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Des Teufels goldene Haare

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Eines Burschen Pfiffigkeit setzt dem König Hörner auf

Es war einmal eine arme Frau, die gebar ein Söhnlein mit einer Glückshaut, und der Hebamme gefiel das Knäblein so, dass sie ihm weissagte, es werde einst die Königstochter heiraten. Es trug sich zu, dass bald darauf der König, als einfacher Mann angetan, ins Dorf kam, und er fragte die Leute, was sie vom König hielten. Dazu sagten sie vorsichtshalber gar nichts, und sie erzählten statt dessen, dass in der ärmsten Kate ein Knäblein mit einer Glückshaut geboten sei, dem sei geweissagt worden, es werde einmal die Königstochter heiraten. Übel, übel, dachte der König, ich habe zwar noch keine Tochter, doch was nicht ist, könnte werden, denn meine Gemahlin ist ja sehr jung. Bringe ich das Wurm um die Ecke, so kann es mir niemals Schaden stiften. Also ging er zu den Eltern und sprach: "Gebt mir euren Knaben, er soll keine Not leiden und in die besten Schulen gehen. Als Schmerzensgeld bekommt ihr von mir einen goldenen Batzen." Die Mutter dachte, was könnte einem armen Kind besseres geschehen, als viel zu lernen. Der Vater dachte, ein goldener Batzen ist kein schlechtes Pflaster für Notfälle. Und beide dachten, außerdem hat der Bengel eine Glückhaut, was kann ihm schon Übles geschehen.

Der König tat das Kind in eine Schachtel und ritt damit fort, bis er zu einem tiefen Wasser kam. Da warf er die Schachtel hinein und sprach wohlgelaunt: "Wer ersoffen ist, der kann nicht mehr heiraten." Die Schachtel ging aber nicht unter, sondern schwamm auf dem Wasser wie ein Schiffchen weiter, bis drei Meilen vor die Hauptstadt, wo sie am Wehr einer Wassermühle hängenblieb. Der Müllergeselle zog die Schachtel an Land, denn es konnte wohl ein Schatz darin liegen. Leider war es nur ein wunderschönes, gesundes Knäblein. Erbost wollte der Finder den Findling zurück in den Fluss werfen. Das sah die Müllersfrau, die keine Kinder hatte. Sie nahm den Kleinen an sich, freute sich sehr und sagte, was man so spricht, wenn man keine andere Erklärung hat: "Gott hat ihn uns beschert." Sie pflegte den Findling sorgsam, und er wurde ein prächtiger Bursche. Er liebte die Müllersfrau wie die eigene Mutter, denn sie war seine Retterin. Eigentlich waren alle Frauen Retterinnen. Seine leibliche Mutter hatte ihn aus der Unendlichkeit in die Endlichkeit gerettet, die Hebamme hatte ihn ans Licht gebracht, und die Müllersfrau hatte ihn aus den Pfoten des habgierigen Müllergesellen befreit. So liebte er die Frauen, das spürten sie, und deshalb waren sie gut zu ihm.

Es trug sich zu, dass der König einmal bei einem Gewitter in der Mühle Schutz suchte, und so fragte er die Müllersleute, ob der treffliche Bursch ihr Sohn sei. "Nein", antworteten sie, "er ist ein Findling, er kam damals in einer Schachtel ans Wehr geschwommen, und wir haben ihn an Kindes Statt aufgezogen." Nun wusste der König, wer der junge Glückspilz war, und scheinheilig bat er die Müllersleute, ihn mit einem Brief an die Königin in die Hauptstadt schicken zu dürfen. In dem Brief stand, sobald der Bursche mit diesem Brief angelangt sei, solle er getötet werden.

Der Bursche machte sich auf den Weg, verirrte sich in einem großen Wald, und im Abenddunkel sah er in der Ferne ein Licht. Er ging darauf zu und gelangte an ein Häuschen. In der Stube saß eine alte Frau beim Feuer, und fragte erschrocken: "Wo kommst du her, wo willst du hin?" Der Bursche erzählte alles der Wahrheit gemäß und sie sprach: "Du bist in ein Räuberhaus geraten, wenn sie heimkommen, bringen dich die Räuber um." Sie nahm eine Laterne, zeigte ihm den rechten Weg. So ward er wieder einmal von einer Frau gerettet und kam heil in der Hauptstadt an.

Die Königin, als sie den Brief gelesen hatte, dachte, mein Herr Gemahl wird altersschwach. Wie kann ich einen wildfremden Menschen umbringen lassen, der mir nichts getan hat?

