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Die Entstehung der LIBERTAD

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Die Existenz eines Schiffes ähnelt irgendwie der eines lebenden Wesens. Es wird durch ein technisches Team konzipiert, nach einer monatelangen Bauperiode zu Wasser gelassen, ausgerüstet, getauft und schließlich in Dienst gestellt.

Als Neubau verhält sich das Schiff, mit seiner Antriebsanlage und moderner Ausstattung, wie eine prächtige Einheit, die allen Gefahren auf See gewachsen ist. Im Laufe der Jahre veraltet das Schiff, und es treten immer mehr Mängel auf, bis es schließlich auf dem Schrottplatz endet. Schiffe, die Havarien erleiden, kommen ins Trockendock zur Reparatur, einige werden umgebaut, um anderen Zwecken zu dienen. Selbstverständlich enden auch etliche Schiffe auf dem Meeresboden infolge eines schweren Unfalles, einer feindlichen Einwirkung oder durch Naturgewalt.

Die Geschichte, über die ich berichten möchte, bezieht sich auf ein eigenartiges Schiff, das nach einer ungewöhnlich langer Bauzeit schon viele Jahre die Weltmeere befahren hat und hoffentlich noch lange weiter die Welt umschiffen wird.

Aber bevor ein Schiff entsteht, muss eine geeignete Werft vorhanden sein, auf der der Rumpf gebaut wird, und nach dem Stapellauf die Ausrüstungsperiode am Kai beginnen kann. Bis zu Mitte der neunzehnhundertdreißiger Jahre ließ die argentinische Marine ihre Schiffe im Ausland bauen. Gerade befanden sich der Kreuzer LA ARGENTINA und die Zerstörer vom Typ „ENTRE RIOS“ außerhalb Argentiniens in Auftrag, als sich der damalige Marineminister, Konteradmiral Eleazar Videla, entschloss, die bestehenden hiesigen Schiffsbauanlagen zu diesem Zweck in Anspruch zu nehmen. In dieser Hinsicht eigneten sich am besten, neben den Trockendocks des Flottenstützpunktes Puerto Belgrano, die allgemeinen Werkstätten beim Marinestützpunkt von Rio Santiago, die später den Ursprung für die große Schiffswerft „Rio Santiago“ bilden würden.

In diesen Werkstätten, die als logistischer Rückhalt der zur Verteidigung des Rio de la Plata bestimmten Schiffe galten, wurden die ersten auf argentinischem Boden gebauten 450-t-Minensuchboote hergestellt. Die Verantwortung für dieses Unternehmen hatte der damalige Kapitän und Schiffsbauingenieur Edmundo Manera, dessen erfolgreiche Karriere hierdurch erst recht gefördert wurde.

Wie gesagt, mündeten später diese Anlagen in den ansehnlichen Schiffsbaukomplex AFNE (Astilleros y Fabricas Navales del Estado) dessen wichtigste Bestandteil die Werft Rio Santiago war, auf welcher nicht nur Marineeinheiten sondern auch Handelsschiffe gebaut wurden.

AFNE wurde offiziell 1953 als staatliches Unternehmen gegründet, und am 11. Dezember desselben Jahres lief auf der Werft Rio Santiago das Patrouillenschiff „ARZOPARDO“ vom Stapel. Bei dieser Gelegenheit wurde auch die erste Niete in die Kielplatte des neuen Schulschiffes der Armada, das den Namen LIBERDAD tragen würde, gesetzt. Aus der Gerüchteküche der Marine stammt die Version, dass dieser traditionsgemäße silberne Niet-Bolzen höchstpersönlich vom damaligen Regierungschef General Juan D. Perón eingeschlagen wurde. Als einige Jahre später (1955) Perón von den Streitmächten gestürzt wurde, ließ die Marine die berüchtigte Niete sofort vom noch im Bau befindlichen Schiff entfernen um sie durch eine „normale Niete“ zu ersetzen. Die LIBERTAD (Freiheit) sollte nicht weiter mit diesem, an den Tyrann (Perón) erinnernden Schandfleck belastet sein.

Als der Entwurf des Schulschiffes fertig gestellt war und auf der Helling die ersten Bauarbeiten begannen, war die Schiffswerft Rio Santiago noch längst nicht vollendet. Wie der Jahresbericht zur Eröffnung des Parlaments im Mai 1955 erläutert, hatte die bebaute Fläche bereits 66.000 Quadratmeter erreicht, und der Bau des eigenen Kraftwerks, mit einer Kapazität von 10.500 kW, näherte sich seiner Vollendung. Auf der Werft arbeiteten seinerzeit schon 1.500 Werktätige.

Mit der Werft wuchs auch der Rumpf des Schiffes und endlich, am 30. Mai 1956, kam der Tag des Stapellaufs. In einer doppelten Zeremonie, bei der auch die Kiellegung des Passagierschiffes „CIUDAD DE PARANA“ stattfand, wurde die Fregatte zu Wasser gelassen – bisher die größte Einheit, die je auf einer argentinischen Werft gebaut worden war. Der damalige Marineminister, Konteradmiral Teodoro Hartung, würdigte in seiner Laudatio jene Persönlichkeiten, die die Entstehung dieser Werft ermöglicht hatten, so dass Argentinien jetzt imstande sei, seine eigenen Kriegs- und Handelsschiffe bauen zu können. Die erfolgreiche Weiterentwicklung der Rio-Santiago-Werft ist grundsätzlich der Fähigkeit und der Hingabe des Kapitäns zur See Enrique R. A. Carranza zu verdanken.


Geschichten rund um das Segelschulschiff A. R. A. LIBERTAD

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