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Kapitel 2

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September 1989

Rawanni, inzwischen 16 und zu einer exotischen Schönheit herangewachsen, erregte nicht wenige Männerherzen. Sie wirkte mit ihrer erotischen Weiblichkeit wesentlich älter und besaß neben ihrer Größe von einem Meter fünfundsiebzig perfekte Modelmaße. Ihr durchtrainierter geschmeidiger Körper hatte etwas Raubtierhaftes an sich und ihr leiser Gang wirkte fast schwebend. Um ihre bronzefarbene samtige Haut beneideten sie viele. Die glatten schwarzen Haare, über die ein feiner Schleier aus dunkelblauer Seide zu schimmern schien, ergossen sich bis hinab über ihre Schulterblätter. Die einstmals hüftlangen Haare hatte Peggy ihr bis zur Hälfte gestutzt, aber sie waren immer noch eine üppige Pracht, in die jeder Mann versucht war hineinzugreifen, um mit den samtigen Strähnen zu spielen. Für ihr Volk galten lange Haaren schon immer als ein besonderer Schmuck, auf den jeder, egal ob Mann oder Frau, stolz war. Doch viele männliche Indianer hatten sich heute von dieser Tradition verabschiedet und sich dem Haarschnitt der Weißen angepasst. Ihre Gesichtszüge waren ebenmäßig geformt, mit hohen Wangenknochen, einem kleinen runden Kinn und einer scharf geschnittenen Nase. Dunkle Brauen wölbten sich in einem sanften Bogen über ihre großen schwarzen Augen, in denen die Pupillen nur zu erahnen waren, und die einem tiefen unergründlichen See glichen, umrahmt von langen, dichten Wimpern. Manchmal leuchteten sie feurig, besonders wenn sie wütend war. Ihr schönstes Merkmal waren ihre vollen, sinnlichen Lippen, die jeder Mann gerne geküsst hätte, wie Pete und Dan übereinstimmend meinten. Ihr Busen war fest und wohlgeformt, nicht übermäßig groß, aber für eine Männerhand sehr handlich, wie Pete und Dan auch hierbei ihr professionelles Urteil abgaben, obwohl sie nur Mutmaßungen anstellen konnten, da Rawanni selbst beim Schwimmen nur einen hochgeschlossenen Badeanzug trug. Die darunter abgezeichneten Rundungen waren alles, was die beiden zu sehen bekamen. Neben all diesen Äußerlichkeiten besaß sie eine enorme Ausstrahlung, die jeden automatisch in ihren Bann zog. Doch manchmal verschwand ihre weiche Seite vollständig, dann wirkte sie wie eine totbringende Kriegerin, bereit es mit jedem Gegner aufzunehmen. Bisher hatten diese Seite nur Jerry und seine Kumpanen vor zwei Jahren kennengelernt, ansonsten war sie der friedliebendste Mensch auf Erden und kam mit allen gut aus.

Doch mit all diesen außergewöhnlichen körperlichen Segnungen, für die jede Frau sie beneidet hätte, war Rawanni nicht zufrieden, denn sie fiel auf und das verursachte ihr Unbehagen. Deshalb versteckte sie lieber ihre Reize unter weiter Kleidung. Doch ihr Gesicht konnte sie nicht verstecken und spürte jedes Mal die neugierigen Blicke, besonders die der Männer, in denen sie Begehrlichkeiten las.

Sie selbst interessierte sich nicht für Männer und diese fordernden Blicke waren ihr immer unangenehm. Verwundert sah sie auf den Straßen die jungen Mädchen, die mit hautengen Jeans oder Röcken, die kurz unterm Po endeten, herumliefen, knappe Oberteile, die für jeden den Blick auf Busen und Bauchnabel preisgaben. Ihre ganzen Bewegungen zielten offenbar darauf ab, die Jungs scharfzumachen. Nein, das war ganz und gar nicht ihre Art.

Peggy erklärte ihr, mit Beginn der Pubertät wäre es normal, wenn Mädchen und Jungen dem anderen Geschlecht gefallen wollten und sich daher auffallender anzögen. Mit 15, 16 hatten viele schon einen festen Freund, manche auch schon ihre ersten sexuellen Erfahrungen. Peggy gehörte zwar nicht zu den Menschen, die unbedingt darauf bestanden mit dem Sex bis zur Ehe zu warten, aber man sollte zumindest über eine gewisse Reife verfügen. Sex war nicht einfach ein Spiel. Es konnten dabei die Gefühle eines Menschen verletzt werden, daher sollte man mit seinem Partner erst dann körperlich intim sein, wenn Liebe im Spiel war.

Rawanni hörte Peggy aufmerksam zu und teilte ihre Meinung, aber diese Empfindungen für einen Jungen lagen bei ihr noch in zu weiter Ferne, um sich jetzt darüber Gedanken zu machen.

