Читать книгу Eine Reise, die mein Leben veränderte - Dory Bacher - Страница 10
ОглавлениеChamp und sein Leben – Europa
„Die Schmerzen von Misserfolgen sind vorübergehend.
Es kann eine Minute dauern, oder eine Stunde, oder einen
Tag, oder ein Jahr, aber irgendwann werden sie nachlassen
und es wird etwas anderes an ihre Stelle treten.
Wenn ich aber aufhöre, an meinen Träumen und an mir
selbst zu arbeiten, dauern sie eine Ewigkeit an.“
Lance Armstrong
Ich, Champ (ausgesprochen Tschemp) lebe in einem kleinen, sehr ruhigen Dorf. Es hat circa 4.000 Einwohner und ich wohne hier mit meiner jüngeren, 14- jährigen Schwester und meinen Eltern in einem gemütlichen, geräumigen Haus am Rande eines Waldes.
Unser Haus steht auf einem riesigen Grundstück mit vielen Obstbäumen. Schon aus weiter Entfernung erkennt jeder unsere große Eingangstüre aus massiven Holz. Das eingeschnitzte sternförmige Muster sowie unser eingravierter Familienname „Welters“ versetzt unsere Besucher immer wieder in Erstaunen.
Genauso ordentlich und schön wie es außen aussieht, ist es auch innen. Ich teile mir mit meiner Schwester Sophia das obere Stockwerk. Mein Vater Luke und meine Mutter Laura wohnen im Erdgeschoss. Luke ist als Bauarbeiter für eine große Betonfirma in der nächstgrößeren Stadt tätig und meine Mutter Laura arbeitet ein paar Wochenstunden als Pflegehelferin in einem Seniorenheim ganz in der Nähe.
Ich würde meine Familie als sehr warmherzig, ehrlich und offen beschreiben. Wir sind ein tolles Team – trotz vieler kleiner Streitereien untereinander. Besonders mit meiner Schwester Sophia. Jedoch wissen meine Eltern, dass wir gut miteinander klarkommen und uns gegenseitig unterstützen, wenn es drauf ankommt. Manchmal kann es soweit kommen, dass wir so tun als würden wir uns nicht kennen, aber es gibt auch Tage, an denen wir uns gemeinsam gegen die Welt stellen. Im Großen und Ganzen sind wir eine normale Familie.
Mein Vater arbeitet den ganzen Tag und kommt jeden Abend sehr spät nach Hause. Er wirkt dabei immer müde und ausgelaugt. Er sagt oft, dass sein Chef ihm die Energie aus seinem Körper zieht. Luke arbeitet sehr hart, weil er uns vieles ermöglichen möchte. Er weiß, dass ich und meine kleine Schwester wahrscheinlich mal studieren wollen.
Sophia ist fünf Jahre jünger als ich. Sie ist erst 14 Jahre, aber sie weiß jetzt schon genau, dass sie Ärztin werden möchte. Ihr großer Traum ist es, eine der besten Ärztinnen der Welt zu werden und ein Heilmittel gegen die Krankheit Krebs zu entdecken.
Meine Schwester hat ihre ganz große Vision von ihrer Zukunft schon im Kopf. „Ich glaube, alles passiert aus einem ganz bestimmten Grund“ – unsere Oma. Denn bei unserer Oma wurde vor acht Monaten Darmkrebs festgestellt. Die Ärzte meinen, dass sie nur noch ein paar Wochen zu leben hätte.
Als wir erfahren haben, dass unsere Oma nicht mehr lange unter uns weilen wird, entschieden wir uns, mit der ganzen Familie einmal täglich zu ihr zu fahren. Das heißt meine Schwester, Mama und ich. Mein Vater muss ja den ganzen Tag arbeiten.
Da ich gerade mein Abitur fertig gemacht habe und meine Mutter meistens Frühdienst hat, fahren wir meist gleich nachdem wir Sophia von der Schule abgeholt haben ins Krankenhaus. Dieser Alltag hat sich jetzt schon so eingebürgert. Ich selbst bin vor kurzem von meiner Abiturreise zurückgekommen und sollte mir ernsthaft Gedanken machen, wie es mit meiner Zukunft weitergeht. Ich muss ehrlicherweise sagen, dass ich mir schon seit einem ganzen Jahr ernsthaft Gedanken mache, ob ich studieren oder arbeiten soll, oder ob ich überhaupt was finden werde, was mir Spaß macht.
