Читать книгу Franzi und die Ponys - Band IV - Eike Ruckenbrod - Страница 4

Unglaubliche Begegnung

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Sally lag auf ihrem Bett und starrte zur Decke. Sie hasste das Leben und besonders das, was das Schicksal aus ihr gemacht hatte. Einen Krüppel, den keiner mehr liebte. Und damit meinte sie Liebe, kein Mitleid, das verabscheute sie. Ihre Familie konnte ihr nichts mehr recht machen. In allem sah sie nur Mitleid und sie wurde ungerecht, launisch und hart.

Bis zu ihrem Fahrradunfall vor einem Jahr war sie die neunjährige, hübsche, lebenslustige Sally gewesen, die jeder mochte. Der Liebling ihres Vaters. Jetzt nervte er nur noch, mit seinen überflüssigen Geschenken und der geheuchelten Liebe.

Und Mutti, die weint sich noch mal die Augen aus dem Kopf. Sie meint wohl, ich höre nicht, wie sie Nacht für Nacht leise in ihr Kissen schluchzt.

Angeekelt blickte Sally an ihrem Körper hinab. Ihr Blick ruhte auf ihren leblosen dünnen Beinen, die verdreht auf der Decke lagen.

„Ich hasse euch!“, zischte sie und zwickte sich fest in den Oberschenkel. Dass ihre Krankengymnastin, mit der sie ein paar Mal in der Woche trainierte, sie auf einen weiteren blauen Fleck ansprechen würde, interessierte sie nicht.

Warum gerade ich? Konnte es nicht jemand anderem passieren? Habe ich was Schlimmes getan, dass ich so hart bestraft werde?

Es waren immer dieselben Gedanken, die sie beschäftigten. Früher hatte sie täglich gebetet und Gott um Gesundheit angefleht. Doch inzwischen hatte sie es aufgegeben.

Es hat alles keinen Sinn mehr. Ich bin doch nur eine Belastung für Mutti und Vati.

Seit zwei Tagen versteckte Sally ihr Essen in einem Schuhkarton im Kleiderschrank. Und immer wenn ihre Mutter „Hat es dir geschmeckt, meine Liebe“, fragte und ihr liebevoll übers Haar strich, antwortete Sally: „Ja Mami, war lecker.“ Ihr schlanker Körper magerte rasch ab und die Kraft schwand.

Jede Nacht plagte Sally der gleiche Albtraum: Nach der Schule radelte sie nach Hause. Plötzlich quietschten Reifen, ein großes, schwarzes Auto kam direkt auf sie zugerast. Angstvoll starrte sie der Limousine entgegen. Sie sah noch den Qualm von den quietschenden Reifen aufsteigen. Verschmorter Gummigeruch stach ihr in die Lunge, als sie zu Boden geschleudert wurde. Schwärze umgab sie. Sie bekam nicht mehr mit, wie einer ihrer Rückenwirbel zertrümmert wurde und damit auch das Leben aus ihren Beinen wich.

Kalter Angstschweiß stand ihr auf dem Rücken, wenn sie mit klopfendem Herzen aufwachte. Sie musste feststellen, dass der Traum der bitteren Wahrheit entsprach. Monatelang suchten sich heiße Tränen den Weg über ihre Wangen, um im Stoff des Kopfkissens zu versickern. Mittlerweile waren die Tränen so versiegt wie ihre Hoffnung. Sie hatte nur noch den Wunsch zu sterben und ihren Eltern keine Sorgen mehr zu bereiten. Denn obwohl sie so ruppig zu ihnen war, liebte sie ihre Eltern so arg, dass es wehtat.

Der Weg zum Jeep kam Franzi unendlich lang vor. Kraftlos torkelte sie die letzten Schritte auf die Beifahrertür zu und riss sie auf. Mit zittrigen Fingern zog sie sich auf den Sitz und schloss für ein paar Sekunden die Augen. Lila Punkte zuckten davor. Ihr Herz pochte hart gegen den Brustkorb. Nachdem sich ihr Atem beruhigt hatte, angelte sie nach ihrem Rucksack und suchte darin herum. Endlich fühlte sie ihr Handy, zog es heraus und wählte Mojos Nummer. Ihre Nase fing an zu laufen und Franzi wischte sie mit dem Jackenärmel sauber. Sorgenvoll blickte sie auf ihre Uhr.

