Читать книгу Isst Deine Kleine noch... oder hungert sie schon? - Emma Steinhauser - Страница 3
Liebe Eltern,
Оглавлениеdieser Brief richtet sich nicht an die alleinerziehenden Mütter, die nicht genug Essen für ihre Kinder kaufen können, weil die Miete sehr hoch ist und sie nicht wissen, wie sie mit dem zur Verfügung stehenden Geld bis zum Monatsende kommen sollen.
Er richtet sich auch nicht an Eltern von Kindern, die aufgrund von organischen Problemen, einer erkennbaren Neigung zur Fettleibigkeit oder Krankheiten nicht so essen können oder dürfen, wie sie wollen.
Er richtet sich an Eltern von schlanken Kindern vor der Pubertät, die nicht mehr essen wollen und keiner versteht, warum.
Also noch einmal von vorne:
Liebe Eltern von organisch gesunden, schlanken Kindern vor der Pubertät, die sich Nahrungsmittel leisten können!
Sie haben sich darauf verlassen, dass Ihr Kind nach Bedarf isst? Dass es seinen Hunger stillt, wenn es ihn spürt und dieser Hunger automatisch groß ist, sobald sich ein Wachstumsschub ankündigt? Kein Problem. Das ist eine gesunde Einstellung mit Vertrauen in die Natur der Dinge.
Bei einem Jungen, nennen wir ihn Max, funktioniert das etwa so: Er hat seine „Schnitzelwochen“. Immer, wenn ein paar Zentimeter Wachstum anstehen, antwortet er auf die Frage: „Was möchtest du nächste Woche mal wieder alles essen?“ mit „Schnitzel!“. Das sind dann größere Mengen und die völlig zurecht. Er braucht sie.
Bei einem Mädchen, nennen wir sie Anna, würden Sie vielleicht sagen: Ja, so hat sie auch einmal gegessen. Natürlich kleinere Mengen, sie war ja schließlich jünger und kleiner. Zart wie ein Mädchen eben. Nicht mit 4 Kilogramm ins Leben gestartet, sondern nur mit 3, und sie war bei der Geburt auch drei Zentimeter kleiner als ein Junge. Ganz natürlich eben. Wenn sich das aber verändert, könnte etwas dahinter stecken.
Fakt ist: Wenn beide Eltern nicht zu Übergewicht neigen, normale Mengen „gesunder“ Nahrungsmittel essen, nie Diäten halten oder einen besonders achtsamen Umgang mit der Körpergewichtswaage pflegen, muss man über Quellen für Verhaltensänderungen nachdenken.
Stellen wir uns folgendes Szenario vor: Die Kleine, eine auch sonst recht willensstarke Persönlichkeit, pinnt mit knapp sechs Jahren eines Tages die Ernährungspyramide an den Kühlschrank und von Stund an wird alles anders:
„Fleisch ist weit oben und wenn man Fleisch isst, sterben Tiere. Ich mag kein Fleisch mehr.“
„Süßigkeiten stehen ganz oben in der Pyramide, die sind ungesund. Wir dürfen nur so viel essen, wie in eine Hand passt.“
„Im Fruchtjoghurt ist zu viel Zucker drin. Aber den weißen mag ich nicht.“
usw.
Plötzlich treten da also Weisheiten gegen Übergewicht in Ihr Leben, von denen Sie nicht genau wissen, wer sie in dieses kleine Gehirn getrichtert hat.
Genau das haben wir erlebt und auch den Zeitsprung: Fünf Jahre nach dieser Vorschul-Ernährungserziehung war unsere Tochter dann soweit, dass der Kinderarzt ganz plötzlich von einer therapiebedürftigen Essstörung sprach.
Und natürlich war in unserem Leben so viel passiert, dass sich alles psychisch erklären ließ, und mit elf sei sie durchaus schon in der Vorpubertät.