Peggy machte sich etwas Sorgen über Rawannis mangelndes Interesse am anderen Geschlecht, aber vielleicht lag es auch nur daran, dass sie Jungs in ihrem Alter bisher noch nicht kennengelernt hatte. Das würde sich bald ändern und damit sicherlich auch ihr Interesse an der männlichen Spezies, denn morgen begann ihr erster Schultag.


Peggy musste an diesem Morgen tief Luft holen, als sie Rawanni sah, die ihre schönen Haare zu zwei Zöpfen geflochten hatte. Außerdem trug sie ein weites Flanellhemd, das über ihrer Jeans hing und den Blick auf ihren schönen Hintern verwehrte.

„So wirst du aber keinen Jungen kennenlernen“, stellte Peggy mit krauser Stirn fest.

„Das will ich auch nicht“, erklärte Rawanni energisch, „ich gehe schließlich zur Schule um etwas zu lernen und suche keinen Heiratskandidaten. Ich will meine Zeit nicht mit Jungs die mir nachsteigen vergeuden.“

Peggy gab auf, Rawanni hatte ihren Dickkopf und ihre Prinzipien. Aber vielleicht würden die Dinge auch von selbst ihren Lauf nehmen. Peggy seufzte vernehmlich und wünschte ihr alles Gute für den ersten Schultag.

Jeff wartete bereits vor dem Haus im Wagen auf sie, um sie persönlich zur Highschool zu fahren. Pete und Dan standen ebenfalls an der Straße, um ihr Glück zu wünschen.

Ihr Magen zog sich nervös zusammen, als sie wenig später allein vor dem alten Gebäudekomplex stand, der in einem Vorort von Denver lag. Man sah dem in die Jahre gekommenen, dreigeschossigen Bau aus rotem Backstein an, dass er dringend einer Renovierung bedurfte, aber es fehlte offenbar an Geld. Zum größten Teil besuchten Schüler aus weniger begüterten Familien diese Schule und das Gewaltpotenzial war entsprechend hoch. Jeff hatte sich um eine andere Highschool bemüht, aber keine wollte Rawanni wegen ihrer indianischen Herkunft aufnehmen. Eine Privatschule, die er gerne bezahlt hätte, lehnte Rawanni selbst strikt ab.

Sie umklammerte ihre Tasche mit den neuen Schulbüchern fester als notwendig, während sie ehrfürchtig die breiten Stufen zum Haupteingang hinauf schritt. Schüler eilten laut erzählend oder lachend an ihr vorbei, wie eine Woge, die tosend über sie hinwegrollte. Manche stießen sie unbeabsichtigt an, weil sie nicht in der Woge mitschwamm. Alles war für sie sehr irritierend.

Es war der erste Schultag nach den Sommerferien und der Beginn eines neuen Schuljahres. Sie ging zunächst zum Sekretariat, um sich zu melden. Die nette ältere Dame hinter dem Schreibtisch bat sie, auf den Lehrer Mr Long zu warten. Wenig später trat ein Mann, Mitte 50, mittelgroß und schlank, auf sie zu. Seine Brille hing auf der Nasenspitze und seine gutmütigen Augen blickten sie mit einem sanften Lächeln darüber hinweg an, als er ihr die warme Hand reichte.

„Guten Tag. Ich nehme an Sie sind Miss Rawanni, die neue Schülerin?“

„Ja, guten Tag.“ Sie schüttelte seine dargebotene Hand.

„Mein Name ist Bill Long und ich unterrichte Englisch, Geschichte und Politik. Darf ich Sie duzen? So handhabe ich das mit allen meinen Schülern, es ist persönlicher.“

„Ja, gerne.“

„Komm, ich bringe dich zu deinem Klassenraum.“

Rawanni schritt neben ihm her und warf einen kurzen Blick auf sein Profil, das sehr markant wirkte.

Viele Furchen waren im Laufe der Zeit in sein Gesicht gemeißelt worden; Spuren, die sein aufreibender und manchmal auch frustrierender Job hinterlassen hatte, was nicht an der eigentlichen Tätigkeit als Lehrer lag, sondern an den Jugendlichen, die immer seltener Respekt vor ihren Lehrern zeigten. Nicht wenige Kollegen hatten resigniert aufgegeben und sich zu einer anderen Schule versetzen lassen oder waren sogar vorzeitig aus dem Dienst geschieden, weil sie nervlich am Ende waren. Die Jugendlichen zeigten sehr deutlich, wie wenig Lust sie zum Lernen hatten, indem sie den Lehrern nicht zuhörten, sich während des Unterrichts unterhielten oder ganz einfach gar nicht erst erschienen. Das Schlimmste war jedoch die enorme Gewaltbereitschaft. Die Jugendlichen kamen oft aus zerrütteten Familien, in denen sich niemand um sie kümmerte. Deshalb suchten sie Gleichgesinnte und organisierten sich in Banden, die nicht selten kriminelle Delikte begingen. Der Dekan hatte im vorigen Jahr bei einer Durchsuchung der Schüler durch die Polizei zahlreiche Waffen der verschiedensten Art zusammentragen lassen. Alle waren aufgerüttelt worden, aber nichts hatte sich geändert; die Kids besorgten sich kurzerhand neue Waffen.

