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2.1.7. Auflösungsgrenze durch Beugung (Diffraktion)
ОглавлениеIn den vorherigen Kapiteln wurde die Welleneigenschaften der Licht- und Infrarotstrahlung ignoriert, die diese aber wegen ihrer Natur als elektromagnetische Welle besitzen. (Einzige Ausnahme ist die Erwähnung der chromatischen Aberration im Abschnitt 2.1.5. „Optische Abbildungsfehler”, welche ein erster Hinweis darauf ist, dass im Rahmen der Diskussion der Wärmestrahlung zwingend auch die sich aus der Welleneigenschaft ergebenden physikalischen Phänomene in Betracht zu ziehen sind.)
Bei der Beleuchtung eines sehr kleinen Loches, durch das die Lichtstrahlen eine Abbildungsebene (Schirm, Detektor) erreichen, ist ab einer bestimmten Verkleinerung des Loches zu beobachten, dass statt der beleuchteten Kreisfläche in sich geschachtelte Ringe auf dem Schirm sichtbar werden. Dessen Ursache ist die Beugung.
Abb. 73: Versuch zur Darstellung der Beugung (mit freundlicher Genehmigung von Dr. Bernd Schönbach [A20], durch Autor bearbeitet)
Die Beugung (auch Diffraktion genannt) wird durch die elektromagnetische Welleneigenschaft des Lichtes verursacht, und tritt natürlich auch bei Infrarotstrahlung auf. Antwort auf die Frage der Entstehung dieser Ringe geben die sich gegenseitig ergänzenden Forschungen des englischen Nobelpreisträgers John William Strutt, bekannt unter seinem Adelsnamen Lord Rayleigh, und des deutschen Physikers Ernst Abbe.
Beide Forscher beschäftigten sich (unter anderem) mit den Grenzen der optischen Abbildung und der optischen Auflösung. Sie fanden einstimmig heraus, dass die optischen Einschränkungen aufgrund der Beugung mit der Wellenlänge der beobachteten elektromagnetischen Strahlung zusammenhängen.
Abb. 74: John William Strutt, 3. Lord Rayleigh (1842 - 1919) englischer Physiker, Nobelpreisträger (Wikipedia, gemeinfrei [A21])
Die Beugung selbst kann am einfachsten damit beschrieben werden, dass entlang der Wellenfront aufgrund des „Hindernisses” nach der Huygens-Fresnel-Regel neue Wellen entstehen. Ist die Größe des Hindernisses vergleichbar mit der Wellenlänge der Strahlung (oder wesentlich kleiner), so führt die Überlagerung der neuen Wellen auch zu Interferenzen, d.h. (periodischer) Aufsummierung und Löschung.
Diese Wellenfronten entstehen natürlich nicht nur am oben erwähnten Loch, sondern auch an allen anderen geometrischen Formen. Es ist üblich, zwischen der Beugung von Parallelwellen bei ausreichend entfernten Wellenquellen (Frauenhofer-Beugung) und der Beugung von divergierenden Punktstrahlungsquellen (Fresnel-Beugung) bei nahe gelegenen Quellen zu unterscheiden.
Vereinfachender Weise wird hier nur die Frauenhofer-Beugung näher behandelt, welche wegen der Voraussetzung weit entfernter Strahlquellen geeignet ist, die Grenzen des Auflösungsvermögens von Thermokameras zu bestimmen. Dies kann auf zwei Wegen erfolgen: durch die Methode von Abbe mittels Feststellen des kleinsten noch unterscheidbaren Linienabstandes eines durchleuchteten Gitters oder durch Rayleighs Methode der Bestimmung des kleinsten noch erkennbaren Abstandes zweier punktförmiger Lichtquellen. Natürlich sind die Ergebnisse deckungsgleich.
Abb. 75: Ernst Karl Abbe (1840 - 1905) deutscher Physiker, Mathematiker und Optiker (von Emil Tesch auf Wikipedia, gemeinfrei [A22])
Beugung an Lochblenden
Für die abbildenden optischen Systeme ist der im Allgemeinen wesentlichste Beugungseffekt der durch die Aperturblende (oder eben die Linseneinfassung) auftretende Frauenhofer-Beugung.
