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Kalender 1913

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Inhaltsverzeichnis

Januar:

Der Reiche klappt den Pelz empor,

und mollig glüht das Ofenrohr.

Der Arme klebt, daß er nicht frier’,

sein Fenster zu mit Packpapier.

Februar:

Im Fasching schaut der reiche Mann

sich gern ein armes Mädchen an.

Wie zärtlich oft die Liebe war,

wird im November offenbar.

März:

Im Jahre achtundvierzig schien

die neue Zeit heraufzuziehn.

Ihr, meine Zeitgenossen, wißt,

daß heut noch nicht mal Vormärz ist.

April:

Wer Diplomate werden will,

nehm sich ein Muster am April.

Aus heiterm Blau bricht der Orkan,

und niemand hat’s nachher getan.

Mai:

Der Revoluzzer fühlt sich stark.

Der Reichen Vorschrift ist ihm Quark.

Er feiert stolz den ersten Mai.

(Doch fragt er erst die Polizei.)

Juni:

Mit Weib und Kind in die Natur

zur Heilungs-, Stärkungs-, Badekur.

Doch wer da wandert bettelarm,

Den fleppt der würdige Gendarm.

Juli:

Wie so ein Schwimmbad doch erfrischt,

wenn’s glühend heiß vom Himmel zischt!

Dem Vaterland dient der Soldat,

kloppt Griffe noch bei dreißig Grad.

August:

Wie arg es zugeht auf der Welt,

wird auf Kongressen festgestellt.

Man trinkt, man tanzt, man redet froh,

und alles bleibt beim status quo.

September:

Vorüber ist die Ferienzeit.

Der Lehrer hält den Stock bereit.

Ein Kind sah Berg und Wasserfall,

das andre nur den Schweinestall.

Oktober:

Zum Herbstmanöver rücken an

der Landwehr- und Reservemann.

Es drückt der Helm, es schmerzt das Bein.

O welche Lust, Soldat zu sein!

November:

Der Tag wird kurz. Die Kälte droht.

Da tun die warmen Kleider not.

Ach, wärmte doch der Pfandschein so

wie der versetzte Paletot!

Dezember:

Nun teilt der gute Nikolaus

die schönen Weihnachtsgaben aus.

Das arme Kind hat sie gemacht,

dem reichen werden sie gebracht.

Erich Mühsam: Verse eines Kämpfers (151 Gedichte in einem Band)

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