Читать книгу Obscura- Dunkle Kreaturen (5) - Dennis Weis - Страница 4

Erstes Kapitel

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Das Feuer loderte im Kamin. Es war abends und die Familie saß zusammen. Heute war ein besonderer Tag, denn es war das Fest der Ahnen und die Familie hatte ihre Verwandten eingeladen, die allesamt kamen, um mitzufeiern.

Pollensis hatte sie eingeladen, da er an der Reihe war. Er war Vater von drei Kindern, hatte eine liebreizende Frau und einen Hof. Es hatte ihn zum Bauern verschlagen, denn er wusste nicht, was er hätte anderes machen sollen.

Das Fest der Ahnen war das wichtigste, was die Familien zelebrierten und sie bereiteten sich das gesamte Jahr darauf vor. Tutela, seine Frau, hatte Essen für mindestens drei Mal so viele Gäste zubereitet und sie hatten ihr bestes Met aus der Vorratskammer geholt. Dieses Fest sollte auch zeigen, dass sie es geschafft hatten- Geschafft hatten, ein anderes Leben aufzubauen, als das, was ihnen vorherbestimmt war.

„Meine Familie“, begrüßte Pollensis seine Gäste.

Er hatte sich auf eine Kiste gestellt, um alle sehen zu können. Er schaute einmal in die Runde und lächelte, obwohl ihm nicht danach zumute war.

„Willkommen auf meinem Hof.“

Pollensis war kein Mann großer Worte. Er hielt es knapp. Er war es, trotz großer Familie, nicht gewohnt, ständig Menschen um sich zu haben. Die Ruhe war sein Freund.

„Ein Bauernhof?“ fragte eine Stimme aus der Menge und lachte laut, „das ist doch nicht dein ernst.“

Es handelte sich um Miles, dem Bruder des Pollensis. Er stand auf.

„Das verändert nichts“, schimpfte er, „nichts daran, dass wir sind, wer wir sind.“

„Nun beruhige dich, Liebster“, sprach die Frau von Miles, deren Name Bellatrix war, „es ist nicht der Ort und die Zeit, darüber zu sprechen.“

„Es ist immer der Ort und die Zeit, denn es betrifft uns alle“, entgegnete Miles zornig.

„Ich habe mir das auch nicht ausgesucht“, polterte Pollensis dagegen und sprang von seiner Kiste herunter. Er bewegte sich schnell auf seinen Bruder zu.

„Und von dir lasse ich mir nichts sagen“, fügte er hinzu.

Pollensis war der ältere der beiden. Miles störte dies schon immer, aber er konnte bis zu der Entscheidung, anders zu leben, nie etwas gegen seinen Bruder setzen. Doch die Zeiten hatten sich geändert!

„Was willst du denn tun?“ fragte Miles und ging ebenfalls auf Pollensis zu.

Beide standen sich gegenüber, besser gesagt Kopf an Kopf und keiner ließ nach, denn keiner wollte als Verlierer dastehen.

„Du bringst uns alle ins Verderben!“ brüllte Miles.

„Das lasse ich mir nicht bieten“, entgegnete Pollensis.

Dann schlug Miles zu. Der Fausthieb landete mitten auf die Nase von Pollensis, der von der Wucht überrascht war. Dennoch setzte er einen Schlag in die Magengegend an, der zwar traf, aber nicht wirklich zur Verletzung führte.

„Prügelei“, brüllte irgendjemand und auf einmal fingen alle aus der Familie an, sich zu bekämpfen, dabei waren es nur die Männer. Die Frau entfernten sich und die Kinder.

„So ein Quatsch“, ärgerte es Tutela, „los kommt, Kinder, wir gehen in Sicherheit.“

Belleza folgte ihrer Mutter, während Dupars, er war schon ein junger Mann, seinen Kopf schüttelte und wegrannte, nicht zum Kämpfen, sondern weg, keiner wusste, wohin.

