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Fair Isle ist wirklich nicht groß. Es gibt eine Schule, zwei kleine Läden, Schafe - mehr als Einwohner - und eins der bekanntesten Vogelobservatorien auf diesem Planeten. Die Vögel sind es, die die Insel berühmt machen, weil sie auf ihren Flügen von Nord nach Süd und umgekehrt hier vorbeikommen, hat mir ein mürrischer Schäfer erklärt. Die Menschen hier leben vorwiegend von der Herstellung von Wolle. Es gibt sogar eine Pullover-Manufaktur, wo nach alter Tradition Strickkleidung hergestellt wird.

Als ich heute Morgen aufgewacht bin, war ich allein. Mein Gastgeber hat mir ein Frühstück auf dem großen Tisch in der altmodischen Küche hinterlassen, das aus Müsli und Kaffee bestand. Das Müsli war mir zu … gesund. Also habe ich nur den Kaffee getrunken. Ich habe den Vormittag damit verbracht, mich auf der Insel umzusehen. Hatte ein nettes Gespräch mit einer älteren Dame, ein nicht ganz so nettes mit einem alten Hirten und habe eine Schulklasse gesehen, die Vogelfedern an den Klippen gesammelt hat. Ich habe mir Notizen gemacht, mir meine Schuhe mit Vogelhinterlassenschaften versaut und mich dann eine Weile an eine der Steilklippen gesetzt und die Wellen beobachtet. Aber all das Rauschen und Vogelgeschrei hat mir nicht dabei geholfen, etwas zu finden, das auch nur annähernd eine Idee für mein nächstes Buch liefert. Trotzdem muss ich sagen, dass Fair der Vorstellung von einem Paradies sehr nahe kommt. Es ist so abgeschieden, dass mein Handy nicht klingelt und Facebook es nicht erreicht. Und es kann stolz auf seine malerisch romantische Landschaft sein - inklusive kleinem Castle und Leuchtturm. Und absoluter Einsamkeit, sieht man mal von den gelegentlichen Begegnungen mit Einwohnern und vogelinteressierten Touristen ab.

Klar ist, mein Buch soll ein Liebesroman werden. Die Kulisse ist perfekt für Romantik. Aber wie schreibt man einen Liebesroman, wenn die Liebe einen erst kürzlich in den Hintern getreten hat? Alles was mir einfällt, ist der Wunsch, im nächsten Buch mit den Männern abzurechnen. Im Moment habe ich den Glauben an Männer verloren. Die, die in der Stadt leben, sind fremdgehende Arschlöcher. Und die abseits der Zivilisation sind Hinterwäldler. Obwohl das Frühstück heute Morgen schon mehr war, als ich erwartet hatte, nach meinem gestrigen Zusammentreffen mit Kieran McDougal.

Ich stehe auf und beschließe, mich im Archiv im Gemeindehaus umzusehen. Die alte Dame vorhin hatte erwähnt, dass auf Sumburgh Castle eins der bekanntesten schottischen Gespenster sein Unwesen treibt. Ich bin zuerst nicht weiter darauf eingegangen, denn man kennt das ja als Bewohner der britischen Inseln. Hier spukt es ja angeblich überall. Ich für meinen Teil habe aber noch keinen Geist gesehen. Sie etwa? Aber ehe ich gar nichts tue, schaue ich mal, was es über diese junge Dame in Weiß so herauszufinden gibt. Irgendwoher muss ich mir Inspiration holen. Nicht nur, um überhaupt etwas für mein Buch zu haben, sondern auch, weil mich die Langeweile auf dieser Insel sonst in den Wahnsinn treiben wird.

Etwa eine Stunde später sitze ich am einzigen Tisch im kleinen Gemeindearchiv und habe gefunden, wonach ich gesucht habe. Eine Liebesgeschichte, wie sie tragischer nicht sein könnte. Kein Wunder, dass Isobel McDougal zu einer Spukgestalt geworden ist. Isobel war die siebzehnjährige Tochter des damaligen Herren von Sumburgh Castle. Nach dem Stammbaum der McDougals, die Schwester von Kierans Urgroßvater. Sie hat sich in einen jungen Schäfer verliebt. Doch ihr Vater hatte etwas gegen die Beziehung. Warum steht nicht in dem Zeitungsbericht von damals. Aber ich vermute, weil der Hirte nicht standesgemäß war.