Bill Long hatte sich geschworen, aus diesen Kindern anständige Menschen zu machen, und er war einer der wenigen Lehrer, der am längsten ausgehalten hatte — auch wenn sie ihn schikanierten und sogar bedrohten: er gab nicht auf. Doch manchmal verzweifelte er und fühlte sich auf verlorenem Posten, wenn die Polizei mal wieder eines der Kids festgenommen hatte.

Rawanni ahnte von diesen Verhältnissen zurzeit noch nichts.

„Man hat mir gesagt, du hast noch nie eine Schule besucht?“, fragte er, während sie sich den Weg durch den Strom vorübereilender Schüler bahnten.

„Ja, ich habe das fehlende Wissen allerdings in den letzten zwei Jahren durch einen Privatlehrer nachgeholt und hoffe doch, dem neuen Stoff folgen zu können.“

„Wenn du Schwierigkeiten hast, sag mir Bescheid. Wir können dann Nachhilfestunden arrangieren.“

„Danke.“ Er war ausgesprochen nett und sie fühlte sich erleichtert jemanden zu haben, den sie um Hilfe bitten konnte.

Bill Long erwähnte ihr gegenüber nicht seine Besorgnis, bezüglich ihrer Herkunft. Man hatte ihn zuvor darüber informiert. Es gab zwar an dieser Schule auch Schüler anderer Rassen — etwa ein Drittel hispanischer Herkunft und zehn Prozent Schwarze — aber keine Indianer, und die Rassendiskriminierung war in den Vereinigten Staaten noch immer nicht aus den Köpfen verbannt.

Sie erreichten das Klassenzimmer im zweiten Stock. Überall in den Gängen standen Wandschränke, in denen jeder Schüler seinen eigenen Spind besaß und seine Sachen unterbringen konnte. Long zeigte ihr ihren Spind, der mit einem Zahlenschloss versehen war, die Kombination hatte man ihr bereits im Sekretariat mitgeteilt.

Er betrat mit ihr den Klassenraum, Lärm brandete ihnen ohrenbetäubend entgegen. Die Schüler dieser Klasse waren in Rawannis Alter, da der Dekan es für besser hielt sie zusammen mit Gleichaltrigen lernen zu lassen. Sollte sie dem Stoff nicht folgen können war es immer noch möglich, sie in eine untere Klasse zu versetzen.

Alle redeten laut durcheinander und der Lärmpegel übertönte Mr Longs Gruß. Niemand machte Anstalten die Gespräche einzustellen oder sich an seinen Platz zu begeben. Er wurde einfach wie Luft behandelt.

Long warf Rawanni einen entschuldigenden Blick zu. „So geht das hier leider jeden Tag zu.“ Sie verstand seine Worte kaum. Eine Papierkugel flog ihr gerade an den Kopf.

„Guten Morgen“, brüllte Long nochmals gegen die Lärmwand an. „Darf ich um eure Aufmerksamkeit bitten?“

Jemand stieß einen grellen Pfiff aus und augenblicklich verstummten alle. Dieser Pfiff galt allerdings Rawanni und alle Blicke wanderten zu ihr.

„Ich möchte euch Rawanni vorstellen“, sagte Long, als er sicher war, dass alle zuhörten. Niemand gab einen Mucks von sich. „Sie besucht ab heute unsere Schule. Ich bitte euch ihr dabei zu helfen sich hier einzugewöhnen.“

„Aber selbstverständlich“, flötete ein kräftig gebauter Junge. Er stand auf und fuhr sich mit seinen Fingern lässig durch seine mit Gel gestylten schwarzen Haare, während er seine Hüften lasziv hin und her schwang. „Ich stelle mich gern zur Verfügung, damit sich unsere Schöne hier schnell wohlfühlt.“

Alle grölten und trommelten vor Vergnügen auf die Tische.

„Fieco!“, rief Long scharf. „Setz dich! Rawanni, nimm bitte dort neben Sarah Platz.“

Rawanni ging durch den Mittelgang, begleitet von weiteren Pfiffen und obszönen Rufen. Das fing ja gut an. Sie versuchte sie zu ignorieren, setzte sich auf den freien Stuhl neben Sarah und begrüßte sie mit einem freundlichen: „Hallo.“

„Hi“, entgegnete Sarah mit kühl musterndem Blick.

Ein Junge auf der gegenüberliegenden Seite des Ganges drehte sich zu ihr und betrachtete sie eingehend. „Du siehst nicht nach hispanischer Herkunft aus.“

„Nein, ich bin Indianerin.“

„Hey, Long, seit wann dürfen denn dreckige Rothäute auf unsere Schule?“, blökte er zu ihm hinüber, ohne den aufdringlichen Blick von ihr zu wenden. „Bleibt auf euren eigenen Schulen.“ Er trug ein schwarzes ärmelloses Hemd, auf dem rechten Oberarm prangte eine schwarz-rote Drachentätowierung. Das Hemd hing halb offen über der schwarzen Lederhose und auf seiner Brust baumelte an einer großgliedrigen Kette eine fünf Zentimeter große metallene Scheibe, in der das filigrane Gebilde eines Drachens eingearbeitet war.