Mein Lehrer sagte immer zu mir und meiner Klasse: „Wir leben in einem unglaublichen Zeitalter der Möglichkeiten. Mit all unserem Wissen und Reichtum an Informationen stehen uns die Türen der Welt offener als jemals zuvor.“
„So, wie viele junge Menschen auf dieser Welt, stellte ich mir schon sehr früh die Frage, was ich aus meinem Leben machen werde. Welchen Beruf wähle ich? Wie viel verdiene ich oder wo werde ich mal wohnen? Wann habe ich eine Familie? Hab ich mal ein schönes Leben? Bin ich später glücklich mit dem, was ich habe? Tue ich auch das, was mich glücklich macht?“
All diese Lebensfragen habe ich mir im Laufe meiner Schulzeit gestellt und ich muss gestehen, dass die Weisheit meines Lehrer sehr gut klingt. Sie macht es für mich aber nicht leichter, das herauszufinden, was ich wirklich möchte. Jeder Junge und jedes Mädchen wird sich früher oder später darüber Gedanken machen. Tief in meinem Inneren habe ich immer schon gewusst, dass ich etwas Besonderes machen werde. Ich werde kein durchschnittliches Leben führen. Ich werde keinen normalen Job haben, und ich wohne einmal in einer tollen Stadt oder am Meer mit unglaublich viel Einkommen, sodass ich zum Millionär werde. Ich habe tolle Freunde, eine super Partnerin, führe ein sehr schönes Leben und bereise die Welt – so träumte ich dahin.
Ich sehe, dass meine Eltern ein sehr tolles Haus besitzen, Sophia und mir sehr viel ermöglichen können, aber wirklich glücklich sind sie nicht. Es stimmt, bei uns in der Familie ist der Zusammenhalt sehr schön, aber berufliches Glück stelle ich mir bei meinen Eltern anders vor. Besonders mein Vater wirkt seit einigen Jahren sehr schlapp und müde – der Grund dafür ist sein Chef. Deshalb war mir von Anfang an klar, dass ich so einen Chef nicht haben möchte. Ich möchte mein eigener Chef sein. Die Arbeit, die mein Vater dort ausübt, macht er nur, weil er weiß, dass die Firma ihn überdurchschnittlich gut bezahlt. Außerdem wird er eine tolle Firmenrente bekommen, wenn er dort bis zu seiner Pensionierung bleibt.
Wenn ich ihn aber frage, ob er glücklich beim Arbeiten ist, kommt ein klares „Nein“. Unter Anderem bin ich sehr stolz darauf, dass mein Vater – nicht wie viele andere Väter – die Abende in den Kneipen beim Bier trinken verbringt. Er macht regelmäßig Sport und genießt den Abend zwar vor dem Fernseher, aber trotzdem mit meiner Mama.
Ich bin nun in einem Alter, indem ich mir sehr gut ausrechnen kann, wie viele Stunden wir in der Woche Freizeit, Familienzeit und Arbeitszeit haben. Deshalb will ich etwas finden, zu dem ich montags gerne hingehe und keine 60 Stunden in der Woche arbeiten muss, um dann am Wochenende zu versuchen, mit Alkohol, ungesundes Essen, und reichlich Schlaf den Stress der Woche zu vergessen.
Ich habe mal von einem Angler eine Geschichte gehört, die lautete: „Der Fischer und das ausgefüllte Leben1: Ein Manager stand in einem Fischerdorf in Bali am Pier und beobachtete, wie ein winziges Fischerboot anlegte. Es hatte einige beeindruckende Thunfische geladen. Der Manager gratulierte dem Fischer zu seinem Fang und fragte wie lange er dafür auf See gewesen war.
