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Nichts ist mehr so wie es war

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Als ich am nächsten Morgen immer noch schlecht gelaunt ins Büro kam, rief mir unser Praktikant Jan bereits entgegen »Guten Morgen, Leni, Thorsten und Michael möchten dich dringend sprechen«.

»Alles klar«, entgegnete ich, stellte meine Tasche hastig ab und machte mich schnellen Schrittes auf den Weg zu meinen Chefs. Zuerst dachte ich die beiden wären von sich aus auf die Idee gekommen mir eine Gehaltserhöhung anzubieten. Wie falsch ich damit lag, sollte sich in den nächsten Minuten herausstellen.

Arglos öffnete ich die Tür zum Chefbüro. Thorsten und Michael standen beide am Fenster. Sie wirkten angespannt. Das war ihnen an der Körperhaltung deutlich anzusehen. Als ich eintrat, drehten sie sich langsam um und blickten mich mit versteinerter Miene an.

»Guten Morgen, Leni. Setz dich doch erst mal. Möchtest du einen Kaffee?«

»Nur keine Umstände.« Verwundert ging ich einen Schritt auf die beiden zu. Irgendetwas hinderte mich aber daran mich zu setzen. »Kaffee habt ihr mir doch noch nie zu unserer Morgenbesprechung angeboten.« Unsicher trat ich von einem Fuß auf den anderen und sah sie fragend an. »Was ist hier los?«, erkundigte ich mich, denn die Stille machte mich geradezu wahnsinnig.

»Leni, ich weiß gar nicht wie ich es dir sagen soll«, ergriff nun Michael das Wort, »wir haben die Genious Kampagne verloren und nicht nur das, der Südwinkel-Konzern hat all seine Aufträge entzogen und ist zu Hitmacher gewechselt. Das war einer unserer besten Auftraggeber. Allein mit seinen Werbekampagnen war die Hälfte unseres Teams beschäftigt. Nun müssen wir ganz schön hart kämpfen und du weißt ja, es ist nicht einfach am Markt.« Das klang gar nicht gut. Überhaupt nicht gut. Irgendetwas an Michaels Stimme beunruhigte mich und ließ mich innerlich aufhorchen. »Hm«, brummte ich abwartend.

»Leni, was ich dir nun sagen muss fällt mir nicht leicht.«

Ein ungutes Gefühl beschlich mich und mein Magen krampfte sich zusammen. »Du bist eine unserer fähigsten Mitarbeiterinnen, sprühst gerade so vor Ideen, bist ehrgeizig und stets voll bei der Sache, dennoch sind wir gezwungen unser Team zu verkleinern.«

Hörte ich richtig? Was geht hier vor? Das gefiel mir gar nicht. Noch während ich überlegte, hörte ich Michael etwas von betriebsbedingter Kündigung faseln. »Ich stelle dich natürlich frei. So hast du die Chance die nächsten Wochen zu nutzen, um etwas Neues zu finden. Ich bin mir sicher, dass dir die Firmen da draußen zu Füßen liegen werden.« Er unterstrich seine Aussage mit einer ausladenden Handbewegung.

»Aber wie soll das denn hier ohne Assistentin funktionieren?«, startete ich einen hilflosen Versuch meinen Job zu retten. Ich fühlte mich plötzlich unendlich nutzlos. Das konnte doch nicht alles gewesen sein. Von wegen Familie. Nun räusperte sich Thorsten, der bisher das Gespräch still verfolgt hat.

»Also es ist so, die Projektleiter werden einige Aufgaben selbst übernehmen müssen, wie beispielsweise ihre Reiseplanung und den Rest werden wir mit einer Teilzeitstelle abdecken.«

Hoffnung keimte in mir auf. Es war also doch noch nicht alles verloren.

»Ich reduziere auch meine Stunden. Das ist immer noch besser als ganz auf der Straße zu stehen. Mensch, ihr habt mir ja einen ganz schönen Schrecken eingejagt.«

Nun setzte ich mich doch an den kleinen runden Besprechungstisch. Meine Beine waren ganz wackelig. Doch bevor ich mich entspannen konnte, ergriff Thorsten erneut das Wort.

»Nein, also es ist so, dass meine Frau aus der Elternzeit zurückkehrt und uns hier stundenweise unterstützen wird. Tut mir wirklich leid, Leni.« Er schaute betreten zu Boden und ich war sprachlos. So lief das also.

»Das ist nicht euer Ernst, oder?«

»Es tut uns wirklich leid.«

Wie in Trance stand ich auf, nahm den Umschlag mit der Kündigung entgegen und ging in mein Büro zurück. Gekündigt. Abserviert. Einfach so. Ich konnte es noch gar nicht fassen. Dürfen die das denn einfach so? Ich wusste nicht ob ich heulen, oder vor Wut platzen sollte. Jan war nicht im Büro, als ich zurückkam. Das war auch gut so. Ich brauchte nun erst einmal Zeit für mich. Noch fünf Wochen Gnadenfrist. Ob das reichte, um mir etwas Neues zu suchen? Nachdem ich meine Sachen gepackt hatte, verließ ich schnell und ohne mich zu verabschieden die Agentur und ging nach Hause.

Erst als ich die Wohnungstür aufschloss und mich im Flurspiegel betrachtete, brach ich in Tränen aus. Den ganzen Weg nach Hause war ich stark, sagte mir immer wieder 'Leni, du bist gut. du wirst in nullkommanix was Neues finden.' Aber nun beschlich mich die pure Angst. Was sollte ich tun, wenn es nicht so einfach war? Dann musste ich meine schöne Wohnung, in der ich mich so wohlfühlte, aufgeben. Alles würde sich verändern. Panik machte sich in mir breit.

Ich rief Nina an. Sie schaffte es bestimmt mich aufzumuntern. Mist, es klingelt durch. Wieso ist sie nie da, wenn ich sie brauche? Ich probierte es bei Caro, aber auch hier Fehlanzeige. Es meldete sich nur der Anrufbeantworter, also legte ich auf. Da half nur Giuseppe. Giuseppe war ein guter Freund, Helfer in allen Lebenslagen, Fels in der Brandung und Seelentröster. Mein Giuseppe, ein guter Schluck davon löste meine Probleme zwar nicht, aber er ließ sie mich für einen Abend lang vergessen.

Glückswelle

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