Long trat einige Schritte auf ihn zu, wütend und erbost über diese Äußerung. „Shaco, für diese Worte entschuldige dich bei Rawanni. Deine Vorfahren sind nicht einmal in diesem Land geboren, genauso wenig wie unser aller Vorfahren, also hast du kaum ein Recht sie zu verurteilen, nur weil sie Uramerikanerin ist. Wir haben im Unterricht dieses Thema doch sehr ausführlich behandelt. Hast du daraus nichts gelernt?“

„Oh, doch“, entgegnete Shaco frech und blickte geringschätzig zu Rawanni hinüber, „wir sind die stärkere und bessere Rasse. Das beweist doch allein unsere größere Anzahl, wir haben uns in der Evolution durchgesetzt. Die Indianer sollten besser ganz verschwinden.“

„Und du glaubst, du bist besser?“, fragte Rawanni ruhig und sah ihm dabei fest in die Augen.

„Allerdings, aber vielleicht bist du ja im Bett besser. Wir können das nachher gerne testen.“ Er zwinkerte ihr vielsagend zu.

„Schluss jetzt!“, bellte Long dazwischen. „Wir wollen endlich mit dem Unterricht anfangen.“

Long war nicht gerade begeistert über die Reaktion, die Rawanni ausgelöst hatte, und befürchtete baldigen Ärger — aber weniger wegen ihrer Herkunft, sondern eher wegen ihres außergewöhnlich guten Aussehens. Obwohl sie sich nicht aufreizend anzog, wie die anderen Mädchen, lag allein in ihrem Gesicht eine Herausforderung für jeden Jungen.


Während des Vormittags spürte Rawanni immer wieder die Blicke der anderen, besonders die eines Jungen, der in der letzten Reihe schräg hinter ihr saß. Sein glattes, blondes Haar war sehr hell und im Nacken kurz geschnitten, das streichholzkurze Deckhaar stand kraus durcheinander, einige Strähnen hingen ihm frech in die Stirn. Er war groß gewachsen, hatte breite Schultern, eine schlanke Taille und trug zu seinen verwaschenen Jeans ein einfaches kariertes Hemd, dessen hochgekrempelte Ärmel einen kräftigen Bizeps erkennen ließen. Er wirkte neben den anderen Jungen, die sich äußerlich aufgemotzter präsentierten, recht schlicht und irgendwie nicht zu ihnen gehörend. Seine Gesichtszüge erschienen ihr in gewisser Weise vertraut, als ob sie ihm bereits einmal begegnet wäre, aber das konnte ja nicht sein. Er hieß Jimmy Dohan und musterte sie mit seinen blauen Augen neugierig, aber nicht anzüglich, wie die meisten der anderen.

Von Sarah wurde sie wie Luft behandelt. Hilfe könnte sie kaum von ihr erwarten. In den Pausen behandelten auch die anderen Mädchen sie nicht anders und steckten tuschelnd ihre Köpfe zusammen. Niemand wollte mit ihr ein Gespräch beginnen, man musterte sie nur abschätzend aus einiger Entfernung, wie von einer ansteckenden Krankheit befallenen Aussätzigen.

Anders verhielten sich dagegen die männlichen Mitschüler. Sie zeigten bereits in der Mittagspause, in der Rawanni sich an einen der leeren Tische in der Kantine gesetzt hatte, ihr offenkundiges Interesse.

Shaco steuerte mit seinen drei Freunden auf sie zu, schob mit dem Fuß ungefragt den Stuhl links neben ihr zurück, stellte sein Tablett auf den Tisch und setzte sich so dicht an sie heran, dass sich ihre Oberschenkel berührten, dabei blieb sein Blick ständig auf sie gerichtet. Ein Junge setzte sich rechts von ihr, die anderen beiden nahmen die Plätze ihr gegenüber ein. Sie trugen alle die gleichen schwarzen Lederjacken, auf deren Rücken rotgelbe, Feuer speiende Drachenembleme prangten. Niemand sagte etwas. Sie musterten sie, während sie aßen, bewusst aufdringlich. Rawanni widmeten sich unbeeindruckt dem Essen, ließ sogar sein Bein an ihrem lehnen, was vielleicht nicht gerade klug war, denn Shaco wurde frecher und legte seine Hand auf ihren Oberschenkel. Noch rührte sie sich nicht. Seine Hand schob sich langsam höher, während er genau ihr Gesicht beobachtete. Die anderen glucksten in sich hinein.

„Würdest du bitte deine Hand da wegnehmen“, gab sie ihm mit absolut ruhiger Stimme zu verstehen, ohne ihn dabei anzusehen.