„Es ist nicht mehr lang hell, dann haben wir ein noch größeres Problem“, murmelte sie. Mojo meldete sich: „Ich hab’ s. Ich komm‘ jetzt.“

Franzi nickte und drückte ihn weg. Eine dünne Schneeschicht schmolz auf ihren dunkelblonden Haaren und sickerte auf die Kopfhaut. Ihre Schuhe, Socken und Jeans waren durchnässt. Sie zitterte vor Kälte und Angst. Gerade als ihr Bruder die Fahrertür öffnete, überlegte sie, ob sie in ihrem Koffer nach frischen Sachen suchen sollte.

Atemlos plumpste er auf den Sitz, warf das Smartphone auf die Rückbank, schaltete den Warnblinker aus, setzte den Blinker und fuhr los.

„Hast du den Hänger geschlossen?“, fragte Franzi und blickte nach hinten. Ihr Bruder sah sie von oben herab wütend an. „Ich denke, im Gegensatz zu anderen Leuten, mit.“

Der Hieb traf. Schweigend fuhren sie die nächste Ausfahrt raus. Franzi hing mit dem Gesicht an der Scheibe und betete, dass alles gut werden und sie Svartur bald finden würden.

Svartur blickte konzentriert zu den Häusern, die sich an der Sohle des Hanges aneinanderreihten. In einigen der Vorgärten standen kleine Tannen, die weihnachtlich beleuchtet waren. So eine Tanne stand auch am Eingang des Hofes, in dem er zu Hause war. Das Licht zog ihn magisch an und er trabte ein Stück darauf zu. Dann blieb er beobachtend stehen. Als sich nichts regte, lief er weiter.

Neugierig knabberte er an den grünen Zweigen einer kleinen Tanne. Dann entdeckte er auf dem Fensterbrett Haferflocken, Sonnenblumenkerne und hartes Brot. Gierig fraß er jedes einzelne Korn. Sein heißer Atem ließ die Fensterscheibe beschlagen. Plötzlich hielt er inne und starrte regungslos ins Innere des Zimmers.

In den Augenwinkeln nahm Sally eine Bewegung wahr. Irgendetwas schien vor ihrem Fenster zu stehen. Ihre Mutter streute jeden Tag Futter auf das Fensterbrett, damit Sally die Vögel beobachten konnte. Aber das war sicher kein Vogel, so groß, wie das schien. Das Mädchen wandte den Kopf in Richtung des Fensters. Jetzt hörte sie es auch und sah, wie die Scheibe beschlug. Ihr Herz schlug schneller. Sie setzte sich auf. Mithilfe der Hände hob sie ihre Beine über die Bettkante, schob den Rollstuhl direkt neben das Bett und zog sich hinein. Ihre Muskeln zitterten vor Anstrengung. Die Tage ohne Nahrung setzten ihrem schlanken Körper sehr zu. Hastig drehte sie an den Rädern und fuhr zum Fenster.

Zuerst sah sie nichts, dann rutschte sie im Sitz vor und beugte sich noch weiter nach vorn. Gerade in dem Moment hob auch Svartur den Kopf hoch und sie blickten sich direkt in die Augen.

Das darf doch nicht wahr sein! Ein echtes Pony, dachte Sally erfreut. Svarturs Blick durchströmte das Mädchen bis in den Grund ihrer Seele. Heiße Wogen liefen ihren Rücken hinunter und sie fing an zu träumen:

Ganz deutlich sah sie sich über weite Wiesen galoppieren. Ihre Beine schwangen im Rhythmus eines wunderschönen Rappen leicht hin und her. Seine lange Mähne kitzelte sie im Gesicht, am Hals und an den Armen. Glockenhell hörte sie sich lachen.

Plötzlich verlor sie das Gleichgewicht, kippte nach vorn und der Rollstuhl schoss nach hinten weg. Kopfüber stürzte sie aus dem Stuhl. Dabei schlug sie mit dem Kopf hart gegen die Heizung. Das Lachen verstummte und die bunten Bilder wichen einer schwarzen Leere.

Der dumpfe Knall ließ Svartur Reißaus nehmen. Er galoppierte ein Stück den Hang hinauf und trabte dann unentschlossen weiter, hob seinen feinen Kopf und blickte zum Waldrand. Der dunkle Wald sah nicht gerade einladend aus. Also trabte er weiter über das Feld. Nach einer Weile entdeckte er eine Gruppe Tannen und lief hinein. Hier fand er Schutz und konnte an den Zweigen knabbern.

Mojo lenkte den Wagen in die nächste Ortschaft, in der er Svartur vermutete. Sie hielten immer wieder an und fragten Spaziergänger und Anwohner nach dem Ausreißer.