Abb. 76: Frauenhofer-Beugung paralleler Wellenfronten einer fernen Strahlquelle (mit freundlicher Genehmigung von Dr. Bernd Schönbach [A23], durch Autor bearbeitet und ergänzt)
Im Fall der obigen Abbildung kann der Winkelabstand (einschließend zur optischen Mittelachse) der ersten Airy-Scheibe mit der höchsten Strahlungsintensität durch die folgende Gleichung bestimmt werden:
Gl. 83
Unter Voraussetzung ausreichend kleiner Winkel (sin α ≈ α) kann folgende Näherung genutzt werden:
Gl. 84
Der Durchmesser der Scheibe ist damit folgendermaßen bestimmbar:
Gl. 85
Unter nochmaliger Voraussetzung kleiner Winkel (sin α ≈ α) kann wieder vereinfacht werden:
Gl. 86
Wird die hier betrachtete großflächige (weit entfernte) Lichtquelle durch zwei (gleichfalls weit entfernte) - jedoch zueinander naheliegende - Punkt-Lichtquellen ersetzt, dann ergibt sich die durch Rayleigh untersuchte Situation, deren Darstellung auf der folgenden Seite zu sehen ist.
Das Rayleigh-Kriterium selber definiert (auf heuristischer Grundlage), dass zwei Lichtquellen dann noch als getrennt zu erkennen sind, wenn derer Abstand smin gleich oder größer dem Abstand des ersten Minimums vom Zentrum des Beugungsmusters (Airy-Scheiben) ist.
Abb. 77: Geometrische Zusammenhänge der Rayleighschen Auflösungsbestimmung (mit freundlicher Genehmigung von Dr. Bernd Schönbach [A24], durch Autor bearbeitet)
Da das Rayleigh-Kriterium nur anwendbar ist, insofern das Auflösungsvermögen tatsächlich nur durch Beugung begrenzt ist und das zur Identifizierung genutzte Beugungsmuster ein (erkennbares) Minimum aufweist, werden häufig andere Kriterien angewandt.
Beispielsweise bei Mikroskopen wird neben (statt) dem Rayleigh-Kriterium das Abbesche Verfahren zur Bestimmung der Auflösungsgrenze genutzt. Aufgrund der numerischen Apertur NA des Mikroskops und der Beleuchtungswellenlänge kann nämlich der Abstand zwischen zwei - gerade noch unterscheidbaren - Objektpunkten bereits anhand dieser bestimmt werden. Als Gleichung ausgedrückt:
Gl. 87
Hinweis: Die numerische Apertur NA bezieht sich auf den Linsenradius, weshalb also hier ein Faktor 2 steht, während in die Rayleighschen Gleichung der Linsendurchmesser eingeht.
Die Berechnung der kleinsten auflösbaren Objektstruktur (der kleinste noch unterscheidbare Abstand von zwei Punkten) kann unter Verwendung der oben beschriebenen Gleichungen und der obigen Abbildung wie folgt durchgeführt (bzw. genähert) werden:
Gl. 88
Bei beispielsweiser Annahme eines Linsendurchmessers (= Aperturblende) von 40 mm und eines Abstandes des zu messenden Objektes von 25 mm, erhält man die in der Tabelle 9 aufgeführten Werte für die Auflösungsgrenze:
Tabelle 9: durch Beugung verursachte (theoretische) Auflösungsgrenzen
Optisches Instrument | Wellenlänge λmittel | Auflösungsgrenze smin |
optisches Mikroskop (sichtbares Licht) | 0,3 μm | 0,23 μm |
kurzwellige Thermokamera mit Mikroskoplinse | 3,5 μm | 2,67 μm |
langwellige Thermokamera mit Mikroskoplinse | 10 μm | 7,62 μm |
Aufgrund der obigen Ausführungen kann festgestellt werden, dass die durch die Beugung in der Thermografie verursachte Auflösungsbegrenzung selbst im Falle mikroskopischer Messungen nur sehr selten auftritt. Die bereits erwähnten übrigen optischen und sensortechnischen Bedingungen begrenzen die Auflösung schon lange, bevor die Beugung eine Einschränkung verursachen würde.