„Warum? Macht mir aber mächtig Spaß.“

„Aber mir nicht.“ Sie blickte auf ihre Gabel und drehte sie bedächtig langsam herum. „Ich denke, diese Spitzen könnten sehr schmerzhaft sein.“

Shacos Hand zuckte augenblicklich zurück. Sie hielt es für klüger jetzt zu gehen und stand auf, obwohl sie noch nicht zu Ende gegessen hatte. Shaco donnerte seine Faust auf ihr Tablett, gerade als sie es hochheben wollte, der Becher kippte um und der Rest des Inhalts verteilte sich auf dem Tablett.

„Du bist noch nicht fertig“, zischte er scharf.

In diesem Augenblick baute sich Jimmy Dohan mit seiner imposanten Statur vor dem Tischende auf und sah Shaco mit eisiger Kälte an. Er sagte nichts. Shacos Blick wurde unruhig. Er hielt es für besser die Hand zurückzuziehen. Rawanni stand auf und ergriff ihr Tablett, während Jimmy immer noch Shaco anstarrte. Sie suchte sich woanders einen freien Tisch. Jimmy folgte ihr kurz darauf und nahm ihr gegenüber Platz.

„Danke“, sagte sie lächelnd. Dieser Junge machte sie neugierig. Er wirkte nett, doch schienen die anderen großen Respekt vor ihm zu haben. In Shacos Gesicht glaubte sie sogar Angst gesehen zu haben.

„Du wirst von dieser Schule ja bisher noch keinen guten Eindruck gewonnen haben“, meinte er mit einem zauberhaften Lächeln.

„Ich hoffe nur“, entgegnete sie ebenfalls mit einem Lächeln, „es wird sich in den nächsten Tagen bessern.“

„Hm, glaube ich kaum. Shaco sucht immer Ärger, er braucht ihn wie die Luft zum Atmen. Er und seine drei Freunde Kess, Lee und Trey gehören zu den Dragons. Shaco ist ihr Boss.“

„Die Dragons?“

„Ja, eine Straßengang die mit den Snakes in ständigem Krieg liegt. Übrigens ist Fieco deren Anführer.“

„Die zusammen in einer Klasse?“

„Ja. Sie haben das Schulgelände zum neutralen Gebiet erklärt, hier herrscht Waffenstillstand. Aber draußen geht es dann zur Sache.“

„Und du? Gehörst du auch zu einer Gang?“

„Nein“, antwortete er nur knapp.

Aber Rawanni wollte mehr wissen: „Shaco schien Angst vor dir zu haben. Warum?“

Jimmy lehnte sich mit einem amüsierten Grinsen zurück. „Nun, ich habe ihm mal die Fresse poliert, seitdem lässt er mich in Ruhe. Niemand ist vor seinen Schikanen sicher, aber bei mir wagt er es nicht.“

In diesem Augenblick kam ein junges Mädchen in einem knappen Minirock an den Tisch geeilt und lehnte sich mit einem giftigen Blick Richtung Rawanni gegen Jimmys Körper, wobei sie einen Arm um seine Schulter legte. „Hi, Jimmy, ich habe dich gesucht.“

„Hallo, Rachel.“ Er schlang einen Arm um ihre Hüften, während sie ihn demonstrativ küsste.

„Was machst du hier?“ Rachel warf ihre langen blonden Haare affektiert mit einem Schwung nach hinten und blickte eifersüchtig zu Rawanni.

„Das ist Rawanni“, erklärte er. „Sie ist heute den ersten Tag hier und ich habe ihr nur einige Einblicke in unserer Schule gegeben.“

„So! Dann kannst du jetzt ja mitkommen.“

Rachel, die Rawanni nur mit Missachtung strafte, zog Jimmy kurzerhand vom Stuhl hoch. Er warf ihr einen entschuldigenden Blick zu.

„Geh nur“, sagte Rawanni, „ich möchte nicht, dass du wegen mir Ärger bekommst.“

„Lass die Finger von Jimmy, er gehört mir, sonst bekommst du Ärger mit mir, kapiert?“ Rachel zerrte Jimmy hinter sich her.

Rawanni bemerkte nur seinen ungehaltenen Blick, als er sich kurz zu ihr umsah. Des lieben Friedens willen folgte er seiner Freundin ohne zu murren.

Rawanni aß den Rest des kalt gewordenen Essens und brachte dann das Tablett zurück.

Auf dem Weg dorthin überholte Shaco sie und strich dicht an ihr vorbei. „Wir sprechen uns noch“, flüsterte er ihr ins Ohr.

Seine drei Kumpel drehten sich grinsend zu ihr um und warfen ihr schmatzende Luftküsse zu.

Rawanni seufzte. Das würde nicht einfach werden.

Der erste Tag hatte ihr einen groben Eindruck vermittelt, was sie alles noch lernen musste, aber sie wollte es schaffen, allen Widrigkeiten zum Trotz.


Am Nachmittag, nach Unterrichtsende, beeilte sie sich, um Shaco, der in der letzten Stunde einen anderen Kurs besucht hatte, nicht in die Quere zu kommen, doch er wartete bereits am Haupteingang auf sie.