Da ihr der Wildfremde gefiel, sprach sie: "Helfe dem Obergärtner als Gärtnergehilfe, und bringe mir jeden Morgen, Mittag und Abend die Blumen." Es geschah so, und als der Bursche die Abendblumen brachte, verführte ihn die Königin. Es war ihm nicht sehr unrecht, denn sie war eine schöne Frau und wurde vom König arg missachtet. Am nächsten Morgen verführte der Bursche die Königin, am Mittag sie ihn, und so ging das etliche Tage lang. Ei, der Daus, dachte der Bursche, vor den Räubern hat mich die alte Frau gerettet, und vor der Einsamkeit rettet mich eine junge Königin. Da soll einer die Frauen nicht mögen. Leider gibt es noch zu viele im Lande wie den König. Wenn ich König werde, erlasse ich ein Gesetz, Frau und Mann sind gleich. Und wer das Gesetz missachtet, dem wird von Königs wegen der Hintern versohlt.

Die Königin dachte, mein Griesgramgemahl ist ein richtiger Meuchelmörder, und mir will er den Mord anhängen. Am liebsten würde ich ihm Gift in den Schnupftabak tun, aber man soll nicht Gleiches mit Gleichem vergelten. Ich muss von meinem Vertrauten, dem Kämmerer, einen Brief schreiben lassen, worin der König den Burschen als Gärtnergehilfen empfiehlt.

Nach einiger Zeit kam der König zurück und war über den neuen Gärtnergehilfen bass erstaunt. "Wie ist das zugegangen?" fragte er, "ich habe in meinem Brief einen ganz andern Befehl erteilt." Da reichte ihm die Königin den Brief und sagte, er solle selbst sehen, was darin stände. Der König las, und dann schrie er: "Wenn ich den schnappe, der den Brief vertauscht hat, den erwürge ich mit eigenen Händen." Zu dem Gärtnergehilfen sprach er: "Wenn du noch einmal so davonkommen möchtest und nicht magst, dass meiner Gemahlin etwas geschieht, dann hole mir aus der Hölle drei goldene Haare des Teufels." Damit hoffte der König ihn endlich, und für immer loszuwerden. Der Bursche antwortete: "Gern will ich drei Haare des Teufels bringen, damit der Königin nicht eines gekrümmt werde."

Der Weg zum Teufel führte den Burschen durch eine Stadt, wo ihn der Wächter am Tore fragte, ob er vielleicht wisse, warum der Marktbrunnen, aus dem bisher Wein geflossen war, versiegt sei. "Das sollt ihr erfahren", antwortete er, "wartet nur, bis ich wiederkomme."

Am nächsten Stadttor fragte ihn der Wächter, ob er sagen könne, weshalb der Baum vorm Rathaus am Verdorren sei, der vorher goldene Äpfel getragen habe. Der Bursche, in Eile, versprach Bescheid zu geben, wenn er wiederkomme, und als er an einen Fluss kam, fragte ihn der Fährmann, ob er wisse, warum er immerzu hin- und herfahren müsse, ohne je abgelöst zu werden. "Das sollst du erfahren, wenn ich wiederkomme", antwortete der eilige Reisende.

Bald hinter dem Fluss fand er den Eingang zur Hölle. Der Teufel war nicht zu Haus, aber seine Schwiegermutter saß da in einem bequemen Sorgenstuhl. "Was willst du?" fragte sie ihn. "Ich brauche drei goldene Haare von des Teufels Kopf', antwortete er, "andernfalls geht es um den Kopf mit dem goldenen Haar meiner Liebsten." "Potzsapperment", sagte sie, "wenn der Teufel heimkommt und findet dich, so geht dir's an den Kragen; aber um dich frischen Bursch wäre es schade, ich will sehen, dass ich dir helfen kann." Sie verwandelte ihn in eine Ameise und er verbarg sich in den Falten ihres Rocks. Nun hatten sie beide Langeweile und so fragte er, ob sie ihm Rat schenken könne für die drei Fragen, die man ihm unterwegs gestellt habe.

"Ui, sind das heikle Fragen", sagte sie, "aber hab schön acht, was der Teufel spricht, wenn ich ihm die goldenen Haare zupfe."

