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Kapitel 3
Der Ohrwurm

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Wenn er nur endlich den Mut fassen würde, der kleinen Assel zu sagen, wie toll er sie fand. Wie niedlich sie war, wenn sie sich über ihren Rückenpanzer strich und mit ihren kleinen Beinchen strampelte.

Der Ohrwurm klapperte mit seinen Zangen und sichtete seine Besitzstände.

Seine kleine Behausung in den Bodendielen der Speisekammer war vollgestopft mit allem Möglichen: ein Krümel Brot, Papierschnipsel, ein Ameisenbein, ein Holzsplitter, ein kleines glänzendes Stückchen Alufolie, eine verschrumpelte Traube, eine tote Blattlaus, ein Wollfussel. Der Ohrwurm war zwanghafter Sammler. Nichts konnte er liegen lassen oder loslassen. Alles musste er mitschleppen und aufheben.


Ob sich die Assel über einen kleinen leckeren Happen freuen würde? Wo war sie überhaupt? Er hatte sie heute noch gar nicht gesehen. Der Ohrwurm schnupperte an einem Bröckchen Käse, das er vor ein paar Tagen auf dem Küchenboden gefunden hatte. Ja, er würde der Assel dieses Käsestückchen schenken und dann würde er ihr sagen, was Arachnophobie bedeutet und dann würde er …

Ein schrilles „Hey, Messie!“ riss ihn aus seinen träumerischen Gedanken. Unwirsch lugte der Ohrwurm aus seinem Versteck hervor. Die Stubenfliege! Die hat ihm gerade noch gefehlt! Krankhaft neugierig – ja, das war sie! Eine Frechheit, ihn Messie zu nennen! Wer sich wohl das wieder ausgedacht hatte! Die gute Laune des Ohrwurms war wie weggeblasen.


„Was ich dich schon immer mal fragen wollte“, setzte die Stubenfliege erneut an und saugte hektisch mit ihrem Rüssel einen winzig kleinen Wassertropfen vom Holzboden auf, „warum heißt du eigentlich Ohr-Wurm?8 Du siehst gar nicht aus wie ein Wurm und Ohren hast du auch keine!“

Laut brummend drehte sie hektisch ein paar Runden über dem Ohrwurm, ohne auf eine Antwort von ihm zu warten. Dann schwirrte sie kichernd Richtung Tür davon. „He, warte!“ rief der Ohrwurm, „warte doch mal!“

Ihm war gerade eben eingefallen, die Stubenfliege nach der Bedeutung des Wortes Arachnophobie zu fragen. Die kam doch viel herum! Doch zu spät! Schon war sie weg!

Verärgert und enttäuscht zog sich der Ohrwurm mit dem unpassenden Namen tief in sein Refugium zurück.

Ja, sie würden ihn vermissen, wenn er nie mehr auftauchen würde. Sie würden sich alle fragen, was mit ihm passiert sei und die kleine Assel würde

sicher sehr traurig sein.


Er beschloss, sich einfach nicht mehr blicken zu lassen – vor allem nicht im Bad, wo dieses wichtigtuerische Silberfischchen lebte. Eines Tages würde es ihm nicht mehr entwischen können – das war sicher! Trotz Ärger und Wut stellte sich nach kurzer Zeit beim Ohrwurm ein kleiner Hunger ein. Glücklicherweise war wenigstens seine Vorratskammer gut gefüllt. Zielsicher angelte sich der Ohrwurm das Ameisenbein und biss herzhaft hinein.

Es war knusprig und kross und schmeckte leicht säuerlich, gerade so wie er es liebte.


Plötzlich schreckte ihn ein tiefes Beben und Grollen auf. Das hörte sich so an, als ob Hunderte von wild gewordenen Hornissen über ihm kreisten. Dieses beunruhigende Geräusch kam näher und näher. Seine Flügel begannen zu zittern und er spürte ein gewaltiges Brausen.

Voller Panik flüchtete der Ohrwurm so tief er konnte in sein Labyrinth unter den Bodendielen. Selbst an diesem verborgenen Platz fühlte er noch einen unheimlichen Sog.

Er krallte sich mit seinen kräftigen Zangen im Holz fest und verharrte so eine ganze Weile – bis das Tosen und Toben endlich vorüber war.

Erst nach Stunden wagte sich der Ohrwurm wieder weiter nach oben – in seine Vorratskammer.

Doch die war vollkommen leer! Alles war weg: der Wollfussel, die tote Blattlaus, das Stückchen Käse für die Assel. Seine ganzen Vorräte waren einfach verschwunden. Der Staubsauger hatte gründliche Arbeit geleistet.


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