„Hey, wohin so eilig?“ Er stellte sich ihr in den Weg, seine Anhängsel hinter ihm.

„Ich möchte nach Hause“, erklärte sie ruhig. Sie wollte an ihm vorbei, doch er drängte sie gegen die Wand.

„Sei doch ein bisschen nett zu mir!“ Er strich mit dem Rücken des Zeigefingers über ihre Wange.

„Sie mag deine Zudringlichkeiten wohl nicht.“

Shaco wirbelte herum und sah Jimmy, der wie am Mittag völlig ruhig dastand, ohne eine drohende Gebärde zu zeigen. Er war fast einen Kopf größer als Shaco und wirkte allein dadurch schon bedrohlich.

„Misch dich nicht ein“, zischte Shaco ihn an, weil er sich keine Blöße geben wollte.

Mit behänder Geschwindigkeit schoss Jimmy vor, packte ihn am Kragen und zog ihn an sich. Diesmal funkelte sein Blick stahlhart, der Bizeps wölbte sich unter den Rändern der aufgekrempelten Ärmel.

„Ich warne dich, Shaco! Lass sie in Ruhe!“

Shaco schnaufte, traute sich aber nicht, etwas zu erwidern. Jimmy ließ ihn abrupt los und stieß ihn gegen die Wand. Selbst seine Freunde wagten nicht einzuschreiten.

„Geh!“ Dieses eine Wort kam scharf und schneidend.

Shaco stolperte rückwärts zum Ausgang und verschwand eilig mit seinen Freunden. Nicht ein Wort der Drohung kam aus seinem Mund, was mehr als verwunderlich war.

„Jetzt muss ich mich schon wieder bei dir bedanken“, meinte Rawanni und entspannte sich.

„Keine Ursache“, entgegnete Jimmy und zeigte wieder dieses zauberhafte Lächeln. „Aber du solltest dir besser einen Bodyguard zulegen, Shaco scheint es auf dich abgesehen zu haben.“

Rachel schlenderte mit ihren Freundinnen laut plappernd den Gang entlang. Als sie Jimmy wieder bei Rawanni erblickte, hakte sie sich besitzergreifend bei ihm unter, während sie demonstrativ ihren Körper an ihn presste und giftige Blicke auf Rawanni abschoss. Fast rüde zog sie Jimmy weiter.

„Bis morgen“, rief er ihr gerade noch zu, als Rachel ihn energisch durch die Glastür schob.

Rawanni sah, wie Rachel wild gestikulierend mit ihm schimpfte. Sie hatte nicht die Absicht Rachel den Freund auszuspannen, und das sollte sie ihr besser bald klarmachen.


Sie fuhr mit dem Bus nach Hause, wo sie bereits von den anderen neugierig erwartet wurde und jeder sie mit Fragen bestürmte. Sie erzählte ihnen alles, auch die Sache mit Shaco, was die anderen mehr beunruhigte als sie selbst. Doch Typen wie Shaco würden ihr niemals Angst einjagen können. Sie fühlten sich nur stark, wenn sie in Begleitung von Gleichgesinnten Schwächere drangsalieren konnten.

Jeff mahnte zur Vorsicht. Er kannte zwar ihren Mut, den sie vor zwei Jahren schon unter Beweis gestellt hatte, als sie sich Petes Angreifern entgegengestellt hatte, aber Mitglieder von Straßengangs benutzten auch Waffen und Shaco war nicht allein. Er hoffte nur, Rawanni würde sich nicht unvermittelt massiver Gewalt gegenübersehen. Auch wenn sie bereits über das Wissen verschiedener Kampftechniken verfügte, so fehlte ihr doch noch die Erfahrung, um sich gleichzeitig gegen mehrere Gegner zur Wehr zu setzen. Noch war sie keine Polizistin und ein Kampf gegen einen wirklichen Gegner konnte mit einem Trainingskampf kaum verglichen werden.


Die erste Woche verlief verhältnismäßig ruhig. Die Lehrer waren alle okay, der eine mal etwas strenger als der andere, aber alle waren ausgesprochen höflich und hilfsbereit. Rawannis Versuche mit den anderen Mädchen Kontakte zu knüpfen scheiterten kläglich; sie mieden sie weiterhin wie die Pest.

Seit Shaco offenes Interesse an ihr gezeigt hatte, hielten sich alle anderen Jungen von ihr fern. Nur Jimmy wechselte hin und wieder einige Worte mit ihr; er schien aus der Entfernung immer eine schützende Hand über sie zu halten und Shaco damit zunächst von weiteren Zudringlichkeiten abzuhalten. Aber Rawanni glaubte nicht, dass der Respekt, den alle Jimmy entgegenbrachten, allein von seiner körperlichen Stärke herrührte. Shaco wäre ihm mit seinen Leuten doch weit überlegen. Es musste noch etwas anderes geben, was sie davon abhielt gegen ihn vorzugehen. Längere Gespräche mit Jimmy verhinderte regelmäßig Rachel, weil sie in Rawanni eine Rivalin sah.