Zur damaligen Zeit, Ende des 19. Jahrhunderts, nicht selten, auch in unseren Breitengraden. Das arme Mädchen wurde kurz vor ihrem achtzehnten Geburtstag am Fuße einer Klippe gefunden. Man ging damals von Selbstmord aus. Ich sehe mir das Foto an, das Isobel auf den Steinen liegend zeigt. Sie trägt ein weißes Kleid. Ich nehme die Lupe, die mir die Angestellte zur Verfügung gestellt hat, und sehe mir Isobels Gesicht an. Es gibt leider nur das Bild ihrer Leiche. Trotzdem erkenne ich sie sofort wieder. Ich habe sie schon gesehen. Und mir fällt auch sofort ein wo. Auf Sumburgh Castle hängt ein Porträtgemälde von ihr. Ich kneife die Lippen zusammen, weil ich Mitleid mit dem armen Mädchen empfinde. Auch sie ist ein Opfer der Liebe geworden. Ich betrachte sie weiter durch die Lupe. In ihrer Hand hält sie etwas. Ich bewege die Lupe hin und her. Es ist eine Taschenuhr. Ein junges Mädchen mit einer Herrenuhr in der Hand? Warum sollte sie sich mit dieser Uhr die Klippen hinuntergestürzt haben?

»Das ergibt doch keinen Sinn«, flüstere ich.

»Was ergibt keinen Sinn?«, möchte die Archivarin verwundert von mir wissen. Ich winke sie heran und zeige auf das Foto. Die Dame muss die Sechzig schon überschritten haben. Wahrscheinlich arbeitet sie nur noch hier, weil sie sonst nichts anderes zu tun hat auf dieser Insel. Sie beugt sich über den Zeitungsausschnitt und schaut durch die Lupe. Ihre grauen Locken kitzeln mich an der Wange. »Ich kann nichts Ungewöhnliches sehen.«

»Sie hat eine Taschenuhr in der Hand. Warum sollte sie die haben?«

»Vielleicht gehörte sie ihrem Vater?«

Ich runzle die Stirn. »Das denke ich nicht. Er hat versucht, sie von ihrem Liebsten fernzuhalten. Warum sollte sie dann mit seiner Uhr in der Hand springen?«

»Dann gehörte sie ihrem Liebsten.«

»Nein, nein«, sage ich ungeduldig. »Er war Hirte. So was konnte er sich bestimmt nicht leisten.« Ich klopfe mit dem Ende meines Kulis auf meinen Notizblock und grübele nach. »Sie ist nicht gesprungen. Sie wurde gestoßen.«

»Mord? Hier auf der Insel? Undenkbar.«

Ich werfe der Dame einen zweifelnden Blick zu und schiele auf ihr Namensschild, das sie wohl nur für die Touristen trägt. »Mrs Sheffield. Die Inselbewohner hier sind auch nur Menschen. Und Menschen sind nicht unfehlbar. Egal, wo sie leben. Ich bin sicher, dieses Mädchen wurde getötet. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass man damals nicht auch auf den gleichen Gedanken gekommen ist«, behaare ich.

Sie schüttelt abwehrend den Kopf. »Das ist eine alte Geschichte. Heute nicht mehr wert als ein Touristenspaß. Sie sollten nicht zu viel hinein interpretieren.«

Ich mustere die leicht untersetzte Dame. Sie rückt ihre Brille zurecht und wirkt ein wenig nervös. Ist es meine Neugier, meine Anwesenheit überhaupt oder meine Unterstellung, dass auf dieser ruhigen Insel ein grauenvolles Verbrechen begangen wurde? Ihre Reaktion zumindest macht mich sehr stutzig. »Gibt es noch mehr Materialien über den Vorfall?«

»Nein, das ist alles«, sagt sie bestimmt. Diese Antwort versetzt mir einen traurigen Stich. Aber meine Neugier ist auf jeden Fall geweckt und ich beschließe für mich, dass Isobel es verdient hat, dass man erfährt, wer ihr Leben so früh beendet hat. Und Rätsel habe ich schon immer geliebt. Sie wecken etwas in mir. Bringen mich dazu, nach ihrer Lösung zu graben, bis ich sie gefunden habe. Und ein bisschen ist es auch die Liebesgeschichte dahinter, die mich nicht loslässt.

»Das ist schade. Aber vielleicht könnten Sie mir eine Kopie von diesem Artikel machen. Ich denke, ich werde der Sache auf den Grund gehen.«

Sie schluckt und sieht mich aus blitzenden Augen an. Vielleicht ist es auch die Angst davor, einen Touristenmagnet weniger vorweisen zu können, wenn Isobel erst einmal nicht mehr auf Fair Isle spukt. Ein Mädchen, das aus Liebe den Freitod gewählt hat, ist eine bessere Spukgeschichte, als ein Mädchen, das ermordet wurde. Wie auch immer, ich werde mich dieses Rätsels annehmen, es gibt hier ja auch sonst nicht viel zu tun. Und ein McDougal-Familiengeheimnis aufzudecken, ist ein noch größerer Ansporn für mich, dieser Liebesgeschichte ein Ende zu verpassen. Ich verabschiede mich von Mrs Sheffield und mache mich auf den Rückweg zum Castle.

Als ich an dem kleinen Shop vorbeikomme, treffe ich die Dame von der Fähre wieder. In London hätte ich das einen Glücksfall genannt. Hier auf Fair Isle ist es vorprogrammiert, dass man sich immer und immer wieder über den Weg läuft. Weder die Wege, die man hier nutzen kann, sind zahlreich noch die Einkaufsmöglichkeiten. So oder so, ein Glücksfall ist es in diesem Moment wohl doch. Die Dame war schon auf der Fähre sehr redselig, vielleicht ist sie das noch immer.

