Ist es nicht bereits schlimm genug, dass die Ängste der Menschen durchweg auf Ignoranz treffen? Worin liegt der Nutzen eines Buches, das sich unterschwellig auch noch über diese Befürchtungen lustig macht? Sollen hier etwa die Musiker der RMS Titanic zum zynischen Vorbild dafür erklärt werden, das aufbauend Schöne nicht einmal nach ausgerufenem «Rette sich, wer kann!» in Frage zu stellen? Oder entsteht der verhöhnende Eindruck etwa gerade deshalb, weil die liebgewonnenen dunkelsten Prognosen als Ausgangspunkt unüblicherweise tatsächlich Berücksichtigung finden? In der Essaysammlung werden verschiedene Aspekte aus den Schwerpunkten Familie und Partnerschaft, Arbeit und Beruf sowie Religion und Weltanschauung durch eine eher ungewöhnliche Linse betrachtet. Ihren Schliff erhält selbige anhand der jeweils zerstörerischen Kräfte, derer Globalisierung und Individualisierung einstimmig bezichtigt werden. Das aus den Katastrophenszenarien gebündelte Bild zeigt zwar Unbequemes, aber wider Erwarten nichts Furchteinflößendes. Obwohl, ein Umstand könnte durchaus zu Panikattacken führen: Für den richtigen Weg gibt es keine App. Wie lebt es sich also in einer Gesellschaft ohne Halt und Orientierung? Muss sich ein weltoffener Mensch denn wirklich jegliche Unverschämtheit gefallen lassen? Kommt ein weltzugewandter Bürger tatsächlich nicht umhin, intimste Details vor aller Öffentlichkeit auszubreiten? Bietet unsere schnelllebige Zeit überhaupt noch die Möglichkeit, einen klaren Gedanken zu fassen und Abwägungen vorzunehmen? Die überarbeiteten Versionen der Abhandlungen, die zwischen 2013 und 2016 erschienen sind, führen hier nun mit Blick auf eine unheilvolle Begleiterscheinung von «Vertrauen» zu einem Gesamtresümee.
Оглавление
Dominic D. Kaltenbach. INDIVIDUUM
Zwei entscheidende Prozesse
Weltvergesellschaftung
Warten auf den Untergang
Der Verfall der Familie
Der Verfall der Arbeit
Der Verfall der Religion
Der Verfall des Verfalls oder Vom Schein zum Sein
Bei Tisch im Restaurant
Der gesellschaftliche Nachlass eines Freiherrn
Der Restaurantgast von Knigges Gnaden
Das Servicepersonal von Knigges Gnaden
Der Baron ist tot, es lebe der Baron!
Geld & Sex
Vorsicht, Eindringlinge
Geld im Spiegel Dritter
Sex im Spiegel Dritter
Sie haben das Recht, zu schweigen
Schnell, erbarmungslos, relativ: die Zeit
Wie spät ist es?
Es wird Zeit!
Verschwindet die Zeit wieder?
Exkurs: Zeitreisen
Alles Zeitliche hängt vom Souverän ab!
Ende?
Schluss!
Vertrauen ist nicht alles
Literatur
Отрывок из книги
Dominic D. Kaltenbach
INDIVIDUUM
.....
Die Führungsebenen einiger Aktiengesellschaften stützen die Bedenken an der Professionalität der Frauen immerhin auf handfeste Gründe. Man habe, unbestätigten Gerüchten zufolge, zumindest erhebliche Zweifel daran, deren Abstimmungsverhalten im Vorstand oder Aufsichtsrat durch die üblichen Besuche in nicht näher bezeichneten Etablissements beeinflussen zu können. Wahrscheinlich, weil dort, wie man hört, schon andere professionelle Damen arbeiten.
Die in Deutschland dominierenden kleinen und mittelständischen Betriebe beschäftigen nicht nur den Großteil der arbeitenden Bevölkerung, sie werden auch überdurchschnittlich häufig von Frauen geleitet. Die Mehrheit der Männer und Frauen geht also, wie gewohnt, ihrer täglichen Arbeit nach. Dabei können sie auf eine zunehmende Beachtung gerade auch der privaten Belange bauen. Während in Wissenschaft und Politik vielfach noch nach einem geeigneten Modell gesucht wird, das Aus- und Weiterbildung über den gesamten Lebenslauf verteilt und damit gerade auch Erwerbsunterbrechungen zulässt, ist die Familienfreundlichkeit für viele Unternehmen bereits zu einem wichtigen Imagefaktor geworden. Ehemals beliebte Winkelzüge aus der Personalabteilung, wie das bedauerliche Übersehen gebärfähiger Bewerberinnen, entfaltet zunehmend einen schmerzhaften betriebswirtschaftlichen Schaden. Zudem wird auch für immer mehr Männer die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu einem ausschlaggebenden Thema.