Читать книгу Wenn wir an Grenzen kommen - Dorothea Gnau - Страница 7
ОглавлениеVorwort
Grenzen sind ambivalent. Sie zu überwinden kann Ansporn sein für Höchstleistungen, oft aber ist es schmerzhaft, an sie zu stoßen. An äußeren Grenzen reiben Menschen sich vergeblich wund, an inneren Grenzen tun sich Abgründe auf. Träume zerplatzen, Selbstverständlichkeiten brechen ein, aus Wegen werden Sackgassen.
Auch der Glaube kann an Grenzen stoßen – und wie viele Menschen erfahren das schmerzlich in ihrem Leben –, aber ihm wohnt auch eine Dynamik inne, die an die Grenzen hindrängt. Jesus hat seine Jünger »bis an die Grenzen der Erde« gesendet (Apg 1,8), denn das Evangelium muss alle Geschöpfe erreichen (Mk 16,15). So sind es die Wechselspiele des Lebens und die christliche Berufung, die immer wieder mit Grenzen konfrontieren. Sendung als Grunddimension ignatianischer Spiritualität hat viel damit zu tun, »an die Grenzen zu gehen«, und auch Papst Franziskus wird nicht müde, für eine Kirche einzutreten, die an die Ränder geht. Damit sind nicht nur geographische Randgebiete oder soziale Brennpunkte gemeint, sondern auch Abgründe von Vereinsamung, Perspektivlosigkeit und Verzweiflung. Wenn dann innere und äußere Grenzen aufeinandertreffen, können sich Ohnmacht und Lähmung breitmachen – oder aber die Hoffnung kommt ins Spiel. Und diese Hoffnung ist nicht einfach da oder nicht, sondern es gilt, um sie zu ringen. An ihr entscheidet sich der Umgang mit Grenzen.
So entstand die Idee zu diesem Buch. Wir drei Autorinnen gehören zu einer ignatianischen Ordensgemeinschaft. Ignatius betont, dass der Mensch auf Gott hin geschaffen ist, und der zentrale Begriff der Sendung verbindet sich bei ihm mit der Hilfe für die Seelen. Eugénie Smet, die Gründer in unserer Gemeinschaft, ist vom Wunsch beseelt, den Menschen zu helfen, das Ziel ihrer Erschaffung zu erreichen. Sie hat dabei besonders die im Blick, die leiden, die vergessen und ausgegrenzt sind. An diesen Grenzen kommt bei ihr der für uns Helferinnen zentrale Begriff der Hoffnung für die ganze Menschenfamilie ins Spiel. Damit bringt sie eine besondere »Klangfarbe« in den Chor der ignatianischen Stimmen ein.
Dieses Buch ist ein Gemeinschaftsprojekt. Wir haben uns nicht nur zum Schreiben getroffen, sondern es gemeinsam konzipiert, die Inhalte diskutiert, um den Aufbau gerungen, gegengelesen. Die einzelnen Teile tragen unterschiedliche Handschriften und sind auch von ihrer Art her verschieden. So sollen grundsätzliche Überlegungen, viele konkrete Beispiele aus eigenen Erfahrungen und aus der Begleitung (deshalb wird häufig auch die Ich-Form und manchmal nur die weibliche Form verwendet) sowie ein Teil mit Übungen und einer mit aktuellen Fragen aus Kirche und Welt das Thema Hoffnung aus verschiedenen Perspektiven beleuchten. Wie die Grundperspektive christlicher Hoffnung das Leben von Eugénie Smet prägte und sie zur Gründungsidee der Kongregation der Helferinnen motivierte, zeigt ein kurzes Kapitel am Schluss des Buches auf.
Grenzen sind oft schmerzhaft, können aber auch Begegnung und neue Möglichkeiten eröffnen. Möge dieses Buch zum Weiter-Gehen, zum Durch-Gehen ermutigen, damit die Hoffnung ihre verwandelnde Kraft entfalten kann.