Zwei Wochen später erkundigte sich Long nach ihren Fortschritten und ob sie in einem Fach Probleme hätte. Er war immer bemüht, benachteiligten Schülern Hilfe anzubieten. Bisher kam Rawanni ganz gut zurecht, aber sie musste dafür auch einiges tun, wobei ihr Pete, Dan, Peggy und Jeff immer hilfreich zur Seite standen.

Wenige Minuten nach ihrem Gespräch mit Long verließ sie das Gebäude. Es war Schulschluss und die meisten Schüler waren bereits gegangen, nur einige standen noch in Grüppchen rauchend und plaudernd zusammen.

In der Nähe des Parkplatzes vernahm sie Geräusche. Sie ging weiter und entdeckte hinter einigen Büschen Shaco und seine drei Freunde, die einen Jungen bedrängten, der nicht älter als 13 oder 14 sein mochte. Shacos Hand klatschte gerade ins Gesicht des verängstigten Burschen, wobei seine Brille auf den Boden fiel.

„Hey“, rief Rawanni und eilte näher, „lass ihn sofort los!“

Shaco sah hoch, hielt den Jungen aber weiterhin an seiner Jacke fest im Griff. Die anderen drei drehten sich zu ihr um, zu allem bereit, was ihr Anführer befehlen würde.

„Lass ihn los!“, wiederholte sie schärfer. „Kannst du dich nur an Schwächeren vergreifen?“

Shaco ließ den Jungen mit einem Ruck zu Boden fallen. Auf seinem Gesicht breitete sich ein gieriges Lächeln aus. Er fand in Rawanni ein vermeintlich neues, willkommenes Opfer. Der Junge stolperte eilig davon als er merkte, dass Shacos Interesse an ihm erloschen war.

„Oh, ich lasse ihn gerne los, denn du interessierst mich weit mehr“, säuselte Shaco süß und näherte sich Rawanni, die reglos stehen blieb und ihm fest in die Augen sah.

„Warum hast du den Jungen geschlagen?“, fragte sie mit ruhiger Stimme.

„Weil es mir Spaß macht.“

Kess, Lee und Trey kicherten und begannen sie einzukreisen. Shaco nahm ihr die Tasche aus der Hand, warf sie beiseite und drängte sie gegen einen Baum.

„Was willst du, Shaco?“ Sie verhielt sich immer noch ruhig, zeigte keine Angst. „Willst du mir jetzt Gewalt antun?“

Seine Augen funkelten verlangend. Er umfasste mit der Hand ihren Nacken und löste mit der anderen das Band, das ihre Haare zusammenhielt. „Ich will dich“, hauchte er voller Erregung, „dein Jimmy kann dir jetzt nicht helfen.“ Er senkte langsam seinen Kopf, um sie zu küssen, während er ihr in die Augen sah.

„Lass es, Shaco!“, zischte sie jetzt scharf und in ihren Augen blitzte es kämpferisch auf.

Er grinste sie nur lüstern an. Diese Gelegenheit wollte er auskosten.

Da rammte Rawanni ihm das Knie zwischen die Beine. Schmerzvoll stöhnte er auf und taumelte zurück. Jetzt zeigte sich, wie gut ihr bisheriges Kampftraining war. Sie wartete nicht, bis er sich erholt hatte, sondern schlug ein zweites Mal zu. Ihre Faust traf gegen sein Kinn, ein kräftiger Tritt holte ihn von den Füßen. Sie wirbelte herum und attackierte nun Kess, der nächste Fußtritt traf Lee. Trey stolperte erschrocken rückwärts und fiel von selbst zu Boden, suchte schließlich das Weite.

Rawanni blieb in Kampfposition stehen und wartete. Kess und Lee rappelten sich wieder auf und blickten zu ihrem Anführer, der sich noch immer von Schmerzen gepeinigt auf dem Boden krümmte und die Hände in seinen Schritt presste.

„Du verstehst wohl nur Gewalt?“, fauchte sie ihn bissig an. „Aber damit bist du bei mir an der falschen Adresse, Shaco. Lass mich in Ruhe, dann können wir auch Freunde werden.“

Niemand sagte etwas und Rawanni entspannte sich wieder. „Und schlage niemals wieder diesen Jungen oder andere“, fügte sie in weit weniger strengem Ton hinzu. Sie hob ihre Tasche auf und drehte sich zum Gehen.

„Du Miststück!“, prustete er wutschnaubend.

Sie lächelte mit sanfter Miene. „Nein Shaco, das bin ich nicht.“ Sie ging.


Bis nach Hause waren es sechs Meilen, die sie diesmal lieber zu Fuß zurücklegte, weil sie sich schlecht fühlte und nachdenken musste. Sie hatte gegen drei Menschen Gewalt angewendet.

Jeff bemerkte gleich ihre gedrückte Stimmung, als sie das Haus betrat, aber Rawanni wollte lieber allein sein und zog sich auf ihr Zimmer zurück.

