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Auf dem Meeresboden

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Schwerfällig, die mit Blei belasteten Füße nach sich schleifend, schleppte sich Richard über die Plattform bis an den Rand und ließ sich dort, von der Vollkommenheit seines Kostümes überzeugt, ins Wasser plumpsen.

Jetzt war er in seinem Element, und so, wie augenblicklich ihm, mochte einem Vogel zu Mute sein, dem die Schwungfedern verschnitten sind und dem sie nun durch ein Zauberwort plötzlich wieder nachwachsen, daß er sich in die Lüfte schwingen kann. Jedes Gefühl von Schwere war verschwunden, mit Leichtigkeit konnte Richard, während er immer tiefer sank, seine Füße heben. Der Luftapparat funktionierte tadellos. Richard fühlte nichts von einem zunehmenden Drucke, spürte kein Sausen in den Ohren. Plötzlich bremste er seinen Fall, indem er sein Kostüm, das ihm zugleich gewissermaßen als Schwimmblase diente, mit Luft füllte, dann ließ er sich wieder nach oben steigen und abermals sinken, beobachtete, wie das blaue Licht immer mehr abnahm, und las die Tiefen auf seinem Instrumente.

20 Meter – 21 – 22 – 25 Meter – – – Da glaubte Richard, etwas unter sich auftauchen zu sehen. – Nun sank er noch 4 Meter tiefer, und – fühlte Boden unter den Füßen! Doch nein, er stand nur auf einem riesigen, ungefähr 3 Meter hohen Pilze, von dem er erst herabspringen, das heißt, langsam herabschweben mußte, um nun, umgeben von der unterseeischen Flora und Fauna, in einer Tiefe von 32 Metern auf dem wirklichen, mit Muschelkalk bedeckten Meeresboden zu stehen!

Das Wasser war äußerst klar, die Sonne stand gerade im Zenith, und so konnte er seine Umgebung auf einen Umkreis von etwa 10 Metern in einem bläulichen Lichte überschauen! Wäre es aber auch ganz dunkel gewesen, er besaß ein Mittel, um, ohne seine Lampe zu Hilfe zu nehmen, immer einen hellen Lichtschein rund um sich zu verbreiten.

Hier war das Reich der Koralle, und überall hatte sie seltsame Gebilde, Häuser, Grotten und Bäume mit den feinsten Aestchen geschaffen; wundersame Seegewächse aber wucherten überall üppig in Knollen, Blumen, breiten Blättern und langen Halmen, die kerzengerade in die Höhe standen und eine bunte Farbenpracht oder ein eintöniges Dunkelgrün zeigten, dazwischen spielten Fische und krochen Schnecken, während festgewachsene Muscheln auf- und zuklappten und kleine Polypen von glühenden Farben, mit ihren vielen Armen nach Beute greifend, spielten.

Auch hier in der ewigen Stille, die kein Sturm aufrühren konnte, herrschte der Kampf ums Dasein, fraß eins das andere auf.

Der riesige Pilz war ebenfalls eine Korallenformation, eines jener Gebilde, welche die Schiffer in der Nähe der Küste so fürchten. Kommt nämlich ein Anker unter solch einen Pilz, daß er sich oben am Dache verfängt, so vermag ihn keine Dampfkraft wieder heraufzuwinden, denn der Stengel bricht, obgleich er nur so stark wie ein Männerschenkel ist, nicht ab; viel eher reißt die Eisenkette oder könnte der Dampfer sich selbst hinabziehen. Ist der Korallenpilz aber für den Taucher zu tief, so ist der Anker verloren.

Richard that wirklich ein gutes Werk, indem er einmal die Explosion einer Dynamitpatrone hier unten an einem dieser Pilze probieren wollte und zu diesem Zwecke eine solche in eine kleine Höhlung des Stammes schob, den Leitungsdraht daranlegte und einen elekrischen Funken in die Patrone springen ließ. Er blieb übrigens ruhig dicht daneben stehen, denn daß für ihn bei dieser Sprengung keine Gefahr vorhanden war, wußte er schon als erfahrener Ingenieur, der sich mit Experimenten unter Wasser vielfach beschäftigt hatte.

Kaum war die Explosion erfolgt, so brach der Stamm ab, der Pilz fiel langsam um, ein paar große Gasblasen stiegen in die Höhe, das war aber auch alles. Keine Detonation, keine Wassererschütterung, nichts von alledem erfolgt. Und doch war die Explosion hier unten ganz die gleiche wie oben, nur daß die Begleiterscheinungen derselben fehlten.

Da tauchte in der Dämmerung außerhalb des helleren Sehkreises plötzlich etwas Großes auf und zunächst wurden zwei unheimlich starre Augen, dann ein fürchterliches Gebiß sichtbar. Ah, da näherte sich also schon das erste Abenteuer in Gestalt eines riesigen Haifisches!

Richards Nerven begannen zu zittern, als die Hyäne des Meeres direkt auf ihn zuschwamm. Furcht aber war es nicht, die ihn erfüllte, sondern nur Spannung, und ruhig löste er die lange Pistole vom Gürtel, die ja eine weit furchtbarere Waffe war, als dieser von spitzen Zähnen starrende Rachen des Haifisches der jetzt langsam ohne Flossenbewegung herantrieb und direkt vor Richard stehen blieb, um mit den phosphorescierenden Augen durch das Fenster dem Knaben ins Gesicht zu starren. Kein erfahrener Taucher fürchtet überhaupt die Begegnung mit einem Haifische; höchstens gebraucht er die Vorsicht, die unbedeckten Hände hinter dem Rücken verborgen zu halten, um die Fleischgelüste des Raubtieres nicht zu erregen. Alle haarsträubenden Geschichten von Kämpfen zwischen Tauchern und Haifischen sind reine Fabeln, wie die Gefährlichkeit der Tiere überhaupt sehr übertrieben wird. Etwas anderes freilich ist es, wenn ein Mensch über Bord zwischen die Haifische fällt.

Richard hob also die Pistole; allein schon bei dem ersten Ansatze zu dieser Bewegung schoß das Tier erschrocken davon. Doch da kam es bereits wieder zurück. Aber nein, das mußte wohl ein anderer Haifisch sein, der den Gegenstand seiner Neugierde näher betrachten wollte.

Jetzt lag die Pistole bereits im Anschlage, und plötzlich drückte Richard, der das Tier auf fünf Meter herankommen ließ, ab. Sofort entstand im Wasser ein Weg von Luftbläschen, dann traf die Glaskugel den Leib – der Haifisch war verschwunden und in Stücke und Fetzen zerrissen, die langsam, daß Wasser rötend, nach oben trieben!

Die Ansiedlung auf dem Meeresgrunde

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