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Prolog – Die Bibliothek von Sarandis

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Seit drei Jahren arbeitete der junge Abubakar als Lehrling in der Bibliothek von Sarandis, einem Land in der magischen Welt Dhaum Díriochta. Schon früh hatte er davon geträumt, eines Tages Geschichtenhüter zu werden. So wurden die Gelehrten genannt, die sich um den Erhalt und die Niederschrift geschehener und erdachter Ereignisse aller ihnen bekannten Welten beschäftigten.

Als seine Lehrmeisterin Amunet eines Tages in seinem Dorf erschienen war und ihn tatsächlich für die lang ersehnte Ausbildung auserkoren hatte, war es als hätte sich ihm das Tor zu ewigem Glück geöffnet. Ihm war bewusst gewesen, dass die Lehrzeit eines Geschichtenhüters nicht nur Jahre des Studiums in Anspruch nehmen würden. In den ersten drei bis vier Jahren war es vor allem die Hilfsarbeit für seine Lehrmeisterin und die anderen Gelehrten, die ihn formen sollte.

Trotz der harten Arbeit hatte sich sein Lebenswunsch nicht verändert. Allein der Blick auf die letzten Jahre war weniger von seiner Euphorie getrübt als zuvor. Vieles war anstrengend, ja, und manche Tätigkeit würde er wohl niemals vermissen. Dennoch, sein Lebenswunsch blieb ungebändigt.

So war es auch an diesem einen Tag, an dem seine Geschichte für uns beginnt. Abubakar war wieder einmal dabei, Bücher aus den Tiefen der Bibliothek herauszusuchen. Er sollte sie, wie immer, nach oben in den Kuppelsaal bringen. Dieser war das Herzstück des unterirdischen Bibliothekskomplexes, das tagsüber auf wundersame Weise lichtdurchflutet war. Die gesamte Decke bestand aus einer nach innen gewölbten Kuppel aus Glas, die das Wasser der Oase über ihm hielt. Es war Magie, die das heiße Licht der Sonne so hindurchleitete, damit die Hüterinnen und Hüter der unzähligen Geschichten die alten Schriften problemlos entziffern konnten. Vier Jahre waren es noch – dann würde Abubakar endlich in ihre Reihen aufsteigen.

Der Lehrjunge betrat den Saal mit gewohnter Ehrfurcht und balancierte an die zehn in Leder gebundenen Bücher auf seinen sonnengegerbten Armen. Nach und nach verteilte er sie an die Gelehrten, die an großen Schreibtischen saßen, Bücher studierten und ihre Erkenntnisse daraus wiederum in ihren eigenen Aufzeichnungen festhielten. Am Ende hatte er nur noch ein sehr kleines, unscheinbares Büchlein in der Hand, nach dem seine Lehrmeisterin verlangt hatte.

Er sah sie an einem Schreibtisch im hinteren Teil des Kuppelsaals sitzen. Ihr Anblick schien ungewöhnlich. Normalerweise lugte ihr weißer Haarschopf nur unmerklich hinter mehreren Bücherstapeln hervor, während sie las oder etwas mit Federkiel und Tinte auf Papier schrieb. Diesmal war ihr Tisch vollkommen leer.

„Da bist du ja,“, bemerkte sie mit dunkler, freundlicher Stimme und sah ihn über den Rand ihrer Lesebrille an. Er nickte begrüßend und legte dann das kleine Büchlein vor sie hin.

Als er Anstalten machte zu gehen, hob sie eine Hand.

„Setz dich, Abubakar“, sagte sie und wies auf einen alten Holzstuhl, der ihr Gegenüber stand. Der junge Mann tat wie ihm geheißen.

„Was siehst du vor dir?“, fragte die Lehrmeisterin.

Er stutzte. „Ein... Buch.“, antwortete er vorsichtig. Wenn Amunet scheinbar einfache Fragen stellte, war seine erste Antwort meistens unzureichend. Doch das störte ihn nicht. Er wusste, was das hieß. Sie hatte eine neue Lektion für ihn. Seine Wissbegier ließ ihn aufhorchen.

Mit einer Geste forderte Amunet ihn auf, das Buch weiter zu beschreiben.

„Es ist nicht besonders groß und nicht besonders dick“, beschrieb er das unscheinbare Werk.

„Weiter“, sagte sie.

„Es sieht anders aus als die anderen Bücher. Der Einband ist aus einfachem braunem Leder. Sieht nicht sehr hochwertig aus. Oben drüber steht Circles in verspielter Schrift, darunter sind vier Kreise zu sehen, Naturbilder, ein Baum, eine Art Schlange, ein kleiner Vogel und ein großer…“

„Interessant“, murmelte Amunet, viel- und gleichzeitig nichtssagend. Sie nahm das Buch, schlug die erste Seite auf und legte es vor Abubakar ab.

„In diesem Buch befinden sich sieben Geschichten. Sie alle haben eine Gemeinsamkeit. Lass es uns lesen, dann sehen wir uns den Einband nochmal an.“

Ihr Lehrling nickte langsam. Er überlegte. Woher stammte dieses Buch?

„Was bedeutet dieses Wort?“, fragte er dann.

Die alte Frau lächelte. „Circles? Es bedeutet Kreislauf, Zyklus. Dieses Buch stammt aus einer anderen Welt und der Titel bedient sich einer anderen Sprache als der darin geschriebenen Texte.“

Der junge Mann runzelte seine Stirn. „Warum sollte man so etwas tun?“

„Weil manchmal die Bedeutung eines Wortes in einer anderen Sprache besser zu dem passt, was darauf folgt“, erklärte die Geschichtenhüterin. „Es geht um natürliche Zyklen, die überall in den Welten zu finden sind. Lass uns die Geschichten lesen und weitererzählen, damit sie nicht vergessen werden.“

Circles

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