„Wenn der von der Bundesstraße weggelaufen ist, müsst ihr mal da hinten schauen. Rechts bei den Feldern am Waldrand“, riet ihnen ein Bauer. Franzi nickte und bedankte sich. Sie fuhren wie beschrieben und bogen rechts in eine kleine Straße ein. Hier war nicht gestreut. Mojo fuhr langsam auf der geschlossenen Schneedecke.

„Hoffentlich können wir hier wenden.“ Sorgenvoll blickte er die schmale Fahrbahn entlang. Franzis Übelkeit verstärkte sich wieder. Am Ende hielten sie an und stiegen aus.

Freies Feld lag vor ihnen. Der hohe Schnee war fast unberührt. Die tief stehende Sonne ließ die Oberfläche glitzern wie tausend Diamanten. Franzi kniff die Augen zusammen. Fest zog sie ihre Jacke um die Taille, denn schon kroch die Kälte durch die feuchten Kleider.

„Schau mal! Da sind tiefe Spuren“, rief Franzi aufgeregt und beugte sich darüber. Deutlich zeichneten sich Hufabdrücke ab. „Ein Pony, es war ein Pony“. Freudestrahlend sah sie zu Mojo hoch.

„Das stimmt, aber es muss nicht Svartur gewesen sein. Hier gibt es bestimmt viele Pferde und Ponys.“

„Sie sind von einem unbeschlagenen Pony. Die Größe stimmt auch.“ Franzi stand auf und blickte sich hoffnungsvoll um.

„Ich verfolge die Spuren, die wegführen. Du kannst ja in der Zwischenzeit auf dem Hof anrufen, dass wir später kommen“, sagte Franzi und fügte noch schnell hinzu: „Aber bitte nicht Mutti. Wir finden ihn sicher bald.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, lief sie los.

„Willst du nicht einen Strick mitnehmen?“, rief ihr Mojo hinterher.

Mann, bin ich bescheuert, dachte Franzi und rannte zurück. Sie holte das Halfter aus ihrem Rucksack und einen langen Strick und lief wieder los. Da es aufgehört hatte zu schneien, sah sie ohne Probleme den Verlauf der Spuren und kam zügig voran. Die Hoffnung gab ihr neue Kraft. Nach ein paar Metern fror sie schon nicht mehr. Die Spuren führten einen Hang hinauf. Franzi zog kraftvoll den Atem ein.

Endlich stand sie auf dem Gipfel. Atemlos öffnete sie den Reißverschluss ihrer Daunenjacke. Jetzt führten die Spuren erst ein Stück in Richtung Wald und dann direkt auf eine Gruppe von Tannen zu. Sie stapfte zu den Nadelbäumen.

Hoffentlich ist er da drin und erschrickt nicht, wenn ich komme. „Svartur“, rief sie nicht zu laut.

Ich hätte Futter mitnehmen sollen. Ich habe echt Matsch in der Birne.

Langsam ging sie weiter. Bald erblickte sie das zottelige, weiß gepuderte Pony zwischen den Tannen. Ein zentnerschwerer Stein fiel ihr vom Herzen.

„Svartur, mein Süßer, da bist du ja“, sprach sie beruhigend auf den Rappen ein und hielt ihm die flache Hand hin. Svartur brummelte leise und blickte sie aufmerksam an.

„Ich hab‘ leider nichts für dich, aber wenn wir am Auto sind, bekommst du leckeren Hafer“, versprach sie und legte ihm langsam das Seil über den Hals.

Streichelnd zog Franzi ihm das Halfter auf. Svartur stand ganz ruhig, denn ihr vertraute er wie keinem anderen Menschen.

„So ist es fein. Braves Pony“, lobte sie ihn und lief voraus.

Bergab war es lange nicht so beschwerlich und bald sahen sie den Wagen mit dem Anhänger. Franzi winkte freudestrahlend.

Plötzlich blieb Svartur wie angewurzelt stehen und riss den Kopf hoch. Verwundert drehte Franzi sich um.

„Was ist? Wovor hast du denn Angst?“

Geräuschvoll zog das Pony die Luft in seine bebenden Nüstern.

Oh Mist. Er hat Panik vor dem Hänger.

Franzi blickte hilfesuchend zu Mojo. Der stieg aus dem Jeep und eilte auf die beiden zu.

„Was ist? Warum geht er nicht weiter?“

„Er hat Angst vor dem Hänger, wegen vorhin.“

Mojo streichelte nachdenklich Svarturs zottiges Fell. „Da gibt‘s doch einige Tricks, ein Pferd in den Hänger zu bekommen, oder?“, fragte er.