“Nicht lange, ein paar Stunden“, antwortete der Fischer ”Daraufhin fragte der Manager, warum er nicht länger auf See geblieben sei, um mehr Fische zu fangen. Darauf der Fischer: „Der Fang reicht, um meine Familie für eine Woche zu ernähren.“
Den Kopf schüttelnd fragte der Manager nach: “Aber was machen Sie den Rest des Tages?“
“Ich schlafe aus“, so der Fischer, „gehe fischen, spiele mit meinen Kindern, halte mit meiner Frau Mittagsschlaf, gehe ins Dorf, trinke dort Kaffee oder ein Gläschen Wein und spiele Karten mit Freunden.“
Der Manager daraufhin: “Ich bin Unternehmensberater und berate Unternehmer, damit sie erfolgreicher sind. Ihnen helfe ich gerne kostenlos. Sie sollten mehr Fischen fangen und vom Gewinn ein größeres Boot kaufen. Mit dem weiteren Gewinn kaufen Sie mehrere Boote. Den Fang, den Sie damit machen, verkaufen Sie direkt an eine Fischfabrik. Damit machen Sie so viel Geld, dass Sie eine eigene Fisch Verarbeitungsfabrik eröffnen können. Sie könnten dann das Fischerdorf verlassen und nach Singapur oder Hongkong gehen. Von da aus leiten Sie später Ihr erfolgreiches Unternehmen.“
Der Fischer hatte aufmerksam zugehört und fragte schließlich: “Wie lange wird das alles dauern?” Der Manager überlegte kurz: “Etwa 10 bis 15 Jahre werden das schon sein.” Daraufhin kam der Fischer ins Grübeln und fragte nach einiger Zeit: “Wenn ich das alles erreicht habe, was mache ich dann?”
Der Manager lachte und sagte: “Wenn alles prima läuft und Sie den richtigen Zeitpunkt abwarten, verkaufen Sie Ihr Unternehmen und werden Millionär sein.”
Der Fischer schüttelte ungläubig den Kopf. “Millionär? …Und dann?”
“Dann hören Sie auf zu arbeiten! Sie könnten in einem romantischen Fischerdorf leben, lange ausschlafen, fischen gehen, mit Ihren Enkeln spielen, einen Mittagsschlaf halten, am Strand oder im Dorf spazieren gehen, am Abend ein Gläschen Wein genießen und mit Freunden zusammen sein.”
Diese Geschichte brachte mich sehr früh zum Nachdenken über das, was ich wirklich mal beruflich werden möchte.
Meine Mutter hat im Pflegeberuf eine Lehre gemacht. Nachdem sie mich und meine Schwester großgezogen hatte, war der einfachste Weg, in diesen Beruf zurückzukehren. Meine Mutter ist jedoch auch eine phantastische Künstlerin. Ihre gemalten Bilder sind für viele Leute eine wahre Augenweide. Aber für sie ist das nur ein Hobby. Ich sage immer zu ihr, dass das ihr verstecktes Potenzial sei, das nach draußen möchte. Ich weiß unser Familienverhältnis sehr zu schätzen, da ich einige Freunde habe, welche ihre Familie nicht als Team beschreiben würden, so wie ich es tue. Einer meiner besten Freunde zum Beispiel, wünscht sich nichts mehr als einen Tag in seinem Leben einen ganz normalen Familienalltag zu erleben. Einen Tag, an dem nicht von vorne bis hinten der Haussegen schief hängt.
Wenn ich mich so umsehe und mit meinen Freunden über die Zukunft quatsche, haben nur wenige eine Ahnung davon, wofür ihr Herz brennt und was sie in ihrem Leben machen wollen. Naja sagen wir mal so: Ich könnte nur zwei davon aufzählen. Ich weiß, dass viele genauso wie ich und meine Freunde ganz groß denken und träumen. Es beginnt jeder – egal welcher Herkunft oder welchen Hintergrundes – davon zu träumen und damit ganz oben anzufangen. Viele Jungs wollen Pilot, Schauspieler, Fussballstar, Rockstar, Rennfahrer oder Arzt werden. Mädchen wiederum träumen vielleicht davon, Topmodel, Sängerin, Profisportlerin, Malerin, Journalistin, Top Managerin oder einfach eine High Society Woman zu werden. Auf alle Fälle stellen wir uns vor, einen tollen Beruf auszuüben, der Spaß macht und in dem wir viel Geld verdienen.