„Und was ist mit dir?“ fragte Tutela ihren kleinsten, „willst du auch von mir fliehen?“

„Nein, Mutter“, antwortete der kleine, „aber ich frage mich, warum Vater sich mit Onkel Miles prügeln muss.“

„Das werde ich dir erzählen, Diametus, aber erst einmal verschwinden wir von hier. All die Mühe und dann so ein Reinfall, wie konnte sich dein Vater nur so provozieren lassen?“ sagte Tutela.

Sie gingen abwärts zu einem Schutzraum, der eigens dafür geschaffen wurde, sich vor den Angriffen abzuschirmen. Bisher war er allerdings nicht von Nöten.

„Wo gehen wir hin, Mutter?“ wollte Belleza wissen, die leicht genervt schien.

Eigentlich wollte sie heute Abend auf dem Familienfest Spaß haben, tanzen, lachen und etwas Alkohol trinken, wenn es ihre Eltern nicht mitbekamen. Stattdessen sah es so aus, als ende die Nacht in einer Katastrophe.

„In den Keller“, antwortete die Mutter, „in den Schutzraum, da ich nicht weiß, wie das heute Abend enden wird.“

„Na ganz toll“, sagte Belleza und kam mit, da Tutela an ihrem Kleid zog.

Als Tutela im Schlepptau mit ihren beiden Kindern den Schutzraum erreicht hatten, verbarrikadierte die Mutter die Tür mit einem dicken Balken.

„Das sollte sie fern halten“, sprach Tutela und setzte sich auf den Boden.

„Und nun?“ fragte Belleza.

„Warten“, antwortete Tutela, „warten bis es vorüber ist.“

„Aber kann es so gefährlich werden?“ wollte Diametus von seiner Mutter wissen.

„Ja“, sagte sie, „und wir wurden gewarnt.“

Belleza stand auf und schritt zu ihrer Mutter hinüber.

„Was sagst du da? Uns hat jemand gewarnt?“ fragte die Tochter, „aber vor was? Unserem Familienstreit? Ich verstehe das nicht.“

„Das kannst du auch nicht“, sprach die Mutter, „ihr habt mit all dem hier nichts zu tun. Wir wollten eine Familienfeier und wir geraten in etwas hinein, was älter ist alles, was wir kennen.“

„Du sprichst in Rätseln, Mutter und das nervt“, regte sich Belleza auf, „wenn du willst, dass ich gleich nicht platze, dann werde mal genauer.“

„Ich bin deine Mutter, also reiße dich zusammen“, entgegnete Tutela und war sichtlich verunsichert, dass ihre Tochter solche Töne anspielte.

„Ist ja gut, beruhige sich mal“, versuchte Belleza die Laune ihrer Mutter zu schlichten, „aber kannst du mir erklären, was hier los ist?“

Tutela schaute weg. Sie stand auf und ging zu einem Schrank. Sie holte eine Flasche Met heraus und öffnete sich mit ihrem Mund, indem sie den Korken mit den Zähnen herauszog. Dann nahm sie einen kräftigen Schluck.

„Mutter, was…?“ fragte Diametus, der seine Mutter bisher nicht so hat Alkohol trinken sehen.

„Alles gut, mein Sohn“, sagte Tutela, nachdem sie die Flasche geleert hatte, „ich brauche nur etwas Mut, um euch alles zu erzählen, denn wenn ich mir das alles vorstelle, dann wird mir schlecht.“

Diametus rannte zu seiner Mutter, um sie zu umarmen, aber sie stieß ihn zurück.

„Ich bin eine Divina“, gab Tutela preis und suchte nach einer weiteren Flasche, die sie leeren könnte.

„Was soll das sein?“ fragte Diametus, der sich nichts darunter vorstellen konnte.