»Mrs Bender, schön Sie wiederzusehen«, begrüße ich sie gespielt freudig und laufe lächelnd auf sie zu.

»Oh, die junge Frau, die auf Sumburgh Castle abgestiegen ist.« Sie lässt den Trolli los, den sie hinter sich hergezogen hat, und reicht mir die Hand. »Sie haben sich auf unserer Insel umgesehen?«

»Ja, ein wenig«, bestätige ich und sehe ihr dabei aufrichtig in die Augen. Sie soll das Gefühl bekommen, dass wir ein harmloses Gespräch führen und ich nichts zu verbergen habe. Ich seufze vernehmlich und streiche mir ein paar Strähnen aus dem Gesicht, die der Wind immer wieder aus meinem lockeren Zopf reißt. »Ich hab mir die Manufaktur angesehen, war an der Nordklippe und auch im Observatorium.«

»Da haben Sie an Ihrem ersten Tag schon fast alles gesehen.«

»Ich habe sogar schon die erste Spukgeschichte aufgeschnappt«, sage ich und lasse sie dabei nicht aus den Augen. Sie zieht die Brauen hoch und sieht mich erstaunt an.

»Sie interessieren sich für Spukgeschichten?«

Ich nicke lachend. »Ich interessiere mich für alle Geschichten. Ich bin Autorin.« Dieses Mal spiele ich die Karte doch aus. Auch wenn Erotikromane immer ein Nasenkräuseln hervorrufen. Autoren, die Hilfe für eine Recherche brauchen, können fast immer mit dieser rechnen, weil die meisten Menschen so das Gefühl bekommen, an einem Buch mitgewirkt zu haben.

Sie beugt sich näher zu mir. »Und glauben Sie auch daran?«

»Wenn Sie wissen wollen, ob ich Isobel schon begegnet bin, nur ihrem Portrait. Aber da es ein Gemälde von ihr gibt, glaube ich auch, dass ihrer Spukgeschichte etwas Wahres zugrunde liegt.«

»Uns Frauen liegt allen eine gewisse Neugier zugrunde«, kontert sie. »Aber Sie haben recht. Eine tragische Geschichte.«

»Wissen Sie etwas darüber?«, hake ich nach. »Liebesgeschichten haben ihre ganz eigene Melodie und ich bin mir sicher, Isobels Melodie ist sehr düster und traurig.« Ich biete ihr an, uns einen Kaffee aus dem Laden zu holen, aber sie lehnt ab.

»Isobel ist ja schon einige Zeit tot. Eigentlich weiß ich kaum mehr als alle, die hier wohnen. Sie hatte sich in einen jungen Hirten verliebt, aber ihr Vater wollte, dass sie einen wohlhabenden Adligen heiratet. Zur damaligen Zeit nichts Ungewöhnliches. Wenn es nach meinem Vater gegangen wäre, hätte ich auch einen anderen Mann geheiratet. Meiner ist Ornithologe.«

»Also wissen Sie nicht, wie sie gestorben ist?«

»Doch, doch. Sie ist gesprungen. Hat man Ihnen das nicht erzählt?«

Innerlich stöhne ich fast auf, aber dann bemerke ich ein kleines unsicheres Flackern in den Augen der alten Dame. »Ist das das einzige Gerücht, oder wird insgeheim ein anderes Ende geflüstert unter den Einwohnern der Insel?«

Sie tritt einen Schritt zurück und mustert mich schockiert. »Wie kommen Sie darauf? Nein, es gibt kein anderes Ende.«

»Entschuldigen Sie, manchmal geht meine Fantasie mit mir durch. Ich bin eben doch mit Leib und Seele Geschichtenerzählerin.« Ich lächle sie wieder offen an und Mrs Bender ringt sich auch ein unsicheres Lächeln ab. Ich habe das Gefühl, dass sie und Mrs Sheffield beide recht angespannt auf meine Frage nach der wirklichen Todesursache von Isobel reagiert haben. »Ich überlege, Isobels Geschichte aufzuschreiben. Als Buch, wissen Sie. Natürlich mit einem romantischeren Ende«, füge ich besänftigend hinzu. Ich gebe mir Mühe, meine bisher einzige Recherchequelle auf dieser Insel nicht erzürnt zurückzulassen. Wer weiß, vielleicht kann ich mir ihr Vertrauen doch noch erschleichen. »Ich bin hergekommen, um eine Liebesgeschichte zu schreiben. Was halten Sie davon? Ein Buch, das auf Ihrer wundervollen Insel spielt?«, locke ich weiter.