Der Teufel kam nach Haus und merkte es gleich. "Es riecht nach engelsreiner Unschuldsseele", sagte er, suchte und schnupperte in allen Ecken herum, aber wegen der großen Schlamperei in der Hölle konnte er nichts finden. Nachdem er gegessen und getrunken hatte, war er müde, legte der Schwiegermutter seinen Kopf in den Schoß und sagte, sie solle ihn lausen. Nicht lange, so schlummerte er ein. Da fasste die Alte drei goldene Haare und riss sie aus. "Deibel noch mal!" schrie der Teufel, "was machst du?" - "Ich hatte solch einen verrückten Traum", antwortete die Schwiegermutter, "da hab ich dir in die Haare gefasst." Neugierig gemacht, fragte der Teufel, was sie geträumt habe. Die Schwiegermutter erzählte ihm nun die Erlebnisse des Burschen und stellte die drei Fragen, obwohl sie befürchtete, der Teufel werde sie nicht deuten können. "Alles kleiner Schietkram", prahlte er. "Auf dem Grund des Marktbrunnens sitzt eine dicke Kröte unter einem Stein. Wenn sie mir die zueignen, wird auch wieder Wein fließen." Nun wollte die Alte wissen: "Und das mit dem verdorrenden Apfelbaum?" Der Teufel schnippte verächtlich mit dem Finger. "Die Dämlacks. Unter der Wurzel hausen die Mäuse. Man soll sie fangen und mir einen Kranz aus Mäuseschwänzen darbringen, dann wird der Baum wieder goldene Äpfel tragen." Die Schwiegermutter legte den Finger an die Nase mit der dicken Warze. "Aber der Fährmann? Da bist du überfragt?" Der Teufel warf sich in die Brust. "Wenn einer über den Fluss will, so muss Dummbart Fährmann dem die Stange in die Hand geben, und er ist frei."

Nachdem der Teufel am andern Morgen wieder auf Seelenjagd ausgezogen war, gab die Alte dem Burschen seine menschliche Gestalt zurück und fragte: "Du hast alles gehört?" - "Ja", sagte er, "ich werde es nicht vergessen."

Er bedankte sich und machte sich auf den Weg zurück. Noch beim Übersetzen wiederholte der Fährmann seine Frage. Da gab der Bursche ihm den Rat des Teufels, und der Fährmann sagte hochbeglückt: "Jaja, die Pfiffigen, die wissen immer, wie man harte Pflichten auf anderer Leute Schultern verteilen kann."

Bei der nächsten Stadt ging unser Bursche gleich auf den Wächter zu. "Ihr müsst die Mäuse unter der Wurzel fangen und einen Kranz aus ihren Schwänzen ans Stadttor nageln. Dann trägt der Baum wieder goldene Äpfel." Da gab der Wächter ihm zur Belohnung für den guten Rat einen mit Gold beladenen Esel.

Am nächsten Stadttor sagte der Bursche dem Wächter, sie müssten die Kröte unter dem Stein im Brunnen fangen und mit der nächsten Post an einen gewisser Herrn Pluto im Ort Hades senden. Dafür bekam der Bursche gleich zwei mit Gold beladene Esel und langte glücklich wieder in der Hauptstadt an.

Dem König grauste es, als ihm sein längst gesotten geglaubter Gärtnergehilfe die drei güldenen Teufelshaare überreichte, doch größer als sein Schrecken war die Gier auf das Gold, denn was sind schon drei Teufelshaare gegen drei goldbeladene Esel. Deshalb wollte er genau wissen, woher das Gold stamme. Der Bursche beschrieb ihm den Weg zum Fluss, auf dessen anderer Seite die Steine am Strand aus purem Gold seien. "Am Ufer ist ein freundlicher Fährmann, von dem lasst euch übersetzen, so könnt ihr drüben eure Säcke füllen." Eilends rüstete sich der König zur Reise und nahm vorsichtigerweise gleich sechs Esel mit.

Als der Gärtnergehilfe des nächsten Morgens wieder die Blumen brachte und von der Königin verführt ward, blieb ihr schönes Gesicht dennoch traurig und sie klagte, bald würde der König zurückkommen, und dann sei es aus mit dem fröhlichen Wechselspiel. Gleich erzählte er ihr, was es mit dem angeblichen Goldstrand und dem freundlichen Fährmann auf sich habe. Da klatschte sie vor Freude in die Hände. "Soll er dort Fährmann spielen, bis er schwarz wird!" Zum Dank für die kluge List aber verführte sie den Herzallerliebsten gleich noch einmal und wartete gar nicht erst den Mittag ab.

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