Читать книгу Medizin - endlich verständlich - Dr. med. Johannes Wimmer - Страница 4

LIEBE LESERIN, LIEBER LESER,

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was ist ein guter Arzt? Das ist eine ziemlich schwierige Frage, denn wenn wir einmal ehrlich sind, dann kann jeder von uns sie nur aus dem Bauch heraus beantworten. Und mal unter uns, wenn Sie sich beim gemeinsamen Kochen mit Freunden den Finger beinahe komplett abgeschnitten haben, weil das Abenteuer Süßkartoffelauflauf tüchtig in die Hose gegangen ist, und Sie, die Hand in ein blutgetränktes Küchenhandtuch gewickelt, in der Notaufnahme sehnsüchtig darauf warten, versorgt zu werden, stellen Sie sich nicht unbedingt die Frage, ob der Arzt jetzt gut ist in dem Sinne, dass er Ihnen zuhört, auf Sie eingeht und die bestmögliche Behandlung für Ihre Beschwerden aus seinem Repertoire auswählt. Da ist kein Raum dafür, wählerisch zu sein. Sie möchten nur, dass Ihnen geholfen wird. Dass ein Arzt dazu in der Lage ist, ist demnach sicher schon ein Qualitätsmerkmal. Aber das geht so in die Richtung, dass man von einem Zimmermann erwarten kann, dass er weiß, wie er ein Dach baut, und von einem Elektriker, dass ihm bekannt ist, wie er mit Strom arbeitet.

Ärzte sollen also ihr Fach beherrschen, aber auch Menschenfreunde sein, zugleich möglichst sparsam mit dem Geld der Krankenkassen umgehen, und wenn sie eine eigene Praxis haben, sollen sie ein netter Chef sein. Das sind mindestens zwei Spagate. Irgendwo dazwischen sind Sie, der Patient. Aber ausgerechnet Sie als Patient werden manchmal schlichtweg vergessen. Zudem sollen Sie mündig sein, aber auch vertrauensvoll. Verständig, aber nicht vorlaut. Und Sie sollen sich ALLES merken können, was der Arzt Ihnen vorbetet.

Also alles nicht so einfach mit der Beziehung zwischen Arzt und Patient. Aber glauben Sie mir, sie kann gelingen! Haben Sie klare Wünsche und Vorstellungen, was Sie von Ihrem Arztbesuch erwarten, und gehen Sie erst aus der Praxis, wenn Sie die Krankschreibung in Händen halten, die vom Arzt neu gestellte Diagnose wirklich verstanden haben (oder zumindest wissen, wo Sie nachlesen können) oder die Ärztin Ihnen eine zweite Meinung zu einem geplanten Eingriff gegeben hat. Und damit Sie wissen, worum es geht bei den großen Themen der Medizin, gehen wir diese in diesem Buch zusammen durch. Denn mal ganz ehrlich, die eigentliche Medizin, die Heilung von einer Krankheit oder das Verhindern, dass überhaupt eine auftritt, die findet nicht in der Praxis, sondern in Ihren eigenen vier Wänden statt. Also, damit Sie beim nächsten Gespräch mit dem Arzt Ihres Vertrauens gut dastehen und die richtigen Fragen stellen können, zeige ich Ihnen, worauf es ankommt in der Medizin und – viel wichtiger – bei Ihrer Gesundheit.

Vielleicht kennen Sie mich schon, falls nicht, darf ich mich vorstellen: Ich bin Mediziner, habe viele Jahre und unzählige Nachtschichten als Arzt gearbeitet und kann darüber hinaus vor allem eins: gut erklären. Dass das, also gute Medizin und gutes Erklären, eine bedauerlicherweise eher seltene Kombination ist, haben Sie vielleicht schon häufiger feststellen können, wenn Sie mal wieder einem Arzt gegenübersaßen und sich dachten: Kommt da jetzt noch etwas, das normale Menschen auch kapieren, oder ist die Messe hier schon gesungen? Doch dass Sie Ihren Arzt manchmal nicht verstehen, liegt keinesfalls daran, dass er oder sie eine arrogante Person ist, sondern vielmehr daran, dass Erklären kein zwingendes Zulassungskriterium für eine medizinische Ausbildung ist. Um ehrlich zu sein, zu meiner Zeit gab es das gar nicht. Man musste nur die richtigen Antworten in den Prüfungen wissen und zack, war man Arzt.