»Ein Buch, das auf Fair spielt, fände ich gut. Viel zu wenige Menschen kennen Fair Isle und wissen, wie schwer und wie schön zugleich unser Leben hier ist. Aber Sie sollten Isobel ruhen lassen. Vielleicht fällt Ihnen eine andere Liebesgeschichte ein.«

Ich grinse geheimnisvoll und zwinkere Mrs Bender zu. »Wollen Sie mir Ihre erzählen? Vielleicht demnächst bei einem Kaffee?«

»Meine?«, keucht sie erstaunt und drückt eine Hand auf ihr Herz. »So wundervoll der Gedanke ist, meine eigene Liebesgeschichte in einem Buch zu lesen, aber ich befürchte, sie ist nicht interessant genug«, sagt sie ausweichend.

»Das war auch nur ein Spaß«, sage ich und tätschle beruhigend ihre Hand. »Ich hoffe, wir haben noch einige Male die Möglichkeit, uns so nett zu unterhalten.« Ich verabschiede mich von ihr, mit dem Gefühl, dass ich sie davon überzeugt habe, Isobels Liebesgeschichte längst vergessen zu haben. Aber ihre Nervosität wegen des tragischen Endes des jungen Mädchens bestätigt meine Annahme, dass es ein Geheimnis gibt, das nirgends geschrieben steht.

Als ich dieses Mal vor dem Castle stehe, ist es noch hell und ich nehme mir einen Augenblick, das historische Gebäude zu bewundern. Ich liebe alles, was historisch ist und so ein Castle ist very historisch. Dieses hier ist klein und besteht nur aus zwei Gebäudeteilen; einem kastenförmigen Haupthaus mit nur zwei Etagen. Das ist der Teil, in dem ich derzeit wohne. Und einem viereckigen Turm mit Zinnen, der etwas höher ist als das Hauptgebäude und an dem Efeu sich nach oben rankt. Wenn man genau hinhört, dann kann man die Wellen gegen die Klippen branden hören.

Ich betrete das Castle und reibe mir die kalten Wangen. Der Wind ist heute noch eisiger als gestern. Eine breite Tür steht im Eingangsbereich offen. Ich hänge meinen Mantel an die Garderobe und stoße die Tür weiter auf, bereit Kieran McDougal die richtige Antwort an den Kopf zu knallen, falls er wieder Lust darauf haben sollte, den Neandertaler raushängen zu lassen. Aber er ist nicht im Raum. Dafür eine Herzklopfen auslösende unzählbare Menge an Büchern, die sich über drei deckenhohe Regale ausbreiten. Dieser Verlockung kann ich unmöglich widerstehen. Ich betrete die Bibliothek, sauge den Geruch alter Bücher tief in meine Lungen und stöhne wohlig. Von so einer Bibliothek im eigenen Haus habe ich schon immer geträumt. Wer nicht? Ich strecke eine Hand aus und lasse sie über die verschiedenen Buchrücken gleiten. Da sind alte in Leder eingebundene Werke und neue Taschenbücher. Ein paar Buchrücken erkenne ich sofort: Thriller von Brown, Horror von King. Nicht ganz mein Geschmack. Ich mag es lieber romantisch. Wobei mir die Lust darauf in letzter Zeit irgendwie vergangen ist. Vielleicht sollte ich es doch mal mit Thrillern probieren. Vorzugsweise einen, in dem ein betrügerischer Exverlobter ermordet wird.

Ich ziehe einen besonders großen Lederband heraus und keuche erstaunt über das Gewicht auf. Weder auf dem Buchrücken noch auf dem Deckel steht ein Titel. Ich trage das schwere Buch zu dem großen Schreibtisch vor dem Rundbogenfenster und knipse die Leselampe an, weil das dunkelgelbe Deckenlicht, das jemand wohl vergessen hat auszuschalten, nicht hell genug ist, um zu lesen. Vorsichtig klappe ich das Buch auf und seufze leise, als ich den wunderschönen, detailreichen Baum sehe. Auf seinen Ästen sitzen kleine Kästchen mit Namen und Daten. Das älteste Datum ist vom 17. Juni 1746. Der Name darüber ist der von einem Mann: Duncan McDougal. Auf dem Ast neben seinem Kästchen steht der Name: Kayla McDonald, geb.: 23. Januar 1752.

Auf einem der unteren Äste steht der Name Isobel. Neben ihr der ihrer Schwester Kendra und ihres Bruders Cedric. Danach folgen keine Kinder mehr. Man hatte aufgehört, diesen Stammbaum fortzusetzen. Ich bin mir sicher, dass Isobels Tod der Grund dafür war. Ich blättere zur nächsten Seite, die ein gemaltes Porträt von Duncan McDougal zeigt. Darauf folgt ein Porträt von seiner Frau. Dann handgeschriebene Worte in einer alten Schrift, die ich nicht lesen kann. Nur einzelne Buchstaben oder Wortfetzen kann ich zusammenfügen, aber die nächsten Seiten erzählen wohl die Geschichte von Duncan und seiner Frau. Das Buch ist eine Familienchronik. Jetzt verstehe ich noch mehr, warum man sie nach Isobels Tod nicht weitergeführt hat. Auch wenn die Autorin und Geschichtsfanatikerin in mir ein wenig wehmütig gestimmt ist, bei dem Gedanken, welches Wissen über die vergangenen Generationen dadurch vielleicht für immer verloren ist.