„Du bist eine Seherin“, erkannte Belleza, „ich habe davon gehört. Die Dorfbewohner haben sie diese Geschichten erzählt- Aber das sind doch alte Märchen und die gibt es nicht mehr.“

„So tief haben wir es begraben“, sprach Tutela, „und so lange Jahre liegt es zurück. Wir haben es versucht zu verdrängen, aber es holt uns immer wieder ein. Und wenn ich ehrlich sein soll, dann wusste ich es. Und ich weiß, was passieren wird- es ist unausweichlich!“

Jetzt lief auch Belleza zu ihrer Mutter und ihrem Bruder, der noch immer wie angewurzelt dort stand, nachdem ihn sein Mutter abgewiesen hatte. Tetula hatte indes die zweite Flasche geöffnet und begann sie zu trinken.

„Mutter, Mutter, jetzt ist genug“, schrie Belleza und riss ihrer Mutter den Met aus der Hand.

„Du hast mir nichts zu sagen“, fauchte die Mutter und entriss ihrer Tochter der soeben gewonnene Met wieder.

„Nun gut“, sagte Belleza, „du willst unsere Hilfe nicht, aber es bringt auch nichts, dich hier im Selbstmitleid zu ersaufen. Das wird auch nichts ungeschehen machen.“

Dann nahm sie sich Diametus und machte sich zu einer anderen Ecke des Schutzraumes auf. Sie setzten sich.

„Was ist mit Mutter?“ fragte Diametus verwirrt, denn er kannte seine Mutter nicht wieder.

„Ich weiß es nicht, aber es wird schon werden“, versuchte Belleza ihren Bruder zu beruhigen.

Es dauerte eine Weile, ehe Tutela zu ihren Kindern kam. Sie hatte insgesamt sechs Flaschen geleert, fünf von dem Met und eine Weinflasche.

„Es tut mir Leid“, sagte sie angetrunken, „aber ich weiß nicht weiter, deshalb bin ich verzweifelt und mache so einen Mist.“

„Ich könnte dich jetzt anbrüllen, aber ich mache es nicht“, entgegnete die Tochter, „dir und Diametus zuliebe, aber erkläre uns doch bitte, was hier los ist. Es kann doch nicht alles sein wegen eines Familienstreits zwischen Onkel Miles und Vater?“

Tutela setzte sich zu ihren Kindern und umarmte sie. Diametus drückte fest zu, aber er fand, dass seine Mutter ganz schön nach Alkohol stank.

„Ich habe euch ja schon gesagt, dass ich eine Divina- eine Seherin- bin“, fing Tutela an zu erzählen, „ich habe all diese Ereignisse gesehen und euren Vater gewarnt, aber wollte unbedingt das Fest der Ahnen feiern, da es Tradition ist.“

„Wovor wolltest du ihn warnen?“ wollte Belleza wissen.

„Vor dem Obscura“, antwortete Tutela und schaute sich um, „er ist der Herr der Unterwelt.“

„Der Herr der Unterwelt, du meinst den Teufel?“ fragte Belleza entgeistert, „aber das ist doch Quatsch.“

„Nein, er trachtet nach unserem Leben“, gab Tutela weiter an.

„Aber warum interessiert es einen Teufel, einem Herren der Unterwelt, eine Familie auszulöschen?“ fragte Belleza und hatte das Gefühl, ihre Mutter redete nur Blödsinn, da sie eine Menge getrunken hatte.

„Es hat etwas damit zu tun, dass wir Latros sind“, antwortete Tutela, „ein uralter Clan von Jägern.“

„Aber Jäger sind doch keine Gefahr für einen so mächtiges Wesen“, sprach Belleza mit ängstlicher Stimme, „was jagen wir denn genau?“

Tutela schaute für einen Moment weg. Sie dachte nach.

„Kind, das hätte ich euch früher sagen müssen“, machte sich die Mutter Vorwürfe, „aber alles lief gut und wir wollte euch nicht belasten.“

„Das beantwortet nicht meine Frage“, stellte Belleza fest.