„Na klar: Augen verbinden, Longe einsetzen, hineinprügeln, betäuben. Such‘ dir was aus!“, forderte sie ihren Bruder ironisch auf.

„Gib den Jungen mal her!“ Mojo nahm das Seil und zog kräftig daran. Svartur stemmte seine Hufe in den Schnee und reckte den Hals lang.

„Das bringt doch nichts, da weicht er eher noch nach hinten aus.“ Franzi übernahm wieder das Seil und führte ihn ein paar Volten. Unauffällig, immer ein Stückchen weiter zum Hänger hin. Das brachte sie aber auch nicht viel näher heran.

„Holst du mir meinen Stock aus dem Wagen?“, fragte sie ihren Bruder.

Franzi versuchte nun, das Pony vorwärts zu bekommen, indem sie ihn mit dem Stock antippte, aber er wich zurück. Auch mit Seilschwingen hatte sie keinen Erfolg. Als sie zu viel Druck aufbaute, bäumte sich Svartur auf und riss ihr fast den Strick aus der Hand. Nach ein paar Versuchen gab sie resigniert auf.

„Es hat keinen Wert. Unter Zeitdruck kann man kein Pony verladen und schon gar nicht eines, das gerade so schlechte Erfahrungen gemacht hat. Wir müssen uns eine andere Lösung überlegen. Wie weit ist es noch zum Hof? Wie lange ist es noch hell?“

Mojo ahnte, worauf sie hinaus wollte und meinte: „Mit dem Auto noch eine halbe Stunde, aber ich weiß nicht, ob ein Weg freigeräumt ist, den du reiten kannst. Wenn wir Glück haben, ist es noch eine gute Stunde hell.“

Franzi nickte schweigend. „Aber du kennst dich doch gar nicht aus, wie willst du denn den Weg finden?“, fragte Mojo sorgenvoll und fügte leise hinzu: „Mutti bringt mich um.“

„Olli muss uns helfen.“ Franzi zog ihr Handy aus der Tasche und rief ihn an. Sie ließ es lange klingeln. „Mist, er geht nicht ran. Hast du eine Landkarte dabei?“ Mojo nickte gerade, als sich ein Mann mit einem weißen, großen Hund an sie wandte:

„Kann ich euch helfen?“, fragte er freundlich. Die Vierbeiner berochen sich neugierig. Die Hündin duckte sich spielerisch und bellte. Svartur schüttelte seinen Kopf so wild, dass die Mähne hochflog. Franzi lächelte. „Kennen Sie zufällig den Ponyhof Triptrab?“ Der Spaziergänger runzelte die Stirn. „Weißt du, wie die Besitzer heißen?“, fragte er.

„Margarete Knoll.“

„Knoll, Knoll ... ja, natürlich, die ist die Tochter von Oberst Adelbert Knoll. Das ist der alte Pferdehof.

Mit dem Auto circa eine halbe Stunde von hier. Wir hatten früher auch Pferde ...“

„Ja, genau, der ist es“, fiel ihm Franzi ins Wort und strahlte. „Gibt es einen Weg dorthin, den ich reiten kann? Einer, der geräumt ist?“

Der Mann ließ einen nachdenklichen Blick auf seinem bildschönen Schäferhund ruhen, bevor er antwortete. „Der Weg, der am Wald entlang führt, ist geräumt. Fünfzig Meter, dann kommt eine Gabelung, an der musst du auf der Loipe weiter reiten, die durch den Wald führt. Der Hof müsste auch irgendwann ausgeschildert sein.“

Franzi bedankte sich erleichtert, drückte ihrem Bruder den Strick in die Hand und eilte zum Hänger, um Sattel und Zaumzeug zu holen. Fix sattelte und trenste sie das Pony auf.

„Nimm eine Taschenlampe mit!“, forderte Mojo sie auf.

„Die ist im Koffer.“

„Hol sie! Falls es doch aus irgendwelchen Gründen später wird.“

Franzi nickte und schlüpfte in den Wagen. Sie steckte die Taschenlampe und eine Packung Kekse in die Jackentasche, zog sich frische Socken und Thermoreitstiefel an und schnappte ihren Helm.

„Du kannst vorfahren, mein Zeug ausladen, Frau Knoll und Olli Bescheid sagen und dann Auto und Hänger zurückbringen. Du brauchst nicht auf mich zu warten.“

„Okay, aber ruf‘ gleich an, wenn du beim Hof bist!“ Mojo hielt ihr die Zügel entgegen.