»Ich sehe, Sie schnüffeln schon wieder.« Kieran lehnt mit vor der Brust verschränkten Armen im Türrahmen. Sein Blick verrät, dass er nicht begeistert ist, mich hier vorzufinden. Ich straffe die Schultern, obwohl mir eher nach Flucht zumute ist, und sehe ihn so selbstsicher ich kann an. Ich schlucke und ignoriere das Flattern in meinem Magen, das sein Auftauchen ausgelöst hat.

»Ich schnüffel nicht, ich recherchiere«, sage ich, als würde das ungeschehen machen, dass ich in der Vergangenheit von Kierans Familie herumstöbere. Innerlich winde ich mich, weil er mich erwischt hat und ich mich schuldig fühle. Verdammte Neugier aber auch. »Im Übrigen fehlen hier Namen und Einträge«, werfe ich ihm vor, als hätte er es versäumt, die Chronik fortzusetzen.

»Das weiß ich. Und es interessiert mich nicht.«

Ich klappe das Buch zu und schiebe es in die Mitte der Schreibtischplatte, dann setze ich mich auf den Schreibtisch und schlage lässig die Beine übereinander. »Heißt das, Sie interessieren sich nicht für Ihre Familie? Oder wissen Sie nur nichts über Ihren Vater und Großvater?«

Er kommt näher und bleibt vor mir stehen. »Wussten Sie, dass Neugier gefährlich sein kann«, sagt er bedrohlich.

»Bedrohen Sie mich schon wieder? Dann muss ich Ihnen sagen, ich fürchte mich noch immer nicht vor Ihnen. Cassy hat mich vorgewarnt. Sie sagte: Er sieht groß und gefährlich aus, aber er ist sanft wie ein Teddybär

»Das hat sie nicht gesagt?«

»Sie knurren schon wieder«, sage ich im lockeren Plauderton und sehe unverwandt in seine silbergrauen Augen, die mich wütend anfunkeln. Vielleicht sollte ich Angst haben, aber ihn zu reizen, macht mir mehr Spaß, als es sollte. Ich finde es aufregend, wie er bedrohlich über mir aufragt und mich versucht, nur mit seinen Blicken einzuschüchtern. Das lässt mein Herz schneller schlagen. Ich wundere mich über mich selbst. Eigentlich bin ich niemand, der auf Gefahr steht, aber diese Gefahr stößt etwas in mir an, das ich nicht kenne. Und weil ich nun mal so neugierig bin, möchte ich dieses neue Gefühl ergründen. Also muss ich fortfahren, ihn zu reizen, damit er fortfährt, mich so anzusehen. Damit dieses Kribbeln in mir nicht erlischt sondern wächst und ich es besser analysieren kann.

»Und Sie spielen ein Spiel, das Sie nicht gewinnen können.«

»Ich spiele kein Spiel«, sage ich und sehe unschuldig zu ihm auf. »Wie Sie schon treffend sagten, ich bin neugierig. Wussten Sie, dass es in diesem Castle spukt?«

Er blinzelt verwirrt. »Ich hielt Sie für eine gebildete Frau. Jetzt sagen Sie bloß nicht, Sie glauben an diesen Mist?« Er tritt einen Schritt zurück und ich kann gleich besser atmen. Die Luft um mich herum ist trotzdem noch von seinem würzig männlichen Geruch erfüllt. Und von dem Duft eines wilden, natürlichen Aftershave, das gut zu ihm passt.

»Ich halte mich auch für eine gebildete Frau. Natürlich glaube ich nicht daran, dass Ihre Vorfahrin hier herumgeistert. Zumindest nicht als Spukgespenst. Aber ihr Geist scheint nicht nur das Castle zu umgeben, sondern die ganze Insel. Und da ich, wie Sie nun mal festgestellt haben, sehr neugierig bin, will ich mehr über sie erfahren.«

Kieran schüttelt lachend den Kopf. »Tut mir leid, aber ich kann Ihnen da nicht weiterhelfen.«

»Dann haben Sie vor, das Geheimnis genauso für sich zu behalten, wie alle anderen auf dieser Insel?«

Er geht auf eines der Regale zu und zieht ein paar der Buchrücken auf. Ich schlucke erstaunt, als ich erkenne, dass diese Buchrücken keine Buchrücken sind, sondern die Tür zu einem versteckten Fach. »Ein Geheimfach!«, flöte ich.

