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EINE AGENT NULL KURZGESCHICHTE


ROM, ITALIEN

Null spürte ihre Anwesenheit, bevor er sie sah.

Früh in seiner Karriere hatte er durch Ausprobieren, knappes Entkommen und mehr als ein paar Narben gelernt, seinen Instinkten und seiner Intuition ebenso wie seinem Training zu vertrauen. Als er schließlich das bekannte Prickeln im Nacken spürte, das die winzigen dunklen Härchen sich sträuben ließ, wusste er, dass er beobachtet wurde.

Er ging zum Fenster und drückte mit zwei Fingern vorsichtig den Vorhang zur Seite, ganz langsam und nicht mehr als zwei Zentimeter, und versteckte dabei alle lebenswichtigen Teile seines Körpers hinter der relativen Sicherheit des Fensterrahmens. Die italienische Wohnung befand sich im Sant’Angelo Distrikt, überblickte den Piazza Mattei, der größtenteils leer war. Obwohl das Datum angab, dass es technisch noch Sommer war, hatte der September eine Kältewelle mit sich gebracht, wegen der die meisten Touristen rasch auf ihr Ziel zugingen, anstatt noch die Fotogelegenheit mit dem zentralen Punkt des Piazza, dem Fontana delle Tartarughe, der aufgrund der perfekt gemeißelten Schildkröten um den Rand des Marmorbeckens oft auch „Schildkrötenbrunnen” genannt wurde, wahrzunehmen.

Und sie war da. Sie stand nur ein paar Meter vom Rand des Brunnens entfernt, hatte beide Hände in die Taschen einer dunklen Wildlederjacke gesteckt. Ihr Haar hatte einen Blondton, den die meisten für künstlich gehalten hätten, doch Null wusste, dass er natürlich war. Ihre Augen waren schiefergrau und schafften es irgendwie gleichzeitig objektiv und prüfend in Richtung des Fensters mit den weißen Vorhängen im zweiten Stock zu blicken.

Zu ihm.

„Verdammt”, seufzte Null. Wenn sie wusste, wo er war, dann wussten sie es wahrscheinlich auch. Er hätte wetten können, dass sie nicht allein gekommen war. Und während er sich ihrer Beweggründe nicht sicher war, war er sich sehr sicher, dass sie zu ihm käme.

„Scheißegal.” Wenn es so sein müsste, dann nur zu. Er hob die Glock vom kleinen Esstisch hinter sich auf, drückte ein frisches Magazin hinein und schob eine Kugel in die Kammer, bevor er die Waffe hinter sich in seinen Hosenbund schob. Er zog ein Paar Halbschuhe an und verließ die Wohnung, ging die Steintreppen langsam hinab. Als er durch den Torbogen, der zum Piazza führte, ging, erwartete Null, dass ein Dutzend Agenten aus ihren Verstecken strömten, um ihn zu verhaften. Oder vielleicht wäre ihnen das auch zu viel Aufwand. Vielleicht würden sie ihn auch mit einem einzelnen Schuss in den Schädel erledigen.

Doch nichts geschah. Sie stand stockstill als er hinaus in den grauen Nachmittag schritt und etwa drei Meter vor ihr Halt machte. Ihr Haar fiel ihr so perfekt von den Schultern, dass es aussah, als wäre sie gerade einer Shampoowerbung entstiegen. Die kühle Brise trug den Duft ihres Parfums an ihn heran, und damit kam auch die Erinnerung an sie in einer Bar in Düsseldorf, wo sie zusammen lachten und bis spät in die Nacht tranken...

Hör auf damit, verlangte er von sich selbst.

Es gibt jetzt kein Zurück mehr.

Für einen Moment gab es nur Stille zwischen ihnen. Ein Vogel krähte über ihren Köpfen, als ob er sich wegen des raschen Wetterwechsels beschwerte.

„Ich dachte mir, dass ich dich hier finden würde.”

Null gab ihr nichts im Austausch. Stattdessen fegte sein Blick über die nahegelegenen Dächer, ohne dass er dabei seinen Kopf bewegte.

Maria lächelte ein wenig. „Ich bin allein hier”, versicherte sie ihm. „Morris und Reidigger sagten mir, dass ich meine Zeit vergeude. Dass es zu offensichtlich wäre. Doch dann erinnerte ich mich daran, dass du mir einmal sagtest, dass es manchmal am besten ist, unberechenbar zu bleiben, indem man tut, wovon die anderen annehmen, dass man es niemals-”

„Nimm die Hände aus den Taschen”, verlangte er.

Das Lächeln verschwand. Sie zog ihre Hände langsam heraus und zeigte ihm die leeren Handflächen. „Ich bin nicht hier, um dich zu töten, Kent.”