„Als vor vielen Jahren der Herr der Unterwelt herrschte, gab es nicht viele, die ihren Widerstand leisteten. Zu den wenigen gehörte dein Großvater Fides. Er war ein gewöhnlicher Jäger, der Tiere jagte. Eines Tages aber griffen Vampire die Familie an und töteten Großmutter und alle Kinder, außer deinen Vater und Onkel Miles. Dies veränderte euren Großvater und er spürte den Zorn in sich. Er verwandelte sich und tötete alle Vampire und spießte ihre Köpfe auf langen Pfählen.“

„Das ist ja grausam“, kommentierte Belleza und hielt ihrem Bruder die Ohren zu, „meinst du, diese Geschichte ist das richtige für den Kleinen?“

„Er soll es erfahren, bevor wir keine Zeit mehr dazu haben“, antwortete Tutela, „Großvater wurde zu einem Latro, einem Jäger, der alles jagte, was nicht Mensch oder Tier war.“

„Auch die Guten?“ wollte Diametus wissen.

„Du meinst die Lumen? Di ebenfalls, denn sie waren nicht dort, um unsere Familie zu schützen und sie waren nicht dort, als der Krieg mit den Menschen begann“, erklärte Tutela, „nach Fides haben die Lumen einen eigenen Krieg geführt.“

„Aber weißt du, warum Großvater zu dem Latro geworden ist?“ fragte Diametus, der nun sehr interessiert zu sein schien.

„Genau nicht“, antwortete seine Mutter, „aber wir denken, dass es sein Hass war, der unendlich auf seinem Herzen lastete, nachdem seine geliebte Frau, unsere Großmutter, getötet wurde. Zudem musste er sie ebenso töten, als sie ihn angriff, nachdem sie sich zu einem Vampir verwandelte.“

„Wird der Obscura heute zurückkommen?“ wollte Belleza wissen und man sah ihr die Panik in ihren Augen an.

„Ja, wird er“, bestätigte Tutela, „Großvater konnte ihn nicht töten, da die Lumen ihn in der Hölle verbannt hatten. Allerdings wird nicht er kommen, sondern ein Vorbote, sein Name ist Tenebras, aber er wird sich nicht als seiner selbst zeigen. Er ist ein Obscura und ein Wesen des Bösen.“

„Weißt du, wer es ist?“ fragte Belleza.

„Nein, leider nicht, aber ich weiß, dass es heute Abend geschehen wird“, gab Tutela an.

„Haben Onkel Miles und Vater deshalb Streit?“ wollte Diametus wissen.

„Onkel Miles will, dass wir als Latro weiterleben und uns zeigen, Vater dagegen will die Vergangenheit vergessen, da er Großvater als Latro fürchtete. Es hatte nicht nur Gutes, wenn der eigene Vater den Schergen der Unterwelt hinterherjagte und nicht für einen da war. Für Miles war Großvater ein Held.“

„Wurde Großvater ermordet?“ vermutete Belleza.

„Ja und zwar von einem Lumen namens Aniluma“, antwortete Tutela, „ein Latro ist in jedem Fall für beide Seiten gefährlich.“

„Aber warum wollen sie unseren Tod?“ fragte Diametus neugierig.

„Weil ihr die Erben seid, Vater und Miles haben die Kraft eures Großvaters erhalten. Allerdings würde ich sagen, dass Pollensis sie nie genutzt hatte, während Miles fleißig trainierte. Die Kräfte von eurem Vater gehen eines Tages zu euch über.“

Die drei hörten noch immer das Poltern oberhalb von ihnen, was auf die Prügelei zwischen den Familienangehörigen zurückzuführen war. Pollensis war sauer und enttäuscht. Immer schon hielt sein Bruder ihm vor, dass er die Familie nicht angemessen führe. In Wahrheit wollte doch Miles über den Clan herrschen und ihn dorthin führen, wo er hergekommen war.

„Du bist eine Schande“, beschimpfte Miles seinen Bruder, „und wirst uns ins Verderben bringen!“

„Du bist gerade dabei, es für mich zu übernehmen“, entgegnete Pollensis, „und dabei war dies ein Familienfest.“

Miles gab Pollensis einen kräftigen Schlag ins Gesicht, sodass dieser nach hinten umfiel. Mittlerweile war die Einrichtung derartig demoliert, sodass hier nichts mehr gefeiert werden konnte. Die Gefolgschaft von Miles hatte Pollensis Leute in die Schranken gewiesen.