»Kein Geheimfach, ich hab es Ihnen doch eben gezeigt. Wenn es geheim wäre, hätte ich es nicht geöffnet, solange Sie im Raum sind. Nur das Versteck für eine Flasche Whisky und ein paar Gläser. Möchten Sie auch?«

»Ich trinke eigentlich so gut wie nie, aber warum nicht. Wenn ich Sie mir dadurch erträglicher trinken kann.«

»Das war auch mein Plan.«

»Sie können sich selbst nicht ertragen?«

Er sieht mich an, während er die Flasche aufschraubt. »Ich kann neugierige Frauen nicht ertragen. Aber da Sie wohl keine Ruhe geben werden, dachte ich, ich erzähl Ihnen, was ich weiß, damit wir schnellst möglich wieder dazu übergehen können, uns gegenseitig Beleidigungen an den Kopf zu werfen.«

»Oh«, mache ich gekünstelt, nehme das Glas mit Whisky, das er mir reicht, und proste ihm zu. »Ich mag Sie auch nicht, also kein Problem.«

Er stellt die Flasche wieder zurück in das Fach, geht um den Schreibtisch herum und setzt sich in den dunkelbraunen Ledersessel dahinter. Sein Blick gleitet über meinen Körper, bleibt an meinen Lippen hängen und verschmilzt dann mit meinem Blick. Und mit verschmelzen meine ich verschmelzen, denn sein Blick ist so heiß, dass er sich in meinen brennt. Er ist gut fünf, vielleicht mehr, Jahre älter als ich. Zumindest hat er die dreißig schon überschritten. Und er wirkt sehr männlich. Wisst ihr, was ich meine? Diese Art von Mann, bei der man das Gefühl hat, sie wären gerade aus der Wildnis gekommen: rau, dunkel, erotisch und geheimnisvoll. Ich muss ein Seufzen unterdrücken.

»Also, ich kann Ihnen nicht sagen, warum die Chronik nicht weitergeführt wurde. Ich kann Ihnen gar nichts sagen. Auf dieser Insel bin ich genauso fremd wie Sie.«

Ich runzle ungläubig die Stirn. »Aber Sie sind doch hier geboren und Sie haben dieses Anwesen geerbt, oder nicht?« Ich nippe an dem Whisky und kämpfe den Husten herunter, der sich beim ersten Schluck ankündigt.

»Ja, das stimmt. Aber ich bin in Glasgow bei meiner Mutter aufgewachsen. Meine Eltern waren geschieden.«

»Dann wissen Sie gar nichts über Isobel und wie sie gestorben ist?«

Er schüttelt zufrieden den Kopf. Der Ausdruck in seinem Gesicht sagt mir, dass er glücklich damit ist, meine Neugier enttäuschen zu können. Ich kneife verärgert die Lippen zusammen. »Nicht mehr, als jeder Tourist hier auch. Und ich bezweifle, dass es da viel mehr gibt.«

Ich trete an den Schreibtisch heran und ziehe die Kopie des Artikels aus der Tasche meiner Jeans. Ich falte sie auseinander und lege sie vor Kieran auf den Tisch. Dann tippe ich mit dem Finger auf die Taschenuhr. »Sehen Sie das?«

Er beugt sich über das Bild, ich nehme eine Lupe aus einem Becher mit allerlei Stiften und Scheren und halte sie ihm hin. »Das ist eine Herrenuhr«, sage ich ernst. »Und sagen Sie jetzt nicht auch noch, dass sie ihrem Liebsten gehört hat. Der hätte sich so eine Uhr nicht leisten können.«

»Sie glauben also, sie ist gestoßen worden.« Er sieht zu mir auf und ich erkenne sofort, dass ich sein Interesse habe. Er ist genauso neugierig wie ich.

»Ich bin mir sogar sicher.«

»Und Sie denken, ich könnte etwas wissen oder herausfinden? Keine Chance. Ich wohne seit etwa sechs Monaten hier und hab es zu kaum mehr als einem Guten Tag geschafft. Die Menschen hier sind Fremden gegenüber sehr verschlossen. Sie wirken zwar nach außen hin freundlich und behandeln Gäste sehr gut, aber Sie werden es schwer haben, hier Anschluss zu finden, wenn Sie nicht von dieser Insel stammen.«

Ich lasse enttäuscht die Schultern hängen. Das bedeutet wohl, ich werde aus den Anwohnern hier überhaupt nichts herausbekommen, selbst wenn sie mehr wissen, als sie zugeben. Ich werfe Kieran ein freches Lächeln zu. »Dann sollten Sie sich vielleicht anstrengen, weniger sauertöpfisch herumrennen und sich besser integrieren. Schließlich wollen Sie hier leben.«

»Zufällig genieße ich mein Einsiedlerleben.«

»Sie kommen mir nicht vor wie jemand, der es genießt allein zu sein.«

Er trinkt sein Glas mit einem Schluck aus und knallt es heftig auf den Tisch. »Wie komme ich Ihnen denn vor?«

»Wie jemand, der dieses Leben erst kürzlich gewählt hat, weil er vor etwas davon läuft.«