„Ich kleide und schmücke mich toll, wohne in einer wunderschönen großen Villa, besitze ein oder mehrere hochwertige Autos und verbringe ein glückliches, zufriedenes Leben mit einer wunderhübschen Frau“. Das waren die Gedanken, welche mir durch den Kopf gingen, während wir wieder mal auf dem Weg zu meiner Oma waren. Meine Mutter erklärte meiner Schwester und mir, dass es ganz wichtig sei, sich immer wieder mit gutem und dankbaren Gewissen von unserer Oma zu verabschieden, da wir ja nicht wussten, wie lange sie noch leben würde.
Am nächsten Tag machte ich mich auf den Weg zu einer Studien-Beratungsstelle, welche mir die Eltern von meinem besten Freund empfohlen haben. Es sprach sich schon im Freundeskreis meiner Eltern herum, dass ich derjenige war, der sich noch nicht für eine Richtung entscheiden konnte. Zur ersten großen Wahl stand: Studieren oder Arbeiten. Ich wusste nicht mal grob in welche Richtung es gehen sollte. Meine Freunde waren teilweise schon viel weiter und mussten sich jetzt nur noch Gedanken darüber machen, welche der interessanten Fächer sie studieren sollten. Ich hingegen wusste nicht im Geringsten wo mein Weg hingehen sollte.
Ich bin ein ganz normaler Junge mit großen Träumen, aber mir fehlt die Idee vom wahren Leben. Wenn ich mich in meiner Umgebung umsehe, so leben die meisten Menschen ihr Leben nicht wirklich - es wird von ihnen nicht bewusst gelebt und als erfüllend bezeichnet. Genau mit diesen Gedanken trat ich bei dieser etwas ungewöhnlichen Beratungsstelle ein.
Ich hörte von Schulkollegen, dass sie in den meisten Beratungsstellen lange, tiefe, psychologische Gespräche führten. Sie bekamen viele Aufgaben sowie einen langen Fragenkatalog, indem jede Frage fünf Antwortmöglichkeiten zum anhaken hatte. Sogenannte Multiple Choice Tests. Das Ganze zog sich über mehr als zehn Seiten und mehreren Stunden – so die Erzählungen meiner Freunde, die diese Prozedur bereits durchlaufen hatten. Dort wo ich saß, war es ganz anders. Die Frau die mich begrüßte, strahlte über das ganze Gesicht und wirkte sehr glücklich. „Lieber Champ, ich freue mich sehr, dass du hier zu uns gekommen bist. Zu Beginn solltest du wissen, dass wir uns von den anderen Studienberatungsstellen sehr absetzen. Wir konzentrieren uns auf den Sinn der Sache, dem Leben und bleiben in der Einfachheit.“
Verblüfft sah ich die Frau nach diesem Satz an, wobei sie gleich weiter sprach: „Fülle die Fragen auf den Zettel gut überlegt aus. Es sind nur fünf Fragen, aber diese können dein Leben kraftvoll und positiv verändern. Bringe mir diesen einen Zettel erst wieder zurück, wenn alle Fragen beantwortet sind und du mit bestem Gewissen zu deinen Antworten stehst. Wichtig ist: Es dürfen die Antworten nur von dir selbst, von innen heraus kommen.“
Ich stand mit einem riesigen Fragezeichen vor der sympathischen Frau und erwartete mir noch mehr Informationen zu bekommen, aber es kam nichts mehr. Das war alles. Keine stundenlange Gespräche, psychologische Tests,… nichts. Nur ein einfacher Zettel mit fünf Fragen darauf.
Also ging ich mit den Fragen auf einem Blatt Papier nach Hause und verkroch mich in meinem Zimmer. Voller Verwirrung, dass sich mein Leben mit nur fünf simplen Fragen positiv und kraftvoll verändern könnte. So ein Blödsinn, dachte ich mir. Ich überlegte, ob ich diesen Zettel meinen Eltern präsentieren sollte. Denn er sah weder professionell aus, noch steckte ein wissenschaftliches System, welches auf die Zukunft ausgelegt ist, dahinter. Ich hoffe, meine Eltern haben dafür kein Geld ausgegeben, grübelte ich vor mich hin. Schließlich zeigte ich das Blatt mit den Fragen doch meinen Eltern. Beide reagierten irgendwie komisch. Als ich ihnen von der Beratungsstelle erzählte, meinten sie, dass sie beschlossen hätten, ich sollte selbst für meine Zukunft verantwortlich sein. Ich sollte selbst herausfinden, welchen Weg ich gehen wollte.