„Siehst du, alles Verlierer“, sagte Miles und verpasste seinem Bruder gleich noch eine, „ab jetzt ändert sich das!“

„Tut es nicht“, widersprach eine Stimme Miles und sie entpuppte sich als Dupars, dem ältesten Sohn von Pollensis.

Miles drehte sich zu seinem Neffen.

„Was willst du kleiner Bastard denn hier?“ fragte er ihn, „verkrümele‘ dich besser, sonst vergesse ich mich.“

„Ich bleibe“, sagte Dupars auf energischer Art und Weise.

Zu aller Überraschung zog er ein Schwert.

„Du willst dich also mit mir anlegen, hm?“ regte sich Miles auf, „das kannst du haben.“

Er zog ebenfalls ein Schwert. Pollensis wollte seinen Sohn retten, indem er sich aufraffte. Allerdings wurde er festgehalten und gefesselt.

„Um sicher zu gehen“, sagte Miles, „dass du keine Dummheiten anstellst.“

„Du machst einen riesengroßen Fehler“, rief Pollensis voller Erschöpfung.

„Halt dein Maul“, brüllte Miles, denn es reichte ihm, „oder ich haue dir höchstpersönlich den Kopf ab!“

Pollensis entgegnete nichts, wollte er nicht riskieren, dass sein aufgebrachter Bruder seine Androhung wahrmachte. Dupars stand dort, ungeübt hielt er das Schwert in seinen Händen als wäre es ein Schild.

„Junge, ich sag es dir ein letztes Mal, verpiss‘ dich oder ich werde keine Rücksicht nehmen“, warnte Miles.

Dupars blickte entschlossen und wich nicht. Er schaute seinen Vater an, der erkannte, was geschehen war! Dupars war gar nicht er selbst. Das rote leuchte in seinen Augen verriet ihn.

„Nein!“ brüllte Pollensis, ohne darüber nachzudenken, was Miles ihn kurz zuvor androhte, „das ist nicht Dupars…“

„Es reicht“, rief Miles und ging auf seinen Bruder zu, „jetzt bist du dran.“

„Nein!“ brüllte Dupars und rannte mit erhobenem Schwert auf seinen Onkel los.

Miles wehrte gekonnt den Hieb seines Neffen ab. Dann machte er zwei Hiebe und schaffte es, Dupars die Waffe zu entreißen. Dann stach er ihm mitten in den Bauch. Dupars schnappte nach Luft. Es floss Blut aus seinen Mundwinkeln und er fiel wie ein nasser Sack um.

„Nein!“ schrie Pollensis, der dies wie in Zeitlupe und angewurzelt beobachtet hatte.

Miles rammte das Schwert in den Torso Dupars, indem er es in der Luft drehte, um es mit mehr Kraft zu nutzen. Dupars schaute seinem Onkel in die Augen und diesem fiel auf, dass sie rot waren. Miles sprang aus Reflex einen Schritt nach hinten.

„Was ist hier los?“ fragte er verunsichert.

In diesem Moment stand Dupars wieder auf als wäre nichts geschehen. Miles hielt seine Waffe in Richtung seines Neffen, allerdings glaubte er nicht daran, dass es sich um seinen Neffen handelte.

„Er ist der Teufel!“ brüllte Pollensis.

Die Gefolgsleute von Miles kreisten Dupars ein. Dieser fing laut an zu lachen.

„Ich habe gewusst, dass ihr im Streit seid“, spottete Dupars, „aber das ihr euch ausgerechnet am jenen Tage entzweit, an dem ich auftauche, das grenzt an ein Wunder.“

„Wer bist du?“ wollte Miles wissen, „und was hast du mit Dupars gemacht?“

„Dupars wollte nicht mehr ein Teil dieser Familie sein und ewig vor dem fliehen, was euch das Schicksal aufgetragen hatte“, gab die Gestalt an, „er entscheid sich, sich mir anzuschließen.“

„Das glaube ich nicht“, schrie Pollensis, immer noch gefesselt.

