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Kapitel: Aufhören in der Gruppe

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Vor gut zwanzig Jahren hatten einige rauchende Kollegen und ich in bierseliger Laune eine gute Idee. Wir hören einfach auf zu rauchen. Einfach so, ohne irgendeinen Schnick Schnack dabei.

Drei Männer aus dem Verkauf und zwei Frauen aus unserem Büro. Am Montag sollte das ganze starten und so hatte noch jeder die Möglichkeit seine Zigarettenbestände zu vernichten. Also ich habe meine Vorräte geraucht! Ich wollte doch keine wegschmeißen, das hätte ich nicht übers Herz gekriegt.

All und jedem habe ich erzählt, dass es mit dem Rauchen jetzt vorbei ist! Ich genoss die Anerkennung aller Menschen aus meiner Umgebung in vollen Zügen.

Der erste Tag war rauchfrei und verging wie im Fluge. Toll was! So innerlich überzeugt hatte ich nicht mal einen Schmacht und die kleinen Entzugserscheinungen wurden durch die eine oder andere Tasse Kaffee ersetzt.

Um dem ganzen auch etwas Nachdruck zu verleihen, kam am Dienstag erst einmal der Drei – Monatskalender von der Wand. Darauf machte ich ein dickes, fettes Kreuz auf den ersten rauchfreien Tag. Jeder sollte doch sehen was für ein Held ich war.

Und jetzt ging es los mit dem gesunden Leben. Die Essgewohnheiten müssen nun auch umgestellt werden. Viel Obst und Gemüse wie Wurzeln, Kohlrabi, Äpfel und Gurken und, und, und. Und siehe da, dass schmeckt auch! Als Raucher habe ich diese Sachen weniger gegessen, dann lieber eine Zigarette geraucht. Nun konnte ich auch feststellen, dass das Essen an Wichtigkeit gewann. Da war das zweite Frühstück. Ich konnte kaum erwarten, dass es 10.00 Uhr wurde. Ein paar Scheiben des Toastbrots mit Brombeergelee waren jetzt immer dabei. Mittags dann vier Scheiben Schwarzbrot mit ordentlich Wurst und Käse. Am Nachmittag noch ein paar Kekse und dann konnte der Feierabend ruhig kommen. Abends gab es bei uns immer warmes Essen und da durfte es nun auch mal ein Schnitzel mehr sein.

Nach einigen Tagen erholen sich die Geschmacksknospen auf der Zunge, und es beginnt alles anders zu schmecken. Meistens schmeckt es besser, aber mein Stammessen beim Griechen schmeckt mir nicht mehr. Davon ließ ich mich aber natürlich nicht wieder zum Rauchen überreden.

Eine Woche später, ich hatte schon meine sieben Kreuze auf dem Kalender, haben zwei von uns aufgegeben. Das heißt am Wochenende sind sie wieder ins rauchen gefallen. Es waren die beiden Frauen. Na das war doch wohl klar oder? Wegen der Figur und so….

Wenige Tage später hat der dritte Kollege aufgegeben. Er hatte im Betrieb und sonst wo zu viel Stress, sagt er. Na ja, wir sind doch noch zwei, und die fühlen sich natürlich jetzt grenzenlos überlegen.

Vielleicht haben wir auch das Glück, dass unsere Büros genau nebeneinander liegen, und so haben wir gegenseitig eine gute Kontrolle über den anderen. Man würde mitbekommen, ja jetzt sogar schon wieder mit riechen, wenn der andere eine geraucht hat. Keiner will aufgeben und sich eine Blöße geben.

Die Kreuze auf dem Kalender nehmen an Menge nun erheblich zu. Der erste Monat, also genau gesagt 31 Tage, sind nun schon angekreuzt.

Ab und zu fällt es natürlich sehr schwer, nicht den Versuchungen zu erliegen, einfach einen Kunden um eine Zigarette zu bitten.

Die Rohkost hat mir sehr geholfen die Sucht zu vertreiben. Ich habe sie einfach weggekaut.

Weitere 14 Tage später und sechs Kilo schwerer nahm das Schicksal seinen Lauf. Es stand die jährliche Grünkohlwanderung des Betriebes auf dem Terminkalender.

Erst wird, optimal ist bei Frost, eine Wanderung durch die heimische Gegend unternommen. Das ganze dauert so zwei Stunden, in denen reichlich Korn und andere Getränke konsumiert werden. Danach wird in einer ausgesuchten Gaststätte Grünkohl serviert. Es gibt so viel zu Essen wie man will. Wer am meisten gegessen hat, wird als Grünkohlkönig gekürt. Der Sieger erhält einen großen Knochen umgehängt, der ihn den ganzen Abend als Grünkohlkönig kennzeichnet. Eine große Runde Schnaps darf er ausgeben und für das nächste Jahr die Planung der Kohlwanderung übernehmen. Das ganze wird natürlich von viel Bier und anderen Getränken begleitet. Nach dem ausgiebigen Essen kommt dann später noch ein bisschen tanzen.

Das schaff ich doch ohne Probleme! Dachte ich!

Nach dem Essen und einigen Bieren später fängt mein Leidensgenosse, der mir genau gegenüber sitzt, an immer nervöser und fahriger zu werden. „ Ich dreh hier gleich durch! Los Ekki, rauch jetzt eine mit mir!“ Das wollte ich auf gar keinen Fall und so ließ ich ihn abblitzen. Es dauerte noch ein paar Minuten, dann sprang er auf und sagte mir: “Du Schwein. Ich rauch jetzt eine.“ Ihm war scheinbar alles egal. Er ging an den Nebentisch wo einige Raucher saßen, schnorrte sich dort eine Zigarette, zündete sie an und kam entspannt und zufrieden rauchend wieder an unseren Tisch.

