SCHNELL, ERBARMUNGSLOS, RELATIV: DIE ZEIT
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Dominic D. Kaltenbach. SCHNELL, ERBARMUNGSLOS, RELATIV: DIE ZEIT
Wie spät ist es?
Es wird Zeit!
Verschwindet die Zeit wieder?
Exkurs: Zeitreisen
Alles Zeitliche hängt vom Souverän ab!
Ende?
Schluss!
Literatur
Отрывок из книги
Dominic D. Kaltenbach
SCHNELL, ERBARMUNGSLOS, RELATIV:
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Wie unterschiedlich ein alltagsbetontes Leben aussehen kann, zeigt ein Blick auf die Begründer der Philosophie. Statt der täglich notwendigen Anstrengung verband sich bei den Griechen die Gegenwart vielmehr mit einem qualitativ hochwertigen Augenblick. Zwar ist die Quellenlage etwas dürftig, aber vor dem Hintergrund der ägyptischen Plackerei konnte Diogenes von Sinope (ca. 400 v. Chr. bis ca. 323 v. Chr.) bekanntermaßen nur ein Hindernis für die beglückende Wirkung der Sonne entdecken: Ein gönnerhafter Materialist, der sich vor die Tonne stellt. Eine vorübergehende Sichtbehinderung bewirkt jedoch unter keinen Umständen, dass die Sonne stehen bleibt oder gar für immer verschwindet. Für Platon (ca. 427 v. Chr. bis ca. 347 v. Chr.) ist das Veränderliche, sinnlich Wahrnehmbare ohnehin nur das Abbild des ewig gleich bleibenden „Seienden“. Letzteres lässt sich in den meisten Fällen zwar nur durch Vernunft erkennen, es gibt jedoch auch den Glücksfall, dass sich Abbild und wahrhafte Wirklichkeit sehr dicht aneinander annähern. Wiederholt sich etwas offensichtlich immer wieder, so darf dies als unverstellter Blick auf die „Welt des Seins“ verstanden werden. Der sich in harmonischen Zahlenverhältnissen darstellende Bahnenlauf der Himmelskörper, zum Beispiel, deutet nicht weniger als die Perfektion der Schöpfung an. Auch die Zeit ist mit dieser sichtbaren kosmischen Zahlenstruktur untrennbar verbunden. Sie lässt sich an den Umläufen der Sonne, der Planeten und dem Erdtrabanten als Tage, Nächte, Monate und Jahre ablesen, aber nicht ihrem Wesen nach erkennen. Das Messbare besteht lediglich in den berechenbaren Umläufen auf die sich die Zeit bezieht. Sie selbst bezeichnet jedoch das unendlich Ganze, bestehend daraus, was war, was ist und was sein wird. Das „Weltenjahr“ endet, wenn alle Himmelskörper wieder an der identischen Stelle angelangt sind. Dann verbrennt alles zu Schutt und Asche und kann wieder von vorne beginnen. Vor diesem Hintergrund bedarf es der beruhigenden Ergänzung, dass das Werdende natürlich nicht mehr als eine Vermutung darstellt. Selbst das Wahrscheinliche bleibt mit der Wahrheit nur verwandt.
Eher wutentbrannt führt Aristoteles (384 v. Chr. bis 322 v. Chr.) bereits die Auffassung ad absurdum, dass die Zeit aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bestehe. Wenn dies so wäre, bestünde sie aus nicht existierenden Teilen. Das Vergangene dauerte zwar einmal, es ist jedoch bereits vorbei. Das Zukünftige, das versteht sich von selbst, kann noch nicht sein. Weil nun aber die dreigliedrige Zeiteinteilung bereits vollständig ist, bleibt nur die Gegenwart. Diese existiert tatsächlich - sie dauert aber nicht. In dem Moment, in dem das, was noch nicht ist, wird, ist es auch schon wieder vorbei. Hätte die Gegenwart eine Dauer, so die von Aristoteles ausgemachte Problematik, wie wollte man dann den Übergang von einer Gegenwart in die andere abgrenzen? Ohne eine solche Wechselstelle würde wiederum alles immer gleichzeitig geschehen. Widerlegend lassen sich jedoch mit Leichtigkeit Unterschiede anführen, die vorher so und nachher anders waren. Allenthalben ist ein Fortgang zu beobachten, der offensichtlich abgrenzbare Positionen aufweist. Irgendetwas bewegt sich immer. Dinge entstehen, vermehren oder verringern sich, werden besser oder schlechter oder verändern einfach nur ihren Aufenthaltsort. Entsprechend spielt die Bewegung in der Aristotelischen Welt eine entscheidende Rolle. Steht beispielsweise auf dem Weg zur Erreichung des Möglichen die Frage nach dem aktuellen Entwicklungsstand im Raum, ist die Antwort einfach: Es bewegt sich. Angetrieben wird das Ganze durch die Seele. Wie jeder weiß, besteht der Mensch aus dem ausführenden Körper und dem veranlassenden seelischen „Lebensprinzip“. Die oberste „Seele“, d.h. der unbewegte Motor von Himmel und Natur, ist identisch mit dem ewigen, vollkommenen „Gott“. Ohne Bewegung gibt es keine Zeit. Ohne Zeit könnte allerdings auch nichts bewegt werden. Jede gegenwärtige Veränderung muss schließlich in der Zeit stattfinden. Anderenfalls ergäbe sich kein Abstand zwischen „Früher“ und „Später“. Dieser vermeintliche Widerspruch löst sich umgehend auf, wenn berücksichtigt wird, dass die Zeit das ist, was die Seele an der Bewegung zählt.
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