Sie haben mich nun neunzehn Jahre unterstützt, jetzt liege es an mir. Sie meinten, dass sie mich unterstützen, aber überließen mir selbst alle Ideen, Chancen und Möglichkeiten. Ich trage die Resultate meiner Entscheidungen selbst.
„Das heißt, ich soll selbst herausfinden, wie ich wann was mache?“ ging ich fraglich in mein Zimmer.
Ich kannte das bisher anders aus der Schule. Dort bekam ich einfach Aufträge. Falls ich sie mal nicht ganz so gut umgesetzt hatte, haben meine Eltern dafür gesorgt, dass ich mich verbesserte. Aber diese jetzige Situation kannte ich überhaupt nicht, obwohl mein Vater immer wieder in meiner Schulzeit gesagt hatte: „Gehe zur Schule, schreibe gute Noten, mach Matura/Abitur, studiere und suche dir einen Job. Ansonsten wirst du nie deine Familie ernähren, oder dir dein eigenes Auto kaufen können.“
Jetzt stand ich also alleine da. Von Freunden hörte ich auch immer wieder die Geschichten, dass ihre Eltern wollten, dass sie etwas Bestimmtes studieren. Später soll dann mal die Firma vom Papa übernommen werden. Das ist Tradition in der Familie.
Nun, bei mir war das komplett anders. Da saß ich nun mit meinem Fragezettel wieder in meinem Bett und überlegte mir, was meine nächsten Schritte sein könnten. Denn die Fragen konnte ich nicht schnell beantworten und sie waren anders als erwartet. Wie immer, bin ich derjenige bei dem alles anders laufen muss. „So ein Scheiß“, dachte ich mir. In erster Linie war es wichtig, die Fragen zu verstehen. Es ging ja darum, dass ich herausfinde, was ich in meinem Leben studieren und arbeiten sollte. Papa und Mama zogen sich als Unterstützer in dieser Situation zurück. „Bin ich nun erwachsen? Beginnt so die Selbstständigkeit und der Ernst des Lebens?“ fragte ich mich selbst.
1. Frage:
Was sind Deine „BIG 5 FOR LIFE“?
2. Frage:
Wie würde ein Tag Deines Lebens aussehen, wenn Du wüsstest, dass Du nicht scheitern könntest?
3. Frage:
Was ist Dein „Warum“ im Leben?
4. Frage:
Was würdest Du tun, wenn Geld, Alter, Beruf oder Familie keine Rolle spielen würde?
Nachdem Du die Welt bereist hast, Dein Traumauto, Villa etc. gekauft hast. Was würdest Du Sinnvolles in Deinem Leben tun, wenn all das vorher Genannte schon in Deinem Besitz ist. Welche Aufgabe siehst Du, die Du erfüllen solltest?
5. Frage:
Du hast die Chance, dass Du vor Millionen von Zuschauern eine Audienz halten kannst. Eine weitere Milliarde ist live vorm Fernseher dabei.
Wie würdest du Dich selbst, Dein Leben, Deine Aufgabe und Dein Tun auf dieser Welt beschreiben? So, dass Du diesen Menschen ewig in Erinnerung bleibst.
Einen Tag später besuchten wir wieder unsere Oma im Krankenhaus. Die Ärzte sagten, dass sich ihr Gesundheitszustand extrem verschlechtert hatte. Also habe ich Mama und Sophia gebeten, alleine mit Oma im Zimmer sein zu können, um mich zu verabschieden.