„Danke für alles, Bruderherz. Und erzähl‘ Mutti bitte nichts.“ Franzi warf ihrem Bruder flehende Blicke zu, setzte den Helm auf und schwang sich auf Svarturs Rücken.

„Wie willst du hier wieder rauskommen?“ Sorgenvoll schaute sie die schmale Straße entlang.

„Kümmer dich nicht um mich! Ich schaff‘ das schon. Und wenn ich den Anhänger abkopple, ihn drehe und rausziehe. Beeil dich lieber!“

„Ich bin ja auch noch da“, meinte der freundliche Spaziergänger und lächelte. Franzi nickte erleichtert, winkte den Männern zu und ritt los.

Bald war sie auf dem beschriebenen Weg und galoppierte bis zur Weggabelung.

Das muss die Kreuzung sein, die der Mann gemeint hat. Hier beginnt die Loipe. Ich werde zwischen den Spuren bleiben, dass Svartur nicht alles zertrampelt.

Sie schob ihr Becken vor, legte die Beine kurz ans Pony und Svartur töltete los.

Je länger sie ritten, desto mehr entspannte sie sich und fing an, den Ritt durch die verschneite Landschaft zu genießen.

Eine dicke Schneeschicht drückte die Zweige der Tannen hinunter. Überall entdeckte sie Wildspuren, die quer durch den Wald führten. Kleine weiße Wolken bildeten sich bei jedem Atemzug vor Svarturs Nüstern.

So kommt man unverhofft zu einem superschönen Ausritt, dachte Franzi gerade, als von hinten ein Langläufer angesaust kam. Geräuschlos zischte er auf sie zu. Als der Wallach ihn wahrnahm, sprang er erschrocken zur Seite. Franzi zog blitzschnell an einem Zügel ihrer „Notbremse“ und ließ ihn kurz darauf am langen Zügel stehen.

„Na, so was hast du noch nicht gesehen, oder?“, fragte sie ihr Pony und grüßte den sportlichen Mann. Der nickte ihr mit bösem Blick zu, schimpfte aber nicht darüber, dass sie in der Loipe ritt, sondern lief kraftvoll weiter. Svartur blickte mit hoch erhobenem Haupt dem Wintersportler hinterher. Geräuschvoll sog er Luft ein.

„Komm weiter!“ Der Wallach warf seinen Kopf hin und her und lief dem Mann zügig hinterher.

Jetzt ist er wach, stellte Franzi fest und versuchte, ihn mit der Stimme zu beruhigen.

Die Loipe führte quer durch den Wald und so langsam brach die Dämmerung über sie herein. Franzi schaute auf ihre Uhr.

Mist, der Weg nimmt gar kein Ende. Jetzt sind wir schon so lang unterwegs. Bald ist es dunkel.

Voll Unbehagen spähte sie in den weiß gepuderten Wald, der bald tiefschwarz sein würde. Plötzlich blieb Svartur stehen. Irgendwas hatte seine Aufmerksamkeit in Beschlag genommen. Franzi parierte ihn zum Halt durch und blickte angestrengt geradeaus. Ein mulmiges Gefühl breitete sich in ihrer Magengegend aus. Der Weg hatte ein leichtes Gefälle. Jetzt sah sie eine Person auf sie zukommen. Franzi ritt an den Rand, da sie einen weiteren Langläufer vermutete. Abwartend starrten sie den dämmrigen Weg hinunter. Bald erkannte sie, dass es ein Reiter war.

„Sieh an, da gibt‘s noch mehr so Verrückte wie wir“, sprach Franzi leise zu Svartur.

Der riss den Kopf hoch und wieherte. Das andere Pony antwortete und Franzi erkannte zu ihrer Freude den Schecken Pokki. Eilig ritt sie hin und erkannte nun auch Olli unter seiner Wollmütze. Schwungvoll sprang sie von Svartur und stürmte zu dem Jungen. Olli stieg lächelnd ab und nahm Franzi herzlich in die Arme.

„Na, ist das nicht eine schöne Überraschung?“

„Eine superschöne. Bald ist es dunkel und ich hatte jetzt schon Schiss.“

Während sich die Jugendlichen in den Armen hielten, beknabberten sich die Wallache ausgiebig.

„Schau! Ich hab‘ dir was mitgebracht.“ Olli kramte in seinen Packtaschen und zog zwei Leuchtwesten und Lampen heraus. Danach schnallte er sich eine weiße Lampe um den Kopf und eine rote um den linken Stiefel.

„Perfekt“, lobte Franzi ihn und stieg auf. Zügig ritten sie zum Hof.

Franzi und die Ponys - Band IV

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