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Befragung im bischöflichen Ordinariat

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„Nehmen Sie Platz“, weist mich der Generalvikar mit einer bestimmenden Bewegung an, damit ich mich auf einem der schweren Holzstühle des Besprechungszimmers niedersetze. Wir blicken uns in die Augen und es entsteht eine Pause, ein Moment der Stille, in der nicht absehbar ist, wie sich das Gespräch entwickeln wird.

Es scheint, mein Gegenüber ist aufs Höchste konzentriert und die Luft ist so dick, dass man sie schneiden könnte.

„Nun .... ich habe in meiner Korrespondenz bereits alles dargelegt“, unterbreche ich das Schwei-gen .... worauf der Generalvikar beginnt, sich mit gekünstelten Worten zu äussern, jedoch darauf bedacht bleibt, sachlich und formell einleitend folgendes klarzustellen: „Es ist jedem Menschen freigestellt, was er glauben will und es ist ihre freie Entscheidung, die katholische Kirche zu verlas-sen.“

Mit seinem eindringlichen, versteinerten Blick durchbohrt mich der Generalvikar drohend und lässt wie ein programmierter Automat eine weitere wichtige Bemerkung fallen: „Über inhaltliche Fragen werde ich mit ihnen nicht diskutieren, es ist jedoch klar, dass eine katholische Religions-lehrerin in allen Punkten mit der Lehre unserer Kirche einverstanden sein muss!“

Jetzt ist es heraus, das worum es geht, bei aller Toleranz, die nach aussen gepredigt wird, schluss-endlich muss man mit den „Punkten“ einverstan-den sein.

Dies lässt mir, als Jemand, der im Auftrag der Kirche ReligionslehrerInnen ausgebildet und begleitet hat, wiederum bewusst werden, dass diejenigen, die die Dogmenlehre der Kirche im Gesamten mittragen, eine verschwindend kleine Minderheit darstellen.

Wie wenn er meinen Gedankengang erraten hätte, fährt der Generalvikar beschwichtigend fort: „Natürlich gibt es einige kirchliche Mitarbeit-erInnen, die die Kirchenlehre nicht in jedem Punkt

mittragen.... im Gesamten jedoch, muss man schon einverstanden sein.

Sogar ich selbst bin in gewissen Bereichen, wie zum Beispiel dem Frauenpriestertum, anderer Meinung wie die Amtskirche“, gibt er sich betont fortschrittlich, „im Wesentlichen jedoch, darf keine abweichende Haltung akzeptiert werden.“

„Ich habe mich damit auseinandergesetzt“, begin-ne ich, „dass derjenige, den man uns unter dem Namen Jesus vorgestellt hat, gemäss historischer Überlieferung Jeshua ben Joseph geheissen hat, dass er Jude war und nach dem jüdischen Glau-ben gelebt und gebetet hat.

Nie hat er als jüdischer Gelehrter gepredigt, dass wir ihn anbeten sollen und hat stets auf den Vater verwiesen. Zudem hat er keine Religion gegründet oder verlangt, eine solche zu gründen. Meinerseits will ich zurück zu den jüdischen Wurzeln und wenn es innerhalb der Katholischen Kirche mög-lich ist, zu den jüdischen Wurzeln zurückzukehren, hätte ich kein Problem meinen Entschluss aus der Kirche auszutreten rückgängig zu machen, wie ich das schriftlich vorgeschlagen habe.“

Nun verändert sich der Gesichtsausdruck vom Generalvikar. Seine Augen erscheinen mir rötlich und weisser Speichel liegt in seinen Mundwinkeln. Mich befällt ein Schaudern, während ich den wei-teren Erklärungen, die mich nicht überzeugen, aufmerksam folge.

Dann jedoch stellt er sie, .... ihre, .... seine ...., die Frage, die so sehr brennt:

„Anerkennen sie, dass Jesus der Sohn Gottes ist?“

„Jeder Jude und jede Jüdin ist doch Sohn bezie-hungsweise Tochter Gottes“, habe ich bereits in einem früheren Gespräch am Telefon geantwortet.

„Anerkennen sie, dass er wahrer Gott ist?“, dröhnt der Generalvikar präzisierend, jedoch mit ge-reiztem Tonfall und bleibt trotzdem bemüht, Ruhe zu bewahren.

„Ich anerkenne nur den Vater als den Einen, Einzigen Gott, ER, der Gott Abraham's, Isaak's und Jaakob's“, betone ich nun meinen Glauben.