„Macht meinen Bruder los“, befahl Miles, „wir kümmern uns gemeinsam um das Monster hier.“

Pollensis wurde befreit und erhielt ebenfalls ein Schwert, auch die restlichen Angehörigen wurden von ihren Fesseln gelöst. Sie bekamen, wenn möglich, eine Waffe oder nahmen sich etwas als Waffe, wie ein Holzbein eines Stuhls, der herausgebrochen wurde.

„Das wird euch nicht viel nützen“, machte das von Miles betitelte Monster klar, „ihr habt keine Chance.“

Miles machte sich kampfbereit und signalisierte seinen Männern, gleich zum Angriff überzugehen. Pollensis tat es seinem Bruder nach.

„Lächerlich“, sagte die düstere Gestalt.

Die Männer griffen nun an, indem sie von allen Seiten auf ihn losstürmten. Er erhob seine Hände in die Luft und eine Druckwelle ging von ihm aus. Sie schleuderte die Angreifer hinweg und teilweise an die Wand.

„Nun, ihr habt alle den Tod gewählt“, sprach die Gestalt.

„Bist du Animadera?“ fragte Miles, der sich wieder aufraffte, nachdem auch er mitgerissen wurde.

„Nein, das ist mein Bruder“, antwortete das Wesen, „mein Name ist Tenebras und ich werde nun euren Untergang besiegeln.“

„Das werden wir verhindern“, wand Pollensis ein und setzte zum erneuten Angriff an.

Ihm sollte ein Glückstreffer gelingen, der Tenebras einen Schnitt versetzte. Allerdings war es der letzte Atemzug von Pollensis, denn Tenebras packte ihm am Hals und erwürgte Pollensis in der Luft. Er brach ihm das Genick und ließ ihn voller Gleichgültigkeit fallen.

„Du Schwein!“ brüllte Miles, „dafür sollst du sterben!“

„Vor einem Moment hättest du deinen eigenen Bruder getötet und nun willst du mir eine moralische Lehre erteilen?“ provozierte Tenebras.

Der Obscura zückte einen Stab hervor, mit dem er gekonnt seine Angreifer abwehrte und sie alle nacheinander tötete bis nur noch Miles übrig blieb.

„Endlich“, sprach Tenebras, „der letzte der Latro, damit wäre die Prophezeiung erledigt.“

„Wir werden weiterleben“, entgegnete Miles, „und dich besiegen wie auch deine ganze Sippe.“

Miles griff an, während Tenebras mit seinem Stab gegenhielt. Miles Kraft wuchs indes und seine Attacken wurden immenser.

„Du wirst stärker, das spüre ich“, bemerkte Tenebras, „aber das wird dir nichts nützen.“

Tenebras streckte die linke Hand aus und ein Blitz schoss aus seinen Handflächen. Diese trafen Miles am Kopf. Zudem wurde er durch die Wucht nach hinten geschleudert. Tenebras setzte nach und machte einen Sprungangriff. Der Stab wurde gedreht, sodass er mitten in das Herz des Latro gerammt werden konnte.

„Eigentlich kann ich froh sein, dass du deine Kräfte nicht vollends nutzen konntest, so war es mir ein Leichtes, dich zur Strecke zu bringen“, teilte Tenebras mit.

Miles spukte Blut. Seine Lebenskraft entschwand. Er konnte nur daran denken, dass es eine Hoffnung gab, denn er hatte weder Tutela, noch Diametus oder Belleza gesehen.

„Es gibt noch weitere?“ fragte Tenebras.

Miles fiel erst jetzt ein, dass der Obscuras Gedanken lesen konnte.

„Wo sind sie?“ wollte Tenebras wissen und rüttelte an Miles.

Miles hingegen griff nach einem Schwert und rammte es sich selbst in den Bauch. Er verblutete und starb. Tenebras war nun allein.