Kent. Sie war die einzige, die ihn immer noch bei diesem Namen nannte. Agent Kent Steele aus der Division für Sonderaktivitäten, Sondereinsatzgruppe, Central Intelligence Agency. Codename: Agent Null. Doch er war kein Agent, nicht mehr. Man hatte ihn losgesagt. Er war auch nicht Kent. Er war nur... Null.

Ein Niemand.

Und sie war Maria Johansson, alias Agent Studentenblume. Sie hatten jahrelang in der Sondereinsatzgruppe zusammen mit seinem besten Freund Alan Reidigger und seit kurzem auch dem jungen Wunderkind Clint Morris zusammengearbeitet. Die vier waren ein Team gewesen. Ein verdammt gutes.

Bis...

„Warum bist du dann gekommen?”

„Um zu reden”, sagte ihm Maria. „Das ist alles, versprochen.” Ihre grauen Augen hoben sich, um wieder auf das Fenster über seinem Kopf zu starren. „Lädst du mich nach oben ein, oder...?”

Wenn sie die Wahrheit sagte - und Maria hatte ihn noch nie zuvor angelogen - dann wusste er, worüber sie sprechen wollte, und er wollte nicht darüber reden. Doch sie würde auch nicht einfach wieder freiwillig gehen und Null gefiel die Öffentlichkeit des Piazza nicht.

Er nickte ihr kurz zu und sie folgte ihm durch den Torbogen, die Steintreppen hinauf, durch die zweite Tür links. Die italienische Wohnung war ein geheimer Unterschlupf, einer, den er und sein Team geheim etabliert hatten, falls einer von ihnen sich verstecken musste. Nicht einmal die Agentur wusste davon Bescheid. Der Name auf dem Mietvertrag war gefälscht und der Vermieter glaubte, dass sie von einer reichen amerikanischen Familie gemietet wurde, die sie an ihre Freunde und Geschäftspartner für Ferien in Rom zur Verfügung stellte. Er musste für ein paar Tage verschwinden, während seine geprellten Rippen sich von einem kürzlichen Zusammentreffen mit drei slowenischen Schmugglern erholten, und er hatte sich absichtlich einen offensichtlichen Ort ausgesucht - doch anscheinend zu offensichtlich, wie Maria bewiesen hatte.

Er hasste es, dass sie etwas gegen ihn benutzte, dass er ihr beigebracht hatte.

Er trat zuerst in die Wohnung und drehte sich dann um, während sie noch in der Tür stand. „Bist du bewaffnet?”

„Natürlich.” Auf seinen spitzen Blick hin fügte sie hinzu, „Eine Ruger. In meiner Jacke.”

„Zieh sie aus.”

Maria zog sich die Jacke aus und Null hing sie über die Lehne eines Essstuhls. Er musterte sie von oben bis unten, es gab keinen Ort an ihrem schlanken, athletischen Körper, wo sie eine Waffe verstecken könnte. Doch es könnte ein Messer in den schwarzen, italienischen Stiefeln, die sie trug, stecken...

„Willst du mich durchsuchen?” fragte sie zynisch.

Er schüttelte seinen Kopf. „Ich mache jetzt Kaffee. Möchtest du auch?”

„Nein. Danke.” Sie schloss die Wohnungstür hinter sich. „Wie lange bist du schon hier?”

Er ging in die Küche nebenan, kaum mehr als eine Ecke, und zog eine Dose Kaffeepulver hervor. „Eineinhalb Tage. Ich wollte am Morgen gehen. Doch jetzt...” Doch jetzt müsste er schon in der Nacht aufbrechen. Am Nachmittag. So bald wie möglich, falls Maria sich dazu entschied, seinen Aufenthaltsort der Agentur mitzuteilen.

„Kent.” Ihre Stimme klang wohl in seinen Ohren und als er sich umdrehte, stand sie direkt hinter ihm, weniger als eine Armlänge entfernt. Ihr Parfum...

Hör auf. Es gibt kein Zurück mehr.

„Komme aus dem Versteck, Kent. Komm mit mir.”

Er schüttelte seinen Kopf. „Das kann ich nicht. Ich bin noch nicht fertig.” Er nahm den Deckel von der Dose.

Sie seufzte und berührte seinen Arm. „Schau mal, ich.. ich konnte dir niemals sagen, dass es mir leid tat. Wegen dem, was geschah. Mit Kate-”

„Nein.” Das Wort entsprang seinem Mund mit der Kraft einer Kanonenkugel und er akzentuierte es mit einem festen Faustschlag auf die Arbeitsplatte. Die Kaffeedose fiel um und das Pulver fiel zu Boden. Maria tat einen halben Schritt zurück, ihre Hand griff sofort an ihr Kreuz.

Da ist was versteckt. Ein Messer, höchstwahrscheinlich.

„Sprich nicht ihren Namen aus”, sagte Null heiser. „Tu’s einfach nicht.”

Eine Agent Null Kurzgeschichte

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