»Und was macht Sie da so sicher?«

Sicher macht mich da gar nichts, aber ich verfüge über eine gute Menschenkenntnis. Die ist hilfreich in meinem Beruf. Und wenn ich Kieran McDougal ansehe, dann sehe ich einen Mann mit Machtposition vor mir. Jemanden, der die Menschen um sich herum nur mit einem Blick kontrollieren kann. Jemand, der diese Macht über andere sogar genießt. Zumindest genossen hat. Und ich sehe keinen Einsiedler, der die Einsamkeit bevorzugt. »Ihr arrogantes und selbstverliebtes Auftreten und die Art und Weise, wie Sie andere Menschen von oben herab behandeln.«

»Ich behandele Sie in keinster Weise von oben herab.«

»Oh doch, das tun Sie. Sie merken es nur nicht, weil Sie schon zu sehr mit dieser Rolle verwachsen sind«, sage ich und stütze mich mit beiden Händen auf der Tischplatte ab. Mein Puls rast vor Aufregung und auch ein bisschen vor Angst, weil ich eigentlich nicht so mit anderen Menschen rede. Er macht das mit mir. Er verändert mich. Nein, er zwingt mich dazu, so zu reden. Nur so kann ich ihn dazu bringen, mir zu helfen, denn ich bin sicher, dass die Einheimischen ihm gegenüber offener sein werden als mir gegenüber. Immerhin ist er einer von ihnen. »Was machen Sie beruflich? Ich wette, Sie sind in irgendeiner Führungsposition. Immerhin können Sie es sich erlauben, hier zu leben, obwohl Ihre Arbeit wahrscheinlich irgendwo anders ist. Glasgow?«

Er lehnt sich in den Sessel zurück und lässt die angespannten Schultern sinken. Seine Hände liegen auf den Armlehnen. Ich riskiere einen genaueren Blick auf seine Finger. Sie sind lang, die Nägel gepflegt. Trotzdem wirken seine Hände kraftvoll. »Um genau zu sein, bin ich arbeitslos.«

Ich reiße erschrocken die Augen auf, dann besinne ich mich auf meine eben gemachte Feststellung und darauf, dass seine Kleidung äußerst teuer wirkt. Gestern noch trug er eine Jeans, heute einen feinen schwarzen Anzug. Der Kragen seines weißen Hemdes steht offen. »Das denke ich nicht.«

Er steht auf und geht um den Tisch herum auf die Tür zu. »Wie wäre es mit Abendbrot? Meine Haushälterin hat für uns gekocht, bevor sie gegangen ist.«

Ich folge ihm in eine geräumige Küche auf der anderen Seite der Eingangshalle. Auf einem Tisch für sechs Personen, der in einem abgetrennten Essbereich steht, stehen zwei Teller, Gläser, eine Flasche Rotwein und Keramikschüsseln auf Warmhalteplatten.

»Ich hoffe, Sie mögen Hodge-Podge.«

Hodge-Podge oder auch Kuddelmuddel ist eine schottische Hauptspeise. Ein Eintopf, den auch meine Mutter schon gekocht hat. Ich weiß nicht, ob er erwartet hat, dass ich angewidert reagiere, aber eigentlich mag ich dieses Durcheinander von verschiedenen Gemüsesorten und Fleisch sogar ganz gerne. »Danke, meine Mutter hat das auch schon des Öfteren gekocht.«

Er füllt unsere Teller und Gläser und setzt sich mir gegenüber. Ich bin froh, dass wir nicht an den jeweiligen Enden des Tisches sitzen, sondern an den Seiten. So muss ich nicht über den Tisch schreien, wenn wir uns unterhalten. »Sie glauben also nicht, dass ich arbeitslos bin?«, hakt er nach. Ich schiebe den ersten Bissen in meinen Mund und lasse mir Zeit beim Kauen.

»Nein, denke ich nicht.«

»Ich hatte eine Firma. Aber ich habe sie verkauft. Nun ja, zumindest zum großen Teil. Ein paar Anteile habe ich behalten.«

»Sie hatten eine Firma? Was haben Sie genau gemacht?«

»Sie sind schon wieder neugierig.«

»Ich weiß, und natürlich ist das unhöflich. Nur Amerikaner stören sich nicht an persönlichen Fragen. Hat meine Mutter mir ständig runtergebetet. Aber ich bin wie ich bin und wem es nicht passt, der muss ja meine Fragen nicht beantworten.«

Er lacht und nimmt einen Schluck von seinem Wein. »Kennen sie MyDiarybook

»Dieser Facebook-Abklatsch?«, hake ich nach und sehe ihn ungläubig an.