Als hätte ich die letzten Wochen nur auf diesen Augenblick gewartet. Bevor er saß stand ich schon und machte mich auf den Weg zum Zigarettenautomat. Kohle in den Automaten und eine Schachtel auswählen. Meine alte Stammmarke war nicht dabei und so holte ich irgendeine Sorte. War mir völlig egal.

Schachtel aufreißen, Zigarette raus, Feuer hatte ich bei mir (was ein Zufall oder) und an die Kippe. Mein Gott wurde mir schwindelig, aber eine wohlige Zufriedenheit machte sich in mir breit. Die Schachtel haben wir beide noch in dieser Nacht komplett aufgeraucht.

Am nächsten Morgen war mir vom Alkohol und Nikotin so richtig schön schlecht. Kopfschmerzen und die Gewissheit mal wieder versagt zu haben, hat mir mein Wochenende ein wenig verhagelt.

Montag wussten natürlich alle Bescheid, wie peinlich das war. Mit meiner großen Klappe stand ich nun etwas trottelig da. Den Kalender habe ich natürlich sofort ausgetauscht, um nicht auch noch hier an diese Niederlage erinnert zu werden.

Für die ersten drei Aufgeber war es die Genugtuung, das wir beide es auch nicht geschafft hatten.

Fast sechs Wochen gekämpft, gequält und doch gescheitert.

Das war der erste Versuch: „Ich gebe das Rauchen auf!“

Aber nicht das letzte mal.

Als mir diese Erinnerungen in den Sinn kommen, muss ich schon ein wenig lächeln.

12.30 Uhr fast Mittag

Es war schon fast Mittag, als ich mich von meinen Erinnerungen und dem Sessel langsam trennte, um in der Küche etwas zu trinken zu holen. Die nun schon übervolle Tüte mit Taschentüchern konnte ich ja nun auch endlich mit entsorgen.

Die neunte Zigarette war nun auch schon weg.

Und die schmeckten soooooo gut!

Ein Wasser aus dem Kühlschrank, eine leere Plastiktüte für die gebrauchten Taschentücher und schnell wieder ins warme wohlige Wohnzimmer. Ich schlurfte wieder über den sehr weichen Teppichboden und ließ mich auf meinem kuscheligen Fernsehsessel nieder. Hunger hatte ich noch keinen. Mit den jetzt wieder 73 Kg hatte ich immer das Problem, etwas essen zu müssen damit ich nicht noch dünner werde.

Ich hatte nie richtig Hunger und so auch keinen Plan was es zu essen geben sollte. Mir fielen immer die gleichen Speisen ein wie „ Pizza, Mc-Donalds, Dosensuppen, Brat oder Currywurst und alle Sorten von Fertiggerichten“.

Bei dieser kargen Auswahl kein Wunder wenn ich mich zwingen muss etwas zu essen.

Nach dem ersten Aufgeben vergingen viele Jahre in denen ich mich wieder zum Profiraucher gemausert hatte. Ich rauchte gern! Mein Gewicht war ja auch auf ein eher fragwürdiges Niveau reduziert.

Beim Fußball und auch beim Tischtennis hatte ich trotz Rauchens eine erstaunliche Fitness. Damit bestärkte mich diese Tatsache mit meinem Rauchverhalten alles richtig zu machen.

Aber so richtig zufrieden war ich innerlich sicher nicht.

Vor etwa 15 Jahren, nach wieder einer gescheiterten Ehe ( es waren nun schon zwei ), lernte ich eine junge, sportliche Frau kennen und lieben. Ich der Profiraucher , und sie der reinste „Profinichtraucherin“. Das war am Anfang überhaupt kein Problem, hat sich aber im Laufe der Zeit zu einem Entwickelt. Es war mal wieder so weit:

Ich muss aufhören zu rauchen!

Ich hatte auch keine Lust mehr wie ein verurteilter Verbrecher Rücksicht auf eine Nichtraucherin zu nehmen. Und die immer gleiche Frage: “Schon wieder eine?“, wenn ich an die Terrassentür ging um eine zu rauchen. Im Sommer ist das Rauchen auf der Terrasse auch kein Problem, man sitzt ja eh draußen. Aber im Winter so minus 10 Grad hört das Ganze auf witzig zu sein. Ich musste ja schließlich sehr häufig raus.

Zu dieser Zeit habe ich abends sehr gerne auch etwas länger gearbeitet, und konnte so meinem Laster störungsfrei frönen. Ich war mein eigener Chef und in meinem Betrieb war rauchen ausdrücklich erlaubt. Wegen der Kunden natürlich.

Ich will nicht unbedingt behaupten, dass Liebe blind macht, es macht einen vielleicht etwas zugänglicher für Argumente gegen das Rauchen. Am Ende bewegte mich eben diese Liebe eine Möglichkeit zu suchen, dass blöde Rauchen nun endlich aufzugeben.

Na ja, das erste Mal aufgeben in der Gruppe hat am Ende auch nicht geklappt. Natürlich waren sechs Wochen doch eine gute Leistung auf die man mit Sicherheit aufbauen kann.

Mit professioneller Hilfe eines Arztes ist die Chance wahrscheinlich größer, das Ziel zu erreichen und ein rauchfreies Leben zu führen.

Besser (Nicht) Raucher

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