„Ja für sie gilt nur das 'Alte Testament' und das 'Neue Testament' werfen sie völlig über den Haufen“, ereifert sich der Generalvikar nun.

„Das stimmt nicht“, entgegne ich der kirchlichen Autorität, „dort jedoch, wo nachweislich falsche Übersetzungen getätigt worden sind, trage ich dies nicht mit1 und für mich ist offensichtlich, dass Anbetung, nur dem Einen Gott gebührt“, betone ich meine Überzeugung.

„Sie haben doch die Lehre der Dreieinigkeit stu-diert und gelernt“, kontert der Generalvikar, „sie wissen doch, dass durch Jesus das Christentum entstanden ist?“

„Das Christentum ist durch den ehemaligen Sonnenanbeter Kaiser Konstantin im 4. Jahrhun-dert zur Staatsreligion erklärt worden und ab diesem Zeitpunkt, hat man die totale Trennung von der jüdischen Wurzel gewollt. So hat man beispielsweise unter anderem anstelle des Schabbatgebotes, das gemäss der Schrift für ewige Zeiten gegeben ist, angefangen, den heidnischen Sonntag zu heiligen und aus dem Juden Jeshua einen christlichen Gott kreiert“ antworte ich.

„Wollen sie Bibelstellen sehen, die aufzeigen, dass da ein Auftrag war, eine Kirche zu gründen?“, schreit nun der Generalvikar, „soll ich es ihnen zeigen?, soll ich es ihnen zeigen?“

„Nein, das müssen sie nicht“, antworte ich ruhig und bin ob mir selbst erstaunt, dass ich mich nicht aus der Fassung bringen lasse. Mir tritt in Erinne-rung, dass sich die Katholische Kirche, gemäss Expertenberichten auf das Evangelium2 beruft mit welcher oft die Kirchengründung erklärt wird, auf eine Falschinterpretation stützt: Nicht auf Petrus als Mensch sollte die Kirche aufgebaut werden, sondern auf dessen jüdischen Glauben und wie er ihn gelebt hat. Über die Definition Kirche könnte noch philosophiert werden.

„Gott braucht keinen Stellvertreter hier auf Erden und was sich die Kirche mit ihrer Unfehlbarkeit heraus interpretiert hat, stinkt zum Himmel“, denke ich mir.

Je weiter sich das Zwiegespräch hinzieht, umso klarer stellt sich heraus, dass ich nur noch heraus aus diesem Lügengebäude und zum Vater umkeh-ren will.

Laut erwähne ich gegenüber dem Generalvikar: „Schauen sie, in der Schrift finden sie nirgends eine Stelle die besagt, dass Gott eine Mutter hat“ und schneide damit ein weiteres heikles Thema an, gespannt darauf, inwieweit der Generalvikar hier zu dem sogenannten Punkteprogramm steht.

„Siehe, deine Mutter“ hat doch der sterbende Jesus am Kreuz zu Johannes gesagt“, erhitzt sich der Generalvikar nun.

„Ja Myriam, ist die Mutter Jeshuas, aber eben nicht von Gott. Natürlich, müssen sie das so durchziehen, wenn sie Jesus zu Gott machen, aus den geprüften jüdischen Schriften geht hervor, dass Gott keine Mutter hat und vor dem Anbeten einer Himmelskönigin3 wird bereits in den alten Schriften gewarnt“ versuche ich darzulegen.

„Was sie da von sich geben, ist jüdisch“, stellt der Generalvikar klar, „ich habe nichts gegen Juden, aber wissen sie was, gehen sie doch zu denen arbeiten.... Es ist eine Anmassung, dass sie noch weiter unterrichten wollen!“

In diesem Moment wird mir klar, dass die Kirche ihren Einfluss weiter geltend machen wird, mir meinen Job auch im konfessionsneutralen Fach als Ethik- und Religionslehrerin beim Kanton weg-zunehmen. Mir wird bewusst, dass ich gegen eine alte dicke Mauer renne und mit dem Benennen archäologisch geprüfter Schriften in ein Wespen-nest gestochen habe.

Die Verabschiedung fällt kühl aus und wie ich das Bischofshaus verlasse, weiss ich, dass ich wie eine Gefangene innerlich aus einer langjährigen Haft entlassen wurde ..... eine ungeahnte innere Befreiung stellt sich bei mir ein, obwohl mir be-wusst ist, dass ich vor einer ungewissen Zukunft stehe.

Nachdenklich lasse ich die Ereignisse der letzten Wochen an mir vorüberziehen.....

Meine Geschichte mit Staat und Kirche

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