Als sie nicht zum Abendessen erschien, klopfte Jeff besorgt an ihre Tür. „Rawanni, was ist los?“, fragte er durch die geschlossene Tür. „Wenn du Probleme hast, sprich mit mir. Ich höre dir zu und wir werden eine Lösung finden.“

Sie öffnete die Tür und ging zurück zum Bett. Er setzte sich zu ihr und legte väterlich den Arm um ihre Schulter. Dann erzählte sie ihm das Geschehene.

„Du hast richtig gehandelt“, versuchte er sie zu beruhigen, als sie geendet hatte. „Du hast dem Jungen geholfen, und um dich selbst zu schützen musstest du dich verteidigen. Warum macht dir das zu schaffen?“

„Wenn ich zuschlage, bin ich doch genauso wie er.“

„Nein, das bist du nicht, Rawanni. Er wendet Gewalt aus ganz anderen Motiven an. Ihm macht es Spaß, über andere auf diese Weise Macht auszuüben, er fühlt sich dabei stark. Du hast doch versucht ihn mit Worten davon abzuhalten, es hat nur nichts genützt. Nur ein stärkerer Gegner kann ihn stoppen.“

Rawanni lächelte bitter. „Wie soll ich ihm denn morgen in der Schule gegenübertreten? Soll ich etwa noch einmal zuschlagen?“

„Wenn es sein muss, ja. Trotzdem mahne ich zur Vorsicht. Dieser Shaco ist offenbar nicht zu unterschätzen und er ist nicht allein. Wir könnten ihn allerdings auch wegen versuchter Vergewaltigung festnehmen. Ich überlasse dir die Entscheidung; du wirst schon die richtige treffen, so wie heute auch.“

„Ach Jeff! Was ist, wenn er stärkere Geschütze auffährt?“

„Dann schicke ich dir ein Sonderkommando“, entgegnete er scherzend.

Es beruhigte sie wenig und sie legte seufzend den Kopf an seine Schulter.

„Ich verstehe dich ja“, sagte er, „aber du musst als angehende Polizistin lernen härter zu werden, wenn du dich gegen Verbrecher behaupten willst, sonst wirst du verlieren. Eine gewisse Skrupellosigkeit ist in unserem Beruf notwendig.“

„Aber es muss doch nicht immer mit Gewalt geschehen?“

„Nein, natürlich nicht, aber du musst sie in gewissen Situationen auch einsetzen können, ohne zu zögern. Denn wenn du zögerst, nur weil du Gewalt verhindern willst, könntest du schnell tot sein. Jeder Mensch ist zu Gewalt fähig — der eine mehr, der andere weniger. Die unterschiedlichsten Ereignisse können sie zum Ausbruch bringen. Für einige ist sie manchmal sogar wie eine Sucht, nur durch Gewalt können sie sich selbst befriedigen, ihr Selbstwertgefühl steigern. Zu diesen Menschen gehört wahrscheinlich auch Shaco. Durch Gewalt fühlt er sich stark. Die Gründe dafür können bereits in seiner frühen Kindheit liegen. Vielleicht wurde er von seinem Vater geschlagen.“

„Musstest du schon einmal Gewalt anwenden?“

„Ja, in meinen ersten Jahren, als ich im Außendienst tätig war. Ich hatte einen Mann gestellt, der kurz zuvor seine Frau getötet hatte. Ich wollte ihn festnehmen, als er plötzlich einen versteckten Revolver an seinem Fußgelenk hervorzog. Ich schoss einen Bruchteil früher und traf ihn tödlich. Hinterher war ich so fertig, dass ich tagelang nicht schlafen konnte. Ich musste danach zum Polizeipsychologen, was in solchen Fällen immer obligatorisch ist. Ich glaube, ohne die Hilfe des Arztes hätte ich dieses Trauma nicht überwunden. Als Polizist muss man natürlich ständig aufpassen, sein eigenes Gewaltpotenzial unter Kontrolle zu halten. Man kann nicht einfach zuschlagen, nur weil einen ein Verbrecher in Rage gebracht hat, dann wäre man nicht besser als die. Bei Benutzung einer Schusswaffe ist dies umso wichtiger. Selbst Gewalt anzuwenden, ist aber leider nicht immer vermeidbar.“

Rawanni lehnte wieder gedankenversunken den Kopf an seine Schulter.

„Hey, du wirst schon das Richtige tun. Ich kenne dich inzwischen gut genug. Dass du dir darüber Gedanken machst, ist ein wichtiger Prozess. Die angewandte Gewalt wird für dich niemals zur Selbstverständlichkeit werden. Trete Shaco morgen selbstbewusst gegenüber, zeige keine Angst oder Unsicherheit, vielleicht beeindruckt es ihn genug, um dich in Ruhe zu lassen. Und jetzt komm runter, Grace wartet bereits mit dem Essen. Sie wird sonst mit uns schimpfen, wenn es kalt wird.“

Rawanni und der Drogenboss

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