Er verzieht grimmig das Gesicht. »Genau den. Aber wir waren vor Facebook da. Ich habe die Seite gegründet.«

Ich mustere ihn erstaunt. »Sie sind also ein Nerd? Damit überraschen Sie mich eiskalt.«

»Ja, die wenigsten halten mich für einen langweiligen Computerfuzzi.«

Dafür habe ich ihn wirklich nicht gehalten. Eher für den CEO einer großen Immobilienfirma oder einen Finanzhai. Aber etwas so harmloses wie einen Erfinder einer Community-Seite im Internet, auf der sich wildfremde Menschen private Dinge mitteilen, die sie im realen Leben nie einem Fremden sagen würden. Damit habe ich nicht gerechnet. »Wie kommt es, dass Sie beschlossen haben, sich zurückzuziehen?«

»Sie sehen nicht oft in die Nachrichten, oder?«

»Nein«, bestätige ich. »Die meiste Zeit sitze ich genau wie Sie am PC und arbeite. Nachrichten tun mir nicht gut. Ich will nicht täglich von all dem Hass und der Gewalt auf diesem Planeten hören müssen. Das macht mich depressiv und raubt mir die Kraft, humorvolle Dialoge und Szenen zu schreiben.«

»Das verstehe ich«, sagt er und schenkt uns Wein nach. »Sie sind nicht verheiratet?«

»Um genau zu sein, hängt in meinem Kleiderschrank ein Brautkleid, das ich nicht mehr brauche.«

»Warum?«, fragt er knapp und zieht eine Augenbraue abwartend hoch.

»Mein Verlobter hat erst vor drei Wochen mit mir Schluss gemacht. Per Handynachricht.« Ich sage es gerade heraus und stelle wieder fest, wie wenig es mich berührt, es auszusprechen. Um ehrlich zu mir selbst zu sein, muss ich sogar eingestehen, dass ich, seit ich auf der Insel bin, so gut wie gar nicht mehr an Bill gedacht habe. Sind meine Gefühle für ihn so schnell erloschen? Habe ich ihn überhaupt geliebt? Als wir zusammengekommen sind, waren wir beide erst siebzehn. Wir kennen uns noch aus der Schule. Das liegt mittlerweile so lange zurück, dass ich mir gerade nicht einmal sicher bin, was ich damals für ihn empfunden habe. Hat es in meinem Bauch jemals geflattert, wenn ich ihn angesehen habe? Dieses Flattern, das ein Blick aus den Augen von Kieran McDougal in mir auslöst? »Er hat mich mit meiner Freundin betrogen.«

Kieran sieht verärgert aus, als er mich jetzt ansieht. Seine volle Unterlippe wird zu einer harten Linie und sein Blick, den er mir zuwirft, wird sanfter. »Meine Frau hat mich mit meinem Partner betrogen«, sagt er knapp und kippt seinen Wein runter. »Deswegen hab ich die Firma aufgegeben. Ich hätte es nicht ertragen, die beiden ständig zusammen zu sehen. Nicht, weil ich sie noch liebe, sondern wegen des Verrats. Ich fand es besser zu gehen. Unsere Versammlungen sind in den letzten Monaten nicht so gut gelaufen und es macht keinen guten Eindruck auf künftige Geschäftspartner, wenn sich die Führung einer Firma während eines Treffens die Nasen zu Brei schlägt.«

»Das kann ich mir vorstellen«, pflichte ich ihm bei.

»Wie lange waren Sie mit Ihrem Verlobten zusammen?«

»Wir sind mit siebzehn zusammen gekommen. Wir sind zusammen aufgewachsen. Die Hochzeit sollte an unserem zehnten Jahrestag stattfinden.«

»So lange war ich mit meiner Frau nicht verheiratet. Nur zwei Jahre. Davor waren wir ein Jahr zusammen.«

»Oh, dann hat sie sich wirklich nicht viel Zeit gelassen. Wie alt sind Sie, wenn ich fragen darf?«

Ein Mundwinkel zuckt, bevor er antwortet. »Warum interessiert Sie das?«

»Ich will Sie nicht daten. Ich bin nur neugierig, immerhin waren Sie Anteilhaber einer großen Firma. Die meisten Menschen, die es so weit schaffen, sind viel älter als Sie.«

»Ich bin viel älter als Sie«, sagt er und zwinkert mir auf eine Weise zu, die sich sofort zwischen meinen Schenkeln manifestiert. Verwirrt senke ich den Blick auf mein Weinglas. Die Stimmung zwischen uns hat sich in den letzten Minuten von frostig hin zu lauwarm geändert, was ich ganz angenehm finde. »Ich mag Ihre Neugier. Sie hat ihren Reiz«, meint er plötzlich und grinst belustigt. »Ich bin fünfunddreißig.«

Ich mustere ihn übertrieben. »Ich hatte Sie älter geschätzt.«

Er verschränkt die Arme vor der breiten Brust. »Hatten Sie nicht.«

Er steht auf und bleibt neben mir stehen. »Ich kann Ihnen den Dachboden zeigen, wenn Sie mögen. Dort oben gibt es eine Menge alter Sachen. Vielleicht finden Sie dort, was Sie suchen.«

»Danke, ich wäre Ihnen dankbar für jede Hilfe. Ich werde mein Bestes geben, um herauszufinden, wessen Uhr das in Isobels Hand ist.« Er grinst und nickt.

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