Читать книгу Vor der Wahl kommt die Ausmistung - Denise Remisberger - Страница 5
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ОглавлениеMit diesem um acht Jahre jüngeren Schnuckligen namens Sebastian nun, traf sie sich dann eine Woche später und nötigte ihn, ein paar hundert Meter zu laufen, um an ein magisches Plätzchen am grossen See zu gelangen. Unterwegs liessen ihn seine Kräfte beinahe im Stich. Er wies immer wieder scheu auf vorbeiziehende Sitzbänke, um sich endlich niederzulassen, doch Anna peilte zielbewusst «ihren» Platz auf einem grossen Stein, direkt am Wasser, an.
Sie setzten sich dicht nebeneinander, ohne sich zu berühren und liessen sich von der Sonne beleuchten. Anna bewunderte seine grünblauen Augen, seine beiden Altsilberringe am rechten Ohr und die Haut oberhalb des Knies unter dem Loch in seiner Hose. Dort drinnen hätte sie gerne einen Finger kreisen lassen. Bei dem Gedanken musste sie kichern. Er wäre wahrscheinlich entsetzt aufgesprungen und davongerannt. In der Not hätte er bestimmt wieder zu seinen Kräften gefunden.
Nach einer Stunde prickelnder Entspannung schlenderten sie zurück und begegneten unterwegs einem Freund Sebastians, der jenen sofort in einen verbalen Konkurrenzkampf verwickelte. Es ging ihm dabei nicht um Anna, obwohl er ungehemmt mit ihr flirtete, sondern einfach um das Gebaren, das junge Hirsche und die meisten Männer eben an den Tag legen, wenn ihnen nichts Besseres einfällt.
Hubert trug enge Jeans, die seine sinnliche Ausstrahlung noch unterstrichen. Seine Bewegungen hatten etwas Dynamisches und gleichzeitig Verwurzeltes an sich. Eine brodelnde Hitze schien aus seinem Bauch zu strömen, die sich in seinen intensiven dunklen Augen wiederfand. Sein Gesicht veränderte sich alle paar Minuten, Lachfältchen um die Augen entstanden und verschwanden wieder, wie ein Fächer, der auf- und zugeht.
Sein Mund war einfach einladend. Die kurze schwarze Frisur mit der langen Strähne, die quer über seine Stirn bis zur Mitte der Wange fiel, vereinigte ebenfalls Dynamik mit Sinnlichkeit.
Doch da Anna eigentlich mit Sebastian alleine sein wollte und dieser bereits rote Flecken auf den Wangen aufleuchten liess, ergriff sie das Machtwort, als der flirtende Hubert die beiden betont unschuldig, was es betont absichtlich erscheinen liess, zu sich nachhause einladen wollte und sagte ziemlich ruppig: «Nein». Sebastian atmete erleichtert aus, Hubert zog einen Flunsch und verabschiedete sich eisig.
Nun wäre doch anzunehmen, wenigstens für die Vernünftigeren, dass Anna so etwas wie eine Abneigung gegen diesen Eindringling Hubert empfinden sollte. Doch nein, sie war begeistert. Er ging ihr nicht mehr aus dem Kopf, auch wenn sie ihn immer wieder in die Verdrängnis abschob. Doch davon später.
Anna begleitete Sebastian noch bis zum Bahnhof, wo sie eine Weile rumstanden und sich anlächelten, bis er in den Zug ins Oberland stieg und sie sich zu ihrem Velo begab, um ins Wen-Do, ein Kampfsport nur für Frauen, zu fahren.