Ich erzählte meiner Oma nochmals, dass ich das Abitur erfolgreich absolviert hatte, und das ich nun auf der Suche nach den Möglichkeiten für ein erfülltes, dankbares und glückliches Leben war, jedoch nicht wusste, welchen beruflichen Weg ich gehen sollte. Weiters teilte ich ihr meine Gefühle und Gedanken der letzten Tage und Wochen mit. Unter anderem, dass ich bis vor kurzem noch die gleiche Denkweise wie mein Vater hatte: „Geh zur Schule, schreib gute Noten, mach Abitur, studiere, suche dir einen Job, baue ein Haus, bekomme Kinder, arbeite 50 Jahre – das ist unser Leben.“
Ich erzählte ihr, dass mir an dieser Denkweise etwas fehlte, dass das doch nicht unser Leben, der Sinn des Lebens sein konnte. Meine Oma antwortete darauf mit zittriger Stimme: „Du hast eine tolle Denkweise, Champ. Wie du richtig spürst, gibt es mehr im Leben. Das ‚Warum’ macht noch einen entscheidenden Unterschied in unserem Leben aus.“ Danach platzte meine Schwester herein und wollte sich natürlich auch noch verabschieden. Mit Tränen in den Augen, sagte ich nochmals „Danke“ und verließ das Krankenhauszimmer.
Auf der Rückfahrt war es stumm im Auto. Jeder hatte Tränen in den Augen und war in Gedanken bei den wundervollen gemeinsamen Momenten, die wir mit unserer Oma erlebt hatten.
Am selben Abend erfuhren wir durch einen Anruf vom Chefarzt des Krankenhauses, dass unsere Oma verstorben war. Ich lag, wie die letzten Nächte, mit offenen Augen im Bett und drehte mich zu meinem Wecker, der 04: 13 Uhr anzeigte. Mir gingen die tollen Bilder der Vergangenheit durch den Kopf und das Wort ‘Warum’ Das ‘Warum’ im Leben. Was meinte meine Oma damit?
Als die Tage mit Trauer vergingen und wir alle gemeinsam zum Abendbrot am Tisch saßen, erfuhren Sophia und ich, dass wir von unserer Oma eine höhere Geldsumme vererbt bekommen hatten. Ich erbte 10.000,- Euro. Dazu hatte sie mir einen kleinen Brief hinterlassen:
Lieber Champ,
Du solltest wissen, dass Du nicht ohne Grund diesen Namen trägst, denn er steht für Champion (Sieger).
Du bist ein wundervoller, großartiger Junge, der als Sieger durch das Leben geht. Verwende die Geldsumme, um weiterhin Sieger in Deinem Leben zu sein und Dich auch so zu fühlen.
Ich bin sehr stolz auf Dich!
In Liebe,
Deine Oma
Die Wochen vergingen und ich machte mir Gedanken, wie es in meinem Leben weitergehen sollte.
Beim Rest meiner Familie stellte sich hingegen wieder der Alltag ein. Mein Vater und meine Mutter arbeiteten und meine Schwester drückte in den letzten Wochen bis zu den Sommerferien noch fleißig die Schulbank.
Ich saß inzwischen wieder einmal in meinem Zimmer und träumte vor mich hin, mit all meinen Fragezeichen im Kopf. Die fünf Fragen von der Beratungsstelle, der Satz von Oma mit dem ,Warum’ im Leben und was ich mit all dem geerbten Geld tun sollte. „Oh Mann, was für eine blöde Situation“ dachte ich mir. Ich drehte die Musik auf, schloss meine Augen und stellte mir vor, dass es Menschen auf dieser Welt gibt, die auf alle meine Fragen eine Antwort hatten.
Nach einer Weile kam mir der Gedanke: „Ich mache eine Weltreise! Ja klar, dachte ich mir, das ist es!“ Es wird bestimmt Menschen geben, die mir auf all meine Fragen Antworten geben können und diese werde ich finden. Ich verwende einfach das geerbte Geld von Oma für meine Weltreise. Genau das wollte Oma ja auch. Während ich euphorisch vor mich hin träumte und mir vorstellte, dass dies wirklich Realität werden könnte, setzte ich mich vor meinen Laptop und öffnete erstmal bei „Google“ eine Weltkarte.
