freunde der Inhaber bekamen wir einen Tisch am Rand.

„Dann schieß mal los, Schnuckelchen“, sagte ich.

„Es geht um das Lichtenberg Mädcheninternat.“

„Oha.“

„Ein typischer Munich Life Fall“, meinte Leon grinsend.

Das erkannte selbst ich, Amelie Freifrau von Abensberg, auf den ersten Blick. Ich war selbständige Ermittlerin, mit einer eigenen Privatdetektei. Mein kleines Unternehmen bestand aus der Sekretärin Anna Thun, und meinem Assistenten Leon Hagenau. Unser Dreierteam leistete seit über fünf Jahre erfolgreiche Arbeit, sodass wir einen sehr guten Ruf genossen. Ich hatte ein kleines Büro am Gärtnerplatz im Münchner Zentrum, dass über drei Räume, Teeküche und Nasszellen verfügt. Mein Hauptklient war die Munich Life AG, der drittgrößten Versicherung in Bayern, mit dem Hauptsitz in München-Schwabing. Wir erhielten regelmäßig hochdotierte Aufträge von der Versicherung. Es waren zwar meiste recht knifflige Fälle, aber wir konnten sehr gut davon leben.

„Und?“, fragte ich.

„Sekunde.“

Der Kellner brachte gerade unsere Bestellung. Ich bekam einen Andalö, dem neuen In-Getränk der Münchner Szene. Das Getränk besteht aus einem leicht süßlich aber auch säuerlichen Sanddornlikör mit Prosecco. Leon bekam ein Weißbier, wie es gemäß seiner Herkunft aus dem Bayerischen Wald typisch war.

Mein Assistent hatte inzwischen seine Brieftasche gezückt und ein Foto hervorgeholt. Der Kellner verdrückte sich lautlos, ich nahm einen hübschen Schluck von meinem Andalö.

Leon atmete hörbar ein und hielt mir das Foto hin. Ich musterte das Konterfei eines schmalen, rassigen Mädchengesichts, das von lang fallendem, strähnigem Haar umrahmt war. Der Mund der Hübschen klaffte sinnlich auf, ihre Augen schimmerten groß und hell.

„Niedlich“, sagte ich.

„Isabell von Nassau“, sagte Leon.

Ich stellte ruckartig mein Glas auf den Tisch.

„Doch nicht...“

Mein Assistent nickte.

„Seine Tochter, ja“, sagte er. „Noch dazu das einzige Kind. Schon übel.“

Mir schwante so einiges.

„Besuchte natürlich das Lichtenberg Mädcheninternat am Starnberger See, den Stolz unserer reichen Oberschicht“, erklärte Leon.

„Aha. Verschwand das Mädchen mit dem Sohn des Hausmeisters?“

„Quatsch!“

„Nicht? Was also dann?“

„Das mit dem Verschwinden stimmt schon.“

Leon nahm das Bild zurück, warf erneut einen Blick darauf und kratzte sich hinter dem Ohr. „Aber ich glaube nicht, dass sie mit einem Liebhaber verschwunden ist. Ihr Vater gehört zu den reichsten Unternehmern in Deutschland. Der Mann hat außer Geld auch sehr großen politischen Einfluss. Weder die Leitung des Mädcheninternates noch die Familie möchten ihr Verschwinden bekanntwerden lassen.“

„Verständlich.“

„Anderseits ist das Schätzchen seit fünf Tagen überfällig.“

Ich seufzte.

„Wie vom Erdboden verschluckt“, sagte Leon.

„Ein Fall für das Vermisstendezernates.“

„Leider nein.“

„Sind wir denn blöd, Leon?“, sagte ich. „Die Kleine wird irgendwo heimlich mit einem Kerl rumvögeln. Das Mädchen aufspüren und heimschleifen bringt nur Ärger. Wenn davon die Presse Wind bekommt, haben wir den Salat.“

„Tja. Wenn das so einfach wäre.“

„Es ist einfach.“

„Leider nein.“ Leon lachte ironisch. „Das Lichtenberg Mädcheninternat hat alle Versicherungen bei der Munich Life AG abgeschlossen. Außerdem sitzt der Vater des Mädchens im Aufsichtsrat. Unser Hauptauftraggeber kriecht denen fast schon hinten rein. Der Vorstand der Munich Life dachte sofort an dich, Amelie. Ich kann auch nichts dafür.“

Ich hatte es geahnt. Hier kam Ärger auf mich zu.

„Es ist ein offizieller Auftrag, direkt vom Vorstand erteilt“, sagte mein Assistent.

„Welches Honorar?“

„Das höchste, das wir jemals erhielten, außerdem noch kräftig Spesen.“

„Weiter?“

„Wenn wir den Auftrag ablehnen, kündigt die Munich Life die Zusammenarbeit mit uns.“

„Toll.“

„Stimmt.“

„Wie lief denn die Sache?“, erkundigte ich mich.