„Sie müssen irgendwo sein“, sprach der Obscura mit sich selbst.

Er machte sich auf die Suche und stieß dabei auf den Eingang des Kellers. Er spürte, dass jemand zuvor hier langgegangen sein müsste. Instinktiv folgte er der Spur und entdeckte eine geheime Tür. Er wusste, dass es zu einem Schutzraum führen musste. Mit einem magischen Angriff zerstörte er die Tür und kam in einen langen Gang, der in einem Raum endete.

„Ich rieche den widerlichen menschlichen Geruch“, nahm Tenebras wahr, „sie müssen hier irgendwo sein.“

Er konnte niemanden entdecken, obwohl er alles absuchte. Bevor Tenebras erschien, waren die Tutela, Diametus und Belleza hier und hörten dumpf durch die dicken Wände die Streitigkeiten zwischen Miles und Pollensis.

„Mutter, was wird geschehen?“ wollte Belleza erfahren, „und was können wir tun?“

„Es wird sich jemand zeigen, der von dem Herren der Unterwelt geschickt wurde“, berichtete Tutela, „er wird kommen, um uns zu töten und wir werden alle sterben.“

„Und es gibt keine Möglichkeit dem zu entkommen?“ fragte Belleza panisch, „es muss doch etwas geben.“

„Es gibt nur einen, der überlebt“, sprach Tutela und blickte auf Diametus.

„Und wir sterben?“ fragte Belleza aufgeregt.

„Das ist unser Schicksal“, antwortete Tutela.

„Wir müssen hier schnell raus!“ brüllte Belleza ihre Mutter an.

Sie hatte ihr sonst respektvolles Verhalten vergessen, da sie sehr aufgebracht war. Wie konnte ihre Mutter nicht daran interessiert sein, dass sie überleben? Denn nichts anderes sah Belleza darin. Ihre Mutter musste aufgegeben haben. Obscura hin oder her.

„Ich nehme mir jetzt Diametus und fliehe“, gab sie Tutela zu verstehen und griff nach der Hand ihres Bruders.

„Es wird nichts bringen, deinem Schicksal entkommen zu wollen“, sprach die Mutter, „ich habe es mir nicht ausgedacht, sondern es wurde für dich bestimmt.“

„Wer bestimmt es?“ wollte Belleza wissen und hielt nach wie vor Diametus fest.

„Das Schicksal“, antwortete Tutela knapp.

„Wir gehen jetzt“, kündigte Belleza nochmals an, denn sie hatte die Hoffnung, dass ihre Mutter eine andere Wahl treffen könnte, wenngleich es unrealistisch war.

„Er kommt“, sagte die Mutter und schaute in Richtung Tür, „er ist schon fast da.“

Belleza lief zur Tür. Sie wollte sie öffnen, aber es funktionierte nicht.

„Was soll das?“ fragte sie ihre Mutter in einem wütenden Ton, „hast du sie verbarrikadiert, um uns zu hindern nach draußen zu kommen?“

„Nein“, entgegnete Tutela, „das würde ich nie tun und das weißt du auch. Wir sollten uns verstecken, er ist schon da, gleich hinter der Tür.“

Belleza wartete nicht lange oder diskutierte mit ihrer Mutter. Tutela hatte eine weitere Tür geöffnet, die für das bloße Auge nicht zu erkennen war und sie gingen hinein.

„Warum haben wir uns nicht früher hier verkrochen?“ wollte Belleza erfahren.

„Es wird nichts bringen“, sagte Tutela.

„Und warum machen wir es dann?“ fragte Belleza und man vernahm die Verwirrung in ihren Worten.

„Ich wollte, dass du erfährst, dass ich deinem Rat gefolgt bin“, antwortete die Mutter.

In nächsten Moment gab es einen lauten Knall. Die Tür zersprang und Tenebras kam hinein. Allerdings hatte er nach wie vor die Gestalt von Dupars, dem älteren Bruder von Diametus und Belleza und ältesten Sohn von Tutela.

„Dupars“, strahlte Belleza und wollte hinausgehen, aber Tutela hielt sie zurück.