Da saß ich nun, mein Kopf voller Träume, in meinem Zimmer am Laptop und erkannte von Minute zu Minute mehr, dass eine Weltreise mir genau die Antworten bringen konnte, nach denen ich suchte. Ich arbeitete daher gezielt einen Plan aus und suchte Länder und Kulturen aus, die mich schon immer fasziniert hatten.
Als ich dann schon ein Brainstorming von meiner angehenden Weltreise erstellt hatte, erzählte ich sofort meinen Kumpels von meinen Plänen. Jedoch war die erwartete gemeinsame Freude nicht ganz so vorhanden, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich wurde zum Gelächter meiner Freunde. Sie meinten nur, dass ich mir lieber mit dem Geld tolle Klamotten und ein Moped kaufen sollte und mir eine tolle Studentenzeit mit vielen Parties leisten könnte. Genau von meinen drei engsten Freunden musste ich mir anhören, dass meine Idee ein Blödsinn sei. Die hatten leicht Reden, da sie alle schon wussten, wie es bei ihnen weiterging. Zwei studierten Betriebswirtschaft und Englisch auf Lehramt, der andere startete seine Lehre als Mechaniker.
Jedoch waren meine Pläne nicht dieselben. Ich dachte mir nach dem Treffen mit meinen Jungs wieder mal, dass ich anders bin, als alle anderen. Das war schon immer so. Wie ein Ballon, der auf eine Nadel trifft, genauso platzte auch die Euphorie über meine Idee.
Nach den gemeinsamen Stunden mit meinen Freunden hatte ich wenig Lust, meinen Eltern von meinem Ziel und meinem Vorhaben zu erzählen. Nach Stunden vor dem Fernseher und einigen Folgen von TV Serien später, raffte ich mich trotzdem am selben Abend noch auf und erzählte ihnen davon. Einfach weil ich fühlte, dass es das Richtige sei. Meine Eltern verblüfften mich. Sie meinten, dass sie ja schon angekündigt hatten, dass ich selbst anpacken sollte, um herauszufinden was ich möchte. „Wir unterstützen dich dabei und finden es toll, dass du so etwas machst“, sagte meine Mama. Mein Vater jedoch holte mich zur Seite und meinte, dass ich nicht zu lange im Ausland bleiben dürfte, da ich ja irgendwann studieren und arbeiten sollte. Auch sollte ich Geld für das Studium sparen. Am liebsten wäre ihm, dass ich das Geld spare und eine Arbeitsstelle finde. Meine Mama hatte große Angst ihren Sohn auf eine Weltreise zu schicken, aber sah mir bereits die letzten Jahre an, dass ich vergeblich auf der Suche war, wohin mein Weg gehen sollte. Ich war froh, dass mir meine Eltern nichtsdestotrotz den Rücken stärkten – jedoch mit leichtem Misstrauen meines Vaters: „Der wird noch sehen, wie das wahre Leben da draußen aussieht“ sagte er zu meiner Mama als ich die Treppen zum Zimmer hochging.
Obwohl ich Angst hatte, dass meine Freundschaften zu Brüche gehen könnten, indem ich so lange ins Ausland ging, und viele Freunde vielleicht schon viel weiter in ihrem Studium waren oder schon Geld verdienten, beschloss ich, mit Omas Geld wirklich eine Weltreise zu machen. Von meinen Freunden würde ich mir meinen Traum auch nicht vermiesen lassen, immerhin war es mein Leben, also meine Entscheidung.
Die Wochen der Vorbereitung vergingen wie im Flug und ich beschloss folgende Länder zu bereisen: Australien, Indien, Südafrika, Brasilien, USA. Insgesamt würde ich zehn Monate unterwegs sein. Der Plan war jeweils zwei Monate im jeweiligen Land zu verbringen, mich auf die Suche nach meinen Antworten zu machen und mich dabei vom Land, der Kultur und den Eindrücken inspirieren zu lassen. Ich hoffte – wie in meinem Traum – auf Menschen zu stoßen, die mich näher an meinen Lebensweg bringen würden.
1 aus: Heinrich Böll: Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral. In: Robert C. Conrad (Hg.): Heinrich Böll. Kölner Ausgabe.
Bd. 12. 1959–1963. ©2008 by Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH & Co. KG, Köln)