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1. Zeus und Hera

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Die alten Griechen haben uns ja so manches Schöne hinterlassen, die Geometrie zum Beispiel oder die Philosophie und sogar die Demokratie, auch wenn die damals noch nicht so richtig zuende gedacht war mit dem Stimmrecht allein für die reichen alten Männer. Aber immerhin doch ein Anfang. In einer Fakultät aber war es ein absolutes Chaos, was wir da geerbt haben: nämlich in der Theologie. Sich in der griechischen Götterwelt zurechtzufinden, ist nicht nur eine vertrackte, sondern letztlich auch vergebliche Mühe. Da wimmelt es von Titanen und Zyklopen, von Monstern und Giganten, bis endlich etwas halbwegs Vernünftiges das Licht der Welt erblickte: die olympischen Götter. Die waren zwar unsterblich, mußten sich aber erst einmal all der Vorgänger entledigen, um auch allmächtig zu sein.

Das machten sie dann auch, die drei Brüder Zeus, Poseidon und Hades. Nun war Zeus mitnichten der Älteste, genau genommen sogar der Jüngste des Trios, doch als glorreicher Revolutionsführer nahm er ganz selbstverständlich für sich das Recht in Anspruch, den gesamten Kosmos nach seinen Vorstellungen neu zu ordnen - ein bekanntermaßen schlechtes Vorbild für alle späteren Revolutionäre. Folglich erklärte er schon einmal vorweg alles bewohnbare Gebiet zu seinem Herrschaftsbereich, also die gesamte Landmasse auf der Erde, die damals ja noch eine Scheibe war (Pythagoras war noch nicht geboren, um die ignoranten Götter eines Besseren zu belehren).

Da blieb also nicht allzuviel übrig zum Verteilen. Poseidon bekam das Wasser, tauchte unter und rumorte dort herum, bis es ein ordentliches Meer wurde mit Wellen und Sturmfluten und Tsunamis. Blieb für den sowieso stets mißmutigen Hades nur noch die Unterwelt, und da ließ er auch niemand ungefragt hinein - obschon das ja sowieso keiner freiwillig wollte. Soweit die Anfänge, denn wir wollen ja nach den Göttern schauen, und davon gab es bald einen ganzen Haufen, die da brav an der langen Tafel saßen und ihren Nektar schlürften, mit Zeus als vorsitzendem Präsidenten. Und neben ihm saß Hera, seine Gattin. Aber zugleich auch seine Schwester.

Heben Sie jetzt die Augenbrauen? Das sollten sie lieber nicht tun. Man muß Verständnis haben für den armen Zeus. Schließlich war er ein Mann und wollte auch eine Frau haben. Aber da war die Auswahl nicht besonders groß. Genauer - es gab nur die eine. Denn von Menschen war damals noch keine Rede, und auch die Götterwelt war anfangs doch recht schwach besiedelt. Also - wer blieb ihm da noch?

Nun war Hera allerdings schon in jungen Jahren eine ziemliche Spaßbremse und obendrein so sittenstreng wie eine alternde Matrone. Und dann noch mit dem eigenen Bruder? Schon der Gedanke wäre ihr nie gekommen. Aber Zeus hatte schon damals entdeckt, daß ein anständiger Gott auch göttliche Fähigkeiten hat. Unter anderem, sich in jede mögliche Gestalt zu verwandeln. Das mußte er gleich einmal ausprobieren, und was lag näher, als damit auch seine keusche Schwester zu überrumpeln. Doch da mußte er schon gekonnt vorgehen, denn Hera mochte prüde sein, dumm aber war sie keinesfalls.

Also mußte erst einmal die Szene stimmen, und da war er ja zuständig als Herr über Blitz und Donner, Regen und Unwetter jeglicher Art. So gab er einen richtig schönen Theaterdonner zum Besten, es krachte und wetterleuchtete, und der Regen rauschte nur so vom - ja, wovon eigentlich, wenn man selbst im Himmel ist? Also lassen wir das einfach mal so stehen: Es regnete eben. Es schüttete sogar. Nun kam der zweite Akt: Zeus verwandelte sich in ein Vögelchen, genauer: in einen Kuckuck.

Und der war rasch völlig durchnäßt, fror wie ein Schneider und zitterte wie Espenlaub. Dergestalt genügend erbärmlich anzuschauen, flatterte er der Schwester in den Schoß. Vorhang auf zum dritten, entscheidenden Akt - und diesmal dürfen Sie das Wort Akt auch in seiner anderen Bedeutung nehmen. Hera fand das arme Vögelchen allerliebst - was man von Zeus als Gott leider nicht immer sagen konnte. Und weil es so bebte und bangte, öffnete sie das zuchtvoll geschlossene Gewand, um das arme Tier an ihrem Busen zu wärmen. Und von da war es nicht mehr weit bis... na, Sie wissen schon. Hera hat das erst gar nicht so mitbekommen, aber irgendwie war es dann doch ein sehr angenehmes Gefühl da unten. Und bald fühlte sich noch etwas anders ungewohnt an, als der Samen des Zeus seine Früchte trug und einfach mal losstrampelte.

Da war sie also in einem Dilemma: Entweder sie entband ein uneheliches Kind, was aller Moral entgegenstand, oder sie akzeptierte den Vater ihres Kindes, auch wenn es der Bruder war. So kam denn Zeus zu einer Ehefrau und zugleich zu einem ersten Sohn. Das war Ares, und der entwickelte sich zu einem wahren Raufbold. Um den Sohn halbwegs in einen anständigen Beruf zu bringen, entschloß sich Zeus, ihm die Verantwortung für das Kriegshandwerk zu übertragen. In der weisen Voraussicht, daß die noch zu erschaffenden Menschen sich sowieso ständig in die Haare kriegen würden. Anzumerken ist, wie später noch zu berichten ist, daß Ares eigentlich Nummer zwei war. Doch die Erstgeburt wurde lange verschwiegen.

Unsterblichkeit kann ja manchmal auch ziemlich langweilig sein, vor allem, wenn so gar nichts Neues passiert unter der Sonne. Da muß man sich dann doch einiges einfallen lassen, um wieder Spaß am unendlichen Leben zu haben. Am besten, man zettelt irgendwo Streit an, bis die Fetzen fliegen - oben im Olymp oder gerne auch mal unten auf der Erde: Wenn fern in der Türkei die Völker aufeinanderschlagen, das hat doch was, wenn man von oben zuschauen kann.

Doch der Hauptspaß besteht ja darin, daß Götter ins menschliche Geschick eingreifen dürfen, ohne dafür belangt zu werden. Da kann man dann gerne einmal dem Liebling seines Nachbarn an der olympischen Tafel eine kleine Niederlage verordnen, bevor der beim Nektarschlürfen etwas merkt und gleich die andere Seite wieder einmal siegen läßt. Daß sich die Kriege da unten ein wenig in die Länge ziehen bei alle dem Hin und Her - denken Sie nur an Troja! - das tut ja nichts - die Götter wollen schließlich nur spielen.

Als Zeus wieder einmal fremdging

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