„Einen Moment“, flüsterte sie, „irgendwas stimmt nicht.“

„Ja, deine Wahrnehmung“, posaunte Belleza heraus und öffnete die geheime Tür.

„Dupars, du bist es endlich“, freute sie sich und sah zu spät, dass es nicht ihr Bruder war.

Tenebras fackelte nicht lange, sondern ließ einen Blitzzauber aus seinen Händen ab, der Belleza innerlich mehr und mehr verbrennen ließ. Tutela hatte alles mitangesehen. Diametus ebenso. Er wollte gerade anfangen zu weinen und zu schreien, als seine Mutter ihm eine verpasste.

„Du hörst mir jetzt zu“, sagte sie energisch und so, dass es ihr jüngster Sohn nie vergessen wird, „du bleibst ruhig und schweigst, ganz gleich, was hier passiert, hast du mich verstanden?“

Diametus unterdrückte seine Tränen und versuchte sich zusammenzureißen, was für ihn unmöglich schien. Dann nickte er. Seine Mutter legte eine Decke über seinen Körper. Sie deckte ihn ganz ab. Diametus konnte dennoch hindurchschauen.

„Ich werde jetzt hinausgehen“, erklärte Tutela mit zitternder Stimme, „und du weißt, was du zu tun hast? Wenn du dich nicht daran hältst, dann wird er dich töten, oder im schlimmsten Fall werde ich dich töten.“

Diametus schaute weg, da er seine eigene Mutter nicht wiedererkannte. Tutela rannte raus und präsentierte sich Tenebras.

„Lass sie“, forderte Tutela.

Tenebras schaute sie an.

„Warum sollte ich das tun?“ fragte er hämisch.

„Weil ich dich sonst töten werde“, antwortete Tutela.

Tenebras unterbrach seine Blitzattacke. Belleza schrie aber noch immer. Der letzte Rest Leben, der sich noch immer in ihrem Körper befand, schrie so sehr nach dem Überleben, obwohl es sicher war, dass sie jede Sekunde voller Qualen erleben wird.

„Wie willst du das tun?“ fragte Tenebras und fügte hinzu, „Du weißt schon, dass ich nicht Dupars bin, oder?“

„Ja, das weiß ich“, antwortete Tutela und zückte einen Dolch, „und du weißt, dass ich zum Clan der Latro gehöre und was es bedeutet.“

„Zu dem zählte auch Dupars und er war es leid“, entgegnete Tenebras, „zudem bist du angeheiratet und keine Wahrgeborene.“

Er hob seine Hand, während Tutela so schnell sie konnte einen Angriff ausführte. Sie war zu langsam, sodass eine Feuerattacke sie voll erwischte.

„Du gehörst also zu den Latro, dass ich nicht lache“, zeigte der Obscura seine Schadenfreude.

Er ließ Tutela brennen bis sie elendig und schreiend aus dieser Welt ging. Belleza ließ er liegen, denn ihr Herz würde eh in einigen Momenten aufgeben.

„Wo ist dein kleiner Bruder?“ fragte er sich selbst, denn er wusste, dass es noch einen Nachkommen geben musste. Er fasste Tutela an und nahm ihre Gestalt an.

Tenebras durchsuchte den kleinen geheimen Raum, aus dem zuvor Belleza uns auch Tutela gekommen waren, aber es fand nichts. Diametus befand sich direkt vor ihm und er konnte ihn nicht sehen! Diametus hatte mitangesehen, wie Tenebras seine Mutter tötete und wie sich der Obscura verwandelt hatte. Erst jetzt bemerkte der Junge, dass die Decke magisch sein musste. Als Tenebras ihm direkt in die Augen schaute, stockte sein Atem, denn er fürchtete, dass der Obscura ihn doch noch wahrnehmen könnte. Nach einer Weile zog Tenebras ab. Er überprüfte noch einmal, ob seine Opfer tot waren. Dann verschwand er.

Obscura- Dunkle Kreaturen (5)

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