„Bei der Munich Life?“

„Nein. Mit dem Mädchen der Familie Nassau.“

„Tja.“ Leon wiegte den Kopf. „Heute ist Donnerstag. Letzten Samstag wurde sie zuletzt gesehen, von Sarah Plessen und Paul Dellbrück, zwei Lehrern, als sich die Mädchen verabschiedeten. Sie durften übers Wochenende heim.“

„Aber die süße Isabell kam nie bei Väterchen an.“

„Ja. Angeblich rief sie mit ihrem Handy bei Daddy zuhause an und sagte, dass sie im Internat bliebe. Eine Hausangestellte der Familie Nassau nahm das Gespräch an und richtete es dem Vater aus. Das geschah auch schon mal vorher, war also nicht ungewöhnlich.“

„Und im Internat nahmen sie an, dass Isabell zu Hause wäre.“

„Richtig.“

„Das alte Spiel.“

Plötzlich schmeckte mir mein Andalö nicht mehr.

„Das Ding ist Dynamit, Leon. Die Kleine hat es zu geschickt zurechtgetrickst. Da können wir höchstens reinfallen.“

„Trotzdem.“ Leon starrte wieder auf das Foto. „Morgen früh erwarten sie dich. Nichts zu ändern. wir können den Auftrag nicht ablehnen, sonst sind wir aus dem Geschäft. Die Munich Life wird uns fallen lassen, wie eine heiße Kartoffel!“

„Mist. Wo muss ich sein?“, fragte ich, ahnte aber bereits die Antwort.

„Im Lichtenberg Mädcheninternat“, sagte er.

„Bockmist.“

Leon nickte.

„Du meldest dich bei Doktor Frank Sachsenhausen, dem Direktor des Internats. Er weiß als einziger Bescheid. Angeblich bist du Expertin in Schulpsychologie und studierst das Zusammenleben junger Mädchen in Internaten. Dadurch kannst du jede Menge dummer Fragen stellen, ohne dass es auffällt. Du wohnst auch im Lichtenberg Internat.“

„Na, toll.“

„Bis du etwas über das verschwundene Mädchen herausgefunden hast.“

„Und wenn es mir nicht gelingt?“

„Etwas zu ermitteln?“ Leon pumpte die Backen auf und stieß missmutig die Luft aus. „Dann sind wir unseren größten Auftraggeber los. Du weißt doch wie der Vorstand tickt. Immer mal wechseln, wenn die alte Truppe schlapp macht.“

„Mist.“

„Für die hohen Honorare die sie uns bezahlen, steht ihnen das zu.“

Ich trank meinen Andalö aus.

„Aber du findest schon was.“ Leon betrachtete ein letztes Mal das Foto, dann schnippte er es mir über den Tisch zu. „Diese Gören quatschen immer, wenn das große Glück ihnen winkt. Oder es gibt irgendwelches Geschreibsel. Knöpf dir die Freundinnen der verschwundenen Isabell von Nassau vor. Du wirst schon einen Weg finden, du bist doch ein cleveres Mädchen, Amelie.“

„Vielen Dank auch“, meinte ich ironisch.

„Und sittliche Anfechtungen hast du diesmal auch keine zu erwarten.“ Leon grinste anzüglich. „Das Lichtenberg Internat hält auf Moral und Anstand. Das reinste Kloster!“

„Wie schön.“

„Andernfalls feuern die dich hochkant aus ihrem Heiligtum. Da kennen die nichts, also halt deine Triebe zurück.“

„Vielleicht ist das der Grund, warum klein Isabell verschwand“, sagte ich.

„Könnte sein.“

„Ist doch klar. Als Expertin für Schulmädchenpsychologie muss ich das wissen.“

Leon lachte. „Dann erkläre das mal dem Direktor.“

„Werde ich tun.“

„Aber bleib schön brav bei der Theorie, okay?“

Der Schuft. Denn nicht ich oder meine Trieb, sondern Leon und die Skrupellosigkeit unserer geschäftstüchtigen Auftraggeber hatten mir bisher meistens die Hurerei als Erfolgsmasche eingebrockt.

„Mal sehen“, sagte ich herausfordernd.

„Eben.“

„Dann muss ich mich bereits in Keuschheit üben, dabei dachte ich, heute passiert es mit uns beiden“, meinte ich gemein grinsend.

Leon bekam zart-rote und gleich darauf saft-rote Tomatenohren. Finster blickte er mich an und presste die Lippen aufeinander. Anderen Frauen gegenüber ist er der feurigste Romeo, doch bei mir hakt er irgendwie aus. Er fühlt sich zu sehr als mein Assistent, als untergeordneter Mitarbeiter. Obwohl wir manchmal schon ganz knapp vor sexuellen Intimitäten gestanden hatten. Aber irgendwie sollte es nicht sein.

„Ehrlich. Manchmal ist mir danach, Amelie.“

Ich blickte ihm zärtlich in die Augen. „Wir werden sehen, Schätzchen.“

„Lass uns fahren“, meinte er. „Du musst morgen fit sein.“

Wir standen auf und bezahlten unsere Getränke. Plötzlich fühlte ich mich müde. Ein tüchtiger Schluck Sex und Befriedigung hätten mir vor meiner Enthaltsamkeitstour im Lichtenberg Internat noch gutgetan.

„Ich hole dich morgen früh ab, dann fahren wir kurz ins Büro, sprechen die Akten durch, dann bringe ich dich ins Lichtenberg Internat, okay?“, sagte er, als wir die Bar verlassen hatten.

„Danke, Leon.“

„Du schaffst das alles schon.“

„Sicher.“

Ich nickte.

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