Es gibt aber noch ein ganz anderes Problem. Der klassische Hausarzt hat heute kaum mehr Zeit, um sich mit längeren Erläuterungen aufzuhalten, wenn es darum geht, wie Sie wieder gesund werden oder gar nicht erst krank werden. Aber das ist ein anderes Thema, zu dem ich mich in den spätabendlichen Talkshows mit Ärztevertretern und Gesundheitsministern leidenschaftlich zoffe …

Jetzt, wo wir uns schon ein wenig kennen, kann ich ja offen und ehrlich sein. Vom Typ her bin ich nicht der klassische Mediziner, der aus einer diesen sagenumwobenen »Arztdynastien« kommt. Ich habe überhaupt keine Ärzte in der Familie und auch meine Geschwister haben einen großen Bogen um alles gemacht, was mit Medizin zu tun hat. Im Studium lernte ich dann aber jede Menge Ärztekinder kennen, die ihr Berufsziel vom Arztvater oder der Ärztinmutter quasi mit in die Wiege gelegt bekommen hatten, nach dem Motto: Ich und nur ich übernehme mal die Praxis von meinem Papa beziehungsweise von meiner Mama.

Ich hingegen kannte Ärzte, so wie die meisten von Ihnen wahrscheinlich auch, nur aus dem Fernsehen oder aus den Praxen, in die ich ging, wenn etwas wehtat und ich zu Hause nicht weiterwusste. Doch dann kam es auf einmal ganz anders als gedacht. Mein Abitur war gut genug, um Medizin zu studieren. Zugegebenermaßen hatte ich das den Fächern Kunst, Englisch und Religion zu verdanken. Aber ein Kunst- oder ein Lehramtsstudium kam für mich nicht infrage. Ich fühlte mich zur Medizin hingezogen. Und wie so oft gab es auch bei mir einen tiefer liegenden Grund, mich für diesen Weg zu entscheiden. Das war der plötzliche Tod meines Vaters, der mich als Fünfjährigen zur Halbwaise gemacht hatte.

Natürlich ist es (lebens)wichtig, dass ein Arzt genau weiß, was er tut, aber es ist genauso bedeutsam, dass zwischen Arzt und Patient eine Beziehung auf Augenhöhe entsteht und der Patient tatsächlich spürt, dass der Mediziner, der ihm da gerade gegenübersitzt, für ihn da ist. Dieser menschliche Faktor ist aus meiner Sicht der Grundpfeiler der Medizin. Denn seien wir mal ehrlich, in den allermeisten Fällen geht man zum Arzt, wenn etwas wehtut oder man um seine Gesundheit besorgt ist, wenn man sich also schwach und verletzlich fühlt. In Deutschland gehen viele Menschen sogar erst dann zum Arzt, wenn die Last schier unerträglich groß ist. Medizin findet immer zwischen zwei Menschen statt, zwischen Arzt und Patient, Pflegekraft und Patient im Krankenhaus, aber auch zwischen Mutter (oder Vater) und Kind. Und da ist es wichtig, dass man sich versteht und die Fürsorge auch ohne Worte spürt.

Und nun komme ich ins Spiel. Suchen Sie vielleicht nach Antworten für Ihre Beschwerden oder wollen erst gar nicht krank werden? Oder wollen Sie etwas lernen und einfach verstehen, worum es in der Medizin eigentlich geht, ohne gleich sechs Jahre studieren zu müssen? Wollen Sie wissen, was Sie tun können, damit es Ihnen mit möglich wenig Aufwand möglichst gut geht?

In diesem Buch erfahren Sie kurz, knapp und mit Aha-Effekt Wissenswertes zu den Themen Medikamente, Ernährung und Stress. Denn bei mir geht keiner raus, ohne dass er weiß, worum es sich bei diesen Gesundheitsthemen dreht. Die gehen schließlich jeden etwas an. Und wenn Sie dabei auch ein wenig Spaß haben sollten, ist das okay. Denn nichts heilt so gut wie Vertrauen und der eine oder andere Grund zum Lachen.


Medizin - endlich verständlich

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